Clement Turpin leitet den deutschen EM-Auftakt. Besonders ein Nationalspieler hat gemischte Erinnerungen an den Franzosen.
Thomas Müller war sich seiner Schuld bewusst. "Es tut mir sehr leid", sagte der Bayern-Profi, seine Kung-Fu-Einlage, bei der er Nicolas Tagliafico eine blutende Kopfwunde zugefügt hatte, sei "keine Absicht" gewesen. Dennoch: Schiedsrichter Clement Turpin blieb keine andere Wahl, als Müller für seinen Tritt vom Platz zu stellen.
Es war die erste und bis heute letzte glatt Rote Karte in 868 Profispielen für Müller, nur einmal hat er vor jenem 3:3 bei Ajax Amsterdam im Dezember 2018 noch Gelb-Rot gesehen. Dennoch hat er auch gute Gründe, dem Wiedersehen mit Turpin beim EM-Eröffnungsspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am Freitag (21.00 Uhr/ZDF und MagentaTV) gegen Schottland mit Vorfreude entgegen zu blicken: Weder Müllers Bayern noch die DFB-Elf haben je ein Spiel verloren, das vom 42-jährigen Franzosen geleitet wurde.
Die Münchner gewannen fünf von neun Partien, Deutschland drei von vier. Turpin ist einer der erfahrensten Unparteiischen Europas, er war seit der EM 2016 bei jedem großen Turnier im Einsatz. Damals leitete er das 1:0 der DFB-Auswahl im letzten Gruppenspiel gegen Nordirland. Torschütze war Mario Gomez, Vorarbeit: Müller.
Turpin wurde 2021 mit der Leitung des Endspiels in der Europa League betraut, ein Jahr später mit jenem der Königsklasse. Dort gab es auch eine der hitzigsten Debatten um seine Person - und wieder waren die Bayern beteiligt.
Beim 1:1 des Rekordmeisters im Viertelfinal-Rückspiel gegen Manchester City 2023 unterliefen ihm einige Fehler, der englische TV-Experte Rio Ferdinand schimpfte über seine "Theatralik" und ätzte: "Er möchte, dass es mehr um ihn geht als um das Spiel."
Bayern-Coach Thomas Tuchel, von Turpin wegen Meckerns auf die Tribüne geschickt, gab dem Schiri die Note 6. Müller meinte, er äußere sich ungern über den Schiedsrichter, "aber heute war es schon sehr auffällig, welch schwache Entscheidungsfindung er hatte".