Von Florian Goosmann aus Stuttgart
Caroline Garcia war dann einfach mal ehrlich. Ob der Start ins neue Tennisjahr etwas schwieriger gewesen sei als sonst, nachdem sie dieses famose Saison-Finish 2017 hingelegt habe. "Yep", antwortete Garcia - und grinste breit. "Ich würde gerne Nein sagen, aber es ist einfach so."
Alles andere wäre auch ein Wunder. Im September stand die Französin noch auf Platz 20 der Welt, dann legte sie los: Sieg in Wuhan, Sieg in Peking, Last-Minute-Qualifikation für Singapur und dort nach einem dramatischen Sieg gegen Caroline Wozniacki das Halbfinale. Lohn: Platz acht am Jahresende, aktuell steht die 24-Jährige sogar auf Rang sieben.
Schwierig in Worte zu fassen sei das, überlegte Garcia weiter. "Die Außenwelt geht anders mit dir um. Manchmal musst du dich mit Dingen beschäftigen, mit denen du vorher nichts am Hut hattest." Die Wochen in Asien seien natürlich toll gewesen. "Aber ich war sowas von nicht bereit dafür."
Fluch und Segen: Der Murray-Tweet 2011
Mit frühzeitigem, unerwarteten Druck kennt sich Garcia zwangsläufig aus. Stichwort: Andy Murray. "Das Mädel, gegen das Sharapova spielt, wird irgendwann die Nummer eins der Welt - Caroline Garcia. Was eine Spielerin!", twitterte Murray guten Herzens im Mai 2011, als Garcia bei den French Open erstmals die Big Stage einnahm. Für die damals 17-Jährige bedeuteten die Lobeshymnen allerdings Druck. Garcia war damals die Nummer 188 in der Welt, als sie Sharapova in Paris einen Satz abluchste, und es ging nur langsam nach oben. 2013 knackte sie die Top 100, 2014 die Top 50, 2015 die Top 30.
Ihr großen Erfolge feierte Garcia bis dato im Doppel an der Seite von Kristina Mladenovic, zum Beispiel den Sieg bei den French Open 2016, den Finaleinzug bei den US Open, den Platz zwei der Doppel-Welt. Mit Mladenovic verkrachte sie sich jedoch 2017. Sie wolle sich mehr auf ihrer Einzelkarriere konzentrieren, habe Garcia mitgeteilt, sagte Mladenovic zunächst sachlich und dankbar für die gemeinsame Zeit; später beschwerte sie sich über die Art und Weise. Nur eine Textnachricht sei es Garcia offenbar wert gewesen - nicht die feine französische Art. Auch der entsprechende Fed-Cup-Verzicht kam bei ihren Landsfrauen nicht gut an.
In Stuttgart nun gegen die 15-jährige Marta Kustyuk
Blickt man allein auf die Ergebnisse, scheint Garcias Entscheidung richtig. Mit ihrem Sieg über Maria Sharapova am Dienstag in Stuttgart - dem ersten im fünften Aufeinandertreffen - schloss sich gewissermaßen auch ein Kreis zu 2011, zum French-Open-Duell und zum Murray-Tweet. In Stuttgart trifft Garcia am Donnerstag auf Jungstar Marta Kostyuk, die 15-Jährige, die sich seit Saisonbeginn von Platz 523 auf Rang 158 gespielt und in Stuttgart die Qualifikation überstanden hat, unter anderem nach einem Sieg über Garcias Landsfrau Alizé Cornet.
Den möglichen Gewinn beim Porsche Tennis Grand Prix, der rechts hinterm Spielfeld parkt, hat Garcia längst beäugt, weiteren Appetit hat sie sich beim Besuch im Porsche Museum geholt, "die beste Aktivität, an der ich je teilnehmen musste", sagte sie lachend. "Ich will da wieder hin. Ich mag Autos, Porsche ist großartig, und ich habe viele Autos von früher gesehen", schwärmte sie, die nach Siegen in Fliegerpose jubelt und in ihren Tweets den Hashtag #FlyWithCaro pflegt.
Nur als sie ihren Fahrstil beschreiben sollte, gab es ein kleines Problem. "Das kann ich nicht - ich fahre kein Auto", erklärte Garcia. In Frankreich brauche man viel Zeit für den Führerschein, für den ständig reisenden Tennisprofi eine schwierige Sache. Aufgehoben ist aber nicht aufgeschoben. Sie wolle gerne fahren, weil sie Autos liebe, "der Plan ist also: den Führerschein machen, dann das Auto gewinnen."
Irgendwie auch eine Art, sich den Druck zu nehmen - zumindest in Stuttgart.