Manchester City hat sich in einem furiosen Halbfinal-Hinspiel der Champions League mit 4:3 gegen Real Madrid durchgesetzt. Bei den Gästen machte sich besonders das Fehlen eines Mittelfeldspielers bemerkbar. Bei den Skyblues, dass auf einer Position Nachrüchstungsbedarf besteht. Drei Thesen zum Spiel.
1. Real Madrid ist auf Casemiro angewiesen
Trainer Carlo Ancelotti war gezwungen, sein Mittelfeld umzustrukturieren. Mit Casemiro fehlte Real Madrid sein wohl wichtigster Spieler für die Defensivarbeit. Der Brasilianer stand zwar im Kader, fehlte aber angeschlagen in der Startelf. Dafür rückte Federico Valverde von der rechten offensiven Seite eine Position zurück, Toni Kroos gab den defensiven Sechser.
Casemiros Fehlen machte sich vor allem in der Anfangsphase bemerkbar, als Manchester City die Gäste förmlich überrollte. In der sonst so gut organisierten Real-Zentrale herrschte pure Überforderung. Nach elf Minuten führten die Hausherren schon hochverdient mit 2:0. Es ist ausschließlich der Eigensinnigkeit von Riyad Mahrez zu verdanken, dass es nach 26 Minuten nicht 3:0 stand - was City-Coach Pep Guardiola an der Seitenlinie zur Weißglut brachte
Die überforderte Abwehr bekam keinerlei Unterstützung aus dem Mittelfeld, Kroos brauchte beispielsweise über 20 Minuten, um überhaupt seinen ersten Zweikampf zu führen. Hinten rechts hatten Daniel Carvajal und Eder Militao mit ständiger Unterzahl gegen Oleksander Zinchenko, Phil Foden und dem umtriebigen Kevin De Bruyne zu kämpfen. Die linke Seite mit David Alaba, der generell unglücklich spielte, und Ferland Mendy war ebenfalls nahezu auf sich alleine gestellt.
Auch Karim Benzemas Anschlusstreffer (33.) änderte daran nichts, erst mit dem Seitenwechsel hatten Kroos und Co. mehr Zugriff. Das ist aber auch dem Umstand geschuldet, dass City nach dem 3:2 (55.) weniger Überfallfußball zeigte und mehr auf Kontrolle bedacht war. Am Ende gewann Real sogar mehr Zweikämpfe als City (57,1 Prozent), der Vorjahresfinalist aus Manchester hat in seiner Offensive aber auch deutlich schmächtigere Spieler in seinen Reihen. Zudem wechselte Ancelotti mit Eduardo Camavinga in der der 70. Minute einen weiteren Defensivspieler ein.
Trotzdem hat Real im Santiago Bernabeu noch alle Chancen - man frage nach bei PSG. Und in Madrid wird auch Casemiro "definitiv dabei sein", wie Ancelotti bereits auf der Pressekonferenz im Vorfeld erklärte. Mit diesem Hinspiel-Ergebnis im Rücken ist das im Nachhinein schon fast als Drohung zu verstehen.
2. Pep Guardiola braucht einen echten Torjäger
Pep Guardiola wird sich mit Blick auf den Sommer wohl schon die Hände reiben, wenn er endlich seinen Stürmer bekommt. Im vergangenen Sommer scheiterte ein Transfer von Harry Kane am Veto von Tottenham Hotspur, nun halten sich seit Wochen Gerüchte über eine Verpflichtung von Erling Haaland. Sollte auch diese am Ende nicht klappen, muss City alles daran setzen, eine geeignete Alternative zu finden.
Manchester verpasste eine Vorentscheidung und ermöglichte Real im Rückspiel somit noch beste Chancen auf den Finaleinzug. 2,37 zu erwartende Tore stand bei der Heimmannschaft zu Buche, Real kam hingegen nur auf 1,48 xGoals. Bernardo Silvas sehenswerter Treffer schlägt sich außerdem nur bedingt auf den Wert aus. Der Portugiese brachte es nach dem Spiel auch auf den Punkt: "Ich finde ganz ehrlich, dass wir in den ersten 20 Minuten so, so gut waren: Wie wir gepresst haben, wie wir das Spiel kontrolliert haben und Chancen erspielt haben. Über das ganze Spiel gesehen hat es sich angefühlt, als hätten wir deutlicher gewinnen können."
Guardiolas Sehnsucht nach einem echten Torjäger spiegelt sich auch seit Wochen in seiner Aufstellung wider. In der Spitze setzt er inzwischen deutlich häufiger auf Gabriel Jesus, der sonst vermehrt auf der rechten Flügelseite zu finden war. Obwohl er der einzige Neuner im Kader ist.
