Der DFB will die Frauen in allen Bereichen stärken - doch der drohende WM-Blackout gefährdet die Bemühungen.
Bernd Neuendorf legte Nachdruck in seine Stimme, die Botschaft des Präsidenten war deutlich wie nie zuvor: Um die immensen Anstrengungen des DFB zur Förderung der Frauen nicht zu konterkarieren, muss der drohende TV-Blackout bei der bevorstehenden WM (20. Juli bis 20. August) unbedingt noch abgewendet werden.
"Alle müssen sich zusammenraufen. Jeder muss sich fragen, ob er seiner politischen Verantwortung im Sinne des Frauenfußballs und der Gesellschaft gerecht wird", sagte Neuendorf am Mittwoch: "Alle müssen sich fragen, was die Konsequenzen wären, wenn es keine Verständigung gibt. Es wäre ein Imageverlust für alle Beteiligten."
Die FIFA hat mit den Fernsehsendern aus den fünf großen europäischen Nationen bislang noch keine Einigung über die Rechtevergabe für die WM-Endrunde in Australien und Neuseeland erzielt. FIFA-Präsident Gianni Infantino wirft den Interessenten vor, dass sie nicht genug bieten würden und droht mit einem Blackout. Kritiker werfen der FIFA dagegen Geldgier unter dem Deckmantel der Geschlechtergerechtigkeit vor.
Nach kicker-Informationen liegt das Angebot von ARD und ZDF "bei fünf Millionen Euro", der Weltverband will angeblich zehn Millionen. Zum Vergleich: Fünf Millionen Euro entsprechen etwa den Ausgaben für zwei "Tatort"-Übertragungen und zwei "Herzkino"-Filme.
gettyWM der Frauen, Rechte Poker: Nur Italien bietet weniger
Nur italienische Medien sollen mit einer Million Euro noch weniger bieten. Für die Weltmeisterschaften der Männer in Russland (2018) und Katar (2022) sollen die beiden deutschen Sender die Rechte für mehr als 40-mal so viel Geld erworben haben.
Ebenfalls droht der Blackout in England, Frankreich und Spanien. Die Zahlen sind nur vom britischen Fernsehen bekannt, das acht Millionen Euro bieten soll.
DFB-Präsident: "Ich tue alles, was in meiner Macht steht"
"Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem es nicht mehr nur um Summen geht", äußerte Neuendorf: "Wir müssen die Debatte auf einem anderen Level führen." Als Mitglied im FIFA-Council will sich Neuendorf für eine Lösung einsetzen: "Ich tue alles, was in meiner Macht steht."
Sich selbst sieht der DFB bei der Förderung der Frauen auf einem guten Weg. "Der Frauenfußball ist in den Köpfen der Entscheidungsträger sowie in den Herzen der Menschen angekommen", äußerte Generalsekretärin Heike Ullrich beim Zwischenfazit zur vor zehn Monaten vorgestellten "Strategie Frauen im Fußball FF 27": "Wir haben die Gesellschaft erreicht."
Konkret geht es bei der Strategie bis in Jahr 2027 um vier Ziele: Die Nationalmannschaften und die Vereine sollen internationale Titel gewinnen. Die Anzahl von Spielerinnen, Trainerinnen und Schiedsrichterinnen soll sich um 25 Prozent erhöhen. Die mediale Reichweite des Frauenfußballs soll sich verdoppeln. Der Frauenanteil in Gremien und Führungsebenen soll mindestens 30 Prozent betragen. In all diesen Bereichen kommt der Verband dank diverser Projekte voran.
"Wir konnten den Schwung durch den zweiten Platz bei der EM im vergangenen Jahr mitnehmen", sagte Gesamtkoordinatorin Doris Fitschen Fitschen: "Wir haben aktuell die Marke von 35.000 Zuschauern für das Pokalfinale geknackt. Die Nationalmannschaft hatte in den vergangenen drei Spielen einen Zuschauerschnitt von über 26.000 - und ab der kommenden Saison wird die Bundesliga durch internationale Vermarktung weltweit sichtbar sein."
DFB will die WM 2027 selbst austragen
Seine Errungenschaften weltweit präsentieren will der DFB bei der WM 2027, die er gemeinsam mit Belgien und den Niederlanden austragen möchte. "Die Bedeutung und die Chance ist uns allen bewusst", sagte Neuendorf: "Deshalb gehen wir es sehr konzentriert an."
Die europäische Bewerbung hat drei Kontrahenten. Südafrika, Brasilien und die USA gemeinsam mit Mexiko wollen ebenfalls die Endrunde austragen. Die Bewerbung muss bis zum 8. Dezember beim Weltverband eingereicht werden. Der FIFA-Kongress entscheidet am 17. Mai 2024.