München - Nach über einem Jahrzehnt in der Bundesliga hat Sergej Barbarez also Schluss gemacht.
330 Mal lief er in der Bundesliga auf. Seine Liaison mit Borussia Dortmund Ende der 1990er war nicht die glücklichste, doch in Rostock, Hamburg und Leverkusen ist der 36-Jährige Kult.
Im Interview mit SPOX.com zieht der Wahl-Hamburger Karrierebilanz, spricht über seinen unerfüllten Traum und macht sich Gedanken über seine Zukunft.
SPOX: Sie waren zuletzt bei der Autoball-Weltmeisterschaft am Start. Wird man Sie jetzt öfters an der Seite von Stefan Raab sehen?
Sergej Barbarez: Für solche Sachen habe ich immer ein offenes Ohr. Bei dem Spaß habe ich gerne mitgemacht.
SPOX: Ich könnte Sie mir auch gut in einer TV-Poker-Runde vorstellen.
Barbarez (lacht): Ich kann mich nur anbieten! Für unsere Mannschaft wurden mehrere Turniere arrangiert und ich war sogar recht erfolgreich. Aber das war wahrscheinlich nur Anfängerglück.
SPOX: Die neue Saison steht vor der Tür. Sind Sie froh, nicht ins Trainingslager zu müssen oder fehlt Ihnen der Profi-Fußball bereits?
Barbarez: Im Moment nicht allzu sehr, aber ich hatte nie Probleme mit der Saison-Vorbereitung. Ich war immer pünktlich und habe meine Trainingseinheiten durchgezogen.
SPOX: Welchen Gegenspieler werden Sie garantiert nicht vermissen?
Barbarez: Diese Frage habe ich in letzter Zeit öfters gestellt bekommen. Ich muss ehrlich sagen, dass es mir wichtig ist, meinem Gegenspieler nach dem Spiel die Hand zu geben und "Tschüss" zu sagen. Was auf dem Platz passiert, ist eine Sache, aber Respekt sollte vorhanden sein. Ob ein Gegner gut zu meinem Spiel gepasst hat und ich viele Tore erzielt habe, ist dabei eher zweitrangig. Ich habe mich auf dem Platz immer wohl gefühlt. Das ist das Wichtigste.
SPOX: Warum trugen Sie in den letzten Jahren eigentlich immer einen Zahnschutz auf dem Platz?
Barbarez: Das war eine Idee von meinem Zahnarzt. Ich habe mir in Hamburg die Zähne machen lassen, was nicht ganz billig war. Als reine Vorsichtsmaßnahme hat er mir den Schutz empfohlen und ich habe mich gut damit abgefunden.
SPOX: Zwölf Jahre Bundesliga, fast 50 Länderspiele. Was vermissen Sie in Ihrer Laufbahn besonders?
Barbarez: Mein einziger unerfüllter Traum ist, dass ich nie mit der Nationalmannschaft bei einem großen Turnier war.
SPOX: Wo hatten Sie Ihre schönste Zeit als Fußballer und welchen Schritt bereuen Sie in ihrer Karriere?
Barbarez: Ich habe bei allen Vereinen meine Zeit genossen, aber in Hamburg hatte ich sicherlich meine schönsten aktiven Jahre. Sicherlich ein Grund, warum ich auch weiterhin in der Hansestadt lebe. Ich bereue nichts. Ich bin zufrieden, wie es gelaufen ist und was ich erreicht habe. Das ist sicherlich auch ein Grund aufzuhören.
SPOX: Für Hamburg wurden Sie 2001 Torschützenkönig, obwohl der Klub keine gute Saison spielte. Was bedeutet Ihnen dieser Titel?
Barbarez: Die Torjägerkanone war ein emotionales Highlight. Mehr als der Gewinn des DFB-Pokals zu Beginn meiner Karriere (1992 als Spieler von Zweitligist Hannover 96, Anm. d. Red.), ich durfte aufgrund der Ausländerbegrenzung nur in Zivil im Finale dabei sein.
SPOX: Verfolgt Sie der Fußball bis in den Schlaf oder fühlen Sie sich rundum wohl?
Barbarez: Um Gottes Willen, damit habe ich keine Probleme! Ich habe doch meine Karriere noch gar nicht richtig beendet und bin erst seit ein paar Tagen ohne Vertrag. Mir geht es gut, ich koste jetzt einfach alltägliche Sachen aus, die als Profi nicht drin waren. Nichts besonderes, einfach spontaner sein, oder mal eine Stunde später aufstehen. Das Leben genießen.
SPOX: Bedeutet genießen auch schlemmen?
Barbarez: Eigentlich nicht. Ich habe schon während meiner Karriere nicht so auf die Ernährung geachtet. Damit hatte ich nie Probleme.
SPOX: Wie geht es weiter im Leben von Sergej Barbarez?
Barbarez: Ich überlege mir, die Trainerlizenz zu erwerben, was aber nicht bedeutet, dass ich Trainer werden will. Mein Ziel ist, weiterhin mit Fußball zu tun zu haben. In welcher Funktion, wird man noch sehen. Konkretes habe ich aber noch nicht geplant, erstmal mache ich Urlaub.
SPOX: Wollen Sie sich auch mehr Zeit für ihre Stiftung "Centar" zu Gunsten der Waisenkinder in Bosnien nehmen?
Barbarez: Klar, meine Hauptaufgabe ist die Veranstaltung eines Benefizspiels in Hamburg. Die vergangenen zwei Jahre fand es nicht statt, weil ich in Leverkusen war, aber nach meinem Urlaub will ich das eventuell in Angriff nehmen. Ansonsten besuche ich die Kinder, wenn ich in Bosnien bin. Für sie ist es am schönsten, wenn jemand bei ihnen vorbeischaut und einfach etwas Zeit dort verbringt.
SPOX: Sie sind jetzt 36. Hätten Sie nicht noch Leverkusen oder einem Verein helfen können?
Barbarez (lacht): Ich werde im September 37. Es gab viel Anfragen, aber auch viel Blabla. Ich habe beim letzten Punktspiel schon gemerkt, dass eigentlich auch Schluss sein könnte. Mit Leverkusen hat es sich zerschlagen, da wir uns nicht international qualifiziert haben und der Verein es vom Tabellenplatz abhängig gemacht hat. So war es nicht notwendig, am Ende nochmals zu reden.