Die Hinrunde der 2. Liga ist zu Ende. Im Aufstiegskampf haben sich fünf Teams aussichtsreich positioniert, im Tabellenkeller ist der FC Ingolstadt selbst mit mageren zehn Punkten nicht weit vom rettenden Ufer entfernt. SPOX zieht Zwischwenbilanz nach einer erstaunlich unausgeglichenen ersten Saisonhälfte: Wer hat überrascht, wer enttäuscht? Haben die Trainerwechsel etwas gebracht und was war neben dem Platz das bestimmende Thema?
Die Überraschungen
Nach einem vierten und einem siebenten Platz in den letzten beiden Jahren geht Fortuna Düsseldorf mit einer noch nie dagewesenen Punktausbeute als Tabellenführer und Topfavorit auf den Aufstieg in die zweite Saisonhälfte.
17 Spiele ohne Niederlage und acht Siege in acht Heimspielen stehen zu Buche. Saisonübergreifend sind die Düsseldorfer seit 24 Ligaspielen ungeschlagen. Im DFB-Pokal steht man im Achtelfinale und spielt dort gegen den deutschen Meister Borussia Dortmund. Es läuft bei der Fortuna.
Als große Stärke der Düsseldorfer erweist sich die verblüffende Ausgeglichenheit des Kaders: Selbst einen Ausfall des 34-jährigen Toptorjägers Sascha Rösler, der mit zehn Toren seinen dritten Frühling erlebt, kann der Tabellenführer wie beim 2:1 gegen die Fürther am 16. Spieltag kompensieren. Nicht umsonst stehen drei Düsseldorfer in den Top Ten der Torschützenliste.
In der Hinrunde überzeugte die Fortuna mit ansehnlichem, in den entscheidenden Momenten zudem effizientem Fußball. Trainer Norbert Meier, der bereits 2004/2005 mit dem MSV Duisburg eine Herbstmeisterschaft und darauf folgend den Aufstieg feiern konnte, warnt dennoch vor Großspurigkeit. Auf die Frage, was Düsseldorf von der Konkurrenz unterscheide, entgegnete er: "Drei Punkte".
Denn trotz der fulminanten Hinrunde haben die Düsseldorfer kein dickes Punktepolster auf die Verfolger. Auf den Tabellenvierten aus St. Pauli beträgt der Vorsprung nur fünf Punkte. Ein Vorteil für die Rheinländer: In der Hinrunde spielten sie gegen die direkten Konkurrenten Paderborn, Eintracht Frankfurt und FC St. Pauli auswärts. Von den Topteams hat nur Fürth in der Rückrunde gegen die Fortuna Heimrecht.
Als der SC Paderborn die letzte Saison als Zwölfter abschloss, galt dies als das Maximum, was aus Kader und Vereinsumfeld herauszuholen sei. Spätestens nach dem Abschied von Erfolgstrainer Andre Schubert zum FC St. Pauli war für die Westfalen im bekanntlich schweren zweiten Jahr nach dem Aufstieg Schlimmes zu befürchten.
Doch Schuberts Nachfolger Roger Schmidt - zuvor beim Delbrücker SC und in der Regionalliga bei Preußen Münster auf der Trainerbank - formte aus einer Mannschaft voller Nobodys einen der unangenehmsten Gegner der Liga. Seit dem 4. Spieltag ist der SC Paderborn inzwischen ungeschlagen und belegt damit mit drei Punkten Rückstand auf den dritten Platz und beruhigendem Vorsprung auf die Abstiegsregion Rang fünf.
Symbolisch für den Aufschwung der Paderborner steht Stürmer Nick Proschwitz, der ablösefrei vom FC Luzern kam und in Deutschland zuvor durch die Reservemannschaften von Bundesligisten gereicht wurde. Inzwischen führt er mit zehn Toren die Torjägerliste der 2. Liga an und hat damit einen gewaltigen Anteil am Aufschwung seines Vereins.
Doch das Prunkstück der Ostwestfalen ist die Defensive: Mit 13 Gegentoren kassierte Paderborn die wenigsten Tore der Liga. Keines der sonst so torhungrigen Teams unter den ersten vier erzielte mehr als ein Tor gegen den Tabellenfünften.
Der SC Paderborn hat den Fußball in der Hinrunde wahrlich nicht revolutioniert, doch er hat mit taktischer Disziplin und gelungenen Transfers trotz des zweitkleinsten Liga-Etats dafür gesorgt, dass so etwas wie Euphorie im sportlich so gebeutelten Ostwestfalen aufkeimt: Erstmals in dieser Saison war gegen St. Pauli am 17. Spieltag ein Heimspiel in Paderborn ausverkauft. Inzwischen hat Paderborn bei den Zuschauerzahlen sogar den Lokalrivalen Arminia Bielefeld überholt.
