Tim Tebow spielt in seinem zweiten Jahr in den Minor Leagues in der Organisation der New York Mets und wurde nun ins All-Star Game gewählt. Zeit, genau hinzuschauen, wie die sportliche Entwicklung des einstigen NFL-Quarterbacks voranschreitet und wie seine Chancen stehen, eines Tages in der MLB zu spielen.
Tim Tebow tritt im All-Star Game der Eastern League an die Platte und schlägt direkt ein Double für das Team der East Division. Am Ende ist er 1-4 und hat alle neun Innings als Nummer-9-Hitter und Designated Hitter absolviert. 4:4 steht es am Ende und eine Hitting Competition bringt die Entscheidung zugunsten der West Division. Doch Tebow hatte seinen großen Auftritt.
All-Star Tim Tebow. Eine Wortkombination, die man so auch nicht unbedingt in Bezug auf professionellen Baseball erwartet hätte. Doch 2018 brachte sie hervor! Tim Tebow wurde in der Tat ins Eastern League All-Star Game gewählt.
Der Star der Binghamton Rumble Ponies, dem Double-A-Team der New York Mets, hat es doch tatsächlich ins All-Star-Team geschafft. Ist er also tatsächlich auf dieses Level aufgestiegen und hat eine realistische Chance, eines Tages entgegen aller Erwartungen doch in der MLB zu landen?
Zunächst einmal sollte man bedenken, worum es hier eigentlich geht. Eine All-Star-Wahl ist auch in den Minor Leagues zuvorderst eine Fan-Wahl! Und - Überraschung - Tim Tebow ist äußerst beliebt, egal wo er hingeht. Das war zu College-Zeiten als Quarterback der Florida Gators so und das änderte sich auch nicht zu seiner NFL-Zeit bei den Denver Broncos und New York Jets.
Tim Tebow: Nur bedingt sportlich wertvoll in der NFL
Sportlich wertvoll war er freilich nur bedingt in der NFL, insofern ist seine All-Star-Nominierung auch in diesem Jahr keineswegs ein Indikator für seine sportlichen Leistungen in der aktuellen Saison.
Besagte sportliche Leistungen sind jedoch das, was auch bei Tebow letztlich entscheidend sein wird, wenn es darum geht, ob wir ihn irgendwann in den Big Leagues sehen.
Schauen wir uns also an, was Tebow in seiner ersten Saison auf Double-A-Niveau - in seinem 31. Lebensjahr und in seinem zweiten Profijahr überhaupt - bislang gezeigt hat. Zunächst sticht heraus, dass er auf 105 wRC+ (weighted Runs created Plus) kommt. Dieser Wert besagt trivial formuliert, dass er fünf Prozent besser in der Gesamt-Run-Produktion ist als der Ligadurchschnitt. Tebow ist also besser als der Liga-Durchschnitt!
Allerdings - das sollte auch niemanden überraschen - sind das sehr viele andere auch. Schaut man sich die Top-30 der Eastern League allein an, taucht Tebow hier nicht mal auf. Zum Vergleich: Vladimir Guerrero Jr., das Top-Prospect im Baseball nach den MLB-Debüts von Shohei Ohtani und Ronald Acuna Jr., kommt auf einen Wert von 203 - also fast doppelt so viel wie Tebow. Und Guerrero ist 19 Jahre alt.
Tim Tebow mit großem Abstand zur Spitze seiner Klasse
Schaut man sich der Einfachheit halber lieber klassische Statistiken an, kommt Tebow im Vergleich noch deutlicher unter die Räder. In 76 Spielen schlug er ganze fünf Homeruns und kassiert Strikeouts in 35,6 Prozent seiner At-Bats - Walks holt er nur in 7,9 Prozent. Keine guten Grundlagen für eine große Baseballkarriere.
Erschwerend kommt hinzu, dass sein aktueller Schlagdurchschnitt, der mit .270 passabel ist, gestützt wird durch einen .423 BABIP (Batting Average on Balls in Play). Diese Statistik zeigt, wie hoch die Erfolgsquote eines Hitters ist, wenn er den Ball ins Feld schlägt, also weder einen Homerun schlägt, noch ein Strikeout kassiert. Dieser Wert hat jedoch die Tendenz, sich über die Zeit auszugleichen - .423 ist extrem hoch, es könnte also passieren, dass dieser Wert bald ziemlich einstürzt und damit dann auch sein Average gewaltig sinken könnte.
Es ist zwar müßig seine Vorjahreszahlen aus 126 Spielen verteilt über Low- und High-A-Ball mit diesem Jahr zu vergleichen, doch es fällt auf, dass sich gerade seine Schlagleistung fast durch die Bank verbessert hat. Seine Strikeout-Quote stieg jedoch auch um mehr als zehn Prozent, was wiederum schlecht ist.
Tebows Saison begann äußerst positiv, er schlug direkt in seinem Double-A-Debüt einen Homerun. Den vorherrschenden Hype förderte dies umso mehr, obgleich die Menschen gerade in Binghamton/New York ohnehin schon überzeugt waren von Tebow und seinem Auftreten.
