Wolfsburgs A-Jugend ist seit Jahren das Maß aller Dinge. Mit dem Ende der Magath-Ära wurde das letzte große Manko in der Nachwuchsarbeit beseitigt. Nun wartet eine goldene Generation auf den Durchbruch. SPOX stellt drei vielversprechende Talente vor, denen bald der Durchbruch gelingen könnte.
Die ganze Bundesliga blickt voller Spannung auf den nächsten Spieltag. Der große Clash steht an. Das ultimative Kräftemessen der beiden Champions-League-Finalisten. Doch das Duell Dortmund - Bayern weckt auch bei so manch neutralem Zuschauer Unbehagen. Die Angst vor der ganz großen Langeweile.
"An einen Sieg des FC Bayern möchte ich gar nicht denken, denn ich möchte an der Tabellenspitze nicht noch einmal so eine langweilige Saison sehen wie im letzten Jahr", sagte Lothar Matthäus am Sonntag bei "Sky 90".
Mit einem Dreier würde der FCB auf sieben Punkte davonziehen. Angesichts der bisher erdrückenden Dominanz wäre das in dieser noch frühen Phase bereits ein ungeheurer Vorsprung. Auch in vielen anderen europäischen Ligen thront ein Top-Team noch ungeschlagen an der Spitze. Ob Barcelona, Rom oder PSG. Doch verglichen mit der U-19-Bundesliga Nord/Nordost sind Bundesliga, Serie A und Co. hochspannende Wettbewerbe.
Die A-Junioren des VfL Wolfsburg definieren den Terminus "Dominanz" neu. Die Bilanz nach 11 Spielen: 11 Siege, 49:9 Tore, 11 Punkte Vorsprung auf Verfolger Rostock. Dominanz nahe der Perfektion.
A-Jugend das Maß aller Dinge
Doch die Überlegenheit von Wolfsburgs A-Jugend ist kein Novum. Seit drei Jahren ist sie das Maß aller Dinge in der Bundesliga Nord/Nordost, wurde 2011 und 2013 sogar Meister. Besonders spektakulär: Letzte Saison erzielte der VfL in 26 Partien sagenhafte 100 Tore. Das Treppchen der Torschützenliste war komplett in Wolfsburger Hand.
Einer der Garanten für die Meisterschaft 2013 war Maximilian Arnold. Der Arnold, der sich diese Saison bei den Profis zum Stammspieler gemausert hat und mit seinen Toren für einen kleinen Hype sorgt. Und gleichzeitig der Arnold, der schon seit bald fünf Jahren das VfL-Trikot trägt und mit seiner Erfolgsgeschichte stellvertretend für die neue Wolfsburg-Philosophie steht.
Ein Konzept der Nachhaltigkeit wird bei den Profis erst seit dem Abschied von Felix Magath tatsächlich verkörpert und umgesetzt. In der Jugendarbeit besteht dieses Prinzip jedoch schon seit Jahren.
Fall Draxler vermeiden
Seit 2007 hat der VfL sein eigenes Jugendinternat, spätestens von da an hatte die dortige Nachwuchsarbeit Bundesliga-Niveau. Wie auch in vielen anderen erfolgreichen Nachwuchsleistungszentren konzentriert sich die Ausbildung nicht rein auf das Sportliche.
Beim VfL betont man gerne die Persönlichkeitsförderung in der Jugend. "Wir legen Wert darauf, dass anständige Jungs zum VfL kommen, die ehrgeizig und zielstrebig sind - das ist die Grundvoraussetzung für erfolgreiches Arbeiten", erklärte der Nachwuchs-Leiter Fabian Wohlgemuth gegenüber "n-tv".
Auch die Ausbildung ist von enormer Bedeutung. In das Wolfsburger Jugendinternat ist eine Eliteschule integriert. Einen Fall wie Julian Draxler, der für die Fußballer-Karriere vorübergehend die Schule abgebrochen hat, soll es nicht geben.
"Es ist absolut wichtig, dass unsere Jugendspieler neben der sportlichen Laufbahn auch die Schule auf möglichst hohem Niveau erfolgreich beenden. Es kommt durchaus vor, dass der Trainingsumfang reduziert wird, wenn die schulischen Leistungen nicht den erhofften Weg nehmen", verriet Wohlgemuth.
