26.09.2012 um 15:54 Uhr
"If you can wait and..." II/III
Sein Agent erwidert, dass das jetzt ein wenig schwierig wird, da alles soweit klar ist und er in ein paar Stunden in London unterschreiben soll. „Bei der Unterschrift war ich angewidert", sagt er und wenn man die Aufnahmen sieht, ist man geneigt ihm zu glauben. So geht es anfangs auch weiter. Im ersten Jahr denkt er ständig, dass er nur auf der Durchreise ist, obwohl er bereits trifft. „Ich hatte keine Lust mich wirklich zu investieren und zu integrieren. Es war mir egal, welche Summe man für mich gezahlt hatte, ich hatte ja nichts davon kassiert." Trotz allem holt man die Meisterschaft. Drogba schießt insgesamt 16 Tore, darunter eins in der siegreichen Verlängerung des League-Cup-Finals gegen Liverpool. Finalspiele, des ivorischen Stürmers liebste Bühne.
Der Blues bei den Blues
Der Traum Chelseas und Abramowitchs ist klar: die Champions-League! Und Drogba soll für die notwendigen Tore sorgen. Der Anfang ist trotzdem schwer: Trikotnummer 15 statt der geliebten 11, schlechtes Wetter und die ganze Fußball-Welt, die sich fragt warum zum Teufel Chelsea horrende Summen für einen mehr oder weniger unbekannten Spieler ausgibt. Ein Grund ist José Mourinho, der charismatische neue Trainer. In der Saison zuvor hat er Drogba zum ersten Mal getroffen. Es ist eine Szene, die einiges über die Faszination des Menschen und Trainer Mourinhos aussagt: Halbzeit beim Spiel Marseille gegen Porto, die Spieler warten im Gang auf die Schiedsrichter, da spricht Mourinho den gegnerischen Spieler an. Leider habe er bei Porto kein Geld um ihn zu kaufen, aber er habe große Bewunderung für seine Art des Spiels. Ob er vielleicht talentierte Familienmitglieder in der Elfenbeinküste empfehlen könnte. Man scherzt ein wenig. Das Besondere an der Situation? Für den beeindruckten Drogba, das der Portugiese mit ihm auf Französisch quatscht. Der Spieler lernt hier seinen späteren „Mentor" kennen. In England wird sich wenig später die Beziehung zu „The Special One" dann zu etwas wirklich Besonderem entwickeln.
Auch das zweite Jahr ist nicht unbedingt besser. Zwar trifft er insgesamt 16mal, gibt 12 Vorlagen und man verteidigt den Titel, doch zwei Handspiele und sein Hang zur Schwalbe bringen die englischen Medien und schlussendlich die eigenen Fans gegen ihn auf. Er wird sogar von ihnen ausgepfiffen und möchte wieder weg. Mourinho erwidert seine Anfrage mit einem einfachen: „Unmöglich!" Denn er hat in dem großgewachsen, kopfballstarken und schnellen Stürmer, einen Menschen dem er vertraut. Später wird er von Drogba in seiner typisch pathetischen Art sagen, dass er, wenn er in den Krieg ziehen müsste und nur einen Menschen mitnehmen könnte, immer Didier wählen würde. Das Vertrauen ist so groß, dass bei der Verkündung der Startaufstellung anfangs oft nur ein Trikot als gesetzt da hängt. Didier Drogbas. „Mein Team ist Didier und zehn andere Spieler!" Das was ihn ausmacht ist wohl die Tatsache, dass er durch seine Art die anderen Spieler mit solchen Sätzen nicht beleidigt.
Ein zweigeteiltes Land
In den „Krieg ziehen" – das erleben die Spieler der Elfenbeinküste fast in jedem Heimspiel. Während sie in Europa Fußball spielen und ihr Geld verdienen, tobt im Heimatland der Bürgerkrieg. 2002 geht wortwörtlich ein Riss durch das Land. Es gibt den nördlichen Teil und den südlichen Teil. Rebellen kämpfen gegen die Regierung – ein allzu häufiges Bild afrikanischer Staaten. Wenn die kickenden Stars ihre Heimspiele austragen trennt die Fans und das Feld nicht nur eine Aschenbahn. Rund um das Feld steht das Militär, bewaffnet mit Panzerfaust und - des Kriegers liebstes „Spiezeug" – der AK-47. Am 8. Oktober 2005 steht eines der wichtigsten Spiele des Landes an. Doch es findet im Sudan statt. Es geht um die erste Qualifikation zu einer Weltmeisterschaft. Doch die Goldene Generation der Elfenbeinküste hat es nicht mehr in der eigenen Hand. Gewinnt Kamerun zuhause parallel gegen Ägypten ist der Traum zerplatzt. Verbands-Vizepräsident Csidy Diallo versucht sich in Motivation und erklärt, dass wenn man sich einen Faux-Pas im Sudan erlaube und Kamerun gegen Ägypten stolpere, eine „Kugel in den Kopfschießen würde". Man gewinnt schließlich mit 3:1. Das andere Spiel läuft noch. Im 2642km weit entfernten Yaoundé läuft die 95. Minute: Elfmeter für Kamerun! Der Kapitän Drogba fordert seine Mitspieler auf zu beten. Der Schuss wird gehalten, die Elfenbeinküste ist „zu Gast bei Freunden".
