1. Die letzten Entscheidungen im Playoff-Rennen
Wenn man in der AFC nur Woche 18 anschaute, wären aus der Gruppe der noch Playoff-Relevanten-Teams die Dolphins vermutlich für viele das Team gewesen, das ein Zuschauer ohne weiteren Kontext am ehesten nicht in die Postseason getippt hätte.
Die Pittsburgh Steelers schlugen die Browns, in einem Spiel, in dem der Pass-Rush im Laufe der Partie aufwachte, in dem George Pickens und Najee Harris Plays machten - und in dem Kenny Pickett seine Höhen und Tiefen hatte, aber auch nochmals zeigte, dass er ein Playmaker sein kann.
Ich war generell positiv überrascht von Picketts Rookie-Saison. Ich dachte, rein anhand seines College-Tapes, dass er noch mehr Zeit brauchen würde, ehe er eine funktionale NFL-Offense umsetzen kann. Und er hatte mitunter dramatische Hochs und Tiefs, aber er hat sich stabilisiert, und er hat seine Playmaker-Qualitäten gezeigt.
Und das in einer Offense, die schematisch viel Luft nach oben hat - was mich auch vermuten lässt, dass wir in Pittsburgh einen neuen Offensive Coordinator sehen werden. Dass Mike Tomlins Team dennoch abermals eine Saison mit negativer Bilanz verhinderte, unterstreicht, was für ein guter Head Coach er ist und was für eine großartige Culture Tomlin in Pittsburgh installiert hat.
Die New England Patriots spielten eine Achterbahn einer Partie gegen ein starkes Bills-Team und legten ganz mieses Timing an den Tag, um einen historisch schlechten Auftritt des eigenen Kicking-Teams hinzulegen. Aber: New England zeigte einmal mehr, wie unangenehm diese Defense sein kann, und dass die Patriots damit Druck machen können.
Bei dieser Version der Dolphins, die so wahnsinnig weit weg von dem Dolphins-Team wirkt, das vor sechs Wochen für viele wie ein Kandidat auf den Nummer-1-Seed in der AFC gewirkt hat, ist es schwer, einen vergleichbaren Punkt zu finden.
Skylar Thompson - oder Teddy Bridgewater, sollte er es sein - erweckt nicht sonderlich viel Vertrauen in die Upside auf der Quarterback-Position. Miamis Defense ist schon das ganze Jahr über nicht gut. Am ehesten haben die Dolphins noch immer die Playmaker und den offensiven Speed, und Mike McDaniel hat zur Genüge gezeigt, dass er diese Spieler gut einsetzen kann.
Aber dafür braucht es immer noch den entsprechenden Quarterback. Umso mehr, weil die Dolphins es in dieser Saison nie schafften, ein konstantes Run Game ins Rollen zu bringen - was natürlich auch mit der Offensive Line zusammenhängt.
Verletzungen haben diese Dolphins-Saison fraglos mitgeprägt, und der Kader hat nicht die Tiefe, um Ausfälle gut wegzustecken. Dementsprechend erwarte ich auch nicht allzu viel Richtung Playoffs. Nichtsdestotrotz ziehe ich den Hut vor McDaniel und dem, was er in seinem ersten Jahr als Head Coach gezeigt hat. Jetzt warten die Buffalo Bills.
NFC: Die Lions und die kritischste Weichenstellung
Der für mich spannendste Kandidat aus der Gruppe der Teams, die am letzten Spieltag in der NFC die Playoffs verpasst haben, sind ganz klar die Detroit Lions.
Detroit hat einen beachtlichen Rebuild über die letzten beiden Jahre hingelegt, und geht jetzt mit einem wirklich starken Fundament an den Start: Eine gute Offensive Line, eine junge, starke Playmaker-Gruppe, eine aufstrebende Defensive Line - die Basis ist absolut da, und man konnte diesem Team förmlich dabei zuschauen, wie einzelne Entscheidungen zu einem spannenden Gesamtbild zusammengewachsen sind.
Jetzt stehen zwei zentrale Fragen im Raum: Kann Offensive Coordinator Ben Johnson gehalten werden? Oder ist er ein legitimer Head-Coach-Kandidat? Und: Ist Jared Goff die Quarterback-Antwort für 2024? Vielleicht sogar darüber hinaus?