Paradigmenwechsel nach Magath
In den letzten Jahren feierte der VfL-Nachwuchs einen Erfolg nach dem anderen - insbesondere die A-Jugend. Einzig die mangelnde Durchlässigkeit zu den Profis war lange das große Manko. Zwar versuchte auch Felix Magath zahlreiche Nachwuchsspieler zu integrieren, doch aufgrund der geringen Bewährungszeit unter Magath scheiterten die meisten. Nachzufragen bei Bjarne Thoelke, Michael Schulze und Co.
Mit der Übernahme von Klaus Allofs und Dieter Hecking ging ein Paradigmenwechsel einher. Talente sollen nicht mehr ins kalte Wasser geworfen, sondern behutsam an die Profimannschaft herangeführt werden. Um sich ein Bild vom Potenzial der Youngster zu machen, nehmen beide die A-Jugend regelmäßig unter die Lupe.
"Die gucken da auf jeden Einzelnen", bestätigt Wohlgemuth. Er schwärmt von der Zusammenarbeit mit der neuen sportlichen Leitung: "Mit dem Trainer- und Managerwechsel ist die Verzahnung noch besser geworden."
Unter Hecking wurden Arnold und Knoche, die zu Magath-Zeiten nur sporadisch zum Einsatz kamen, zu Stammspielern. Derzeit sind beide aus der ersten Elf kaum wegzudenken. Angesichts der jüngsten Triumphe der Nachwuchsteams scheint es nur eine Frage der Zeit, bis weitere Youngster nachrücken. SPOX stellt drei vielversprechende Talente vor, die als nächstes den Schritt ins Profiteam schaffen könnten.
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Federico Palacios-Martinez: Schlitzohr und Tormaschine
Alter: 18 Jahre
Position: Sturm
Der Youngster ist Wolfsburgs neue Sturmhoffnung. In der A-Jugend knipst er wie verrückt, Palacios-Martinez hat eine irrwitzige Torquote: 20 Buden in zehn Spielen sprechen Bände. Dreierpacks stehen für ihn quasi an der Tagesordnung, in der laufenden Saison zählt er bereits vier.
"Ich spekuliere auf die Fehler von anderen und lebe von meiner Schnelligkeit", beschreibt er seinen außergewöhnlichen Torriecher bescheiden. Sein Trainer Dirk Kunert charakterisiert ihn schlicht als "Schlitzohr".
gettyDer Deutsche mit spanischen Wurzeln machte bereits früh auf sich aufmerksam, als er noch für kleine Klubs in Hannover kickte. Mit 14 Jahren hätte er zu Bayern wechseln können, er "wollte aber nicht ganz so weit weg von meiner Heimat". So zog es ihn zum VfL, wo er seitdem einen Bilderbuch-Aufstieg erlebt.
Mittlerweile steht er vor dem nächsten, seinem bisher größten Schritt: Die Beförderung zu den Profis scheint nur noch eine Frage der Zeit. Anfang Oktober trainierte er bereits mit der ersten Mannschaft. Im Test gegen Wisla Krakau (1:2) durfte er 45 Minuten lang an der Seite seiner Idole ran. Prompt bereitete er den einzigen VfL-Treffer, nur die Latte verhindert die Krönung seines Auftritts.
Im Anschluss hagelte es Lob von ganz oben: "Das hat er gut gemacht", sagte Manager Allofs. "Er hat sofort Tempo aufgenommen, hat gut gespielt und war am Tor beteiligt. Da steckt einiges drin."
Auch Palacios-Martinez selbst weiß um seine Chance unter der neuen sportlichen Leitung: "Seit dem Amtsantritt von Dieter Hecking und Klaus Allofs geben die Profis auch jungen Spielern eine Chance. Im Winter werden die Weichen gestellt, wie es weiter geht." Sein Ziel ist klar: "Ich will unbedingt in den Profibereich." Dem scheint er derzeit näher zu sein als je zuvor.
