52 Tore hat Mario Gomez 2011 erzielt. 2012 will der Stürmer des FC Bayern München noch eine Schippe drauflegen. Auch, weil er im DFB-Team noch lange nicht unumstritten ist. Dabei lässt seine Torquote mittlerweile legitime Vergleiche mit Gerd Müller zu.
Das Arbeitsjahr 2012 begann Mario Gomez vorbildlich mit einem Frühstart. Als die Teamkollegen vom FC Bayern München am Montag im Trainingslager in Katar eintrafen, wartete der Stürmer schon ungeduldig im Hotel. Gomez war bereits am Neujahrstag direkt aus dem Weihnachtsurlaub angereist und begrüßte die Kollegen braungebrannt und mit einem Lächeln auf den Lippen.
Wer Gomez' Arbeitsauffassung kennt, weiß, dass der 26-Jährige jedoch nur äußerlich zum Sunnyboy taugt. Im Kopf ist der Stürmer längst schon wieder auf Maloche gepolt.
Nach einem echten Sahne-Jahr brennt der 26-Jährige auf die kurze Vorbereitungsphase auf die Rückrunde, will nach eigenen Aussagen die nächste Ausbaustufe erreichen. Auch, weil er vor genau einem Jahr wegen eines Muskelfaserrisses in Katar nicht mit der Mannschaft trainieren konnte und so nicht optimal vorbereitet in die Rückrunde starten konnte.
52 Tore für Verein und Nationalteam
"Ich bin jetzt in einem Alter, in dem meine besten Jahre beginnen - oder schon begonnen haben", hatte der Stürmer vor Weihnachten in einem Interview mit dem "Kicker" angekündigt - wohlwissend, dass er sich auf bisher erbrachten Leistungen nicht ausruhen kann.
Gomez hat vielmehr verinnerlicht, dass an der Weltspitze ein simples Leistungsprinzip gilt. "Natürlich weiß ich, dass die Uhr tickt", sagte Gomez vor dem Jahreswechsel.
Anders gesagt: Trotz unglaublicher 52 Tore für Verein und Nationalmannschaft im abgelaufenen Kalenderjahr muss der Stürmer in den nächsten sechs Monaten noch die Kirsche auf die Sahne setzen.
Quote wie Messi oder C. Ronaldo
Gomez' primäres Ziel für 2012 ist ohne Zweifel, die Titelsammlung seines Arbeitgebers zu erweitern. Ziel Nummer zwei ist, mit dem DFB-Team bei der EM zu triumphieren. Und der Stürmer möchte bei beiden Unterfangen - wenn möglich - die Hauptrolle spielen.
Rein statistisch ist Gomez über allen Zweifeln erhaben. 54 Tore in 77 Bundesliga-Spielen für den FC Bayern sind angesichts des schleichenden Starts unter Louis van Gaal 2009/2010 ein absoluter Topwert.
Seit 2007 hat der Stürmer in Kalenderjahren nie weniger als 20 Treffer für Verein und Nationalmannschaft erzielt (20, 36, 37, 27, 52) - eine Quote, die sonst allenfalls Spieler vom Kaliber C. Ronaldo oder Messi vorweisen können. Der klassische Stoßstürmer Gomez ist jedoch mehr von seinen Mitspielern abhängig als die Weltfußballer, weshalb der Vergleich ein wenig hinkt.
"Sicherlich sehen einige Tore einfach aus, weil ich am Ende der Kette stehe. Aber das ist auch eine Qualität, da zu sein, wo der Ball hinkommt. Das muss man sich erarbeiten, und das habe ich in den letzten Jahren gemacht", sagt Gomez. Für den Ex-Nationalstürmer Fredi Bobic ist Gomez "nicht der Filigran-Fußballer, der das Publikum extrem verzückt - aber das war Gerd Müller auch nicht".
Heynckes: "Gomez muss sich weiter verbessern"
Der Bomber der Nation hatte seinerzeit übrigens 83 Bundesliga-Spiele für 50 Tore gebraucht, Gomez nur 71. "Gomez ist eine perfekte Tormaschine. Er hat große physische Präsenz gepaart mit einem Selbstvertrauen, das nach überstandenen Krisen unerschütterlich ist", meint Bobic in der "Bild" anerkennend. Mit 17 Toren ist Gomez nun auch Deutschlands Rekordhalter in der Champions League - Fortsetzung folgt.
