Maximilian Arnold, Johannes Geis und Co: Manche Stars aus der Liga finden in Deutschlands U21 bei der EM in Tschechien kaum statt. Dass sich Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking vor dem Halbfinale gegen Portugal (Sa., 18 Uhr im LIVE-TICKER) nun einmischt, dürfte seinen Spielern kaum helfen - im Gegenteil.
Maxi Arnold ist stets einer der Ersten. Einer der Ersten, der nach dem Spiel durch die Mixed Zone trabt, meist unbeachtet. Seit Beginn der U21-EM in Tschechien hat er noch nicht einmal öffentlich gesprochen. Weder in der Mixed Zone noch auf Pressekonferenzen. Heißt auch: Er hat sich trotz null Einsatzminuten nicht einmal beschwert.
Diesen Job hat nun sein Trainer für ihn erledigt. "Es ist schon komisch, dass einer, der beim Pokalsieger und Vizemeister gute Leistungen gebracht hat, in der deutschen U21 keine Rolle spielt", meckerte Dieter Hecking in der Bild. "Es ist die Entscheidung von Horst Hrubesch und sein gutes Recht. Aber ich bin der Meinung, dass meine Spieler spielen müssten."
Gemeint war damit auch Verteidiger Robin Knoche. Dass der nach dem Serbien-Spiel plötzlich auf die Bank musste, sei zwar verständlich, denn "er war krank und hatte Entzündungswerte im Körper". Dennoch gelte für beide: "Sie unterstützen die Mannschaft. Aber sie sind nicht so gut drauf."
Top-Duo macht Geis verzichtbar
Damit dürften Knoche und Arnold nicht allein sein. Da sind auf der einen Seite Timo Horn und Bernd Leno, die beide eine fantastische Saison gespielt haben. Im Tor ist jedoch eine Rotation während des Turniers äußerst selten, weshalb beide sich mit ihrer Reservistenrolle abgefunden haben dürften. Anders ist der Fall bei Johannes Geis.
Der 21-Jährige hat wie Knoche und Arnold eine starke Saison hinter sich. Knapp 3000 Bundesliga-Minuten spulte er ab - mehr als jeder andere Mainzer - und zeigte konstant gute Leistungen in der Mittelfeldzentrale. Vor wenigen Tagen bezahlte Schalke eine Ablösesumme von zwölf Millionen Euro für Geis.
Bei der U21-EM kommt er bisher auf exakt 14 Minuten Einsatzzeit. Bedenkt man, dass im ersten Spiel noch Moritz Leitner von Beginn an auflief, dürfte Geis in Hrubeschs Hackordnung fürs defensive Mittelfeld nur die vierte Wahl sein.
Eine unschöne Situation für den Mann mit dem außergewöhnlichen Spielverständnis und der spektakulären Schusstechnik. Zumal sich diese Situation kaum ändern dürfte. Solange Horst Hrubesch nicht in die Trickkiste greift, auf 4-3-3 umstellt und einen Abräumer hinter dem überzeugenden Duo Kimmich/Can benötigt, sieht es düster aus. Denn im aktuellen 4-2-3-1 herrscht auf der Sechs keinerlei Handlungsbedarf. Geis scheint verzichtbar.
Allrounder Arnold ohne Einsatz
Auch zum Nachteil von Arnold. Immerhin: Der Wolfsburger ist ein Allround-Talent und nicht auf Personalnot im defensiven Mittelfeld angewiesen. Doch auch in der offensiven Dreierreihe fand Hrubesch im bisherigen Turnierverlauf keinerlei Verwendung für Arnold.
Eine Außenbahn ist durch Amin Younes geblockt, der beim Coach besonders hoch im Kurs steht. Nachdem er gegen Dänemark ein Riesenspiel gemacht hat, dürfte ihn die schwächere Leistung gegen Tschechien wohl nicht sofort seinen Stammplatz kosten.