Die Enttäuschungen
Sportchef Erik Meijer fand die richtigen Worte für den Saisonstart der Aachener: "Lachnummer der Liga" nannte er sein Team, das zwölf Spieltage auf seinen ersten Saisonsieg warten musste. Niedliche drei Tore erzielten die Aachener bis dahin, und fanden sich damit trotz akzeptabler Defensivwerte - vom fünften bis zum achten Spieltag spielte man immerhin vier Mal zu null - auf dem letzten Tabellenplatz wieder.
Der Kurs, mit dem unerfahrenen, aber bei den Fans beliebten Trainer Peter Hyballa eine junge Truppe aufzubauen, ist gescheitert. Erst durch einen Trainerwechsel konnte sich die Alemannia mit Siegen gegen die ebenfalls abstiegsbedrohten Ingolstädter und Karlsruher auf Rang 15 retten. Der Trend bei der Alemannia unter dem neuen Coach Friedhelm Funkel zeigt nach oben.
Grund zu Euphorie besteht jedoch nicht, denn es blieben die bisher einzigen Saisonsiege. Auch unter Funkel war die Punktausbeute bisher nur mittelmäßig. Der Trainer selbst zweifelte zuletzt an der Qualität des Kaders und verbannte unter anderem die Neuzugänge Jonas Strifler und Fabian Becker zu den Amateuren in die NRW-Liga.
In der Tat kann das Ziel in dieser Saison nur noch Klassenerhalt heißen. Dass der mit 13 Punkten aus der Hinrunde in greifbarer Nähe ist, haben die Aachener der Schwäche der Konkurrenten zu verdanken.
Es sollte der große Angriff der Zebras auf die Aufstiegsplätze werden. Im Sommer verbreiteten die Verpflichtungen von Florian Fromlowitz, Emil Jula und Jiayi Shao noch Aufbruchsstimmung. Doch nach dem katastrophalen Saisonstart mit fünf sieglosen Spielen in Serie ist man beim MSV Duisburg am Ende der Hinrunde schon froh, den Anschluss an das untere Mittelfeld gefunden zu haben.
Vor allem der Ausfall von Srdjan Baljak (Kreuzbandriss) machte den Duisburgern zu schaffen. Dass mit Branimir Bajic ein Abwehrspieler mit vier Toren vor Mittelfeldmann Daniel Brosinski bester Torschütze des MSV ist, deckt die Sturmmisere gnadenlos auf.
Nach dem peinlichen Zweitrundenaus im DFB-Pokal bei Regionalligist Holstein Kiel zog der Vorstand die Reißleine und entließ Trainer Milan Sasic. Unter Nachfolger Oliver Reck zeichnet sich nun trotz der Niederlage am 17. Spieltag gegen Tabellenführer Düsseldorf Besserung ab. Den Aufstieg muss der MSV Duisburg angesichts der überraschend unausgeglichenen Tabelle wohl dennoch abhaken.
Seite 2: Die Trainerwechsel, der Star, die Aufreger und die Zahlen
Die Trainerwechsel
Mit der Entlassung des Rostocker Trainers Peter Vollmann nach dem 17. Spieltag wurde in der Hinrunde bereits bei jedem dritten Verein der Trainer beurlaubt, darunter unter anderem die Veteranen Friedhelm Funkel (Bochum), Benno Möhlmann (Ingolstadt) und Milan Sasic (Duisburg). Funkel konnte immerhin vier Tage später einen neuen Job bei Alemannia Aachen antreten und sammelt damit weiter fleißig Vereinsstationen.
Während bei den meisten Trainerwechseln dieser Saison die neuen Besen in der Tat besser kehren - insbesondere beim VfL Bochum, der mit Andreas Bergmann auf der Trainerbank die Hinrunde mit einem 6:0-Kantersieg gegen Erzgebirge Aue abschloss - steht der FC Ingolstadt noch immer vor einem Scherbenhaufen.
Nach der Ankündigung von Hauptsponsor Audi, künftig mehr in den Verein zu investieren und mit ihm mittelfristig die Bundesliga anzustreben, kamen mit Tomas Oral als Trainer und Thomas Linke als Sportdirektor zwei Projekterfahrene: Zuletzt arbeiteten beide gemeinsam bei RB Leipzig, verpassten dort jedoch den angepeilten Aufstieg in die 3. Liga.
Der Start mit Ingolstadt verlief ebenfalls wenig vielversprechend: In drei Spielen unter der neuen sportlichen Leitung holten die Schanzer nur einen Punkt, erzielten kein einziges Tor und stehen damit weiter auf dem letzten Tabellenplatz.
Der Star der Hinrunde
Wenn ein Zweitligaspieler laut Medienberichten auf dem Wunschzettel von Fulham, Ajax Amsterdam und Borussia Dortmund steht, muss er Außergewöhnliches geleistet haben. Maximilian Beister ist dies bei Fortuna Düsseldorf in der Hinrunde gelungen.
Der 21-jährige Rechtsaußen spielte sich mit acht Toren und elf Vorlagen in den Fokus und erdribbelte sich dank seines Tempos und seiner Unbrechenbarkeit den Spitznamen "Mini-Robben".
