Kuranyi-Syndrom erobert England

SPOX
08. Dezember 200816:21
Adebayor tröstet Eboue. Der Ivorer wurde zunächst ein- und später wieder ausgewechselt  Imago
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In Spanien gibt es ab jetzt nur noch ein Thema: der Clasico zwischen Barca und Real. Dafür wird kurzerhand das Fernsehprogramm umgebaut. Derweil freut sich Bolognas Sinisa Mihajlovic über die Nebenwirkungen seines Jobs. Und das Kuranyi-Syndrom gibt es nun auch in England, beim FC Arsenal. Das und noch viel mehr in den Blitzlichtern aus Europa, zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.

Serie A

von Oliver Birkner

Jung und begehrlich: Ezequiel Lavezzi und Marek Hamsik von Napoli werden seit Wochen von europäischen Großklubs gejagt. Während der 23-jährige Argentinier sich seine Vertragsverlängerung deshalb mit einer Gehaltserhöhung auf drei Millionen Euro pro Saison versüßen lassen möchte, wählt Hamsik (21) mal einen ganz anderen Weg. Er verdient derzeit 1,1 Millionen Euro jährlich und sagte unter der Woche: "Das ist doch mehr als genug. Ich hätte nie gedacht, jemals so viel Geld zu bekommen." Klingt äußerst löblich. Wie lange der Slowake jedoch den Verlockungen widersteht, bleibt abzuwarten.

Fußballtrainer als neue Diätkur: In den letzten Wochen musste man sich die Partien von Bologna nicht wirklich anschauen, denn das Ergebnis war ohnehin klar: Seit Sinisa Mihajlovic den Trainerposten übernahm, kam der Aufsteiger zu vier 1:1 in Serie. Am Sonntag erlangte man beim Abstiegskonkurrenten Reggina endlich einmal ein anderes Resultat - Bologna holte ein 2:2. Zumindest absolviert Mihajlovic eine effiziente Kur vor den üppigen Weihnachtsfestmalzeiten: "Ich nehme bei jeder Partie unheimlich ab. Es gibt keine bessere Diät als Fußballtrainer zu sein." Klingt außerdem auch spannender als Schonkost oder Kohldiät.

Mourinhos Traurigkeit: In der Serie A droht Inter der Konkurrenz zu enteilen, in der Champions League gibt es am Dienstag deshalb zur Belohnung eine Vergnügungsreise nach Bremen (Di., 20.30 Uhr im LIVE-TICKER und bei Premiere). Die Nerazzurri sind ja bereits fürs Achtelfinale qualifiziert und werden bei Werder wohl einige Stammspieler wie Zlatan Ibrahimovic und Maicon pausieren lassen. "Ob wir Gruppenerster oder Zweiter werden, ist mir egal. Schwere Gegner bekommst du in beiden Fällen", sagte Trainer Jose Mourinho. "Außerdem ist es kein Nachteil, in der K.o.-Runde zuerst zu Hause anzutreten." So ganz herschenken möchte der Portugiese die Partie dennoch nicht: "Mit nur acht Punkten weiterzukommen, wäre in dieser leichten Gruppe wirklich traurig." Trist, wie einige der Inter-Auftritte - in dieser leichten Gruppe.

Der 15. Spieltag der Serie A im Überblick

Premier League

von Raphael Honigstein

Schalker Verhältnisse beim FC Arsenal : Die englischen Fans sind für ihre unbedingte Unterstützung bekannt, doch dieses Idealbild hat nur noch bedingt Gültigkeit. Der lange verletzte Emmanuel Eboue wurde gegen Wigan beim Stand von 1:0 für Arsenal eingewechselt und nach ein paar haarsträubenden Fehlern auf der für ihn ungewohnten Linksverteidiger-Position vom Publikum im Emirates Stadium systematisch ausgepfiffen. Der Ivorer spielte in der Tat unterirdisch; er grätschte unter anderem Mitspieler Kolo Toure um und verlor einen Ball nach dem anderen. Als Arsene Wenger ihn kurz vor Schluss wieder auswechselte  - "er war zu einer Gefahr geworden", sagte der Trainer - klatschte das ganze Stadion zufrieden. Kreditkrise frisst Geduld auf, hat man den Eindruck.

Brehme, Kohler... Keane: Roy Keane ist eine Legende, dachte man bei Sunderland, das muss reichen. Und zumindest am Anfang reichte es auch. Der ehemalige Manchester-United-Kapitän führte den Klub aus dem Nordosten in seiner ersten Trainersaison direkt zurück in die Premier League. 18 Monate und größtenteils in den Sand gesetzte 100 Millionen Euro für Transfer später gab Keane dem Verein per SMS seinen Rücktritt bekannt. In der Kabine wurde gefeiert. Keane, so erfuhr man, kam immer nur Donnerstags und Freitags zum Training, stauchte die Spieler in den Halbzeitpausen regelmäßig  zusammen, sprach aber sonst kein einziges Wort mit ihnen. "Entweder er oder der Fußball muss sich ändern, bevor er als Trainer zurück kommt", schrieb die "Sunday Times".

Neues aus Schilda(jskava): Der Russisch-Britische Kulturverband rief neulich die 30.000 Bewohner der sibirischen Stadt Krasnojarsk auf, den "klassischen Engländer" zu wählen. Winston Churchill, David Beckham, James Bond und Pu der Bär wurden auf die Plätze verwiesen, denn es gewann.... Roman Abramowitsch. Dem Russen - pardon: englischsten Engländer - wird demnächst eine Statue geweiht, passenderweise in Krasnojarks Karl-Marx-Straße.

