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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 17 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 17 in der NFL
© getty

Die Vikings bekommen gegen die Packers eine heftige Packung, während die Buccaneers die NFC South gewinnen. Aber sind Brady und Co. jetzt auch ein gefährliches Playoff-Team? Außerdem: Ein erster vorsichtiger Blick auf den Draft!

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Die NFL ist ein knallhartes Geschäft. Wer eine weitere Erinnerung an diese Tatsache brauchte, der musste während der vergangenen Woche nur nach Las Vegas schauen, wo die Raiders Derek Carr nicht nur zum Backup degradierten, sondern ihn gleich für den Rest der Saison freistellten.

Es liegt auf der Hand, dass die Raiders keine schwere Verletzung riskieren wollen, was nämlich weitere rund 40 Millionen Dollar in Carrs Vertrag garantieren würde. So können sie sich von Carr trennen und lediglich knapp sechs Millionen Dollar Dead Cap schlucken.

Das wiederum führt mich prompt zu meinem Einstieg hier zurück. Denn die ganze Geschichte erzählt es nicht, wenn man nur letzte Woche auf die Raiders schaute, und darauf, wie sie ihren langjährigen Quarterback, der auch nach außen emotional der klare Leader dieses Teams war, absägten.

Die Vertragsverlängerung in der vergangenen Offseason war schon ein klarer Hinweis darauf, wie die Raiders diese Situation einschätzen. Carr bekam 120,5 Millionen Dollar über drei Jahre, doch lediglich 24,9 Millionen davon waren garantiert, inklusive eines, für Quarterbacks, ungewöhnlich kleinen Unterschriftsbonus über lediglich 7,5 Millionen Dollar.

Die Struktur, welche die Raiders Carr damals vorlegten, machte 2022 unmissverständlich zu einem Prove-It-Jahr unter dem neuen Head Coach Josh McDaniels. Ein einjähriges Experiment, um schnell zu zeigen, ob dieses Duo langfristig erfolgreich sein kann. Carr stimmte diesen Bedingungen zu, er wettete auf sich selbst - und wie die Ereignisse der vergangenen Woche deutlich machten, verlor er diese Wette.

Interessant ist jetzt zunächst vor allem die Timeline. Carr hat eine No-Trade-Klausel, er wird also mitreden können, wenn die Raiders jetzt versuchen, ihn zu traden. Und: Carrs 2023er Gehalt (32,9 Millionen Dollar) sowie 7,5 Millionen Dollar seines 2024er Gehalts werden drei Tage nach dem kommenden Super Bowl automatisch von einer Garantie für den Verletzungsfall in eine komplett garantierte Summe umgewandelt.

Für die Raiders ist das also ein Drahtseilakt. Sie müssen einen Trade-Partner finden, der gewillt ist, Carr mit 40 Millionen garantiertem Gehalt zu verpflichten - und dann müssen sie darauf hoffen, dass besagter Trade-Partner bis zum Start der Free Agency, wenn der Trade offiziell werden kann, keinen Rückzieher macht. Denn sonst bleiben die Raiders vielleicht auf dieser Summe sitzen.

Auch eine Entlassung rund um den Super Bowl ist vor diesem Hintergrund keineswegs auszuschließen, wenngleich Carr für ein junges Team mit einem Playoff-Kader - die Jets oder Washington springen einen hier förmlich an - sicher Trade-Value hätte. Carr war sicher nicht das Hauptproblem bei den Raiders, und gleichzeitig ist es schwer vorstellbar, dass man hier nochmal ein Team mit Titelchancen um ihn herum hätte aufbauen können.

Die nächste Frage betrifft dann die Raiders selbst. Will Davante Adams jetzt auch weg, nachdem "sein" Quarterback demontiert und vermutlich bald abgegeben wurde? Wollen die Raiders überhaupt einen Rebuild starten? Ist das etwas, das Josh McDaniels in seiner Rolle als Head Coach überleben würde? Wäre dann eine Übergangslösung wie Baker Mayfield der nächste Schritt? Jimmy Garoppolo, vielleicht?

Oder sehen wir vielleicht jetzt den Versuch, einen dicken Fisch an Land zu ziehen und die Show in Las Vegas wieder attraktiv zu machen. Dieser Fisch könnte beispielsweise Tom Brady heißen, der Free Agent wird. Das Quarterback-Karussell in der kommenden Offseason könnte jedenfalls ziemlich spannend werden - stets mit dem Wissen im Hinterkopf, dass am Ende des Tages vor allem eiskalte Business-Entscheidungen getroffen werden.

1. Die Bucs gewinnen die NFC South

Carr wird jetzt auf dem Markt sein, vielleicht sogar als Free Agent - und der Quarterback-Free-Agent-Markt in dieser Offseason könnte generell sehr interessant werden; auch die beiden Quarterbacks, die sich am Sonntag um den NFC-South-Titel duellierten, werden dann - mutmaßlich - mit von der Partie sein.

