Wie ein gelähmter Wellensittich

Oliver BirknerFrank Oschwald
28. April 201512:24
Findet Spiegel vermutlich auch ziemlich geil: Antoine Griezmangetty
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Antoine Griezmann schießt in der Liga aktuell alles kurz und klein, seine lustige Tolle spaltet jedoch weiterhin halb Europa. In Madrid heiß Trend, in England verspottet. In der Serie A prügeln sie sich schon im Kabinentrakt und Chelsea-Coach Mourinho verhöhnt Arsenal-Fans.

Serie A

Oliver Birkner

Keine Gnade des Spieltags: Derbyzeit, Bombenstimmung. Diesen Begriff nahmen eine Reihe von idiotischen Hooligans beim 140. Turiner Ligavergleich leider allzu wörtlich. Vor der Partie bombardierten Torino-Anhänger den Juventus-Mannschaftsbus mit Eiern, Flaschen und Steinen und knackten eine der doppelt gesicherten Scheiben. Eine längst getroffene Sicherheitsmaßnahme, da der Bus des Meisters bei vielen Auswärtsfahrten zur Zielscheibe von angehenden Stein- und Glas-Olympioniken avanciert, die ihrem Hobbysport frönen. Da legen wir noch einen drauf, dachten sich einige Juventini und lancierten einen in Pappe gewickelten Sprengsatz in den Block des FC Turin. Der Rauch und die Plastiksplitter der Sitze verletzten zehn Tifosi glücklicherweise nur leicht. Die Polizei meldete fünf Verhaftungen. Innenminister Angelino Alfano kündigte an: "Ab jetzt wird es keine Gnade für gewaltbereite Übeltäter mehr geben." Die Politik der Null-Toleranz hätte man durchaus schon früher anwenden können. Torino besaß bei drei Aluminiumtreffern von Juve etwas Fortune und gewann am Ende sein erstes Derby seit 20 Jahren. Schade, dass die großen Schlagzeilen allerdings den von Roma-Chef James Pallotta getauften "fucking idiots" gehörten.

Panzerfaust des Spieltags Was die Hools können, kann ich schon lange, dachte sich Atalanta-Stürmer German Denis. Insbesondere, wenn man den Ruf eines Spitznamens "der Panzer" zu verteidigen hat. Während der Partie gegen Empoli nervte Verteidiger Lorenzo Tonelli angeblich mit ständigen Mord-Drohungen gegen den Argentinier und dessen Familie. Zunächst revanchierte sich Denis mit dem 2:2 in der Nachspielzeit, um später an die Kabinentür der Gäste zu klopfen. Der Panzer rollte ein und kanonierte Tonelli die Faust ins Gesicht. Endstand: Denis 1, Tonellis Nasenbein 0. Wer das Lied vom Tod spielt, muss nach argentinischen Grundregeln offenbar mit einer standesgemäßen Far-West-Replik rechnen. Zum Vorteil für den Stürmer fiel in Bergamos Saloon zur Tatzeit übrigens kurzzeitig der Strom aus, so dass keine Beweismaterial gefilmt werden konnte. Denis erhält dennoch eine gepfefferte Geldstrafe vom Klub und womöglich fünf Spiele Sperre. "Er müsste Stadionverbot erhalten", wetterte Empolis Sportdirektor Marcello Carli. "Tonelli hat sich sicher im Ton vergriffen, doch dachte Denis ernsthaft, er würde ihn daheim aufsuchen und die gesamte Familie auslöschen?" Offensichtlich schon.

Und sonst? Der AC Milan befindet sich derzeit zur Strafklausur im Trainingszentrum Milanello. Eine angemessene Maßnahme nachdem man in Udine 1:2 verlor und für den ersten direkten Schuss aufs Tor 88 Minuten benötigte. Die Restleistung gestaltete sich dermaßen blutleer, dass Coach Pippo Inzaghi zischte: "Heute hätten wir gegen jeden Klub der Welt verloren. Die Spieler waren des Milan-Trikots unwürdig. Zur Pause hätte ich am liebsten alle ausgetauscht, mich eingeschlossen." Die indiskutable Aufführung nahm ihn völlig mit. Im TV haderte Inzaghi später: "Eigentlich hatten wir zuvor doch neun gute Spiele in Folge gemacht." Aus dem Studio kam ein vorsichtiges: "Sind neun gute Spiele nicht leicht übertrieben?" - Inzaghi: "Moment mal, wer hat denn von neun Spielen geredet? Ihr dreht einem immer das Wort im Mund um." Böse Journaille.