Tabellenrechner zur Premier League: Jetzt die Saison durchtippen!

Primera Division

von Paula Villamarin Temperan

Volle Attacke: Bereits am Samstagabend ließ sich erahnen, was die Zuschauer an diesem Wochenende in den Stadien erwarten könnten. 17 Tore in drei Spielen brachten Barca, Atletico und Co. zustande. Und am Sonntag machten die Mannschaften so weiter, so dass es am Ende insgesamt 44 Mal klingelte. Es war der torreichste Spieltag seit zehn Jahren. In der Saison 1998/99 wurden 45 Treffer erzielt. Insgesamt rangiert der 14. Spieltag der Saison 2008/09 auf dem sechsten Platz der ewigen Bestenliste. Noch höher einzuschätzen ist die Leistung, da die noch torreicheren Spieltage aus den 50er Jahren stammen. Der Rekord liegt bei 59 Treffern aus der Saison 1950/51.

Camacho ratlos: Sie waren kurz davor, einen wichtigen Dreier im Abstiegskampf einzufahren: Nach den Treffern von Dady (17., 56.) und Nekounam (42.) führte Osasuna verdient mit 3:0 gegen Valladolid. Doch man soll bekanntlich den Tag nicht vor dem Abend loben. Dieses Sprichwort hätten sich die Spieler von Osasuna zu Herzen nehmen sollen. In der zweiten Halbzeit schaffte Valladolid noch das 3:3 und rettete einen Punkt. Und als ob das nicht alles schlimm genug wäre, liegt Osasuna jetzt nicht nur auf einem Abstiegsplatz, sondern ist sogar Tabellenletzer. Trainer Jose Antonio Camacho war tief enttäuscht: "Ich habe keine Erklärung. Wir hätten in der ersten Halbzeit viel mehr Tore machen müssen und sie kamen nicht mal vor unseren Kasten. Aber dann haben sie uns mit schmutzigen Fouls im Mittelfeld gestoppt. Wir konnten nicht aggressiv dagegenhalten." Kein gutes Zeichen im Abstiegskampf.

Fatalismus vor dem Clasico: Und wieder mussten die Fans das Santiago Bernabeu mit einer Enttäuschung verlassen: 3:4 spielte Real Madrid gegen Sevilla. Die Fans forderten wiederholt den Rücktritt von Präsident Calderon. Und auch der Verbleib von Trainer Bernd Schuster steht weiter in Frage. Besonders, wenn man sich seine Aussage nach dem Spiel im Hinblick auf den Clasico nächste gegen den FC Barcelona anschaut: "Im Camp Nou zu gewinnen, ist im Moment nicht möglich". Das werden weder Vorstand noch Fans gerne hören, aber der Deutsche war ja schon immer für seine Kauzigkeit bekannt. Trotzdem erwarten die Spanier das Spiel mit höchster Spannung. Sogar das Fernsehprogramm wurde bereits umgebaut: die Tagesthemen werden verkürzt, um täglich 15 Minuten Platz für News und Highlights zum Samstagsspiel zu machen.

Daten: Der 14. Spieltag der Primera Division im Überblick

Ligue 1

von Alexis Menuge

Alles Perrin oder was?: Endlich kann das Chaudron vom Stade Goeffroy Guichard wieder brüllen: Mit dem 2:0-Sieg gegen Aufsteiger Le Havre hat sich der AS Saint-Etienne etwas Luft verschafft: Es war nämlich der zweite Dreier in Folge und somit beträgt der Abstand zur Abstiegszone nur noch vier Zähler. Zum ersten Mal in dieser Spielzeit erzielte Saint-Etienne zwei Treffer nach dem Seitenwechsel. Dimitri Payet und Torjäger Bafetimbi Gomis sorgten für die Entscheidung binnen vier Minuten (75., 79.). Drei Wochen nach seinem Dienstantritt scheint Neu-Trainer Alain Perrin seine Mannschaft immer besser im Griff zu haben.

Besondere Atmosphäre beim Süd-Derby: Marseille gegen Nizza (2:1): Vor und während der Partie demonstrierten tausende Fans, um Santos Miracierra zu unterstützen. Seit nun zwei Monaten sitzt er in Madrid im Gefängnis, nachdem er beim Champions-League-Spiel Atletico Madrid gegen Olympique Marseille einen spanischen Polizisten geschubst hatte. Am vergangenen Freitag fiel das Urteil: Dreieinhalb Jahre Haft. Nun hofft OM auf die Hilfe von Staatspräsident Nicolas Sarkozy. Auch Bayerns Franck Ribery hat sich zu Wort gemeldet: "Ich werde der Erste sein, um Santos zu helfen und alles versuchen, damit er eine niedrigere Strafe bekommt."

Endlich hat's geklappt: Nach genau 900 Minuten erzielte Ivan Klasnic seinen ersten Treffer für den FC Nantes, ausgerechnet gegen den amtierenden Meister Olympique Lyon (2:1). Erst musste der Ex-Bremer 57 Minuten lang auf der Bank Platz nehmen, bevor er dann eingewechselt wurde und von den Fans frenetisch gefeiert. Der kroatische Nationalspieler erzielte den 1:1-Ausgleich, und zwei Minuten vor dem Ende das Siegtor per Elfmeter. Nantes-Trainer Elie Baup: "Ivan hat Charakter bewiesen." Die Sportzeitung "L´equipe" titelte: "Klasnic, das war nur ein Anfang".

Daten: Der 17. Spieltag der Ligue 1 im Überblick