Katar-WM - Flick übt scharfe Kritik: "Vieles stimmt offensichtlich nicht"

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19. September 202223:17
Hansi Flick hat zwei Monate vor Turnierbeginn Kritik an der WM in Katar geäußert.getty
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Zwei Monate vor Beginn der umstrittenen Fußball-WM in Katar (20. November bis 18. Dezember) hat Bundestrainer Hansi Flick in bisher einmaliger Schärfe die Vergabe des Turniers an das Emirat verurteilt. Die Frage nach der Richtigkeit des WM-Zuschlags für Katar "hätte schon viel früher beantwortet werden müssen - und zwar mit einem Nein!", sagte Flick in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (Dienstag-Ausgabe).

An seiner Unterstützung für Kritik an den Bedingungen im Land der WM-Gastgeber und der Entscheidung des Weltverbandes FIFA für die Ausrichtung des Turniers in dem Wüstenstaat ließ der 57-Jährige keinerlei Zweifel: "Dass in Katar beim Thema Menschenrechte, beim Thema Nachhaltigkeit vieles nicht stimmt, ist ja offensichtlich."

So eindeutig wie nun Flick hat sich in den jahrelangen Debatten um die WM-Endrunde am Golf beim DFB noch kein Mitglied gegenüber den Gastgebern positioniert. Geschäftsführer Oliver Bierhoff verpackte in der Frage "Wie konnte die FIFA die WM in dieses Land vergeben?" seine Skepsis, und Verbandschef Bernd Neuendorf bezeichnete vor seiner für Oktober mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser geplanten Katar-Reise das Vergabe-Prozedere als "fragwürdig".

Auch Flick hatte sich bis zu Wochenbeginn erst an die Thematik herangetastet und erst noch im August bedauert, "dass dieses Turnier keine WM für die Fans wird". Er habe viele Bekannte, sagte Flick vor Monatsfrist zur Begründung seiner Haltung, "die gerne nach Katar fliegen würden, es aber aus vielerlei Gründen unterlassen". Sie könnten sich die massiven Preise nicht leisten, die Situation etwa für Homosexuelle sei inakzeptabel, es gebe Menschenrechtsverletzungen, weil Minderheiten ausgegrenzt würden.

Hansi Flick: "Das finde ich ein bisschen schade"

Seine klaren Aussagen bezüglich der Situation in Katar dürften Flicks Glaubwürdigkeit zusätzlich stärken. Ohnehin aber will der Nachfolger von Weltmeister-Macher Joachim Löw nicht in den Verdacht einer Selbstinszenierung kommen: "Ich bin", erinnerte der gebürtige Heidelberger, "auch als Cheftrainer bei Bayern München gut damit gefahren, mich so zu geben, wie ich bin".

Auch empfindet der ehemalige Profi seinen offiziellen Titel "Bundestrainer" als unangenehm. "Ich mag das Wort nicht so sehr", meinte Flick: "Das klingt so groß, als käme da wer weiß wer..." Er wolle "einfach Hansi Flick" genannt werden.

Dafür verlangt er auch von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stets ehrliches Feedback. So habe er Hermann Gerland für die Weltmeisterschaft mit in sein Trainerteam aufgenommen, weil der das "aufgrund seiner großen Erfahrung besonders gut" könne. Am Ende seiner Bayern-Zeit habe es Momente gegeben, "in denen ich mal falsch abgebogen bin, da kam dann Hermann und hat gesagt: 'Stopp, die Spieler können doch nichts dafür.'"

Hansi Flick: Bayern-Endphase nicht "einfach so wegschnaufen"

Die letzten Wochen beim Rekordmeister habe Flick nicht "einfach so wegschnaufen" können "und deshalb gab es sicher auch mal Momente, in denen ich dem Team gegenüber ungerecht war". Dementsprechend finde er es wichtig, "dass einem jemand auch mal die Meinung sagt. Das erwarte ich von all meinen Trainern".

Sportlich gesehen ärgerte es den DFB-Trainer, dass einen Tag vor Abreise noch Sonntagsspiele in der Bundesliga stattfanden: "Das finde ich ein bisschen schade. Ich weiß natürlich, dass es Fernsehverträge gibt, aber in England zum Beispiel sind sie da nicht so streng."

Zudem legte sich Flick für die WM schon vor den Nations-League-Spielen am Freitag in Leipzig gegen Ungarn und drei Tage später in London gegen England auf die Nutzung der erstmaligen Möglichkeit zur Nominierung von 26 statt wie bisher nur 23 Spielern fest. "Ich werde davon Gebrauch machen. Wir haben bei der Frauen-EM erlebt, wie schnell es zu Corona-Ausfällen kommen kann. Da ist man froh, wenn der Kader breiter ist."