Wunderkind und Co.

Marco Kieferl
05. November 201314:49
Dominic Foos ist Deutschlands größtes Golftalentgetty
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In Golf-Deutschland konzentriert sich alles auf Martin Kaymer und Marcel Siem. Dabei gibt es nach Jahren gähnender Leere wieder eine ganze Flut an jungen Talenten. Maximilian Kieffer, Moritz Lampert, Bernd Ritthammer und Dominic Foos schicken sich an, die neuen deutschen Gesichter auf der Tour zu werden.

Maximilian Kieffer: Spider-Man reloaded (OWGR: 285)

Als Rookie auf der European Tour hat man für gewöhnlich nur ein Ziel: Überleben, oder anders gesagt, die Tourkarte für die nächste Saison zu erspielen. Durch zahlreiche geschaffte Cuts, einen geteilten vierten Rang und ein verlorenes, fast schon episches Neun-Loch-Stechen bei der Open de Espana gegen Raphael Jacquelin, erfüllte sich Max Kieffer den Traum eines jeden Tour-Neulings bereits im April.

"Ich habe schon gedacht, dass ich die meisten Cuts machen würde. Dass ich bei meinem ersten Turnier gleich Vierter würde, dagegen weniger", lautete das selbstbewusste Zwischenfazit des Deutschen.

So furios wie zu Beginn ging es im weiteren Saisonverlauf zwar nicht mehr zu, dennoch zeigte sich Kieffer sehr stabil und verpasste kaum einen Cut. Ausgerechnet nach dem Heimspiel in Eichenried fiel er jedoch in ein kleines Loch und verletzte sich zu allem Überfluss noch Mitte Juli.

Bester deutscher Rookie aller Zeiten

Nach seinem Comeback zeigt sich "Kiwi" aber wieder für Top-15 Platzierungen gut. Als 77. im "Race to Dubai" scheint eine komplette Teilnahme an den Final Series, den abschließenden Finalturnieren der European Tour trotzdem unwahrscheinlich.

Immerhin: Das erste Turnier der Serie durfte er dank einer Einladung seines Sponsors BMW dennoch bestreiten. Dabei erzielte Kieffer sogar einen ordentlichen geteilten 30. Platz in einem sehr stark besetzten Feld. Auch beim vorletzten Event der Final Series in der Türkei wird er dabei sein. Dort rutscht er dank einiger Absagen ins Turnier und kann sich ein weiteres Mal in der Weltspitze beweisen.

Unabhängig davon hat er den Titel als bester deutscher Rookie in jedem Fall sicher. Mit ein bisschen Glück winkt auch noch die Auszeichnung zum "Rookie of the Year".

Auffällig wurde der 23-jährige Rheinländer auch durch seine ganz spezielle Art, das Grün zu lesen. Hierbei begibt er sich in eine Art verschränkte Liegestützposition und versucht so, die Puttlinie besser zu erkennen. Schnell werden Erinnerungen an "Spider-Man" Camillo Villegas wach. Bei Letzterem zeigt die Formkurve aber, im Gegensatz zum Deutschen, beständig nach unten.

Top-10-Ergebnisse und die Spielberechtigung für die kommende Saison in der Tasche: Von Kieffer konnte man wirklich nicht mehr erwarten. Lediglich die Krönung durch einen Turniersieg blieb "Kiwi" nach dem Rekordstechen in Spanien verwehrt.

Deutschlands dritte Kraft

Es scheint momentan nur eine Frage der Zeit, bis sich der erst 23 Jahre alte Deutsche dauerhaft in die Top-50 der European Tour spielt. Das Potential dafür ist allemal vorhanden.

Arbeitet er weiterhin an seinen Schwächen, wie zum Beispiel dem Spiel mit den Wedges, wird Kieffer sich als dritte Kraft im deutschen Golf etablieren. Vielleicht reicht es dann auch schon bald zu seiner ersten Major-Teilnahme.

Moritz Lampert: Der Enttäuschte (OWGR 990)

Dass eine Debüt-Saison auf der European Tour auch ganz anders verlaufen kann, zeigt das Beispiel von Kieffers "Buddy" Moritz Lampert. Während sein Freund Topergebnisse in Serie einfährt, scheitert Lampert, selbst hochgelobter Amateurspieler, Woche für Woche am Cut.

Dabei fing seine Saison mit einem T32 Rang Ende Dezember- bei der zugegebenermaßen schwach besetzten "Nelson Mandela Championship"- ordentlich an. Was jedoch folgte, war eine einzige Enttäuschung: Von den folgenden 21 Anläufen verpasste Lampert ganze 18 Mal den Cut!

"Ich habe nicht das Gefühl, dass ich so schlecht gespielt hätte, wie die Ergebnisse waren. Es kam auch einiges zusammen: Mal 'ne doofe Startzeit mit schlechteren Bedingungen oder ein bisschen Pech bei verschiedenen Teilen im Spiel. Die Plätze sind so gnadenlos, da fängt man sich schnell Bogeys und Doppel-Bogeys", bewertete "Mo" Lampert seine zwischenzeitliche Situation.

Zocken mit Kieffer SPOX

Leider beschränkten sich Lamperts restliche Erfolge fast ausschließlich auf das Zocken bei den Übungsrunden mit Kumpel Kieffer. Einsatz? Bis zu 150 Liegestütze!