Während der Feierlichkeiten versammelt der Kapitän seine Mannschaft um sich herum, greift sich ein Mikro und wendet sich via Kamera an das eigene Volk. Alle knien nieder und bitten das Volk die Waffen niederzulegen. Eric Cantona und „Arte" feiern Drogba später als einen „Rebellen am Ball". Er selbst analysiert nüchtern, dass die Situation zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich nicht wegen der Bitte, sondern vielmehr wegen der Qualifikation nicht eskaliert sei. Es dauert trotzdem noch bis März 2007 bis Präsident Laurent Gbagbo den Frieden und Wahlen verkündet. Drogba bittet daraufhin den Präsidenten seine Trophäe als Afrikas Spieler des Jahres in Bouaké, im gerade noch „verfeindeten" Norden zu präsentieren. Er wird frenetisch gefeiert. Die Wahlen 2010 werden zum Fiasko, die Unruhen brechen wieder aus und Gbagbo wird schließlich festgenommen.
Der endgültige Durchbruch
„Zuhause" in England kriegt Drogba in der dritten Saison endlich „seine" Nummer 11 und der Knoten platzt. Dem geneigten Chelsea-Beobachter scheint es so, als sei der Neuzugang Andrej Shevchenko nur geholt worden um Drogba zu befreien. Während dieser nämlich am Fließband trifft und seine Torquote verbessert, verbringt der Ukrainer mehr Zeit auf dem Golfplatz und der Verbesserung seines Handicaps als auf den Grüns der englischen Stadien. Drogba schießt 33 Tore, wird Torschützenkönig und trifft doppelt im Ligapokal-Finale und in der Verlängerung des FA-Cups gegen Manchester United. Darüberhinaus wird er zum ersten ivorischen Fußballer des Jahres in Afrika geehrt. Im Folgejahr verlässt Mourinho Chelsea. Drogba ist bei dessen Ankündigung am Boden zerstört und will den Verein verlassen um kurz darauf einen Rückzieher zu machen. Nichtsdestotrotz haben Marseille-Fans in einem Anflug von völlig naiv-blinder Liebe den „Drogbathon", einen Spendenmarathon, ins Leben gerufen mit dem man die vermuteten 28 Mio Euro Ablösesumme aufbringen möchte.
Teil 3
Der Blues bei den Blues
Der Traum Chelseas und Abramowitchs ist klar: die Champions-League! Und Drogba soll für die notwendigen Tore sorgen. Der Anfang ist trotzdem schwer: Trikotnummer 15 statt der geliebten 11, schlechtes Wetter und die ganze Fußball-Welt, die sich fragt warum zum Teufel Chelsea horrende Summen für einen mehr oder weniger unbekannten Spieler ausgibt. Ein Grund ist José Mourinho, der charismatische neue Trainer. In der Saison zuvor hat er Drogba zum ersten Mal getroffen. Es ist eine Szene, die einiges über die Faszination des Menschen und Trainer Mourinhos aussagt: Halbzeit beim Spiel Marseille gegen Porto, die Spieler warten im Gang auf die Schiedsrichter, da spricht Mourinho den gegnerischen Spieler an. Leider habe er bei Porto kein Geld um ihn zu kaufen, aber er habe große Bewunderung für seine Art des Spiels. Ob er vielleicht talentierte Familienmitglieder in der Elfenbeinküste empfehlen könnte. Man scherzt ein wenig. Das Besondere an der Situation? Für den beeindruckten Drogba, das der Portugiese mit ihm auf Französisch quatscht. Der Spieler lernt hier seinen späteren „Mentor" kennen. In England wird sich wenig später die Beziehung zu „The Special One" dann zu etwas wirklich Besonderem entwickeln.