Tebow Burritos in Binghamton
Diverse Restaurants im beschaulichen Städtchen (knapp 47.000 Einwohner) machten es sich zur Aufgabe, Gerichte nach Tebow zu benennen. Da gibt es etwa das "Tebow Time Pale Ale" oder doch lieber den "Tebow Burrito". Wie Tebow selbst dazu steht, ist nicht überliefert, doch insgesamt gefällt es ihm dort sehr gut: "Was ich am meisten an Binghamton mag, sind die Leute", verriet Tebow der New York Post. "Wo auch immer ich hinging, die Leute hießen mich herzlich willkommen."
Entsprechend positiv wirkte sich Tebows Präsenz auch auf den Zuschauerschnitt im NYSEG Stadium sowie auch bei den Gastspielen für die Konkurrenz aus. Tebow wird geliebt, egal, was er auf dem Feld veranstaltet.
Vor nicht allzu langer Zeit flog ihm etwa ein Ball auf den Kopf und wurde zu einem Triple. Eine Szene, die für Lacher sorgte. Aber auch eine, die andeutet, wie es weiterhin um die Defensivkünste des früheren Quarterbacks im Left Field bestellt ist. Er ist im Feld keine Leuchte und hat weiterhin Probleme damit, sich auch nur richtig zum Ball zu bewegen.
Die Erfahrung zeigt, dass gerade die Fähigkeiten eines Baseballers im Feld mit zunehmendem Älter eher nicht besser werden. Insofern muss Tebow mit seinem Schläger überzeugen, was ihm bislang nicht gelang.
Tim Tebow: Jüngere Konkurrenz zieht vorbei
Tebow schlägt gerade .270 mit einer .727 OPS in Double-A. Ebenso wie Tebow begannen auch Peter Alonso (23 Jahre alt) und Jeff McNeil (26) das Jahr in Binghamton. Alonso, das zweitgrößte Talent der Mets-Organisation laut MLBPipeline.com schlug .314 mit einer 1.113 OPS und wurde nach 65 Spielen ins Triple-A-Team nach Las Vegas befördert. McNeil wiederum schlug .327 mit einer 1.028 OPS und spielt nun ebenfalls für die 51s.
McNeil war nicht mal eines der Top-30-Prospects der Mets vor der Saison und betrieb seither überzeugende Eigenwerbung. Tebow hingegen ist schon rein objektiv gesehen meilenweit von diesen beiden entfernt.
Dennoch gibt es immer wieder Experten und Kolumnisten, die dennoch Tebows Beförderung nach Vegas oder gar in die MLB fordern. Deren Argumente: Zum einen habe er mit seinen bisherigen Leistungen gezeigt, dass er durchaus professionell Baseball spielen könne. Zum anderen wäre es in Sachen MLB gerade für den späten Teil der Saison eine Attraktion für die Zuschauer, denen sonst in Flushing wohl in diesem Jahr nur ein Team fernab von Gut und Böse geboten würde, das womöglich bis dahin seine besten Parts getradet haben würde, schließlich läuft gemäß des aktuellen Saisonverlaufs genau darauf hinaus.
"Mit Tebow ging es schon immer um die Zeit und ob sein Fenster groß genug wäre, um es zu schaffen", zitiert die NY Post John Ricco, einen der Interims-General-Manager der Mets nach dem gesundheitsbedingten Rücktritt von Sandy Alderson. "Er bewegt sich aber in die richtige Richtung."
gettyNew York Mets: Erwarteter Einbruch bei Tim Tebow blieb aus
Ricco ergänzte: "Es hat den Anschein, dass er jeden Tag besser würde und ich weiß, dass er es ins All-Star-Team geschafft hat. Und mir ist auch klar, dass dies aufregend ist. Im Double-A-Bereich weiß er sich zu behaupten." Weiter nach vorne blicken wollte Ricco dann aber doch nicht - ein Gastauftritt schon in diesem September zur MLB-Kadererweiterung auf 40 Spieler ist dem Vernehmen nach aber nicht zu erwarten.
Als Tebows Beförderung nach so kurzer Zeit ins Double-A-Team publik wurde, gab es nicht wenige, die einen klaren Einbruch bei Tebow erwarteten. Dieser blieb aus, was positiv ist. Allerdings spielt er keineswegs auf einem Niveau, das eine weitere Beförderung aus sportlicher Sicht rechtfertigen würde.
Im Gegenteil: Eine Beförderung, womöglich auf Kosten eines jungen Spielers, der es tatsächlich auch sportlich verdient hätte, wäre der falsche Weg. Schon aufgrund der sportlichen Schieflage der Mets in der MLB. Jedes Talent wird gebraucht, da ist es schwierig einen bald 31-Jährigen durchzuschleppen, der zwar regelmäßig Zuschauer auf die Tribünen, aber eben nicht Runs auf die Anzeigetafel bringt.
All-Star hin oder her, Tim Tebow ist eine Attraktion - wenn auch nicht mit dem Schläger in der oder dem Handschuh an der Hand. Solche gehören aber in den Zirkus, nicht in einen Big-League-Ballpark.
Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.