Vor vier Jahren stand er noch im Kader der deutschen Nationalmannschaft bei der WM 2006 - doch was macht Jens Nowotny heute? Der Ex-Nationalspieler (48 Länderspiele, 334 Bundesliga-Einsätze für Leverkusen und Karlsruhe) über Luxus, Internet und seinen Schriftsteller-Traum.
SPOX: 2006 waren Sie noch Teil des Sommermärchens, mittlerweile sind Sie etwas von der Bildfläche verschwunden. Was machen Sie?
Jens Nowotny: Ich habe einige Aktivitäten nebenbei, aber an sich genieße ich einfach das Leben und die Freiheit, morgens aufzustehen und dann erst zu überlegen, was man mit dem Tag anstellen will. Mal fahre ich meinen Sohn zum Fußball, mal meine Tochter zum Klavierunterricht. Nach der Profi-Laufbahn kann ich es richtig wertschätzen, keine Termine wahrnehmen zu müssen und nicht immer unter Druck zu stehen. Eine sehr komfortable Situation.
SPOX: Zuletzt standen Sie im Fokus, als Sie bei Fortuna Köln als sportlicher Berater anfingen. Mittlerweile wurde es aber ruhig um den Klub, der nach britischem Vorbild den zahlenden Fans über das Internet gewisse Mitspracherechte einräumt.
Nowotny: Das Konzept fand ich sehr gut, deswegen hatte ich auch zugesagt. Zumal es zu mir gepasst hat, weil ich sehr Internet-affin und viel im Netz unterwegs bin. Es wäre interessant gewesen, mittelfristig womöglich als Sportdirektor mehr Verantwortung zu übernehmen und vielleicht auch die Jugendabteilungen mit zu betreuen. Leider bleibt es derzeit nur bei der Idee, weil von Fortuna-Seite aus die Bemühungen eingeschlafen sind und nicht so das Potenzial gesehen wird, was man alles aus dem Verein rausholen könnte.
SPOX: Aktiver beteiligt sind Sie beim Klima-Projekt "Global Unitied FC" von Welttorhüter Lutz Pfannenstiel, den Sie kurioserweise im Internet kennen gelernt haben.
Nowotny: Das stimmt. Ich bekomme zwar viele Anfragen, aber als mich Lutz über "Facebook" kontaktiert und von "Global United FC" erzählt hat, war ich sofort Feuer und Flamme. Ich habe als Profi so viel erhalten, jetzt ist die Zeit gekommen, etwas zurückzugeben. Es lohnt sich, zusammen mit Lutz gegen die globale Erderwärmung anzukämpfen, daher unterstütze ich ihn mit voller Überzeugung.
SPOX: Parallel haben Sie die Beratungsagentur "b.a.n.g." gegründet. Warum?
Nowotny: Mir wurde mein heutiger Geschäftspartner und Berater von Nick Heidfeld, Andre Theuerzeit, vor zweieinhalb Jahren vorgestellt. Nach einem gegenseitigen Beschnuppern haben wir eine gemeinsame Philosophie entwickelt und vor einem Jahr "b.a.n.g." gegründet. Im Motorsport sind wir bereits gut vernetzt, jetzt ist der Fußball dran. Es geht aber nicht darum, dass es mich mit aller Macht in den Profi-Bereich zurückzieht. Vielmehr möchten wir junge Spieler unaufgeregt und ruhig auf ihrem Weg beratend begleiten.
SPOX: Kann es sein, dass Sie etwas das Interesse am Profi-Fußball verloren haben?
Nowotny: Ich möchte nach all den Jahren in der Bundesliga einen Gang zurückzuschalten und mir keinen Druck machen. Da hilft es mir, dass ich auch früher schon viele Dinge außerhalb des Fußballs spannend fand und ausprobieren wollte. Jetzt habe ich die Zeit dazu.
SPOX: Zum Beispiel das Schreiben von Fantasy-Büchern? Oder ist das nur ein haltloses Gerücht aus dem Internet?
Nowotny: Nein nein, da ist schon etwas dran. Die Neugierde nach Fantasy-Geschichten ist bei mir schon lange sehr ausgeprägt. Als Jugendlicher habe ich Otfried Preußlers "Krabat" gelesen, mein erstes richtig großes Buch war "Herr der Ringe" von J.R.R. Tolkien.
SPOX: Ziemlich ungewöhnlich in der Fußball-Branche.
Nowotny: Kann sein, aber als Fußballer hatte man viel Zeit, um sich richtig einzulesen. Die Bücher von Wolfgang Hohlbein kenne ich natürlich auch gut, von "Harry Potter" habe ich alle Bände durch. Im Moment lese ich "Elfenbein", ein sehr unbekanntes Fantasy-Buch. Mitterlweile habe ich ein recht umfassendes Wissen von der Materie.
SPOX: "Harry Potter" beispielsweise gilt bei vielen aber nach wie vor als Kinderbücher.
Nowotny: Einige Leute rümpfen mit der Nase, wenn sie von "Harry Potter" hören, dabei wissen sie gar nicht, wie gut die Geschichten sind. Der Erfolg spricht eine klare Sprache: Wenn eine Buchreihe so viele Menschen fasziniert, kann sie nicht schlecht sein.
SPOX: Und was ist mit dem Selbstschreiben?
Nowotny: Ich habe schon eine grobe Geschichte im Kopf, aber es ist sehr schwer, einen Startpunkt zu finden und zu sagen: Jetzt geht's los! Ich habe leider noch nicht ausreichend Erfahrung, um zu wissen, wie man an ein solches Projekt herangeht. Ich würde mich gerne einmal mit einem Autor treffen und fragen, wie er es so macht. Mein Traum ist es, irgendwann vielleicht eine Welt erschaffen zu können wie Tolkien. Mit eigenen Rassen, eigener Sprache und einer spannenden Geschichte drum herum.
SPOX: Tolkien hat für "Herr der Ringe" aber mehrere Jahrzehnte gebraucht.
Nowotny: So lange muss es nicht dauern, aber Zeit habe ich ja mittlerweile zur Genüge. Von daher wäre es kein Problem. (lacht)
Eine Bayer-Legende: Jens Nowotny im Steckbrief