Todd Boehly hat mit einer Gruppe den FC Chelsea übernommen, doch im Gegensatz zu vielen seiner Landsleute will der US-Amerikaner nicht im Hintergrund arbeiten, sondern entscheidend Einfluss auf das Geschäft nehmen. Die Entlassung von Thomas Tuchel war nur der Anfang. Boehly, der ein Selfmade-Milliardär ist, hat - wie man an seiner Vita sieht - keine Zeit und will den schnellen Erfolg.
Todd Boehly: Wer ist der Besitzer des FC Chelsea?
Todd Boehly gehört laut Forbes mit einem Privatvermögen von 5,3 Milliarden Dollar zu den 500 reichsten Menschen der Welt. Aufgrund seiner Vita gilt er als Selfmade-Milliardär. Nachdem er seine schulische Laufbahn in den USA begann und früh als überaus begabter Schüler, der gut mit Zahlen kann, auffiel, wechselte er den Kontinent und ging in der englischen Hauptstadt in die London School of Ecomonics und kehrte lange Zeit nicht mehr zurück in die Staaten und stellte sich auch beruflich in London auf. Er begann bei der Citibank zu arbeiten, wechselte dann nach Boston und blieb im Bankwesen.
Als er 2001 zu den Guggenheim Partners wechselte, ein Investmentunternehmen, das 325 Milliarden Dollar verwaltet, begann der Aufstieg Boehlys so richtig. Er arbeitete an den großen Deals, kam auch in Berührung mit dem Sport, als er 2013 einen Deal zwischen Time Warner Cable und den Los Angeles Dodgers zur Gründung von SportsNet LA, einem Netzwerk, das alles ausstrahlen soll, was mit der Baseball-Franchise zu tun hat, aushandelte.
2015 beschloss Boehly all seine Vermögenswerte zusammenzukratzen und die Investment Firma Eldrige Industries zu gründen. Mit dem Erfolg wuchs das Vermögen und Eldridge Industries hat sich seither zu einem breit gefächertes Konglomerat entwickelt, dessen Investitionen von den Songrechten von Bruce Springsteen bis hin zu Sportwetten-Unternehmen reichen.
Hinzu kommen Sportklub-Investments (siehe unten), die den Amerikaner, dessen Vorfahren aus Deutschland stammen, international bekannt gemacht haben. In der Welt des Entertainment machte er sich zuletzt einen Namen, indem er die Golden Globes kaufte. Die prestigeträchtige Preisverleihung wurde damit privatisiert und ist nun in der Hand Boehlys.
imago imagesTodd Boehly: In welche Klubs hat er investiert?
Das Interesse am Sport begann für Boehly schon in der Schulzeit. Er war ein ausgezeichneter Ringer, englische Medien bezeichnen ihn sogar als Star jener Zeit. 1990 und 1991 sammelte Boehly einige Titel, sodass die Landon School in Maryland ihre eigene Sporthalle in den Boehly Family Wrestling Room umbenannte. Noch heute lässt sich Boehly gelegentlich beim Ringen blicken.
Als Geschäft nahm er den Sport erstmals vor zehn Jahren wahr, als er 20 Prozent der Los Angeles Dodgers übernahm, wo er heute noch Miteigentümer ist. Seit Dezember 2021 hält Boehly gemeinsam mit Investor Mark Walter 27 Prozent der Anteile an den Los Angeles Lakers. Nach der Familie Buss, die 66 Prozent der Lakers-Franchise hält, sind Boehly und Walter die zweitgrößten Investoren. Boehly sitzt auch im Vorstand der Lakers.
Zur selben Zeit arbeitete Boehly auch am Kauf der Washington Spirit, aber Boehly verkündete im Januar 2022, dass man das Angebot an die Frauenfußball-Franchise zurückgezogen habe. Gelungen ist ihm dagegen ein Kauf der Anteile der Los Angeles Sparks, an denen er 20 Prozent hält.
An einem Kauf des FC Chelsea war Boehly schon 2019 interessiert, aber damals lehnte Roman Abramovich das Übernahme-Angebot aus den USA kategorisch ab. Mit der Invasion Russlands in die Ukraine und den daraus resultierten Sanktionen gegen regierungsnahe Organisationen und Personen war Abramovich gezwungen, den FC Chelsea zu verkaufen.