Auch das zweite Jahr ist nicht unbedingt besser. Zwar trifft er insgesamt 16mal, gibt 12 Vorlagen und man verteidigt den Titel, doch zwei Handspiele und sein Hang zur Schwalbe bringen die englischen Medien und schlussendlich die eigenen Fans gegen ihn auf. Er wird sogar von ihnen ausgepfiffen und möchte wieder weg. Mourinho erwidert seine Anfrage mit einem einfachen: „Unmöglich!" Denn er hat in dem großgewachsen, kopfballstarken und schnellen Stürmer, einen Menschen dem er vertraut. Später wird er von Drogba in seiner typisch pathetischen Art sagen, dass er, wenn er in den Krieg ziehen müsste und nur einen Menschen mitnehmen könnte, immer Didier wählen würde. Das Vertrauen ist so groß, dass bei der Verkündung der Startaufstellung anfangs oft nur ein Trikot als gesetzt da hängt. Didier Drogbas. „Mein Team ist Didier und zehn andere Spieler!" Das was ihn ausmacht ist wohl die Tatsache, dass er durch seine Art die anderen Spieler mit solchen Sätzen nicht beleidigt.
Ein zweigeteiltes Land
In den „Krieg ziehen" – das erleben die Spieler der Elfenbeinküste fast in jedem Heimspiel. Während sie in Europa Fußball spielen und ihr Geld verdienen, tobt im Heimatland der Bürgerkrieg. 2002 geht wortwörtlich ein Riss durch das Land. Es gibt den nördlichen Teil und den südlichen Teil. Rebellen kämpfen gegen die Regierung – ein allzu häufiges Bild afrikanischer Staaten. Wenn die kickenden Stars ihre Heimspiele austragen trennt die Fans und das Feld nicht nur eine Aschenbahn. Rund um das Feld steht das Militär, bewaffnet mit Panzerfaust und - des Kriegers liebstes „Spiezeug" – der AK-47. Am 8. Oktober 2005 steht eines der wichtigsten Spiele des Landes an. Doch es findet im Sudan statt. Es geht um die erste Qualifikation zu einer Weltmeisterschaft. Doch die Goldene Generation der Elfenbeinküste hat es nicht mehr in der eigenen Hand. Gewinnt Kamerun zuhause parallel gegen Ägypten ist der Traum zerplatzt. Verbands-Vizepräsident Csidy Diallo versucht sich in Motivation und erklärt, dass wenn man sich einen Faux-Pas im Sudan erlaube und Kamerun gegen Ägypten stolpere, eine „Kugel in den Kopfschießen würde". Man gewinnt schließlich mit 3:1. Das andere Spiel läuft noch. Im 2642km weit entfernten Yaoundé läuft die 95. Minute: Elfmeter für Kamerun! Der Kapitän Drogba fordert seine Mitspieler auf zu beten. Der Schuss wird gehalten, die Elfenbeinküste ist „zu Gast bei Freunden".
Während der Feierlichkeiten versammelt der Kapitän seine Mannschaft um sich herum, greift sich ein Mikro und wendet sich via Kamera an das eigene Volk. Alle knien nieder und bitten das Volk die Waffen niederzulegen. Eric Cantona und „Arte" feiern Drogba später als einen „Rebellen am Ball". Er selbst analysiert nüchtern, dass die Situation zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich nicht wegen der Bitte, sondern vielmehr wegen der Qualifikation nicht eskaliert sei. Es dauert trotzdem noch bis März 2007 bis Präsident Laurent Gbagbo den Frieden und Wahlen verkündet. Drogba bittet daraufhin den Präsidenten seine Trophäe als Afrikas Spieler des Jahres in Bouaké, im gerade noch „verfeindeten" Norden zu präsentieren. Er wird frenetisch gefeiert. Die Wahlen 2010 werden zum Fiasko, die Unruhen brechen wieder aus und Gbagbo wird schließlich festgenommen.
Der endgültige Durchbruch
„Zuhause" in England kriegt Drogba in der dritten Saison endlich „seine" Nummer 11 und der Knoten platzt. Dem geneigten Chelsea-Beobachter scheint es so, als sei der Neuzugang Andrej Shevchenko nur geholt worden um Drogba zu befreien. Während dieser nämlich am Fließband trifft und seine Torquote verbessert, verbringt der Ukrainer mehr Zeit auf dem Golfplatz und der Verbesserung seines Handicaps als auf den Grüns der englischen Stadien. Drogba schießt 33 Tore, wird Torschützenkönig und trifft doppelt im Ligapokal-Finale und in der Verlängerung des FA-Cups gegen Manchester United. Darüberhinaus wird er zum ersten ivorischen Fußballer des Jahres in Afrika geehrt. Im Folgejahr verlässt Mourinho Chelsea. Drogba ist bei dessen Ankündigung am Boden zerstört und will den Verein verlassen um kurz darauf einen Rückzieher zu machen. Nichtsdestotrotz haben Marseille-Fans in einem Anflug von völlig naiv-blinder Liebe den „Drogbathon", einen Spendenmarathon, ins Leben gerufen mit dem man die vermuteten 28 Mio Euro Ablösesumme aufbringen möchte.
Teil 3
Aufrufe: 5233 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 5 | Erstellt:26.09.2012
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