Beim Gipfeltreffen in der Premier League gegen den FC Liverpool (2:2) hatte er seine monatelange Durstrecke beendet, zuletzt gegen den FC Watford traf er gleich viermal. Auch gegen Real erzielte er ein Tor (2:0), ansonsten blieb der Brasilianer aber ohne weiteren Abschluss. Seine Nebenleute ließen - wie Jesus in der Vergangenheit zuhauf - gleich mehrere Hochkaräter liegen.
"Wir haben sehr gut angefangen und hätten sie erledigen können. In solchen Spielen müssen wir unsere Chancen besser nutzen", sagte Phil Foden nach der Partie. Chancen, die bei einem Torjäger der Kategorie eines Haalands wohl nicht ungenutzt geblieben wären. Nur deshalb hat Real noch berechtigte Hoffnungen auf das Endspiel. Um es mit Alabas Worten zu sagen: "Wir sind trotzdem noch am Leben."
3. De Bruyne ist der derzeit beste Spieler der Welt - oder?
Kevin De Bruyne ist seit Jahren der beständigste Offensivspieler von City. Kein anderer Spieler ist wichtiger für die Spielidee von Pep Guardiola, was sich auch in seinen unfassbaren Statistiken widerspiegelt. Keine Saison vergeht - mit Ausnahme von 2018/19, als er lange verletzt war - in der er nicht um die 30 Scorerpunkte erzielt. In dieser Spielzeit ist er noch wichtiger für das Spiel nach vorne geworden (15 Tore, zwölf Assists). Das bekam auch Real zu spüren.
Es war deutlich zu sehen, dass der einstige Wolfsburger von Guardiola alle Freiheiten bekommen hatte. Besonders in der starken Anfangsphase war De Bruyne der Schlüssel zum Erfolg. Immer wieder unterstützte er Jesus in der Sturmspitze und riss wie bei seinem Treffer zum 1:0 Lücken in die Viererkette. Zudem wich er oft auf die linke Angriffsseite aus und brachte Reals Hintermannschaft regelrecht zur Verzweiflung. Sein Assist zum 2:0 war die logische Konsequenz.
Darüber hinaus spielte er 35 Pässe im letzten Drittel, wovon bärenstarke 89 Prozent bei einem Mitspieler landeten. Raumgewinn und Gefahr waren bei fast jedem dieser Kontakte gegeben. In seiner derzeitigen Form kann ihm aktuell nur einer das Wasser reichen: Karim Benzema.
Der Franzose rettete sein Team mit seinen zwei Toren mal wieder in höchster Not. Sein erster Streich folgte aus dem Nichts, den Elfmeter zum 3:4 verwandelte er mit Eiseskälte in Panenka-Manier. PSG hatte er mit seinem Dreierpack quasi im Alleingang aus dem Wettbewerb gekegelt. "Unfassbar, was er diese Saison spielt. Es ist schwierig, Worte zu finden. Was er Woche für Woche tut. Wir sind sehr froh, dass er bei uns ist", schwärmte David Alaba nach dem Spiel.
Trotz seiner nun insgesamt 41 Saisontore hat Benzema ein Fünkchen weniger Einfluss auf den Ausgang einer Partie als De Bruyne. Niemand sonst auf der Welt reißt ein Spiel dieser Tage mehr an sich und bringt seine Mannschaft mit seiner Präsenz sowie den Fähigkeiten am Ball in den wichtigen Situationen, die Titel entscheiden, auf Kurs.
Der Ballon d'Or wäre für De Bruyne verdient wie noch nie - wenn nicht wieder aus irgendeinem Grund Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo den Goldenen Ball letztlich abstauben. Dazu fehlt De Bruyne vielleicht nur noch der ganz große internationale Titel. Das hätte schon vor einem Jahr klappen können, im CL-Endspiel gegen Chelsea musste KDB aber verletzt ausgewechselt werden. Am Ende gewannen die Blues - vielleicht klappt es ja diesmal.
Champions League: Das Halbfinale im Überblick
Datum | Uhrzeit | Heim | Ergebnis | Auswärts | Runde |
Dienstag, 26. April 2022 | 21 Uhr | Manchester City | 4:3 | Real Madrid | Hinspiel |
Mittwoch, 27. April 2022 | 21 Uhr | FC Liverpool | -:- | FC Villarreal | Hinspiel |
Dienstag, 3. Mai 2022 | 21 Uhr | FC Villarreal | -:- | FC Liverpool | Rückspiel |
Mittwoch, 4. Mai 2022 | 21 Uhr | Real Madrid | -:- | Manchester City | Rückspiel |
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