Hier bin ich auf die Herangehensweise sehr gespannt. Irgendwo wäre es der logische Schritt im Schedule des Rebuilds, jetzt dann in das "gemachte Nest" den jungen Quarterback rein zu packen. Und sie haben den hohen Pick über die Rams. Aber sehen sie auch einen Quarterback im Draft, der ein klares Upgrade gegenüber Goff darstellt? Und wie wird die Saison von Goff generell intern eingeordnet?
Goff hat gezeigt, dass er ein funktionaler Game Manager innerhalb einer funktionierenden Offense sein kann - das ist keine neue Erkenntnis, das haben wir von ihm auch schon in Los Angeles gesehen. Genau wie auch die Limitierungen, wenn es irgendwann darum geht, den nächsten Schritt zu machen. Oder früher oder später unweigerlich auftretende Löcher im Kader zu kompensieren.
Die Lions sind heute viel weiter, als ich das vor zwei Jahren an diesem Punkt vermutet hätte. Aber die kritischste Weichenstellung in einem jeden Rebuild steht noch bevor.
Ich denke, dass die Seattle Seahawks, die einen Last-Minute-Sieg gegen die Rams brauchten, um überhaupt eine Chance zu wahren, diese Weichenstellung für sich bereits getätigt haben - jetzt müssen nur noch die Details ausgearbeitet werden. Ich vermute, dass Geno Smith die lang-, oder zumindest die mittelfristige Lösung in Seattle sein soll und sein wird.
Das macht die Offseason in Seattle aber nicht weniger spannend. Durch den Russell-Wilson-Trade haben die Seahawks einen Top-5-Pick zusätzlich zu ihrem eigenen Erstrunden-Pick. Das bietet viele Möglichkeiten, um herumzunavigieren, zusätzliche Draft-Munition zu sammeln - und um einige der kritischen Baustellen im eigenen Kader zu adressieren.
Die Packers sind raus: Endlich All-In?
Zunächst aber steht ein Playoff-Spiel für die Seahawks auf dem Kalender, und für die Green Bay Packers endete die Saison jäh, nachdem sie alles auf dem Silbertablett vor sich hatten. Und es spricht fraglos für den Charakter dieses Lions-Teams, nicht nur dass sie dieses Spiel, in dem es für sie um nichts mehr ging, am Ende gewinnen - sondern auch wie sie in diesem Spiel blieben, das zunächst langsam aber sicher in die Richtung der Packers zu laufen schien.
Die Packers auf der anderen Seite, nachdem es in der Vorwoche so wirkte, als könnten sie doch dieses unangenehme Team werden, das Spiele mit starker Defense und einer kontrollierenden Offense für sich entscheiden kann, stehen jetzt vor einer Offseason voller Fragezeichen.
Nicht so sehr auf der Quarterback-Position, wenngleich es hier mit Sicherheit auch wieder Gerüchte geben wird - ich denke, dass Rodgers mindestens noch eine Saison in Green Bay spielt, auch wenn er unmittelbar nach dem Spiel angedeutet hat, dass er über seine Zukunft erst nachdenken will. Es ist mehr das Drumherum: Rodgers ist 39, und schon dieses Jahr fühlte sich unangenehm halbgar an, was den Willen angeht, wirklich All-In zu gehen - wofür man Rodgers ja immerhin teuer bezahlt.
Wenn diese Saison irgendeine Lektion für Green Bay bietet, dann sollte es nichts mit den individuellen Fehler - inklusive von Rodgers selbst - in diesem finalen Spiel gegen die Lions zu tun haben. Die Lektion muss sich darauf ausrichten, dass man jetzt endlich nochmal alle Hebel in Bewegung setzt, um mit Rodgers einen Titel zu gewinnen. Das hat man in der vergangenen Offseason verpasst, und so, wie die Packers es aktuell angehen, ist es frustrierend, dabei zuzuschauen, wie dieses Team immer wieder mit einer "das wird schon passen"-Einstellung vermeintlich kostbare Titelfenster-Jahre angeht.
Will man nicht mit Aggressivität All-In gehen, sollte man auch über Rodgers nochmals nachdenken. Denn in der gleichen Konstellation und mit der gleichen Herangehensweise das dann vielleicht wirklich letzte Jahr mit Rodgers anzugehen wäre gefährlich nahe an Albert Einsteins Definition von Wahnsinn.