03.07.2009 um 19:08 Uhr
02.07.1994
Escobar.
Wer sich mit Kolumbien befasst, wird unweigerlich auf diesen Namen und die dazugehörigen Assoziationen stoßen.
Pablo Escobar.
Mafiapate, Drogenkönig, Mörder, Tod. Alles bekannt.
Ein Name, der durch seinen Träger und dessen zugehörige Lebensgeschichte stellvertretend für all das steht, was in diesem Land seit Jahrzehnten schief läuft.
Andrés Escobar, der gestern vor 15 Jahren ermordete Fussballer, soll hier nicht als eine Art symbolischer Widerpart seines Namensvetters verklärt werden, als ein Heilsbringer, der in der Lage dazu gewesen wäre, diesen verschmutzten Namen und damit das Ansehen seines Landes vollständig reinzuwaschen.
Überhaupt scheint ein Vergleich der beiden auf den ersten Blick abwegig: Gut, gleicher Nachname, gleiches Land, das wars aber auch schon.
Keine Verwandtschaft, keine anderen erkennbaren Parallelen.
Pablo war der vielleicht größte und brutalste Drogenhändler aller Zeiten, Andrés war ein zwar grundsolider und angesehener, aber nicht gerade weltberühmter Fussballer.
Wo ist also der gemeinsame Nenner, die Verbindung zwischen den beiden Escobars?
Vor der WM 1994 in den USA waren die Erwartungen in Kolumbien sehr hoch. Die mühelose Qualifikation inklusive einer 5-0-Gala gegen Argentinien in Buenos Aires hatte die Fachwelt beeindruckt, Pelé zählte die Elf um Valderrama sogar zu den Favoriten.
Nach der Niederlage im ersten Spiel gegen Rumänien wurde die Anspannung noch größer. Die Spieler spürten allmählich den Druck aus der Heimat und auch den Einfluss der Drogen- und Wettmafia, Trainer Hernan Gomez bekam Morddrohungen, wenn er nicht nach dem Willen der Unterwelt aufstellte. Die Spieler waren diesem Druck nicht gewachsen, Andrés Escobar leitete mit seinem Eigentor gegen die USA die Niederlage und damit das Ausscheiden der Mannschaft ein.
Zehn Tage später wurde er in Medellin erschossen, die Umstände wurden nie vollständig geklärt. Doch da der Mörder Muñoz Castro ein Fahrer und Bodyguard eines der Drogenkartelle war und diese durch das Ausscheiden viel Geld durch verlorene Wetten verloren hatten, gilt es als sicher, dass Escobar wegen dem Eigentor sterben musste.
"Einige Leute halten Fussball für einen Kampf um Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich versichere Ihnen, dass es viel ernster ist!"
Dieses Zitat von Bill Shanky ist ja nett gemeint und soll den Wert des Fussballs und die Liebe derer, die ihn spielen oder verfolgen, ausdrücken. Wenn man aber den Tod Andrés Escobars und dessen Gründe betrachtet, erscheint einem dieser Spruch einerseits als blanker Hohn, andererseits aber auch als traurige Wirklichkeit.
Klar, ein Eigentor ist der Alptraum eines jeden Fussballers. Was gibt es schon Schlimmeres, als bei dem Versuch, einen Angriff des Gegners abzuwehren, diesen selber zu vollenden? Jeder Kreisligaspieler weiß um die Gefühle in solch einem Moment: Schock, Verzweiflung, das Gefühl, das eigene Team im Stich zu lassen. Wenn das dann auch noch einem Nationalspieler bei einem entscheidenden Spiel einer Weltmeisterschaft passiert, umso schlimmer.
Doch ein Eigentor als Mordmotiv? Ein unabsichtliches, sportliches Missgeschick als Todesgrund?
Man könnte dazu sagen: Das ist doch krank, Fussball ist doch nur ein Spiel! Was redet dieser Bill Shanky davon, dass es sogar um mehr als Leben und Tod geht, das soll der mal den Hinterbliebenen sagen!
