Mario Gomez macht in der Serie A erstmals äußerst positiv auf sich aufmerksam. Restlos begeistert zeigt man sich in Italien aber vom omnipräsenten Arturo Vidal und Allegris Petting-Versuchen. In der Premier League ist der FC Liverpool das Nonplusultra und Arsenals Aufschwung ist nur der Presse geschuldet, während in La Liga die Piranhas geboren wurden und der ultimative Beweis erbracht wurde, dass Messi und Neymar auch gemeinsam können. Dies und mehr von unseren Korrespondenten in Europa.
Serie A
Von Oliver Birkner
Die Marios des Spieltags: Vor einigen Monaten setzte Milan-Manager Adriano Galliani seinen Stürmer Mario Balotelli auf Rang fünf der weltbesten Stürmer hinter Leo Messi, Cristiano Ronaldo, Zlatan Ibrahimovic und Radamel Falcao. Das reicht Mario freilich nicht: "Ich will in diesem Jahr der beste Angreifer Europas werden. Momentan sehe ich nur Messi und Ronaldo vor mir, doch die Dinge können sich schnell ändern." Und als ihn letzten Mittwoch jemand mit Ibrahimovic verglich, lächelte Balo: "Ein enormes Kompliment für Ibra." Da wird sich der Schwede zweifelsohne gefreut haben.
Wie dem auch sei, der Saisonbeginn gestaltete sich typisch Balotwitter - er verbringt ja ersichtlich die meiste Zeit beim Zwitschern. Viel lamentierendes Spazieren, dafür jedoch auch geniale Momente, ein wichtiges Tor in der CL-Qualifikation und beim 3:1 gegen Cagliari ein Treffer und zwei Assists. Bald kann er schon demonstrieren, wie der Vergleich gegen Messi aussieht - in den Gruppenkicks gegen Barcelona. Wenn's schiefläuft? Egal. Wie sagte er am Sonntagabend: "Kritiker interessieren mich nicht die Bohne." Mario Gomez nach etlichen Jahren im Geschäft erst recht nicht. Die Medien grummelten, als der Deutsche vor einer Woche aus sieben Metern statt das leere Tor den Pfosten traf. Von den Fiorentina-Tifosi gab es trotzdem lautstarke "Mario Gomez"-Rufe, weil er bislang formidabel fürs Team ackert. Am Sonntag bei Genua setzte er die Kugel zunächst erneut ans Aluminium - die Kritiker-Meute wetzte womöglich gerade die Messer, da gelang ihm das erste Florenz-Tor, später legte er zum 5:2-Endstand nach. Der "teutonische Gigant" ("Corriere dello Sport") erhielt reichlich Lob von Coach Vincenzo Montella: "Wie sich Mario die letzten 20 Minuten reingehängt hat, war unglaublich. Gewinnertypen bringen dir eben das gewisse Extra." Leider dauert es noch zwei Monate, bis die beiden Marios aufeinandertreffen.
Krieger des Spieltags: Mit einem Schuss Polemik und trotz der unterschiedlichen Position könnte man die Frage aufwerfen: Kostete Gareth Bale rund 100 Millionen Euro, was müsste dann Arturo Vidal wert sein? Der Ex-Leverkusener knüpft im dritten Juve-Jahr an seine kongenialen Leistungen an. Zwei Treffer gegen Lazio schraubten die Bilanz auf 24 Treffer in 83 Partien, wobei Netzen eigentlich nicht zu seiner primären System-Aufgabe gehört.
Dabei machte der "Krieger" übrigens zehn Mal das wichtige 1:0. Die Turiner setzten ein wichtiges Signal zum kontinuierlichen Qualitäts-Aufbau, als sie im Sommer lukrative Angebote von Real Madrid und den Bayern ausschlugen. Vidal charakterisierte eine Zeitung nicht ganz so falsch vor wenigen Monaten: "Oft erobert er den Ball, spielt ihn dann auf den Flügel zu sich selbst, passt in die Mitte, wo dann Vidal zur Stelle ist und trifft."
