Formel 1 - Erkenntnisse zum Monaco-GP: Vettel zeigt in Monte Carlo den "alten Sebastian" - Schumacher erleidet erste Niederlage

Christian Guinin
24. Mai 202113:02
Während Max Verstappen (r.) den Sieg feierte, musste sich Lewis Hamilton (l.) mit Platz sieben zufriedengeben.imago images / PanoramiC
Werbung

Während Mercedes beim Großen Preis von Monaco ein Wochenende zum Vergessen erlebt, feiert Sebastian Vettel mit Aston Martin die ersten WM-Punkte und die Rückkehr des "alten Sebastians". Mick Schumacher muss sich derweil zum ersten Mal seinem Teamkollegen geschlagen geben - wenn auch nicht ganz unfreiwillig. Die Erkenntnisse zum Monaco-GP.

Mercedes erlebt ein Wochenende zum Vergessen

Das Mercedes-Team erlebte beim Großen Preis von Monaco ein Wochenende zum Vergessen. Der bislang so dominante Vorjahres-Weltmeister musste sich in Monte Carlo mit lediglich sieben WM-Punkten zufriedengeben, in beiden Gesamtwertungen (Fahrer und Konstrukteur) verlor man die Führung an Max Verstappen bzw. dessen Rennstall Red Bull.

"Als Allererstes würde ich gerne mal losweinen", analysierte Teamchef Toto Wolff das Abschneiden der Silberpfeile: "Aber das wäre nicht produktiv. Das ganze Wochenende war zum Vergessen, aber genau das dürfen wir nicht: vergessen." Denn während sich bei Konkurrent Red Bull Verstappen den Sieg schnappte und Sergio Perez eine starke Aufholjagd mit Platz vier krönte, steht bei Mercedes ein siebter Platz von Lewis Hamilton und ein bitterer Ausfall von Valtteri Bottas zu Buche. Zu wenig für ein Spitzenteam.

"Wir haben als Team das ganze Wochenende über unterperformt. Von Anfang an", haderte Hamilton nach dem Rennen. Vor allem die strategische Entscheidung des Teams, gegen den vor ihm liegenden Pierre Gasly im AlphaTauri in Runde 29 einen Undercut zu versuchen, stieß Hamilton sauer auf. "Das hat uns drei Plätze gekostet. Ich habe gar keine Reaktion darauf."

Denn nicht nur an Gasly musste der Brite seine Position abgeben, auch Sebastian Vettel (Aston Martin) zog vorbei. Dieser blieb länger auf der Strecke und schlüpfte via Overcut nach dem Boxenstopp vorbei. Hinter Vettel und Gasly konnte Hamilton anschließend auch gegen Perez nichts ausrichten. "Wir werden zusammenarbeiten und versuchen, gestärkt daraus hervorzugehen", wollte er das Rennen schnell abhaken. "Wir werden unseren Fokus auf das nächste Rennen legen."

Während Max Verstappen (r.) den Sieg feierte, musste sich Lewis Hamilton (l.) mit Platz sieben zufriedengeben.imago images / PanoramiC

Klemmende Mutter beendet Bottas' Rennen

Während sich Hamilton aber immerhin über WM-Punkte freuen durfte, erlebte Teamkollege Bottas einen rabenschwarzen Tag. An Position zwei liegend musste der Finne nach 30 Runden sein Rennen aufgeben. Der Grund: Die Mechaniker konnten beim einzig planmäßigen Boxenstopp des Mercedes-Piloten das rechte Vorderrad aufgrund einer klemmenden Radmutter nicht wechseln.

"Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht, was da passiert ist", sagte ein frustrierter Bottas nach Rennende: "Keine Ahnung, ob es menschliches Versagen war oder ein technisches Problem." Laut Teamchef Wolff war es eine Kombination aus beidem. Denn Bottas habe sein Fahrzeug etwas zu früh auf dem Standplatz vor der Mercedes-Box abgestellt, sei also "ein bisschen kurz" gewesen, wie man das in der Formel 1 formuliert. Und das habe den Mechaniker am Schlagschrauber beeinträchtigt.

