Von Florian Goosmann aus Singapur
Es war eine absurde Statistik, die vor Turnier die Twitter-Runde machte. Nämlich über die Spielerinnen, die NICHT in Singapur dabei sind. Als wären, unter anderem:
die Australian-Open-Siegerin (Serena Williams), die US-Open-Siegerin und -Finalistin (Sloane Stephens und Madison Keys), die Spielerin, die 2017 die längste Zeit die Nummer 1 war (Angelique Kerber), die Spielerin, die 2017 am zweitlängsten die Nummer 1 war (noch mal Serena Williams), die Siegerin von Indian Wells (Elena Vesina - wobei sie im Doppel am Start ist), die Siegerin von Miami (Johanna Konta) und die Singapur-Gewinnerinnen der Jahre 2014 bis 2016 (Serena Williams, Agnieszka Radwanska, Dominika Cibulkova) - genau genommen sind es sogar alle WTA-Finals-Siegerinnen seit 2009 (drei weitere Male Serena Williams, Kim Clijsters und Petra Kvitova). Siegerin 2008 war übrigens... genau: Venus Williams.
Die große Chance
Eine Favoritin zu nennen, ist so schwierig wie lange nicht mehr, was den Saisonabschluss offen und spannend macht. Denn der Großteil aller Teilnehmerinnen hat die stärkste Saison überhaupt (oder seit langem) hingelegt, ohne aber eine Überspielerin ausgemacht zu haben, denn irgendwo hat stets etwas gefehlt:
- Simona Halep hat sich in Peking nach drei vergeblichen Anläufen endlich ihren großen Traum von der Nummer 1 erfüllt und kam als Führende des Porsche Race in Singapur an, hat aber trotz einer starken Saison in Finals oft gepatzt und 2017 nur einen Titel geholt (in Madrid)
- Garbine Muguruza hat nach Paris im Vorjahr nun also in Wimbledon gewonnen, ihren zweiten Grand-Slam-Titel bei bis dato "nur" vier Turniersiegen. In Cincinnati kam dann der fünfte hinzu - für eine Topspielerin dennoch überraschend wenig
- Karolina Pliskova war stark ins Jahr gestartet und kurzzeitig die Nummer 1, so richtig gut ging's dann aber nicht mehr weiter, was die Trennung von Coach David Kotyza zur Folge hatte (der ihr Spiel noch aggressiver machen wollte, im Stile seines langjährigen Schützlings Petra Kvitova, was Pliskova nicht passte)
- Elina Svitolina hat Angelique Kerber zu Beginn der Saison das Leben zur Hölle gemacht und trägt wohl eine Teilschuld am Absturz. Sie hat letztlich sogar die meisten Titel des Jahres gewonnen (fünf Stück), aber es irgendwie nicht geschafft, die Nummer 1 zu werden, vor allem aufgrund ihrer mäßigen Leistungen bei den großen Events (sie hat nach wie vor noch kein Grand-Slam-Halbfinale erreicht)
- Caroline Wozniacki hat sich von Platz 19 zu Saisonbeginn wieder in die Top 5 gespielt und musste sechs Finalniederlagen mitnehmen, bis es beim siebten Endspiel endlich mit dem Titel klappte. Was bei einer besseren Finalausbeute wohl drin gewesen wäre?
- Venus Williams hat mal wieder die Zeit besiegt, aber ohne das große Märchen zu vollenden, mit einem Major-Titel; sie verlor zwei Mal im Finale (in Melbourne gegen Schwester Serena, in Wimbledon gegen Garbine Muguruza)
- Jelena Ostapenko hat das Kunststück fertiggebracht, ihren ersten Titel überhaupt gleich in Paris zu gewinnen, gefolgt vom zweiten in Seoul - ihr fehlt jedoch noch die Konstanz
- Caroline Garcia weiß vermutlich nach wie vor nicht so recht, wie sie es nach Singapur geschafft hat, denn sie hatte eigentlich schon gar keine Chance mehr auf die Top 8. Dann aber gewann sie elf Matches am Stück und schnappte sich die Titel in Wuhan und Peking
In dieser Woche kann eine Dame nun den inoffiziellen Weltmeister-Titel holen. Wer's wird? Bessere Chancen könnten die Spielerinnen in der Roten Gruppe haben, also Halep, Svitolina, Wozniacki und Garcia, die läuferisch stärker sind. Denn: Der Platz in Singapur soll - und da sind sich alle einig - ziemlich langsam sein.