Die Attacke auf Lyon-Trainer Fabio Grosso bringt Frankreich in Aufruhr. Wenige Monate vor Olympia nimmt auch das Thema Sicherheit an Fahrt auf.
Blut auf der Stirn, Blut auf der Nase, Blut im Bart: Das drastische Foto von Fabio Grosso, das am Montag die komplette Titelseite der L'Equipe zierte, war nichts für schwache Nerven, vor allem wegen der klaffenden Wunde über dem linken Auge.
"Ekel und Scham" schrieb die französische Sportzeitung unter das Bild, und damit war eigentlich alles gesagt.
Gesprächsbedarf gab es dennoch reichlich. Zu heftig war die Attacke auf den Bus von Olympique Lyon vor dem Auswärtsspiel in Marseille, bei der vier Scheiben zu Bruch gingen - wohl durch den Wurf von Bierdosen, wahrscheinlich auch Steinen.
Der vorne im Bus sitzende Grosso wurde ebenso wie Assistent Raffaele Longo nach Klub-Angaben "ernsthaft verletzt", das für Sonntagabend angesetzte Spiel abgesagt.
Die Suche nach den Schuldigen läuft
Weil auch sechs Fanbusse angegriffen wurden und vergleichbare Vorfälle "jedes Jahr in Marseille passieren", wie Lyon betonte, begann am Montag die Suche nach den Schuldigen. Mehrere Festnahmen gab es bereits, noch mehr aber erhitzte die Frage nach den Sicherheitsmaßnahmen die Gemüter.
Innenminister Gerald Darmanin betonte, für ihn liege angesichts von 500 eingesetzten Polizisten "kein Versagen" der Behörden vor. Derzeit gebe es "keine andere Sportart", die "einer solchen Gewalt ausgesetzt" sei.
Für Frankreich gilt das in der Tat. Erst Anfang Oktober war das Spiel zwischen Montpellier und Clermont abgebrochen worden, weil ein Böller in unmittelbarer Nähe des Gästetorhüters explodierte.
gettyLyon entschuldigt sich für "rassistisches Verhalten"
Den Traditionsklub Girondins Bordeaux hatte eine Fan-Attacke auf einen gegnerischen Spieler inklusive Spielabbruch sogar den möglichen Aufstieg gekostet. Auch Lyon musste sich am Montag für das "inakzeptable rassistische Verhalten" eigener Fans auf einem Parkplatz in Marseille entschuldigen.
Hinzu kommt, dass Frankreich im Sommer Gastgeber der Olympischen Spiele in Paris ist. Auch in den Vororten der französischen Hauptstadt brodelte es derzeit, der Krieg zwischen Israel und der Hamas hat in der Banlieue zum Aufflammen alter Ressentiments geführt. Die Lage ist angespannt.
Immerhin: Die sechswöchige Rugby-WM mit Spielen auch in Paris und Marseille ging am Wochenende ohne größere Vorfälle zu Ende. Dennoch kündigte das Innenministerium schon vor der Bus-Attacke an, die die Mittel für Olympia (26. Juli bis 11. August 2024) im Vergleich zur WM zu verzehnfachen.
Lyon warnt vor "einer noch größeren Tragödie"
Darmanin lobte die Organisation des Rugby-Turniers aus sicherheitstechnischer Sicht und erinnerte daran, dass 11.000 Mitglieder der Ordnungskräfte und etwa 3000 Stadtpolizisten jeden Tag mobilisiert worden seien: "In zwei Monaten gab es 4880 Einsätze zur Bekämpfung der Kriminalität, die zu 781 Festnahmen führten", fügte er hinzu.
Zumindest der Fußball ist nach der "dunklen Nacht in Marseille" (L'Equipe) aber noch voll mit der Gegenwart beschäftigt. Bilder wie das von Grosso kann die Liga, die derzeit nach neuen Käufern ihrer Medienrechte sucht, nicht gebrauchen.
Es müsse sich dringend etwas ändern, mahnte auch Lyon an, "bevor es zu einer noch größeren Tragödie kommt".