Wichtig für Gomez' Entwicklung ist die Tatsache, dass er in Jupp Heynckes einen echten Förderer, aber auch "Forderer" an seiner Seite hat. "Er ist noch nicht fertig und muss sich weiter verbessern, wenn er mit dem Rücken zum Gegner steht. Er muss seinen Körper noch mehr einsetzen, weil er ein Modellathlet ist", fordert der Bayern-Trainer in der Rückrunde vom Stürmer.
In der Tat kann der Stürmer noch viele Bereiche seines Spiels verbessern. Im Kopfballspiel hat Gomez beispielsweise noch Luft nach oben, kann sich dabei eine Scheibe vom DFB-Konkurrenten Miroslav Klose abschneiden. Seine Ballbehandlung außerhalb des Strafraumkorridors ist ebenso ausbaufähig. Kommt der Stürmer mal auf den Flügeln an den Ball, wirkt er mitunter verloren.
Gomez kann jetzt über sich selbst lachen
Statistiker der Bundesliga haben ausgerechnet, dass Gomez in der Liga-Hinrunde nur bei 6,7 Prozent seiner Dribblings erfolgreich war und auch nur knapp 58 Prozent seiner Großchancen nutzte.
Gomez lässt sich allerdings von vergebenen Möglichkeiten nicht mehr so runterziehen, wie in Zeiten, in dem es ihm an Selbstvertrauen mangelte. Als er am 16. Spieltag in Stuttgart nach fünf Minuten frei vor dem Tor ein Luftloch schlug, steckte Gomez nicht auf, sondern legte einen Doppelpack nach.
"Das Gute ist, dass ich nach solchen Situationen inzwischen über mich selbst lachen kann", sagt er. Phasen von zwei oder drei Spielen ohne Torerfolg nimmt er mittlerweile ebenfalls gelassener hin: "Es irritiert mich nicht, sondern amüsiert mich eher, weil bei manchen Stürmern ab 900 Minuten ohne Tor gerechnet wird, bei mir ab 180 Minuten."
"Lange Schwierigkeiten im DFB-Team"
Während er die Fans beim FC Bayern 2011 vollends überzeugt hat, ist er in Sachen Nationalmannschaft auf einem guten Weg, aber noch lange nicht unumstritten. Mit Blick auf die EM läuft derzeit alles auf einen Zweikampf zwischen Gomez und Klose hinaus - Ausgang ungewiss.
Gomez gab unlängst zu, nach der verkorksten EM 2008 mit dem berühmten Fehlschuss gegen Österreich "lange Schwierigkeiten in der Nationalmannschaft" gehabt zu haben: "Da habe ich schon anderthalb, zwei Jahre gebraucht, um das mental hinzubekommen, dass ich im DFB-Trikot wieder frei aufspielen kann."
Nun werde er aber alles daran setzen, "diesen Platz im Nationalteam zu bekommen", sagt er. Beim FC Bayern steht zudem eine Vertragsverlängerung an. Sein aktueller Kontrakt läuft bis 2013. Gomez zeigt sich prinzipiell gesprächsbereit, hat aber keine Eile.
Bleiben, solange er gebraucht wird
"Es gehören immer zwei Seiten dazu, aber es gibt für mich keinen Grund, über einen anderen Verein nachzudenken. Solange ich hier gebraucht werde, werde ich auch hier bleiben. Und ich werde alles dafür geben, dass das noch ganz lange so ist", versprach er in einem Interview mit dem "Bayern-Magazin".
Mit dem Sahnejahr 2011 hat Gomez jedenfalls eine glänzende Basis gelegt. "Ich habe hier alles, was ich mir für ein schönes Leben vorstelle", sagt er über München, das mittlerweile seine zweite Heimat geworden ist.
"Egal, was in meiner Fußballkarriere noch passieren wird, ich möchte später in München wohnen bleiben." Keine schlechten Voraussetzungen jedenfalls für ein erfolgreiches 2012.
Mario Gomez im Steckbrief