Das mag stimmen. Fussball ist nur ein Spiel. Eigentlich. Doch all die Einflüsse, Umstände und gesellschaftlichen Auswirkungen, die der Fussball mit sich bringt, nehmen ihm manchmal diese vermeintliche Unschuld. Dabei kommen verheerende Begleiterscheinungen zustande, dem so schönen und beliebten Spiel wird eine hässliche Fratze aufgedrückt : Korruption, Manipulation, Gewalt in verschiedenen Formen. Und in diesem Fall sogar Mord.
Am 02.Juli 1994 trafen somit die Schicksale der beiden, so verschiedenen Escobars zusammen. Die von dem Einen über Jahrzehnte geprägte, kriminelle Unterwelt nahm dem Anderen das Leben. Der Fluch seines Nachnamens hatte Andrés, den Fussballer eingeholt. Diesen Zusammenhang machte der Mörder auf groteske und erschütternde Weise noch einmal deutlich: bei jedem Schuss schrie er "Goool".
Der Drogenhandel und die Kriminalität in Kolumbien sind bis heute ungebrochen.
Der Mörder ist inzwischen wieder auf freiem Fuß.
Andrés Escobar ist seit 15 Jahren tot.
Ruhe in Frieden, Andrés Escobar.
Wer sich mit Kolumbien befasst, wird unweigerlich auf diesen Namen und die dazugehörigen Assoziationen stoßen.
Pablo Escobar.
Mafiapate, Drogenkönig, Mörder, Tod. Alles bekannt.
Ein Name, der durch seinen Träger und dessen zugehörige Lebensgeschichte stellvertretend für all das steht, was in diesem Land seit Jahrzehnten schief läuft.
Andrés Escobar, der gestern vor 15 Jahren ermordete Fussballer, soll hier nicht als eine Art symbolischer Widerpart seines Namensvetters verklärt werden, als ein Heilsbringer, der in der Lage dazu gewesen wäre, diesen verschmutzten Namen und damit das Ansehen seines Landes vollständig reinzuwaschen.
Überhaupt scheint ein Vergleich der beiden auf den ersten Blick abwegig: Gut, gleicher Nachname, gleiches Land, das wars aber auch schon.
Keine Verwandtschaft, keine anderen erkennbaren Parallelen.
Pablo war der vielleicht größte und brutalste Drogenhändler aller Zeiten, Andrés war ein zwar grundsolider und angesehener, aber nicht gerade weltberühmter Fussballer.
Wo ist also der gemeinsame Nenner, die Verbindung zwischen den beiden Escobars?
Vor der WM 1994 in den USA waren die Erwartungen in Kolumbien sehr hoch. Die mühelose Qualifikation inklusive einer 5-0-Gala gegen Argentinien in Buenos Aires hatte die Fachwelt beeindruckt, Pelé zählte die Elf um Valderrama sogar zu den Favoriten.
Nach der Niederlage im ersten Spiel gegen Rumänien wurde die Anspannung noch größer. Die Spieler spürten allmählich den Druck aus der Heimat und auch den Einfluss der Drogen- und Wettmafia, Trainer Hernan Gomez bekam Morddrohungen, wenn er nicht nach dem Willen der Unterwelt aufstellte. Die Spieler waren diesem Druck nicht gewachsen, Andrés Escobar leitete mit seinem Eigentor gegen die USA die Niederlage und damit das Ausscheiden der Mannschaft ein.
Zehn Tage später wurde er in Medellin erschossen, die Umstände wurden nie vollständig geklärt. Doch da der Mörder Muñoz Castro ein Fahrer und Bodyguard eines der Drogenkartelle war und diese durch das Ausscheiden viel Geld durch verlorene Wetten verloren hatten, gilt es als sicher, dass Escobar wegen dem Eigentor sterben musste.
"Einige Leute halten Fussball für einen Kampf um Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich versichere Ihnen, dass es viel ernster ist!"