Es kam zu mehreren Angeboten, von denen ein Konsortium, bestehend aus Boehly, der Clearlake Capital Group, Mark Walter und dem Schweizer Hansjörg Wyss, den Zuschlag bekam.
Obwohl Boehly das Gesicht der neuen Investoren ist, gibt es eine lange Liste wichtiger Akteure hinter den Kulissen, von denen der bedeutendste wohl Clearlake Capital ist. Eine private Beteiligungsgesellschaft, die mindestens 66 Prozent der Übernahme finanziert. Hinter Clearlake stehen Behdad Eghbali und Jose Feliciano, die sich verpflichtet haben, trotz ihres Umfangs an anderen Investitionen "aktive Direktoren" zu sein. Insider gehen zudem davon aus, dass der Kauf zumindest teilweise über eine Fremdfinanzierung erfolgte.
Hinzu kommen Boehlys langjähriger Geschäftspartner Wyss, ein Schweizer Milliardär, der keine besonders sichtbare Rolle spielt, sowie Walter, der seit Jahren an der Seite Boehlys steht. Die Gruppe investierte knapp fünf Milliarden Euro. Am 25. Mai 2022 bestätigte die britische Regierung die Übernahme des englischen Spitzenklubs.
Todd Boehly: Was hat er mit dem FC Chelsea vor?
Todd Boehly scheint eine Ära in der Premier League zu beenden. Angeführt von Manchester United und dem FC Liverpool gibt es einige US-Investoren im englischen Fußball, die aber in der Kommunikation zurückhaltend sind und nicht so sehr ins operative Tagesgeschäft Einfluss zu nehmen scheinen. Die Glazers bei ManUnited machen sich beispielsweise rar, lassen ihre Leute vor Ort ihren Job machen. Boehly ist da anders - er ist von Beginn an omnipräsent und gibt den Takt vor.
Doch es geht darüber hinaus: Boehly möchte sogar Einfluss auf die Premier League und nicht mehr und nicht weniger als eine kleine Revolution anzetteln. Er redet von All-Star-Games, von Abstiegs-Playoffs, er will Cheerleader und am besten noch eine Halftime-Show. Man kann es ihm nicht verdenken, weil er das vom US-Sport nicht anders kennt, aber anders als seine Landsmänner achtet Boehly nicht auf Eitelkeiten und auch nicht darauf, dass die Engländer stolz darauf sind, den Fußball erfunden zu haben. Das könnte nun auch den anderen Geldgebern aus Übersee den Mut geben, etwas mehr aus der Deckung zu kommen.
"Ich hoffe, die Premier League schaut sich ein bisschen was vom amerikanischen Sport ab", sagte Boehly neulich und traf voll den Nerv des englischen Fußballvolks. Aus der Liga gab es heftige Reaktionen, selbst Jürgen Klopp sorgte für ein paar Seitenhiebe Richtung Boehly. Die Entlassung von Thomas Tuchel, dem bis dahin überaus erfolgreichen Trainer, tat ihr übriges. Schon im Sommer gab es Unstimmigkeiten, weil Tuchel Cristiano Ronaldo nicht wollte, während Boehly es eine hervorragende Idee fand, den Portugiesen zu holen. Dass die erste sportliche Krise genutzt wurde, um festzustellen, dass man unterschiedliche Visionen hat, war abzusehen. Dieser Eingriff ins Geschäft war wohl nur der Anfang.
Premier League: Die obere Tabellenhälfte
Platz | Team | Sp. | Tore | Diff | Pkt. |
1. | Arsenal | 7 | 17:7 | 10 | 18 |
2. | Manchester City | 7 | 23:6 | 17 | 17 |
3. | Tottenham Hotspur | 7 | 18:7 | 11 | 17 |
4. | Brighton & Hove Albion | 6 | 11:5 | 6 | 13 |
5. | Manchester United | 6 | 8:8 | 0 | 12 |
6. | Fulham | 7 | 12:11 | 1 | 11 |
7. | Chelsea | 6 | 8:9 | -1 | 10 |
8. | Liverpool | 6 | 15:6 | 9 | 9 |
9. | Brentford | 7 | 15:12 | 3 | 9 |
10. | Newcastle United | 7 | 8:7 | 1 | 8 |