Die Architektur der Stuttgarter Arena will es so, dass die Sonnenstrahlen am späten Nachmittag die Cannstatter Kurve in dieser Jahreszeit nicht mehr erreichen. Der Block, wo die treuesten Fans des VfB Stuttgart stehen, lag am Samstagnachmittag im Schatten.
Es passte hervorragend ins Bild, denn in der Untertürkheimer Kurve tanzten die Gäste aus Düsseldorf mit ihrer Mannschaft ausgelassen auf der Seite, die von der Sonne noch durchflutet war.
Als sich die Stuttgarter Spieler nach dem 0:0 gegen Aufsteiger Fortuna Düsseldorf den Zuschauern näherten, schallten den Profis viele laute Pfiffe entgegen, sie überlagerten den Applaus, der auch zu vernehmen war, deutlich. Die Fans sind ob des Saisonstarts ihres Klubs mehr als erzürnt. "Nur ein Punkt in drei Spielen ist für den VfB viel zu wenig", hat Mittelfeldspieler Zdravko Kuzmanovic das ausgesprochen, was viele im Publikum dachten.
Und was den Anhang noch missgelaunter zurücklässt, ist die Tatsache, dass der VfB in den beiden Heimspielen gegen den VfL Wolfsburg und nun gegen Düsseldorf ohne Treffer geblieben ist. "Uns fehlt die letzte Zielstrebigkeit, die Genauigkeit vor dem Tor", sagte der Stuttgarter Trainer Bruno Labbadia.
Spiel gegen Bukarest kommt therapeutische Bedeutung zu
Mit erfrischendem Offensivfußball und als drittbeste Rückrundenmannschaft schaffte der VfB in der vergangenen Saison noch die Qualifikation für die Europa League, wo am Donnerstag die erste Partie der Gruppenphase gegen Steaua Bukarest ansteht.
Der Begegnung gegen die Rumänen kommt jetzt eher eine therapeutische denn genussvolle Bedeutung zu. "Wir müssen uns in dem Spiel Selbstvertrauen für die Partie anschließend in Bremen holen", sagte VfB-Torhüter Sven Ulreich. Er hatte nach eigener Aussage ein gutes Spiel seiner Mannschaft gesehen, "uns hat nur das Tor gefehlt."
Schön anzusehen war die Darbietung des VfB gegen defensiv orientierte, aber keinesfalls chancenlose Düsseldorfer wahrlich nicht, Tormöglichkeiten hatte es wirklich gegeben. Die beste vergab dabei noch Cacau, der in der 66. Minute allerdings am prächtigen Reflex von Fortunas Torhüter Fabian Giefer scheiterte. Der 22-Jährige musste eine Viertelstunde später vorzeitig in die Kabine, nachdem er mit Martin Harnik so unglücklich zusammen geprallt war, dass er noch in der Nacht am Kiefer operiert werden musste.
Verletzungssorgen plagten auch den VfB. Nachdem Kapitän Serdar Tasci bereits mit Oberschenkelproblemen vor der Partie hatte passen müssen, stand Labbadia bis zur Pause sogar ohne seine beiden Außenverteidiger da. Während sich Rechtsverteidiger Tim Hoogland bei einem Foulspiel an Andrej Woronin ein Band im Sprunggelenk riss, konnte Cristian Molinaro wegen Schulterschmerzen nicht mehr weitermachen.
"Dadurch sind wir aus dem Tritt gekommen", sagte Labbadia. Es war allerdings nicht nur den Ausfällen geschuldet, dass der VfB sich am Ende mit einem 0:0 begnügen musste, das ratlose Schulterzucken war die häufigste Stuttgarter Antwort. Harnik machte hinterher mentale Probleme aus, warum den Spielern die Leichtigkeit und Spielfreude der vergangenen Saison abhandengekommen ist. "Wir wissen, was wir können, bringen es aber bisher noch nicht auf den Platz", sagte der österreichische Nationalspieler.
Wohin die riesige Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit führen kann, kennt der rechte Außenstürmer aus eigener leidvoller Erfahrung. Vor zwei Jahren verlor der VfB sogar die ersten drei Spiele und musste bis zum Ende der Saison um den Ligaverbleib zittern. "Wir können die Situation daher gut einschätzen und hätten jetzt lieber neun Punkte auf dem Konto", sagte der 25-Jährige.
Bobic schlecht gelaunt
Dramatisieren mag aus verständlichen Gründen VfB-Sportdirektor Fredi Bobic die Lage seiner Mannschaft nicht. Angesprochen auf die beiden Heimspiele ohne Tor antwortete der frühere Stürmer aber etwas patzig: "Einen Angreifer backen geht nicht. Es hilft ja kein Jammern, da müssen wir jetzt durch."
Es hatten nur Zentimeter gefehlt und der missgelaunte Bobic hätte sogar drei Niederlagen nacheinander erklären müssen. Nicht der VfB, sondern der Aufsteiger aus Düsseldorf, der als einzige deutsche Profimannschaft weiter ohne Gegentreffer bleibt, besaß die beste Chance der Partie, doch Woronin drosch den Ball aus zwei Metern über das Tor (60.).
"Wir machen Andrej keinen Vorwurf", sagte Fortunas Trainer Norbert Meier, "das Unentschieden ist nicht unverdient." Die VfB-Fans hätten beim Gegentreffer womöglich das Stadion schon eine halbe Stunde vor Abpfiff verlassen. Fluchtartig und im Schatten, ganz ohne freundliche Sonnenstrahlen.
Stuttgart - Düsseldorf: Daten zum Spiel
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