Dieses Zitat von Bill Shanky ist ja nett gemeint und soll den Wert des Fussballs und die Liebe derer, die ihn spielen oder verfolgen, ausdrücken. Wenn man aber den Tod Andrés Escobars und dessen Gründe betrachtet, erscheint einem dieser Spruch einerseits als blanker Hohn, andererseits aber auch als traurige Wirklichkeit.
Klar, ein Eigentor ist der Alptraum eines jeden Fussballers. Was gibt es schon Schlimmeres, als bei dem Versuch, einen Angriff des Gegners abzuwehren, diesen selber zu vollenden? Jeder Kreisligaspieler weiß um die Gefühle in solch einem Moment: Schock, Verzweiflung, das Gefühl, das eigene Team im Stich zu lassen. Wenn das dann auch noch einem Nationalspieler bei einem entscheidenden Spiel einer Weltmeisterschaft passiert, umso schlimmer.
Doch ein Eigentor als Mordmotiv? Ein unabsichtliches, sportliches Missgeschick als Todesgrund?
Man könnte dazu sagen: Das ist doch krank, Fussball ist doch nur ein Spiel! Was redet dieser Bill Shanky davon, dass es sogar um mehr als Leben und Tod geht, das soll der mal den Hinterbliebenen sagen!
Das mag stimmen. Fussball ist nur ein Spiel. Eigentlich. Doch all die Einflüsse, Umstände und gesellschaftlichen Auswirkungen, die der Fussball mit sich bringt, nehmen ihm manchmal diese vermeintliche Unschuld. Dabei kommen verheerende Begleiterscheinungen zustande, dem so schönen und beliebten Spiel wird eine hässliche Fratze aufgedrückt : Korruption, Manipulation, Gewalt in verschiedenen Formen. Und in diesem Fall sogar Mord.
Am 02.Juli 1994 trafen somit die Schicksale der beiden, so verschiedenen Escobars zusammen. Die von dem Einen über Jahrzehnte geprägte, kriminelle Unterwelt nahm dem Anderen das Leben. Der Fluch seines Nachnamens hatte Andrés, den Fussballer eingeholt. Diesen Zusammenhang machte der Mörder auf groteske und erschütternde Weise noch einmal deutlich: bei jedem Schuss schrie er "Goool".
Der Drogenhandel und die Kriminalität in Kolumbien sind bis heute ungebrochen.
Der Mörder ist inzwischen wieder auf freiem Fuß.
Andrés Escobar ist seit 15 Jahren tot.
Ruhe in Frieden, Andrés Escobar.
Aufrufe: 5691 | Kommentare: 23 | Bewertungen: 47 | Erstellt:03.07.2009
ø 9.9
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
03.07.2009 | 19:39 Uhr
0
Grandios!!!
Man darf gar nicht daran denken, was der Sport teilweise für Auswirkungen auf die Gesellschaft hat: das geht von Verleumdung über Betrug bis zum Mord - unbeschreiblich!
1
03.07.2009 | 19:39 Uhr
0
BartP :
Ich war damals 9 und war damals schon entsetzt!Neben dem schrecklichen Tod von Antonio Puerta war das wohl das schlimmste was ich im Sport mitbekommen habe.
10 Punkte!
1
03.07.2009 | 21:09 Uhr
0
um so besser, daß Du daran erinnerst
0
03.07.2009 | 21:53 Uhr
0
m4r10 :
echt ne schlimme sache.escobar und kolumbien. das stimmt wirklich. in meiner schule gibts n escobar und woher? aus kolumbien!
0
03.07.2009 | 22:30 Uhr
0
Mara :
Ein ganz starker Blog!Beim Lesen hatte ich die ganze Zeit Gänsehaut.Echt traurig,wie weit machne Leute gehen.
Ohne Zweifel 10 Punkte.