Und sonst? Und wo wir schon bei Vidals Pressing sind, zeichnete sich der TV-Kommentator des Duells Milan gegen PSV durch eine eigentümliche Bezeichnung des Forecheckings aus: "Die Niederländer kommen mit dem erhöhten Petting der Allegri-Truppe nicht zurecht." Nun ja, drei Mal war er ja auch drin.
Wenn man demnächst einige Tausend Zuschauer bei den Partien im römischen Stadio Olimpico vermisst, liegt das wohl am alternierenden Ausschlussverfahren. Letztes Wochenende blieb die Nordkurve bei Lazios Heimspiel wegen rassistischer Affenlaute im Supercup gegen die Juventini Paul Pogba, Kwadwo Asamoah und Angelo Ogbonna geschlossen. Am Sonntag traf es nun die legendäre Südkurve der Roma beim Kick gegen Hellas Verona, da einige ihrer Ultras am vergangenen 12. Mai Milans Mario Balotelli beleidigt hatten. So suchten sie sich vor dem Stadion halt eine andere Beschäftigung und attackierten zunächst die anreisenden Gästefans, nach der Partie den Verona-Mannschaftsbus. Nachdem der aus dem Stadion gefahren war, schnellten einige vermummte Ultras aus Gebüschen und torpedierten den von der Polizei eskortierten Bus mit einem Steinhagel, der mehrere Fenster zertrümmerte. Fazit: Einige Idioten lernen's nie und Fußball vor einer leeren Kurve ist tatsächlich wie Petting.
Serie A: Der teutonische Gigant und die Omnipäsenz
Premier League: Ohne die Presse wären die Gunners gar nichts
Primera Division: Diego Simeone und seine Piranhas
Premier League
Von Raphael Honigstein
Wenger des Spieltags: Was flog Arsene Wenger vor dem Spieltag nicht alles um die Ohren. Keine Superstars gekauft, schlechter Saisonauftakt und generell sei Arsenal ja nicht mehr das Arsenal, das die Fußball-Welt so lieben gelernt hatte. Zugegeben, das 1:0 gegen die Spurs war jetzt auch nicht Fußball vom anderen Stern, dafür steckt in Olivier Giroud dann doch zu wenig Dennis Bergkamp oder Thierry Henry - aber knipsen kann der Sturmtank wie seine Vorgänger im Arsenal-Dress inzwischen: Drei Buden in den ersten drei Spielen. Wengers Aussage nach dem Spiel war vielsagend: "Die Presse sucht die ganze Zeit einen neuen Stürmer für uns. Vielleicht hat ihn das ein wenig aufgeweckt. Ich war sehr zufrieden mit ihm heute. Für mich war das eine starke Vorstellung eines richtigen Mittelstürmers."
Die Presse hat den guten Olivier also dazu getrieben, solche Bestleistungen abzurufen. Das erklärt nun auch, warum der Wechsel von Mesut Özil ins Emirates nun doch so gut wie fix ist. Von Seiten der Journaille bekam Wenger ebenfalls aufgrund seiner nicht überaus offensiven Transferaktivitäten genügend Feuer und brachte jeden mehr oder minder begabten Kicker mit den Gunners in Verbindung. Nun also Özil. Soll nochmal einer was gegen die englische Presse sagen.
Thema des Spieltags: David Moyes kassierte seine erste Niederlage als United-Trainer. Und das ausgerechnet an der Anfield Road. Es war der 13. misslungene Versuch des ehemaligen Everton-Coachs. Positiv beeindruckend ist die Serie von Daniel Sturridge.
In seinem neunten Pflichtspiel in Folge erzielt er seine elfte Bude für die Reds. Generell scheint sich der FC Liverpool in dieser Saison aber auf Minimalismus einzuschießen. Drei Siege, drei Mal 1:0, Torschütze jeweils Sturridge. Klingt extrem langweilig, bringt am Ende aber die Tabellenführung. So gut starteten die Reds seit Jahren nicht mehr.
