Hamburg bangt um die German Open

Von SID
Das ATP-Turnier am Hamburger Rothenbaum gehört zu den wichtigsten Turnieren in Deutschland
© getty

Michael Stich ist raus. Der ehemalige Wimbledonsieger muss die Lizenz für das Turnier am Hamburger Rothenbaum ab 2019 an den Österreicher Peter-Michael Reichel abgeben.

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Michael Stich ausgebootet, die Standortfrage ungeklärt, ein Österreicher auf der Kommandobrücke: Der Deutsche Tennis Bund (DTB) hat im Ringen um die Lizenzvergabe für die German Open am Hamburger Rothenbaum eine Entscheidung getroffen. Stich muss den Staffelstab nach zehn Jahren als Ausrichter und Turnierdirektor 2019 an den österreichischen Unternehmer Peter-Michael Reichel weitergeben. Reichels Angebot garantiere dem Verband "nach Bewertung aller Kriterien das beste Gesamtpaket", wie es DTB-Präsident Ulrich Klaus formulierte.

Im allerbesten Einvernehmen dürfte die Angelegenheit wie im DTB üblich nicht über die Bühne gegangen sein, denn Stich selbst formulierte zunächst gar nichts. Noch am Donnerstag hatte der Wimbledonsieger von 1991 sein Angebot nachgebessert und lag damit finanziell auf einer Ebene mit Reichel. Insgesamt 2,5 Millionen Euro für die Turniere von 2019 bis 2023 war Stich bereit zu zahlen, den Zuschlag bekam er dennoch nicht. Er bitte um Verständnis, dass er so kurz nach der Entscheidung nichts sagen wolle, teilte Stich dem SID auf Anfrage mit: "Ich muss erst alle Informationen haben, um mir ein Bild zu machen."

Auch von Arnim enttäuscht

Mitbewerber Dietloff von Arnim, langjähriger Turnierdirektor des World Team Cups im Düsseldorfer Rochusclub, verhehlte seine Enttäuschung dagegen nicht. Er habe "ein sehr gutes Konzept" präsentiert und wäre bei der Wahl des Austragungsortes "ganz den Wünschen des DTB entgegengekommen. Nun hat der DTB sich für einen Mitbewerber entschieden - das ist schade." Der Kölner Topmanager Michael Mronz hatte sein Angebot wenige Tage vor der Entscheidung des Verbandes ohne Angabe von Gründen zurückgezogen.

Der neue Lizenzinhaber, mit dem die konkreten Verhandlungen in aller Kürze zum Abschluss gebracht werden sollen, schwieg zunächst auch. Peter-Michael Reichel (64) ist ein Big Player nicht nur im Tennis. Die von seiner Tochter Sandra geführte RBG Reichel Business Group GmbH vermarktet Großereignisse in Kultur und Wirtschaft sowie unter anderem die WTA-Turniere in Linz und Bad Gastein in Österreich sowie den Nürnberger Versicherungscup in Deutschland, bei dem Sandra Reichel Turnierdirektorin ist. Zudem ist Peter-Michael Reichel Europa-Chairman der Spielerinnen-Vereinigung WTA - er könnte dem DTB mühelos eine Lizenz für ein seit langem gewünschtes Damenturnier besorgen.

Was passiert unter Reichel mit Hamburg?

"Das Angebot von Herrn Reichel verspricht für den Verband neben den deutlich verbesserten Konditionen gegenüber der aktuellen Situation auch interessante und zukunftsweisende Optionen für die Turnierlandschaft in Deutschland", sagte DTB-Präsident Klaus - mehr als ein versteckter Hinweis darauf, dass Hamburg nach mehr als 100 Jahren nicht zwangsläufig Gastgeber der German Open bleiben muss.

Die Stadt Hamburg, die zurzeit 100.000 Euro jährlich zum Turnier beisteuert, müsse sich bewegen "und für die Ausrichtung des Turniers einen entscheidenden Anteil zu einer vollständig intakten Anlage beitragen", sagte Klaus. Eine Renovierung der maroden Dachkonstruktion über dem Stadion ist unerlässlich: "Sollte eine umfangreiche Unterstützung der Stadt nicht sichergestellt werden, müssten wir auch für alternative Standorte offen sein."

Offen ist auch die Frage nach dem künftigen Turnierdirektor. Anders als Stich dürfte Reichel sich auf die Position des Ausrichters zurückziehen - und möglicherweise Stich den Job anbieten. Sollte der ablehnen, könnte durchaus der größte Name im deutschen Tennis ins Spiel kommen: Und Boris Becker, Head of Men's Tennis im DTB, würde vermutlich nicht nein sagen.

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