Dass er die Düsseldorfer am Saisonende verlassen wird, ist wohl beschlossene Sache, schließlich ist der gebürtige Göttinger nur vom Hamburger SV ausgeliehen, wo Trainer Thorsten Fink große Stücke auf ihn hält: "Ich gehe davon aus, dass er im Sommer zu uns kommt und eine große Zukunft beim HSV hat", so Fink zum "Hamburger Abendblatt".
Laut "Bild"-Zeitung soll allerdings auch BVB-Trainer Jürgen Klopp bereits mit Beister gesprochen und ihm einen Wechsel nach Dortmund schmackhaft gemacht haben. Beim HSV steht der U-21-Nationalspieler noch bis 2013 unter Vertrag. Eines scheint jetzt schon festzustehen: Der technisch starke Flügelflitzer wird nach der Saison für die Fortuna wohl nicht zu halten sein. Ein Bundesliga-Aufstieg wäre das perfekte Abschiedsgeschenk.
Die Aufreger
Die Auf- und Absteiger bringen Wirbel in die sonst so beschauliche Zweitligawelt, jedoch nicht nur zum positiven: Eintracht Frankfurt, Dynamo Dresden und Hansa Rostock hatten nicht nur lautstarken und zahlenmäßig beachtlichen Anhang, sondern auch Chaoten bei ihren Besuchen in den sonst so idyllischen Trolli- und Energieteam-Arenen der Liga im Schlepptau.
Im Spiel zwischen Dynamo Dresden und Eintracht Frankfurt entrollten Frankfurter Fans ein Transparent mit der Aufschrift "Bomben auf Dynamo" und der Dresdner Stadtsilhouette. Rostocker Chaoten warfen gegen St. Pauli Feuerwerkskörper in den Gästeblock, unter dem Applaus von Fans auf der Tribüne.
Der FC Hansa war es schließlich auch, der sich in einem Hilferuf an die Öffentlichkeit und den DFB wandte, den Verein im Kampf gegen Fanausschreitungen zu unterstützen. Auch der DFB müsse erkennen, dass durch bloße Bestrafung der Vereine das Problem der Gewalt im Fußball nicht gelöst werden könne.
Trauriger Höhepunkt waren die Ausschreitungen Dresdner Fans beim DFB-Pokalspiel gegen Borussia Dortmund, die dem Verein eine Turniersperre und der Öffentlichkeit eine lebhafte, aber nicht immer differenzierte Diskussion über Gewalt im Stadion einbrachte.
So sorgten ein Lösungsvorschlag des Frankfurter Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen unter den Fans für Aufregung: "Es muss darüber nachgedacht werden, dass alle Klubs keine Jahreskarten mehr an bekennende Ultras abgeben", forderte Bruchhagen in einem Interview mit dem "Sport-Informations-Dienst".
Zahlen, Zahlen, Zahlen
Das torreichste Spiel: Acht Tore bekamen die Fans im Audi-Sportpark am 10. Spieltag bei der Begegnung des FC Ingolstadt mit dem VfL Bochum zu sehen. Am Ende gewannen die Bochumer nach 0:2 und 1:3 Rückstand noch mit 5:3. Jong Tae-Se war mit drei Toren der Matchwinner, Takashi Inui komplettierte mit seinem 5:3 den asiatischen Abend des VfL.
Die meisten Tore bekam man in der Hinrunde bei Spielen von 1860 München zu sehen. Insgesamt 61 Tore fielen bei Spielen mit Löwen-Beteiligung. Knapp dahinter folgt Dynamo Dresden mit 60 Toren. Logisch, dass die beiden Teams gegeneinander kein dröges 0:0 ablieferten. Die Partie 1860 gegen Dynamo endete mit 2:4.
Die wenigsten Tore gab es hingegen bei Spielen mit Rostocker oder Paderborner Beteiligung. Nur 37 Tore fielen in den Begegnungen der beiden Mannschaften. Doch während Paderborn sich diesen Wert vor allem durch eine starke Defensive verdiente, fielen die wenigen Tore bei Rostocker Spielen in der Regel für den Gegner: Mit elf Toren stellt Rostock die schwächste Offensive der Liga.
Die meisten Zuschauer: Einen würdigen Rahmen erfuhr das Duell zwischen Eintracht Frankfurt und Fortuna Düsseldorf am 4. Spieltag. 42.000 Zuschauer waren beim Aufeinandertreffen des Zweiten gegen den Ersten in der Commerzbank-Arena und sahen ein 1:1.
Die wenigsten Zuschauer: Auch hier liegt Frankfurt ganz vorne, allerdings der kleine Bruder FSV: Gerade einmal 2826 Zuschauer lockte der SC Paderborn bei seinem Auswärtsspiel am 16. Spieltag ins Frankfurter Volksbank-Stadion. Auch diese Partie endete Unentschieden (2:2).
Die 2. Liga im Überblick
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