Mann, was war am Wochenende nicht schon wieder alles los in Europas Top-Ligen: In Italien mucken die Kleinen auf, Tottenham hat das Siegen verlernt, Valencia weigert sich hartnäckig, auch mal mies zu spielen, und in Frankreich bezieht der Serienmeister eine fiese Klatsche.
Auf die Blitzlichter der ersten Oktober-Woche hat das alles jedoch keinen Einfluss.
Von unseren International-Experten erfährt man vielmehr, was es mit Milans Kryptonit auf sich hat, welch zweifelhafte Berühmtheit Dirk Kuyt einst in Holland erlangte, warum ganz Gijon auf Wolke sieben schwebt und welch durchaus beschissenen Tag der Franzose Florent Balmont hinter sich hat.
Serie A
von Oliver Birkner
Rotblaues Kryptonit: Den AC Mailand in dieser Saison zu stoppen, ist eigentlich ganz einfach: Der Gegner muss nur rot-blaue Vereinsfarben tragen. Milan hatte gegen die Rossoblu aus Bologna und vom FC Genua verloren, am Sonntagabend kam der Klub nach fünf Siegen in Folge nur zu einem mäßigen 0:0 bei den Rotblauen aus Cagliari. Dabei besaßen die Sarden sogar die besseren Chancen zum Sieg, holten aber zumindest ihren ersten Saisonpunkt. Patron Silvio Berlusconi wusste natürlich gleich, woran es lag: "Nur 0:0 beim Tabellenletzten, da muss man sich wirklich schämen. Aber kein Wunder, heute habe ich die Aufstellung nicht gemacht." Na dann soll er auch nicht lamentieren.
Ranieri zittert: In 111 Jahren Vereinsgeschichte hatte Juventus erst einmal zu Hause gegen Palermo verloren - am 18. Februar 1962. Über 46 Jahre später durften sich die Sizilianer endlich ein aktuelleres Datum in den Kalender schreiben, denn am 5. Oktober 2008 bescherten sie den Turinern die erste Saisonniederlage. Erst fünf Tore hat Juve nach sechs Spieltagen erzielt, zehn weniger als im Vorjahr. Trainer Claudio Ranieri steht bereits seit zwei Wochen unter Beschuss, doch Präsident Giovanni Cobolli Gigli versprach: "Ranieri hat unser vollstes Vertrauen, wir werden keine verrückten Maßnahmen ergreifen." Bei derartigen Aussagen wird es für den Coach erfahrungsgemäß heikel. 2007 hatte Cobolli Gigli gesagt: "So lange ich Präsident bin, heißt der Juve-Trainer Didier Deschamps." Kurz darauf musste der Franzose gehen.
Simone wer? Viele wussten nicht, dass dieser Simone Inzaghi überhaupt noch spielte. Tat der jüngere Bruder von Filippo ja auch kaum. Zwar steht der 32-Jährige seit 1999 im Lazio-Kader, kam zuletzt jedoch selten zum Einsatz, wurde zweimal ausgeliehen und sollte im Sommer eigentlich aussortiert werden. "Inzaghino" blieb aber in Rom und traf am Samstag zum späten 1:1 gegen Lecce. Es war sein erster Ligatreffer seit dem 19. September 2004, aus dem Spiel heraus hatte der Stürmer zuletzt im März 2004 getroffen. Das sollte fürs Guinness-Buch reichen.
Der 6. Spieltag der Serie A im Überblick
Premier League
von Raphael Honigstein
SOS an der White Hart Lane: Tottenham wollte dieses Jahr in die Phalanx der großen Vier einbrechen, doch nach der 0:1-Heimniederlage gegen Hull City droht nun eine historische Havarie: seit 1912, dem Jahr, in dem die Titanic unterging, haben die Spurs keinen schlechteren Start hingelegt. Damals wurden sie am Ende Siebzehnter. "Kann es unter Ramos noch schlimmer werden?" fragte am Montag der "Evening Standard" besorgt. Leider ja: als neue Sportdirektoren sind tatsächlich Avram Grant und Terry Venables im Gespräch.
Rock on, Dirk: Liverpools Dirk Kuyt erinnert so manchen Everton-Fan an Sloth, das im Keller eingesperrte Monster von "Die Goonies". Jetzt kam jedoch heraus, dass der umtriebige Stürmer in seiner Heimat Holland ein echter Popstar ist: vier Jahre lang soll er nationaler Meister im Luftgitarrenspielen gewesen sein. Das berichtet zumindest der gemeinhin gut informierte Internet-Newsletter von "Popbitch". Ob es stimmt oder nicht, weiß niemand, ist aber auch egal. Man kann sich den Mann mit der blonden Matte jedenfalls sehr gut beim Moshen vorstellen. Getty
Referees auf die Strafbank? Blackburns Trainer Paul Ince sah sich beim 0:2 seiner Blackburn Rovers gegen Manchester United eindeutig benachteiligt. Rovers-Keeper Jason Brown hatte vor dem 0:1 durch Wes Brown Nemanja Vidic' Ellbogen ins Gesicht bekommen, Referee Steve Bennett jedoch nichts gesehen. "Eine so eindeutige Szene kann man nicht eigentlich gar nicht falsch entscheiden", ärgerte sich Ince, und forderte zugleich längere Sperren für inkomptente Schiedsrichter. Man darf gespannt sein, was die Football Association dazu sagt. Wahrscheinlich wird sie vorsichtshalber erstmal ein Verfahren gegen den ehemaligen United-Spieler einleiten, weil seine Kommentare "das Spiel in Verruf bringen" könnten.