Das kühne Saisonziel, noch die Top-110 der European Tour zu knacken und somit die Spielberechtigung für 2013 zu behalten, hat Lampert verfehlt. Hierfür waren die Ergebnisse ganz einfach zu schlecht. Vielleicht kam Lamperts überraschender Erfolg im letzten Jahr bei der sogenannten "Qualifying School", als er sich als einziger Amateur für die European Tour qualifizierte, auch zu früh.

Doch Lampert ist noch extrem jung und hat genügend Zeit über die "Challenge Tour" wieder in die 1. Liga des Golfsports zurückzukehren. Dafür sollte er aber sein kurzes Spiel verbessern, um auf den anspruchsvollen Tour-Grüns aus gutem Golf auch wieder gute Ergebnisse herauszuschlagen.

Seite 2 - Der Bootschütze und das Wunderkind

Bernd Ritthammer: Der Bootschütze (OWGR 506)

Bernd Ritthammers vergangene Saison auf der European Tour glich einem einzigen, nicht enden wollenden Alptraum. Bei 13 Turnierstarts schaffte er kein einziges Mal den Sprung ins Wochenende. Einen Namen machen konnte er sich durch ein Boot-Zielschießen mit Alexander Levy im Rahmen eines Tour-Events trotzdem.

Im Sommer folgte der unfreiwillige Abstieg in die zweitklassige Challenge Tour. "Das Ende der Saison läuft genauso wie das ganze Jahr, ziemlich besch....Im Moment ist es ziemlich schwierig für mich, das zu verarbeiten was heute passiert ist", ließ Ritthammer Ende 2012 seinem Frust via Facebook freien Lauf.

Nächster Anlauf auf die Tourkarte

Doch was folgte, war alles andere als ein Rückschritt: Ritthammers Spiel erholte sich wieder. Mit guten Ergebnissen auf der zweitklassigen Challenge Tour brachte er sich sogar wieder in die Situation, seine Spielberechtigung wiedererlangen zu können.

Zum Saisonende befand er sich auf dem 34. Rang in der Geldrangliste, welcher ihm erlaubte am Finalturnier der Serie an diesem Wochenende teilzunehmen, um dort eine von 15 zu vergebenden Tourkarten zu erspielen. Leider genügte am Ende ein geteilter 20. Rang für die direkte Rückkehr auf die Tour nicht.

Erfreulich hingegen sind Ritthammers Auftritte auf der European Tour. Ein geteilter 22. Platz in Eichenried und ein 44. Rang in Marokko beweisen, dass das Seuchenjahr 2012 lediglich ein Ausrutscher auf der großen europäischen Bühne war.

Über kurz oder lang hat Ritthammer gute Chancen Deutschlands nächster Spieler auf der europäischen Golfbühne werden. Das Potenzial für die European Tour hat er auf jeden Fall, ob es eines Tages die von ihm anvisierten Top-50 der Welt werden darf jedoch bezweifelt werden.

Dominic Foos: "Golf´s latest Wunder´kid" (OWGR 1525)

Wenn eine Fachzeitschrift aus dem arabischen Raum einen 14-jährigen Amateurgolfer aus Deutschland als nächstes Wunderkind anpreist, muss es sich dabei schon um ein außergewöhnliches Talent handeln.

Dominic Foos, mittlerweile 16 Jahre alt, gilt tatsächlich als Deutschlands größte Golfhoffnung. Bei einem Blick in seine Vita wird auch schnell klar warum:

So wurde Foos mit gerade einmal 15 Jahren Deutscher Matchplay-Champion. Darüber hinaus holte er 14 Turniersiege in hochrangigen Juniorenturnieren, zwei davon im Jahr 2013. Mit einem Fabelwert von +6,4 erreichte Dominic Foos zwischenzeitlich sogar das niedrigste Handicap in ganz Europa. Selbst Weltstar Rory McIlroy verbuchte während seiner Amateurzeit "nur" ein Handicap von +6.

Dazu ist Foos Europas bester Amateurgolfer unter 19 Jahren und belegte Rang drei in der Amateurweltrangliste der unter 16-jährigen.

European Tour mit 16

Zu verdanken hat er all dies seinem Vater. Der brachte seinen Sohn mit drei Jahren zum Golfsport und ist seither Caddie, Manager und Trainer in Personalunion. "Dominic wird selbst spüren, wenn er so weit ist", antwortet Sam Foos angesprochen auf die gemeinsamen European Tour-Pläne.

SPOXspox

Tatsächlich hat das Golftalent in diesem Jahr bereits fünf Einladungen für die European Tour erhalten und dabei einmal den Cut geschafft. In Durban erreichte Foos den geteilten 39. Rang.

Der 16-jährige verfügt über eine sehr gute Technik, zählt aber vor allem die mentale Stärke zu seinen Vorzügen. Sein größtes Problem liegt tatsächlich weniger im Golf, als in der Schule. Die meistert er zwar mit Bravour, jedoch bedeuten unzählige Nachholarbeiten und Fehltage eine immense Zusatzbelastung für den gebürtigen Karlsruher.

"Ich denke nicht darüber nach", antwortet Foos angesprochen auf einen Plan B, doch den wird er auch nicht brauchen. Foos' Talent ist bereits jetzt derart herausragend, dass man kein Experte sein muss, um ihm den Weg ins Profilager vorauszusagen.

Auch wenn es viele Beispiele für hochgelobte und tief gefallene Talente gibt, so hat der Deutsche doch exzellente Voraussetzungen, um Deutschlands nächster Weltklassespieler zu werden. Nicht zu Unrecht gaben ihm die arabischen Golfjournalisten den Titel "Golf´s latest Wunder´kid".

Der aktuelle Stand im Race to Dubai