Rest In Peace Andrés Escobar
1
03.07.2009 | 23:05 Uhr
0
Also ich muss zugeben , dass ich damals noch an die Unschuld des Fussballs glaubte als ich diese Szene sah und über ihn ein bisschen lachen musste aber jahre später überrascht von dieser tat überrumpelt wurde..
Südamerika ist leider ein Nest für solch ein korruptes Dreckspack....
Kaum zu glauben für was er sterben musste...
R.I.P. Andrés Escobar
0
03.07.2009 | 23:50 Uhr
0
LU_Town :
Sensationeller Blog!!!!
Ich kann mich noch an die WM 94 erinnern, ich war damals 10Jahre alt und die Schweiz war dabei und da waren wir ja auch in der Gruppe mit Kolumbien, daher kann ich mich gut an das Eigentor erinnern.
Die WM inklusive dem positiven Drogentest von Maradona
Und dann hörte ich vom Tod und dem Hintergrund...war schon damals schockiert!!! Und bin es noch heute!!
Die Top Fussballteams in Kolumbine kommen doch passenderweise aus Medellin oder Cali? Oder irre ich mich?
0
04.07.2009 | 00:23 Uhr
0
TigerWutz : ...
nur 10 jahre für solch ein verbrechen...-----------------------------------------------------------
Die Polizei nahm wenig später Humberto Munoz Castro fest und verurteilte den nicht geständigen Schützen zu 43 Jahren Gefängnis.
Die Strafe wurde später auf 26 Jahre reduziert, doch bereits 2005 und nach insgesamt elf Jahren im Gefängnis wurde der als Mörder verurteilte Mann trotz vieler Proteste wegen guter Führung entlassen.
0
04.07.2009 | 02:17 Uhr
0
donluka :
Unglaublich guter Blog! Kann gar nicht fassen, so etwas hier in der Community zu lesen! Das ist wirklich thematisch und sprachlich zu 100% Weltklasse!Ich war damals sehr geschockt von der Brutalität, die diese Tragödie begleitet und den Fußball in ein ganz anderes Licht gestellt hat. Um so mehr ziehe ich tief den Hut davor, dass Du Dich an dieses Thema herangewagt und uns alle an die Unwichtigkeit des Fußballgeschehens erinnert hast. Wen interessiert in diesem Zusammenhang, wer zu welchem Verein wechselt, wenn man sich diese Ausmaße der Bedeutung eines Zehntelsekundenfehlers vor Augen hält? Wer mag noch über Ablösesummen und verpasste CL-Qualifikationen diskutieren?
Großartig, wirklich! Dieser Blog wird sofort zu meinen Favoriten hinzugefügt. Erlaube mir bei aller Begeisterung dennoch eine klitzekleine Kritik: Den mit "Zur Hölle" beginnenden Absatz am Schluss hätte ich weggelassen, weil ich denke, dass der Blog ohne diese klar (und zu diesem Zeitpunkt nach Lesen des Beitrags eigentlich unnötig) formulierte Position Deinerseits noch mehr Wucht und Potenzial, zum Nachdenken anzuregen, hätte.
0
COMMUNITY LOGIN
Statistik
Das ist in der Tat ein sehr trauriges Thema. Die Gründe hast du ja schon erläutert. Das ist halt vorallem in Kolumbien sehr ausgeprägt. Die Kriminalität kann sich nahezu ungestört einnisten und ausbreiten, und macht dann natürlich auch vor dem Fussball keinen Halt.
Es ist teilweise ein sehr ernstes Thema in Südamerika. Einerseits ist es eine Kultur, die pure Leidenschaft für dieses Spiel, nicht zu vergleichen mit dem Europäern. Aber es herrscht dort auch viel Korruption, und das sind zwei Faktoren, die sowas auslösen.
Es ist natürlich traurig, sowas sehen zu müssen. Und ich finde es gut, dass so ein Thema mal hier beschrieben wird. Am Ende kann man zwar nichts dagegen machen, aber es ist wichtig, sowas zu wissen.
10 P
R.I.P. Andrés Escobar