Der 7. Spieltag der Premier League im Überblick
Primera Division
von Steffen Rössel
1:6, die Frisur sitzt: Barca gegen Atletico wurde vorher zum Duell der Argentinier Lionel Messi gegen Sergio Agüero hochstilisiert. Wie so oft kam es dann aber nicht zum großen Gefecht: Barca machte die Hauptstädter im ersten Durchgang lächerlich, hätte am Ende sogar zehn Tore schießen können. Messi wirbelte dabei wie Speedy Gonzalez, Atletico-Abwehrmann Tomas Ujfalusi ist wahrscheinlich heute noch schwindelig. Und Agüero fiel eigentlich nur bei Einblendungen des spanischen Fernsehens auf: Im Split-Screen sah man links Messi wuseln, schießen, jubeln, während Agüero rechts zeitgleich, rund 60 Meter entfernt, düster drein blickend meist nur am Halt seiner Frisur interessiert war.
Der grimmige Bernd: Dass Bernd Schuster in Madrid nicht alles immer dufte findet und die hysterischen Medienwelt nicht eben schätzt, ist hinlänglich bekannt. Am Wochenende spekulierten zahlreiche Medien mal wieder über seinen Abgang. Angeblich haben "Don Bernardo" und Real bereits die Übereinkunft getroffen, nach Saisonende getrennte Wege zu gehen. Dieselben Blätter hatten aber auch schon Cristiano Ronaldo im Real-Trikot gesehen...
Neues aus Gijon: Fünf Spieltage lang wurden sie sportlich verprügelt, gehänselt und für zu leicht befunden - jetzt schlug Sporting Gijon zurück. Mallorca 0, Gijon 2 - eine ganze Stadt in Ekstase. Der Erfolg auf der Baleareninsel bedeutete Gijons ersten Sieg in der Primera Division seit dem 4. April 1998. "Wir haben uns nicht hängen lassen. Der Schlüssel zum Sieg war derselbe wie immer: Mut und Entschlossenheit", jubelte Trainer Manuel Preciado. Durch den Dreier löste sich Sporting vom Tabellenende - das war in der letzten Erstliga-Saison 1997/1998 kein einziges Mal gelungen.
Der 6. Spieltag der Primera Division im Überblick
Ligue 1
von Alexis Menuge
Gut erholt: Was war das für ein Höllentrip unter der Woche für OM: Beim 1:2 bei Atletico Madrid in der Champions League holten sich die Marseille-Fans im Gästeblock mächtig Backenfutter von den spanischen Sicherheitskräften ab. Anschließend mussten Spieler und Vorstand 3300 Euro aus eigener Tasche zahlen, um den Charterflug mit genügend Kerosin zu versorgen - erst um 3 Uhr nachts ging es nach Hause. Nach null Siegen im September gab es für Olympique am Samstag dann endlich einen Sieg: 2:1 gegen SM Caen - und das in Unterzahl.
Fußball ist keine Mathematik: Der FC Sochaux ist das einzige Team, das in jedem Spiel einen Treffer erzielen konnte. Und der FCS steht damit, na logo, auf dem vorletzten Tabellenplatz. Zu einem Sieg reichte es auch beim OGC Nizza nicht. Der erste Punktgewinn in der Fremde ist aber durchaus als Erfolg zu werten, spielte Sochaux die letzten Minuten doch nur zu neunt. Zwei Spieler hatten sich verletzt, Trainer Francis Gillot aber bereits dreimal gewechselt.
Der Tag fing sch... an: ...vielleicht wird er ja noch besser. Dachte sich Florent Balmont. Der Mittelfeldspieler von Lille nutzte das kurzfristig abgesagte Trainingslager, um die Nacht vor dem Derby gegen Valenciennes zuhause zu verbringen. Um 5 Uhr morgens starrte er dann in den Lauf einer Pistole: Drei Einbrecher hatten ihn, seine Frau und die zwei Kinder im Schlaf überrascht, gaben Balmont letztendlich eins über die Rübe und verschwanden mit Wertgegenständen und seinem Auto. Gegen Valenciennes spielte er dennoch von Anfang an und wurde bei seiner Auswechslung in der 82. Minute frenetisch gefeiert - ein paar Minuten vorher hatte er nämlich zu allem Übel auch noch einen Fußtritt eines Gegners ins Gesicht kassiert. Einbrecher und Gegenspieler kamen übrigens davon...