Auf der anderen Seite hat Leo Bittencourt die besten Karten. Im letzten Gruppenspiel war er lediglich ein Opfer der Taktik, weil Hrubesch gegen den offensivstarken rechten Flügel der Tschechen eine zusätzliche Absicherung brauchte.
Und in der Mitte? Da spielt Max Meyer, von Beginn an, immer noch. Zuletzt gegen Tschechien sogar ordentlich. Seine Steigerung kann zwar nicht über die zwei schwachen Auftritte in den ersten beiden Partien hinwegtäuschen, dennoch wird Hrubesch einen Teufel tun und ihn ausgerechnet nach seinem besten Spiel im Turnier plötzlich rasieren. Kaum ein Durchkommen also für Arnold.
Wenig Rotation als Vertrauensbeweis
Ähnlich sieht es bei seinem Wolfsburger Teamkollegen Robin Knoche aus. Der stand zwar im Auftaktspiel noch in der ersten Elf und machte eigentlich keine schlechte Partie. Doch vor dem Gegentor ließ er sich höchst unglücklich tunneln, weshalb Filip Djuricic plötzlich freie Bahn hatte.
Dass der Fehler seinen Ursprung bei Matthias Ginter hatte, der einen Fehlpass spielte und nicht schnell genug zurück in die Grundordnung fand, ging dabei ein wenig unter. Im zweiten Spiel musste Knoche dann Dominique Heintz weichen, der seitdem die Nase vorn hat.
Derzeit sieht es nicht danach aus, dass einer der drei genannten "Problemfälle" plötzlich in der Startelf landen könnte. Hrubesch betonte jüngst auf der Pressekonferenz: "Ich vertraue meinen Spielern. Das wissen sie." Er will seine Spieler durch zu viel Rotation nicht verunsichern, sondern auch dann Rückendeckung demonstrieren, wenn es mal nicht so läuft.
Dass Hofmann nach dem ersten Spiel und Bittencourt gegen Dänemark draußen saßen, hatte mehr mannschaftstaktische als individuelle Gründe. Einzig die Leistung von Leitner gegen Serbien schien selbst Hrubeschs Vertrauen aufgebraucht zu haben.
Heckings Verbalgrätsche wenig hilfreich
Gleichzeitig ist dem Trainer vollkommen egal, ob jemand "beim Pokalsieger und Vizemeister gute Leistungen gebracht hat" (Hecking über Arnold) oder anderswo. Hrubesch hat vier aktuelle Zweitligisten (Younes, Heintz, Hofmann, Demirbay) und zwei Absteiger (Günter, Klaus) im Kader, auf manche von ihnen hält er große Stücke. Wichtiger als der Tabellenplatz der Vereine sind für ihn die bisherigen Leistungen unter seiner Leitung.
Was Hecking vor diesem Hintergrund mit seiner Verbalgrätsche bewirken will, bleibt unklar. Denn damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit auf Einsätze für seine beiden Wolfsburger Schützlinge keineswegs - im Gegenteil. Selbst wenn Hrubesch sie als Option für die Startelf gegen Portugal im Kopf hätte, wäre es jetzt wesentlich schwerer, dies zu kommunizieren.
Denn wie würde es wirken, wenn er den bisher einsatzlosen Arnold oder den verdrängten Knoche just dann in die Startelf wirft, nachdem deren Trainer sich über den medialen Weg beschwert hat? Weder gegenüber dem Team noch der Öffentlichkeit ließe es sich als eine von Heckings Worten unabhängig getroffene Entscheidung verkaufen.
Hrubesch selbst wollte auf den Rat aus Wolfsburg nicht näher eingehen. Auf SPOX-Nachfrage erklärte er auf der PK lediglich: "Ich kann es nicht ganz verstehen, aber ich ignoriere es jetzt. Wir haben Wichtigeres zu tun."
Der Kader der deutschen U21