Michael Ballack lehnt nach seinem Streit mit Bundestrainer Joachim Löw ein Abschiedsspiel gegen Brasilien widerwillig ab, doch bei seinem Arbeitgeber Bayer Leverkusen präsentiert sich der 34-Jährige wie ein Musterschüler.
"Michael trainiert genauso viel, genau so hart, er fordert keine Privilegien für sich ein, er hat noch in keiner einzigen Trainingseinheit gefehlt. Er hat den gleichen respektvollen Umgangston wie die anderen, er ist ein Musterprofi, vorbildlich", sagte der neue Bayer-Coach Robin Dutt im Interview mit der "Frankfurter Rundschau".
Allerdings unterstrich Dutt, der als Nachfolger von Jupp Heynckes mit der Werkself nach eigener Aussage Titel anpeilt, dass Ballack aufgrund seiner Erfahrung bei Bayer eine Sonderrolle zukommt. Die hatte sein Vorgänger Heynckes für Ballack stets abgelehnt.
Dutt: "Kritik unter vier Augen"
"Die gleiche Kritik, die ich vielleicht bei einem anderen Spieler im Training laut äußern würde, sage ich dem Michael unter vier Augen. Damit die Kamerateams, die hier stundenlang ausgeharrt haben, nicht nach Hause fahren und denken, sie hätten jetzt ein großes Thema, das eigentlich gar kein Thema ist", sagte der Ex-Trainer vom SC Freiburg.
Und mit einem Teamleader Ballack will Dutt mit Leverkusen gleich in seinem ersten Jahr deutscher Meister werden.
"Wenn wir keinen internationalen Platz holen, dann wäre das enttäuschend. Europa League ist gut, Champions League sehr gut und Meisterschaft überragend. Daraus wird ein Ziel gemacht, damit kann ich leben. Für die Mannschaft ist das Ziel, ihre bestmögliche Leistung zu erbringen, und damit ist der erste Tabellenplatz möglich. Deswegen sollten wir den auch anstreben, ich finde es nicht unrealistisch zu sagen: Wir wollen einen Platz besser sein als letzte Saison", sagte Dutt.
Tägliches Gespräch mit Ballack
Ballack gefällt diese Einstellung. Der Ex-Capitano fühlt sich unter Dutt, dem Jahrgangsbesten des DFB-Fußballlehrer-Lehrgangs 2005, geachtet und gebraucht. Der 46 Jahre alte Sohn eines Inders sucht täglich das Gespräch mit dem ehemaligen England-Legionär und setzt auch auf Ballacks Meinung.
Während zwischen dem 98-maligen Nationalspieler und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) nach der Auseinandersetzung wegen des Abschiedsspiels weiter Funkstille herrscht, sprüht Ballack vor seiner zweiten Saison in Leverkusen vor Tatendrang.
Er scheint froh zu sein, dass das leidige Thema Nationalmannschaft vor seiner wahrscheinlich letzten Saison als Profi nun beendet ist. Das angebotene Abschiedsspiel hatte Ballack Ende Juni als eine "Farce" bezeichnet und Bundestrainer Löw "Scheinheiligkeit" vorgeworfen.
Die von DFB-Boss Theo Zwanziger geforderte Entschuldigung wird es ebenfalls vorerst nicht geben. Viel mehr will Ballack mit Bayer ab September in der Champions League beweisen, dass er als torgefährlicher Mittelfeldspieler noch immer Weltklasse-Niveau hat.
Michael Ballack im Steckbrief