Das Finale der Rugby-Wm liegt nun 10 Tage zurück, das Ganze hat sich etwas gesetzt und ich will noch einmal zurückschauen Und zwar aus meiner persönlichen Sicht.

Bei den Übertragungen im DSF hatten die Zuschauer ja die Gelegenheit, uns per Mail direkt während der Sendung zu erreichen und uns Fragen, Anregungen, Lob und Kritik zu senden. Und da kam einiges, über 1,500 Zuschriften während des Turniers. Wichtig war für uns, den Zuschauern die Möglichkeit zu geben, bei diesem doch hierzulande ziemlich unbekannten Sport, entsprechende Regelfragen direkt loszuwerden. Über eins muss man sich als Zuschauer im Klaren sein: es gibt zwei Gründe, warum Verbände ihre Sportarten gerne im Fernsehen sehen. 1. um Geld über Lizenzen und Werbung im Stadion zu verdienen, oder 2. um die Sportart Menschen zugänglich zu machen, die bisher damit noch nicht konfrontiert wurden. Rugby gehört ganz klar in Kategorie 2.

Das heißt aber auch, dass sich die Übertragungen eben nicht zuletzt auch an die bislang noch Uneingeweihten richten und Dinge erklärt werden müssen, die eingefleischte Fans längst wissen. Trotzdem sollen ja auch diese Fans nicht vergrault werden. Der klassische Kommentatoren-Spagat also. An den Mails war folgendes zu erkennen: 1. es waren regelmäßig neue Fans dabei. Und das ist gut. 2. die Fragen haben sich wiederholt. Das ist nicht so gut. Denn wer etwas einmal kapiert hat, will es nicht bei jeder Übertragung auf's Neue erklärt bekommen.

Es ist auch sehr häufig passiert, dass wir etwas zu Spielbeginn erklärt haben und 20 Minuten später kommen Mails, die genau das Gleiche wieder erklärt bekommen wollen. Was natürlich denen, die nicht zu spät reingezappt haben und zwischendurch nicht Bier holen waren kaum zuzumuten ist. Ein durchschnittlicher "Zufällig-Mal-rein-Zapper" erwartet offenbar Folgendes vom Kommentator: erklär' mir bitte in den ersten 10 Minuten alles Nötige. Danach dann aber bitte nie wieder erklären, denn jetzt weiß ich es ja schon. Für den Kommentator natürlich unmöglich.

Beim Football hatten wir jahrelang das gleiche Problem. Viele neue Zuschauer auf der einen Seite, noch viel mehr Hardcore-Fans, die ganz andere Ansprüche haben (inzwischen hat Football ein ganz anderes Problem: fast keine Übertragungen im deutschsprachigen Fernsehen. Die Hardcore-Fans werden bei NASN voll bedient, aber neue Fans kommen nicht dazu. Wie auch?). Das haben wir damals so gelöst: vor jedem Spiel lief eine kurze Regelkunde, mit dem wichtigsten zum Spiel. Leicht zu ignorieren für die Hardcore-Truppe, wichtig für Neueinsteiger. Doch eins gilt für Rugby und Football gleichermaßen: man kann nicht einmal in ein Spiel reinschauen und sofort alles verstehen, was da passiert. Zwei, drei Spiele muss man sich schon anschauen, bis der Groschen fällt. Wer keine Geduld hat, wird kein Fan dieser Sportarten.

Zurück zu den Mails: bestimmte Themen kamen natürlich immer wieder. Die Klassiker im Schnelldurchlauf: echt gut, macht weiter so (zum Glück ziemlich oft), ihr seid total grottig (zum Glück deutlich seltener), wo kann ich Rugby-Merchandise kaufen (dürfte ich nicht sagen, selbst wenn ich es wüßte, aber Google ist ein echter Tipp und geht viel schneller als uns ein Mail zu schreiben), gibt es eine deutsche Nationalmannschaft (ja), warum ist die deutsche Nationalmannschaft nicht bei der WM dabei (weil zu wenig Leute in Deutschland Rugby spielen und zu den Spielen der Bundesliga gehen, unter anderem), zeigt Ihr demnächst die Rugby-Bundesliga live (nein) und zeigt DSF in Zukunft mehr Rugby (wüsste ich doch selber gerne. Ich bin nur der Kommentator, nicht der Geschäftsführer, Programmchef oder Rechteeinkäufer. Aber wie man hört, gibt es Interesse, mehr zu machen. Das heißt aber nicht, dass es auch klappt).

Aber der absolute Klassiker unter den Zuschriften las sich etwa so: "Hört endlich auf, die englischen Fachbegriffe so blöd ins Deutsche zu übersetzen. Rugby ist ein englischer Sport:" Von dieser Sorte kamen ca. 5 Mails pro Spiel. Die ersten zwei oder drei Übertragungen sind wir darauf eingegangen, danach nicht mehr, denn egal, was wir gesagt haben, die gleichen Klagen kamen immer weiter. Das Problem ist nämlich, dass dieser "englische" Sport ca. um 1860 nach Deutschland kam. Zur gleichen Zeit erst trennten sich Rugby und Fußball in zwei verschiedene Lager. Vorher war das nämlich das gleiche Spiel. Wie dem auch sei, jedenfalls wurden beide Sportarten nach Deutschland exportiert und ihre Regeln eingedeutscht. Gleichzeitig. Seitdem heißt der "Try" auf Deutsch "Versuch", auch wenn es manch einer blöd findet. In jedem Fall ist Rugby genau so "englisch" wie Fußball und so lange wir nicht "Goal" statt "Tor" sagen oder "Corner" statt "Ecke", solange heißt der "Try" hier eben "Versuch".

Und in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts war Rugby in Deutschland relativ populär und zog bis zu 20.000 Zuschauer pro Spiel an. Im dritten Reich wurde der Sport dann allerdings (sehr erfolgreich) abgewürgt.
Das schrägste Mail kam allerdings in der Woche vor dem Finale. Da fragte uns ein Zuschauer, warum wir am Samstag das Finale übertragen wollten, wo doch Samstag das Spiel um den 3. Platz stattfinden würde und erst Sonntag das Finale.

Wie er darauf kam? Das wüsste ich auch mal gerne. Auf den WM-Spielplan hatte er jedenfalls nicht geschaut.

So war das also mit unserer WM. Zusammenfassend kann man sagen: Zuschauer können ganz schön anstrengend sein, manchmal. In jedem Fall war es eine tolle Erfahrung und die Zuschauerresonanz hat die Erwartungen deutlich übertroffen. Fortsetzung folgt hoffentlich.

Andreas

Apropos Zuschauer können ganz schön anstrengend sein: Leser natürlich auch. Folgender Vorschlag an alle: wer Fragen hat, kann sie mir gerne per Nachricht zukommen lassen. Die interessantesten würde ich dann im Lauf der nächsten Tage in einem der nächsten Blogs beantworten.