Dieses Bucs-Panthers-Spiel, es war eine Partie, die in vielfacher Hinsicht symptomatisch für beide Teams und für das "Rennen" in der NFC South war. Mit Coaches, die ängstlich agierten: Steve Wilks ließ zwei Mal bei Vierter-und-Eins an der eigenen 42-Yard-Line punten, beim zweiten Mal antwortete Brady prompt mit einem 62-Yard-Touchdown auf Mike Evans.

Auf der anderen Seite ließ Todd Bowles ein Field Goal bei Vierter-und-Eins (!) an der gegnerischen 4-Yard-Line (!!) kicken, um von 7:14 auf 10:14 zu verkürzen. Während sich die Bucs-Offense gleichzeitig regelmäßig in langen Second- und Third-Down-Situationen befand, in welchen die zahlreichen Probleme der Offense sichtbar waren.

Mal war es schneller Druck auf Brady bei Dritter-und-Lang, mal war absolut niemand offen, mal waren Brady und sein anvisierter Receiver nicht auf der gleichen Wellenlänge. All das war auffällig, genau wie die Art und Weise, wie die Bucs in diese Situationen kamen: Ein Run für nichts, oder sogar für negative Yards, ein Shot ohne echte Chance auf eine Completion und dann zurück in einer langen Third-Down-Situation.

Wirklich alle offensichtlichen Problemzonen der Bucs waren sichtbar, vom Coaching und Play-Calling, über die O-Line- und Run-Game-Probleme, bis hin zu Separation-Problemen, aber auch zur individuellen Inkonstanz bei den Receivern und auch bei den Brady selbst.

Panthers machen mehr Spaß als die Bucs

Gleichzeitig passte es in dieses Division-Rennen und zur Art und Weise, wie die Bucs spielen und wie sie in dieser Saison nicht wenige ihrer Siege eingefahren haben, dass Tampa Bay trotz eines über weite Strecken durchwachsenen Auftritts dennoch plötzlich die Partie wieder komplett öffnen konnten.

Das hing mit mehreren Dingen zusammen: Mit dem Game-Management der Panthers, mit einzelnen individuellen Fehlern der Panthers - aber auch damit, dass die Defensive Front der Bucs ein sehr gutes Spiel ablieferte, und die Bucs phasenweise im Spiel hielt.

Und eben damit, dass die Big Plays immer noch in dieser Offense sind; dieses Mal in Form von den beiden langen Touchdown-Pässen auf Evans, bei denen sich das Fehlen von Jaycee Horn aufseiten der Panthers besonders bemerkbar machte. Brady und Evans zeigten eine spektakuläre Connection in diesem Spiel, und dass diese Dinge noch möglich sind, hält diesen Gedanken im Hinterkopf, dass Tampa eben vielleicht doch in einem einzelnen Playoff-Team gefährlich sein kann.

Auf das Spiel insgesamt betrachtet ging ich dennoch mit dem Eindruck, dass mir die Panthers-Offense eigentlich besser gefällt. Die Offense wirkt kohärenter, sie wirkt konstanter, während Tampa Bay noch immer maßgeblich von der individuellen Qualität von Brady, Evans und Godwin abhängig ist.

Carolina hat nicht nur eine klare Identität mit dem Run Game - auch wenn Tampa Bay das zumindest in diesem zweiten Duell in den Griff bekam -, mir gefallen die Panthers auch im Passspiel weitestgehend besser als die Bucs. Und das darf eigentlich nicht so sein, wenn man auf das Talent dieser beiden Teams schaut; womit wir auch wieder beim Coaching-Aspekt sind.

Panthers: Jetzt beginnt die Offseason

Und dann ist da Sam Darnold. Darnold warf mehrere wirklich gute Bälle über die Mitte - auch wenn er hier auch einen Pick fabrizierte -, seine ganze Wurfbewegung wirkt sauberer und aufgeräumter. Der Touchdown auf Moore war ein herausragender Wurf, und das Gesamtbild passt einfach.

Das Run Game, die verbesserte Offensive Line, der konstant unterschätzte D.J. Moore als Nummer-1-Playmaker, die Play-Designs, die zusammenarbeiten und Darnold Play-Action-Shots ermöglichen, und mit Darnold ein Quarterback, der das funktionieren lässt - das ist ein Floor, aber eben nicht mehr.

Und ein wenig geht das dann auch in die jetzt unweigerlich startenden Offseason-Diskussionen in Charlotte über. Steve Wilks hat eine echte Chance verdient, den Head-Coach-Posten dauerhaft zu bekommen - oder sehen die Panthers seinen Impact mehr als Kurzzeit-Boost für eine Franchise, die nach der Matt-Rhule-Ära am Boden war? Und sehen sie Darnold als Übergangslösung? Oder geht man jetzt aggressiv im Draft zu Werke?

Was Wilks aus diesem Team herausgeholt hat, das nach der Entlassung von Rhule komplett am Boden war, und wie Darnold in der zweiten Saisonhälfte gespielt hat, ist aller Ehren wert und sollte nicht leichtfertig hingenommen werden.

Manchmal sind solche Geschichten aber auch mehr im Moment relevant, als dass sie wichtig für den langfristigen Outlook sein sollten.