Und sonst so? City hat in dieser Saison keine guten Erfahrungen gegen Aufsteiger gemacht. Cardiff City war zum Auftakt eine Nummer zu groß. Zumindest, was den Einsatz betrifft. Gegen die Tigers zeigte die Pellegrini-Elf aber, dass sie auch anders kann - und gewann durch einen Kraftakt 2:0.
Ach ja, die Anzeichen waren durchaus vorhanden, nun hat es sich bestätigt: Gareth Bale wechselt zur Real Madrid. Die Spurs investierten denn auch in den letzten Tagen nochmal um die 75 Millionen Euro in drei Neuzugänge und insgesamt knapp 145 Millionen über den kompletten Sommer. Einer der ganz Neuen durfte auch gleich im Derby mitwirken, wenn auch eher unauffällig. Einzig bemerkenswerte Aktion von Erik Lamela? Seine Einwechslung in der 75. Minute.
Im Old Trafford haben Platzwunden bei Spielern eine gewisse Tradition. Seit David Beckhams unglücklicher Sitzposition bei Fergies Wutrede wird man in England immer hellhörig, wenn sich ein Red Devil wegen eines Cuts nicht einsatzfähig meldet. Bei Wayne Rooney soll es aber ein Trainingsunfall (Zusammenprall mit Phil Jones) gewesen sein - in jedem Fall wurde er mit zehn Stichen genäht und fällt auch für die WM-Quali-Spiele der Three Lions nächste Woche aus. Da hätte er aber immerhin spielen dürfen.
Wir müssen doch noch einmal auf den FC Liverpool zu sprechen kommen - und zwar Abseits des fast unfassbaren sportlichen Erfolges in den ersten drei Spielen. Denn was die Fans vor der Partie gegen United mal wieder boten, war schlichtweg der Wahnsinn. Bill Shankly, Erfolgscoach aus den 60er und 70er Jahren, wäre am Montag 100 Jahre alt geworden und wurde anfieldesk gefeiert. Das Wort Huldigung wäre untertrieben. Es war in jedem Fall eines: Gänsehaut pur.
Serie A: Der teutonische Gigant und die Omnipäsenz
Premier League: Ohne die Presse wären die Gunners gar nichts
Primera Division: Diego Simeone und seine Piranhas
Primera Division
Von Frank Oschwald
Team des Spieltags: Valencia? Sevilla? Malaga? Atletico Madrid! Das Hauptstadt-Team ist und bleibt aktuell der Champion der anderen Liga in Spanien. Im "neuen Clasico" (Mundo Deportivo) zwischen den Hauptstädtern und dem Vorjahresvierten Real Sociedad ging Atletico als Sieger hervor und bleibt somit als einziges Team neben Villarreal (!), Barca und Real noch ohne Punktverlust. Drei Spiele, drei Siege - für Coach Diego Simeone dennoch kein Grund, ein riesiges Fass aufzumachen. Auch das imaginäre Zepter als Kämpfer gegen die spanischen Verhältnisse weist er von sich. Hoffnung auf Spannung in der Liga durch die dritte Kraft Atletico? Nö. "Das sind doch alles nur Zahlen. Der Sieg ist natürlich wichtig, aber er ist jetzt auch schon wieder Vergangenheit", so der Trainer. Natürlich bereite man sich jetzt schon wieder auf die nächsten Spiele vor. Des Weiteren flüchtete er sich in wilde Floskeln und versuchte auszuweichen: "Wir müssen jedes Spiel so spielen, als wäre es unser letztes."
Doch auch die erste Gala von Neuzugang David Villa, der mit seinem ersten Tor und seinem ersten Assist einen großen Anteil am 2:1-Auswärtssieg hatte, lässt die spanischen Medien ins Schwärmen geraten. Die "AS" packt die ganze Szenerie wie üblich in eine Metapher. Ob dies gut gelingt oder doch irgendwie etwas hinkt, muss selbst entschieden werden: "Atletico ist extrem hungrig. Sie rennen, beißen ein Stück ab, schlucken es herunter und beißen wieder zu. Atletico ist kein Schwan wie der FC Barcelona und auch kein Stier wie Real Madrid, Atletico ist ein Piranha."