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Busbahnhof des Spieltags: Jose Mourinho hat den Bus an diesem Spieltag mal wieder ausgepackt und direkt vor dem Tor im Emirates Stadium geparkt. Das ist fußballerisch zwar so elegant und spektakulär anzusehen wie eine Doppelfolge von "The Biggest Loser", doch halt doch irgendwie fürchterlich effektiv. Mit Mann und Maus mauerte man sich zum 0:0 und musste sich von den Arsenal-Fans Schmähgesange gefallen lassen. "Boring, boring Chelsea", schallte es durchs weite Rund. Nach der Partie konfrontierten die Journalisten Blues-Coach Mourinho mit den Vorwürfen der Gunners. Das sei doch kein Fußball, den er da spielen lasse. Mit elf Mann zu verteidigen, das sei doch einfach nur langweilig. Mou holte Luft, zog die Augenbrauen kurz nach oben und antwortete dann so mourinhoesk wie immer: "Wissen Sie", leitete er seine Rede lehrerhaft ein. "Langweilig ist, wenn man zehn Jahre keinen Titel gewinnt. Das ist wirklich sehr langweilig", so der Portugiese, der beim letzten Wörtchen selbst lachen musste. Der Erfolg gibt ihm letztlich halt doch irgendwie Recht. Fünf Spiele vor Schluss thront man mit zehn Punkten Vorsprung schließlich ganz vorne. Auch Wengers Statistik gegen Mourinho könnte geiler sein. Bei 14 gespielten Partien schaffte der Arsenal-Coach es doch tatsächlich noch nicht, auch nur ein Spiel gegen den Portugiesen zu gewinnen.

Spoiler des Spieltag: Okay, wir müssen jetzt hier leider ein bisschen Spannung aus der nächsten Saison nehmen. Denn wir können es schon verraten: United wird in der nächsten Saison wieder englischer Meister. Bei einem Fan-Treffen bekam Coach Louis van Gaal von einem eisernen Anhänger die Komplettlösung für die kommende Spielzeit überreicht. Eine Einkaufsliste für den Sommer, mit einer Selbstverständlichkeit geschrieben, als handle es sich lediglich um zwei Karotten und ein Kopfsalat beim Supermarkt. Vor laufender Kamera der Vereinshomepage las er LvG das ihm aufgetragene Vorhaben dann genüsslich vor. "Hummels 36 Millionen, Clyne 50 Millionen, Pogba 75 Millionen, Bale 120 Millionen, Jackson Martinez 25 Millionen." Es sei für ihn jetzt so einfach, fügte der Holländer hinzu. Jetzt wisse er ja, wen er holen muss. "Nächstes Jahr werden wir Champ sein", so van Gaal. Jetzt muss United nur noch irgendwie etwas Schotter ins Theater der Träume schleppen. Wir hätten einen Tipp. Einfach von sämtlichen Fanartikeln 999.999 Stück bestellen und schon sind 4,2 Milliarden Mark auf dem Konto. Zumindest bei Anstoß 3 hat das immer funktioniert.