"Dadurch musst du eine komische Bewegung machen. Dann setzt er [der Schlagschrauber Anm.d.Red.] an und dreht das Gewinde ab. Wir haben überhaupt kein Gewinde mehr. Das ist zirka so, wie wenn ich einen Schraubenzieher in die Hand nehme und versuche, das abzudrehen. Dann geht es auch nicht mehr auf", so Wolff gegenüber Sky. Auch Stunden später sei das Rad noch nicht abmontiert worden. "Ich habe noch nie ein Auto gesehen, dem du das Rad nicht abmontieren konntest. Auch jetzt ist es noch nicht unten. Wir brauchen irgendeinen Metallschneider."

Umso bitterer, schließlich glaubt Bottas ein Wörtchen um den Sieg hätte mitreden zu können. Ohne das Boxenpech, so sagt er, "hätten wir meiner Meinung nach um den Sieg kämpfen können". So oder so wäre ein Podestplatz auf jeden Fall drin gewesen. So verlässt Mercedes Monaco mit zwei frustrierten Piloten und einer Schlappe im Titelkampf.

Sebastian Vettel zeigt in Monaco den "alten Sebastian"

Fünf Anläufe hat es gedauert, beim Großen Preis von Monaco war es dann endlich so weit. Sebastian Vettel hat seine ersten WM-Punkte für Aston Martin eingefahren. Dank einer tadellosen fahrerischen Vorstellung sowie einer guten Strategie seines Teams landete der Heppenheimer am Ende auf dem fünften Rang.

"Das ist ein sehr guter Tag für uns, beide Autos sind in den Punkten angekommen. Wir sind sehr glücklich, das haben wir gebraucht", schilderte ein zufriedener Vettel sein Rennen. "Irgendwie wussten wir schon, dass man in Monaco mehr rausholen kann als üblich, das war am Wochenende der Fall. Im Rennen war vor allem der erste Stint sehr wichtig - gerade hinten raus auf den weichen Reifen noch genug Pace zu haben, um an Lewis (Halmilton) und auch an Pierre (Gasly) vorbeizugehen. Auch wenn es sehr eng war an der Boxenausfahrt, aber das gehört auch dazu."

Nach einem eher unspektakulären ersten Stint mit wenigen Highlights pirschte sich der Heppenheimer anfangs des Boxenfensters an die beiden vor ihm liegenden Piloten heran und verkürzte den Abstand auf rund drei Sekunden. Als in den Runden 29 und 30 dann jeweils Hamilton und Gasly zur Abfertigung an die Box abbogen, sah der Heppenheimer seine Chance.

In den folgenden zwei Runden kitzelte er das letzte Maximum aus seinen Pneus heraus, fuhr mit freier Fahrt teils eine halbe Sekunde schneller als seine direkte Konkurrenz und schob sich via Overcut an beiden vorbei auf Rang fünf. "Ich wusste, dass jener Zeitpunkt entscheidend sein würde", schilderte Vettel: "Mein Ingenieur sagte mir, dass ich ruhig bleiben sollte und nun die Zeit gekommen sei. Die Reifen waren zwar nicht mehr frisch, aber ich konnte dennoch schneller fahren als bislang. Das hat den Unterschied ausgemacht."

Gasly: "Dann befördere ich uns beide in den Hafen"

Vor allem das Manöver am Ausgang der Boxengasse war dabei sehenswert. Auf dem Weg hoch zu Kurve drei lagen Vettel und Gasly praktisch auf gleicher Höhe, letztlich zog der Franzose aber zurück, auch um einen heftigen Crash zu vermeiden. "Entweder ich befördere uns beide in den Hafen, oder wir landen auf P5 und P6. Ich nehme lieber acht Punkte mit, statt null", so Gasly. Daher gab er am Ende doch nach. "Er hat mir zwei Zentimeter Platz gelassen. Ich bin dann auf die Marbles gekommen und konnte in Kurve 3 rein nicht so spät bremsen."

"Ich habe kurz mit ihm gesprochen, das war schon haarig", gab auch Vettel im Nachhinein zu. Gleichzeitig betonte er aber auch, dass er zu jedem Zeitpunkt versucht habe, Gasly Platz zu lassen. "Aber irgendwann war es dann wahrscheinlich für ihn zu eng und ich konnte mich behaupten."

Letztlich verhalf ihm sein wagemutiges Manöver zu Platz fünf und zehn WM-Punkten. Ein Ergebnis auf das nun aufzubauen ist. Denn auch wenn der Circuit de Monaco in seinem Layout einzigartig ist und es zu erwarten ist, dass Aston Martin auf anderen Kursen mehr Probleme haben wird, gibt es Vettel eine Menge Selbstvertrauen in sein neues Auto.