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Willi Evseev: Heckings ewiger Schützling
Alter: 21 Jahre
Position: Zentrales Mittelfeld
Willi Evseev war 15 Jahre alt, als er zum ersten Mal auf großer Bühne für Aufsehen sorgte: Beim 4:1-Sieg der deutschen U 15 über die Schweiz spielte er groß auf, erzielte ein Tor und hatte plötzlich diverse Anfragen auf dem Tisch. Bremen und Dortmund bemühten sich um ihn, beim FC Bayern gastierte er sogar zwei Tage zum Probetraining. Doch der damalige Profitrainer wollte das Juwel unbedingt in Hannover halten. Sein Name: Dieter Hecking.
gettyBis zur Wiedervereinigung der beiden sechs Jahre später durchlebte Evseev eine komplizierte Zeit. Bei Hannover stand er oft im Profikader, für einen Bundesliga-Einsatz reichte es aber nicht. Der flinke Spielmacher wurde schnell als gescheitertes Talent verschrien. So zog es ihn weg aus dem Rampenlicht, zum SC Wiener Neustadt.
Auch dort tat er sich schwer, bereute die Zeit jedoch nie: "Ich wollte weg aus Deutschland, weg von den Vorurteilen, dass ich ein ewiges Talent bin, das es sowieso nie schafft. In Österreich konnte ich ein Jahr lang in Ruhe Fußball spielen", erklärte er der "WAZ".
Im Sommer wechselte er schließlich zur 2. Mannschaft des VfL, wo er seitdem für mächtig Furore sorgt. "Willi Evseev spielte zuletzt bei den Amateuren herausragend, das hat jeder gesehen", zeigte sich Hecking begeistert und beförderte ihn zu den Profis. Dort bereitete er bei seinem ersten Kurzeinsatz gegen Werder (3:0) prompt den Schlusspunkt durch Ivan Perisic vor.
Seitdem gehörte er stets zum Kader, auch wenn weitere Einsätze bisher ausblieben. Doch mit seiner Duftmarke gegen Bremen hat er bewiesen, dass er auch in kurzer Zeit für Wirbel sorgen kann.
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Paul Seguin: In den Fußstapfen einer Legende
Alter: 18 Jahre
Position: Zentrales Mittelfeld / Defensives Mittelfeld
Beim Namen Paul Seguin klingelt es bei so manchem DDR-Fußball-Nostalgiker bereits. Er ist der Sohn von DDR-Legende Wolfgang "Paule" Seguin, dem er auch seinen Namen verdankt. Sein Vater wurde dreimal DDR-Meister, holte fünfmal den Pokal. Dementsprechend ist es wenig verwunderlich, dass es den Sohnemann auch zum Fußball verschlagen hat.
imagoGemeinsam mit Palacios-Martinez und Moritz Sprenger durfte er im Oktober erstmals bei den Profis reinschnuppern. "Die drei Jungs machen es richtig ordentlich. Alle haben eine gute Grundqualität. Das macht sie interessant für uns", lobte Hecking sein Youngster-Trio hinterher.
Seguin selbst zeigte sich begeistert: "Schon allein die Teilnahme beim Training und das Lob vom Trainer geben mir Aufschwung um weiter an meinem Ziel, Profi zu werden", schrieb er auf seiner Homepage.
Denn in der vergangenen Saison tat er sich in der U 19 noch schwer. Als jüngster Jahrgang war das Wolfsburger Eigengewächs (seit der D-Jugend beim VfL) plötzlich nicht mehr Stammspieler, wie er es über die Jahre zuvor gewohnt war. Doch in der laufenden Saison wurde mit Arnold einer seiner Konkurrenten um den Platz in der Mittelfeldzentrale zu den Profis befördert - und schon führt an Seguin kein Weg mehr vorbei.
Im Gegensatz zu Palacios-Martinez, der schon vergangene Saison zu den Leistungsträgern in der U 19 gehörte, wird es bei Seguin wohl noch ein wenig längerer dauern, bis ihm die Tür zu den Profis offen steht. Eine dauerhafte Beförderung käme noch zu früh. Hecking stellte bereits klar: "Wir können die Jungs nicht einfach ins kalte Wasser werfen - und dann funktioniert es."
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Der VfL Wolfsburg in der Zusammenfassung