Anything else: Ja, ein wirklicher Jungbrunnen ist Diego Costa jetzt vielleicht nicht. Obwohl der Spanier erst 26 Mal seinen Geburtstag gefeiert hat, sieht er aus, als könne er schon bald zum Käffchen zum Seniorenstammtisch gehen. In Indien drehte ein Fernsehsender vor einiger Zeit einen Clip zum fleischgewordenen Benjamin Button. Sie ließen Passanten anhand eines Fotos das Alter des Chelsea-Stürmers schätzten. Da niemand auch nur eine grobe Ahnung hatte, wer oder was Diego Costa überhaupt ist, fiel die Antwort hier und da etwas überraschend aus. Die einhellige Meinung: Der gute Mann ist zwischen 40 und 50. Eine junge Dame lehnte sich sogar noch weiter aus dem Fenster und tippe den armen Costa auf 65 Jahre. Erst ein junger Mann löste das Rätsel und nannte das richtige Alter. Dieser sah allerdings auch sehr, sehr, sehr britisch aus. Verdammter Cheater!

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Frank Oschwald

Wellensittich des Spieltags: Die Fans von Atletico hatten anfänglich so wirklich ihre Zweifel mit Antoine Griezmann. Wirklich überzeugt waren am Rio Manzanares eigentlich die wenigsten. Der Franzose kostete ja schließlich eine ganze Ladung Geld und hatte bislang sein Unwesen nur bei Real Sociedad getrieben. Hinzu kam der Stotterstart des Franzosen bei Atletico. Bis zum 10. Spieltag dauerte es, bis ihm das erste Tor für die Rojiblancos gelang. Doch! Jetzt kann man getrost sagen: Es ist alles anders! Griezmann wird auf Händen durchs Stadion getragen und schießt die Liga kurz und klein. In den letzten fünf Ligaspielen knipste der 24-Jährige und schnürte in den letzten drei Partien zudem einen Doppelpack. Das schaffte vor ihm im Atletico-Trikto lediglich ein gewisser Fernando Torres in der Saison 2003/2004. Kein Wunder, dass jetzt alle am Rad drehen. Uns hätte es ja gereicht, wenn die Fans ihm im Stadion zujubeln. Aber nein, es muss ja wieder eine Nummer weiter gehen. Wie die AS berichtet, ist die Frisur des Franzosen nach der CR7-Tolle und der Neymar-Haarpracht schon die drittgefragteste in Madrid. "Bei Griezmann ist es anders als bei Beckham. Dieser hat die Frisuren nur kopiert. Griezmann erfindet den Trend. Sein Schnitt gab es so eigentlich noch nicht", erklärt eine spanische Frisörin fachmännisch. Da wir uns jetzt modisch nicht in der Lage fühlen, die Frisur des Franzosen auch nur ansatzweise zu beurteilen, lassen wir die englischen Kollegen sprechen: "Es sieht aus als würde er einen gelähmten Wellensittich auf dem Kopf balancieren." Wir hätten es nicht treffender formulieren können. Ach so, ein Tipp für die Spanien-Urlauber: Für 50 Euro ist die Frisur zu haben.

Jolly Good Fellow des Spieltags: Da im Fußball weiter so unglaublich viele gute Seelen rumirren, hat Athletic Bilbao mal schwupps einen neue Award aus dem Boden gestampft: Den "One Club Man Award". Hört sich jetzt zunächst etwas wild an, ist bei näherer Betrachtung jedoch eine grandiose Erfindung. Der Preis soll Spieler ehren, die ihr ganzes Fußballer-Leben einem Verein gewidmet haben und diesen eigentlich nie gewechselt haben. Am Wochenende wurde der Preis erstmals vergeben. And the winner is (kurzes Fummeln am Briefumschlag): Matt le Tissier! Der britische Haudegen spielte von 1986 bis 2002 für den FC Southampton und somit nie für einen anderen Klub. "Es ist klar und offensichtlich, dass dein Ruf in der Welt des Fußballs unübertroffen ist", hieß es in einer Nachricht des Vereins an den Spieler.

Algo mas? Trotz des lockeren Sieges in der Stadtmeisterschaft musste beim FC Barcelona nach der Partie der ein oder andere tief durchatmen und erst einmal schlucken. Denn vor genau einem Jahr erlag Ex-Coach Tito Vilanova seinem Krebsleiden. Messi beispielsweise schrieb auf seiner Facebook-Seite: "Tito, du wirst immer in unseren Erinnerungen und unseren Herzen bleiben." Dem schließen wir uns an. Per sempre etern, Tito!

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