Selbstvertrauen, mit dem er den problemgeplagten und fehlerhaften Vettel aus den vergangenen Saisons vielleicht endlich hinter sich lassen kann. Das meint auch Ex-Weltmeister Nico Rosberg. "Jetzt haben wir mal den alten Sebastian, den phänomenalen Fahrer, gesehen. Von mir kriegt er auf alle Fälle zehn von zehn Punkten." Beweisen kann das Vettel schon in zwei Wochen beim Großen Preis von Aserbaidschan. Auch dort könnten die engen und langsamen Kurven dem Aston Martin entgegenkommen.

Mick Schumacher erleidet erste teaminterne Niederlage

Erstmals in seiner Formel-1-Karriere musste sich Mick Schumacher beim Großen Preis von Monaco seinem Teamkollegen geschlagen geben. Nach der unfreiwilligen Pause in der Qualifikation kam der Deutsche auch im Rennen hinter Nikita Mazepin an. Knapp 1,5 Sekunden fehlten ihm auf den Russen im Ziel.

Dies war jedoch weniger fehlender Leistung, sondern viel mehr einem Problem mit dem Benzindruck zu verdanken. "Mick hatte ein temporäres Leistungsproblem, das mit dem Benzindruck zu tun hatte", erklärte Teamchef Günther Steiner. "Das war Pech, aber zumindest konnte er weiterfahren."

Knapp 19 Sekunden Vorsprung hatte Schumacher im Rennen auf Mazepin herausgefahren, als das Problem auftrat und er an Boden verlor. "Es hat ein paar Runden gedauert, bis wir das herausgefunden haben und fixen konnten", so Schumacher. "Dadurch musste ich Nikita vorbeilassen."

Die meiste Zeit lag Mick Schumacher vor seinem Teamkollegen.imago images / Motorsport Images

Schumacher überholt Mazepin in Loews-Haarnadel

Dabei fing das Rennen für den 22-Jährigen gut an. Bereits in der ersten Runde drückte er sich mit einem sehenswerten Manöver innen in der Loews-Haarnadelkurve an seinem Teamkollegen vorbei. "Das war schon eng", beschrieb es Mazepin aus seiner Sicht. "Das ist eigentlich eine Kurve, die zu langsam für die Formel 1 ist. Du musst sogar die Kupplung ziehen, damit du nicht in das Auto vor dir reinfährst. Ich wurde aufgehalten und musste dort bleiben, wo ich war", sagte der Russe. Dann zog Schumacher innen vorbei.

Mazepin musste schließlich aufmachen, um eine Kollision zu vermeiden: "Wenn du um Platz 19 oder 18 kämpfst, dann gibt es ein zu großes Risiko, dass beide Autos dann nicht mehr rauskommen. Ich wollte nicht einfach in die Garage zurück und dafür verantwortlich sein", sagte er. "Ich wollte fair fahren. Das Rennen war lang."

Für Schumacher selbst war es kein Problem, dass er am Ende hinter Mazepin ins Ziel kam: "Es war natürlich schade, dass ich meine Position aufgeben musste und sie eigentlich nicht mehr zurückkriegen konnte. Aber ich glaube, im Endeffekt macht das auch keinen Unterschied aus, wenn wir nicht in den Punkten sind", sieht er es realistisch.

Dennoch: Erneut sah der 22-Jährige die Zielflagge und sammelte auf einer der schwierigsten Strecken im F1-Klalender wichtige Kilometer: "Ich glaube, dass wir generell wieder viel gelernt haben, wieder viel erfahren haben. Es gibt viel, was wir mit nach Baku nehmen und dort versuchen können, es zu verbessern."

Formel 1: Die WM-Wertung nach 5 von 23 Rennen

  • Fahrerwertung:
PlatzFahrerTeamPunkte
1Max VerstappenRed Bull105
2Lewis HamiltonMercedes101
3Lando NorrisMcLaren56
4Valtteri BottasMercedes47
5Sergio PerezRed Bull44
6Charles LeclercFerrari40
7Carlos SainzFerrari38
8Daniel RicciardoMcLaren24
9Pierre GaslyAlphaTauri16
10Esteban OconAlpine12
  • Konstrukteurswertung:
PlatzTeamPunkte
1Red Bull149
2Mercedes148
3McLaren80
4Ferrari78
5Aston Martin19
6AlphaTauri18
7Alpine17
8Alfa Romeo1
9Williams0
10Haas0