Coup des Spieltags: Wie Kai aus der Kiste kam der Transfer von Gareth Bale am Sonntagabend geschossen. Damit hatte nun wirklich niemand gerechnet. Gareth Bale zu Real? Was für ein überraschender Transfercoup. Gut, einige gewiefte Experten und Real-Insider hatten vielleicht eine minimale Vorahnung. So wurde der Transfer ja seit zirka zwei Wochen sowohl von englischen als auch von spanischen Medien als fix vermeldet. Und auch im Netz geisterten täglich weitere Hinweise für den Wechsel, die die Presse veranlasste, den Transfer als noch viel fixer zu bezeichnen.
Beispiele gefällig? Auf der offiziellen Twitter-Seite von Tottenham wurde Bale vom Hintergrund-Foto gelöscht, im Estadio Santiago Bernabeu wurde bereits zwei Mal - aus welchen Gründen auch immer - die Bühne für die Präsentation aufgebaut, im Online-Trikot-Shop auf der offiziellen Klub-Homepage konnte man Rückennummer und Name des Walisers auswählen, in Madrid wurde ein Paket mit neuen Tretern von Ausrüster Adidas abgefangen, das an Gareth Bale bzw. Real Madrid adressiert war und im Adidas-Shop in Paris verkaufte man bereits ab Freitag die Real-Trikots mit Bale-Aufdruck.
Nach langem Versteckspiel von Seiten der Klubs wurde der Transfer am Sonntag dann offiziell bekannt gegeben. Doch damit geht die Bale-Mania in der spanischen Presse ja erst so richtig los. 49 Mal (!) war der Name Bale auf der Startseite der Online-Ausgabe der "Marca" zu finden. Neben einem schlichten Bericht mit der offiziellen Verkündung des Transfers war direkt nach dem Wechsel gleich eine ganze Armada an Bale-Artikeln online. Unter anderem eine Bale-Karriere-Diashow, ein Video der schönsten Bale-Tore, eine Erklärung, wie das eigentlich alles mit Ronaldo passen soll und ein riesiges Statistikblatt, in dem unter anderem nachzulesen ist, wie viele Flanken Bale in den letzten fünf Spielzeiten geschlagen hat und wie oft er vom Gegner von den Beinen geholt wurde. 47 Mal in der letzten Saison. Und somit vier Mal weniger als 2011/2012. Gut zu wissen. Ach ja, nach sage und schreibe zwölf Bale-Artikeln wurde auch vom Kaka-Abgang und einem möglichen Özil-Wechsel zum FC Arsenal berichtet.
Und sonst? Das neue Barca-Traumpaar Lionel Messi und Neymar hatte am Wochenende seinen ersten gemeinsamen Startelf-Auftritt in der Liga. Und direkt beim Liga-Debüt straften sie Kritiker Lügen. Messi und Neymar in einem Team? Unmöglich, zu ähnlich, zu ballverliebt, hieß es noch vor der Saison. Doch vor allem in der ersten Halbzeit zeigte das Duo, dass es harmonieren kann. Klar, Messi überstrahlte mit seinem Hattrick und seinem 100. Auswärtstor in La Liga (mal wieder ein Rekord) zwar erneut alles, doch die Hacke-Spitze-Kombinationen machen Lust auf mehr.
Dass es nach dem Dreierpack von Messi in der ersten Hälfte gegen Valencia trotzdem noch mal knapp wurde, lag vor allem an der weiterhin wackligen Defensive der Katalanen. Noch vor der Pause gab's den Anschlusstreffer zum 2:3. Ungewöhnliche Spannung in einem Barca-Spiel, die auch dem Tickerer des spanischen Blattes "Sport" zusetzte. Er schloss seine Live-Begleitung mit den Worten "Madre mia".
Serie A: Der teutonische Gigant und die Omnipäsenz
Premier League: Ohne die Presse wären die Gunners gar nichts