Knurrer Wilmots plötzlich ganz zahm

SPOX
22. Juni 201400:17
Marc Wilmots war der mit der Leistung im Spiel gegen Algerien nicht zufriedengetty
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Nach dem müden Auftakt war Belgiens Trainer Marc Wilmots sauer. Am Samstag wirkte Schalkes einstiger Eurofighter aber wie ausgewechselt.

Unmittelbar vor dem wichtigsten Spiel der jüngeren belgischen Fußball-Geschichte gab sich Marc Wilmots plötzlich ganz zahm. Er lächelte, er parlierte gelassen auf flämisch und französisch - und er sagte: nichts. Nichts über die Verbalattacke gegen seine eigenen Spieler. Nichts über seine Startelf im zweiten Gruppenspiel gegen Russland am Sonntag (18 Uhr im LIVE-TICKER). Der Trainer der Roten Teufel wollte die Situation offensichtlich nicht mit noch mehr Brisanz aufladen.

Für die hatte Wilmots zuvor selbst gesorgt. Er meckerte. Er maulte. Er legte sich mit der Presse an. Und er beschimpfte seine eigenen Spieler als "Idioten". Nach dem äußerst mühsamen Start der Belgier in die WM unternahm er alles, damit seine hochgelobten Spieler den Erwartungen doch noch gerecht werden - und gegen Russland mit einem weiteren Sieg vorzeitig ins Achtelfinale vorstoßen.

"Wie die Idioten"

"Ihr rennt hier herum und schießt wie die Idioten!", herrschte Wilmots seine Profis in der Vorbereitung auf das Duell mit seinem ungleich erfahreneren Kollegen Fabio Capello an. Wobei das französische "cons" mit Idioten äußerst freundlich übersetzt ist. Wilmots störte, dass die Spieler sich vor Schussübungen nicht richtig aufgewärmt hatten - für den Disziplinverfechter ein Unding. "Was soll das?", schimpfte er also, "nachher heult ihr, dass ihr verletzt seid. Aber dann ist es zu spät."

Weitere Verletzungen sind das Letzte, was Wilmots braucht. Nach dem Arbeitssieg gegen Algerien (2:1) klagte sein Kapitän Vincent Kompany über Probleme an der Leiste. Kompany versicherte am Samstag lächelnd, es gehe ihm "wirklich gut". Wilmots wollte über den Einsatz des Defensivspielers aber erst nach dem Abschlusstraining entscheiden. "Falls ich doch nicht spielen kann, stehen andere erstklassige Spieler bereit", sagte Kompany.

SPOXDoch der ist für Wilmots unverzichtbar. Er verkörpert exakt die Tugenden, die der Coach als Profi verkörperte und jetzt einfordert: Nimmermüden Einsatz, unbedingten Willen, hundertprozentige Professionalität. Weil Kompany und Co. gegen Algerien zunächst allzu lasch aufgetreten waren, hielt er in der Halbzeitpause eine Brandrede. "Er war richtig laut", sagte Romelu Lukaku.

Lukaku will sich beweisen

Und weil es danach kritische Fragen gab, ging Wilmots auf die Reporter los. Bei seiner Mannschaft hat diese Masche Erfolg. Stürmerstar Lukaku, gegen Algerien ein Ausfall, gelobte Besserung. "Ich weiß, dass ich es besser kann. Gegen Russland muss ich mich mehr bewegen, mich beweisen", sagte er.

Beim jüngsten Duell mit den Russen im November 2010 war Lukaku Doppeltorschütze zum 2:0-Sieg. Ob er am Sonntag erneut ran darf, ließ Wilmots offen, seine Startelf hatte er aber 24 Stunden vor dem Anpfiff bereits im Kopf, wie er betonte. Von den Russen überraschen lassen will er sich nicht. "Wir wissen fast alles über sie", sagte er.

Akinfejev bleibt im Tor

SPOXVon seinem Gegenüber Capello darf man annehmen, dass er ähnlich gut vorbereitet ist. Ob nach dem 1:1 zum Auftakt gegen Südkorea Abwehr oder Angriff das Gebot der Stunde sei, wollte ein Fragesteller von Mittelfeldspieler Denis Gluschakow wissen. "Ich weiß es nicht", meinte der, "aber das wird uns der Trainer schon sagen. Niemand weiß besser, wie wir spielen sollen."

Eine wichtige Frage hat Capello schon beantwortet. Igor Akinfejev wird trotz seines schweren Patzers gegen Südkorea wieder im Tor stehen, "weil er ein großer Torwart ist, einer der besten der Welt", wie Capello ausführte: "Ich habe nicht eine einzige Sekunde an ihm gezweifelt."

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