01.04.2008 um 16:40 Uhr
Breadless Art
Fußball ist ein einfaches Spiel. Das ist seine Stärke, behaupten Viele. Weil es leicht zu verstehen ist. Und trotzdem nehmen Menschen in verschiedenen Ländern das einfache Spiel Fußball unterschiedlich wahr. Vergleichen wir doch nur einmal Deutschland und England.
Auf der Insel feiern sie technisch begabte Spieler zum Beispiel als "Twinkle Toes" (auf Deutsch bedeutet das in etwa "Glitzerzehe"). Akteure werden für ihre "silky skills" (nennen wir das doch mal "seidenweiche Ballbehandlung") gerühmt und die Passstafetten des FC Arsenal sind "easy on the eye" (versteht man, glaube ich). Ohne dass gleich einer um die Ecke kommt und mangelnde Effektivität bemängelt. Die Engländer lieben nämlich den Fußball, auch wenn er so gar nicht britisch (= Tempo, Einsatz und Härte) anmutet.
Und bei uns? Da können wir praktisch jedes Wochenende von irgendeinem Kommentator Folgendes hören: "Hacke-Spitze-eins-zwei-drei – so holt man keinen Rückstand auf" und "Was die hier machen, das ist doch nur brotlose Kunst." Oder so ähnlich. Und "Schönspielerei", die bringt bekanntlich gar nichts. Das weiß doch jedes (deutsche) Kind. Wir mögen Fußball offenbar nur, wenn er möglichst Deutsch daherkommt. Mit anderen Worten: wenn er nicht zu sehr nach einem Spiel aussieht.
Derartiges Genörgel an zu vielen technischen Feinheiten ist in England völlig unbekannt. So etwas wie "brotlose Kunst" kann man im Englischen noch nicht mal sagen. Und eine abfällige Wortschöpfung wie "Hacke-Spitze-eins-zwei-drei" ist den Engländern ebenso fremd. Zu diesem Thema hat ein gewisser Cristiano Ronaldo am Wochenende gegen Aston Villa übrigens ein beeindruckendes Statement abgegeben. Der hat nämlich mit Spitze und Hacke gerade mal eben eins-zwei-drei Tore vorbereitet und dazu noch eins selber geschossen. Genau: mit der Hacke. Und welche Botschaft schickte uns Herr Ronaldo mit seinem Glanztag? Nun, manchmal ist es einfach die beste Lösung den Ball mit der Hacke zu spielen.
Aber dieser Cristiano Ronaldo ist dem rechtschaffenen deutschen Fußballfan ja ohnehin ein Gräuel. Gegelte Haare, braungebrannt und dann auch noch diese ständigen Übersteiger, igitt! Klar, der gute Cristiano ist manchmal nicht ganz so standfest in Strafraumnähe. Sehe ich auch so und gefällt mir auch nicht. Manch einer verabscheut Ronaldo aber so sehr, dass er offenbar nicht einmal mehr richtig hinschaut, wenn er spielt. Da habe ich doch neulich einen Kopfball von Ronaldo gesehen und der Kommentatorenkollege sagte: "Ja, das mag er nicht so, das Kopfballspiel, der Ronaldo mit seinen gegelten Haaren." Hauptsache, man denkt weiter in Klischees. Dummerweise ist dieser Ronaldo aber der Spieler bei Manchester United, der mit Abstand die meisten Kopfballtore gemacht hat. Trotz Gel.
Kommen wir aber noch mal auf Ronaldo und die Schwalben zu sprechen. Bei aller Liebe für sein fußballerisches Talent, aber das geht in England gar nicht, und wird dort sogar von den eigenen Mitspielern nicht akzeptiert. Genau, Spieler mit Fallsucht werden von den eigenen Kollegen darauf hingewiesen, dass man zwar gewinnen will, aber nicht so. Und deshalb verabscheuen die Engländer die Schauspielerei, die sie sich im Europapokal von Spaniern, Portugiesen, Italienern und – aufgepasst - Deutschen ansehen müssen. Richtig, für die Engländer gehören wir nämlich auch zur Simulantenriege. Wir dürfen uns aber auch nicht wundern. Schließlich haben wir ihnen Jürgen Klinsmann geschickt.
Dass wir die Fußballwelt in dieser Beziehung ganz anders wahrnehmen und natürlich nur die Südeuropäer für Simulanten halten, steht auf einem anderen Blatt. Aber wer regelmäßig Premier League-Spiele anschaut, der muss einsehen: Im Vergleich dazu SIND wir Schwalbenkönige (Kleine Statistik am Rande zum Thema Wehleidigkeit von Fußballern aus England bzw. dem Rest der Welt: vor zwei Jahren wurde Wayne Rooney im Verlauf der Saison drei Mal auf dem Feld wegen einer Verletzung behandelt. Bei Didier Drogba waren es 25 Behandlungen).
Das wären doch glatt zwei Dinge, die wir den Engländern ruhig mal abschauen könnten. Nicht bei jeder Berührung fallen und Freistoß fordern. Und auch mal Spaß daran haben, dass Fußball ein Spiel ist.
Bis bald,
Andreas
Auf der Insel feiern sie technisch begabte Spieler zum Beispiel als "Twinkle Toes" (auf Deutsch bedeutet das in etwa "Glitzerzehe"). Akteure werden für ihre "silky skills" (nennen wir das doch mal "seidenweiche Ballbehandlung") gerühmt und die Passstafetten des FC Arsenal sind "easy on the eye" (versteht man, glaube ich). Ohne dass gleich einer um die Ecke kommt und mangelnde Effektivität bemängelt. Die Engländer lieben nämlich den Fußball, auch wenn er so gar nicht britisch (= Tempo, Einsatz und Härte) anmutet.
Und bei uns? Da können wir praktisch jedes Wochenende von irgendeinem Kommentator Folgendes hören: "Hacke-Spitze-eins-zwei-drei – so holt man keinen Rückstand auf" und "Was die hier machen, das ist doch nur brotlose Kunst." Oder so ähnlich. Und "Schönspielerei", die bringt bekanntlich gar nichts. Das weiß doch jedes (deutsche) Kind. Wir mögen Fußball offenbar nur, wenn er möglichst Deutsch daherkommt. Mit anderen Worten: wenn er nicht zu sehr nach einem Spiel aussieht.
Derartiges Genörgel an zu vielen technischen Feinheiten ist in England völlig unbekannt. So etwas wie "brotlose Kunst" kann man im Englischen noch nicht mal sagen. Und eine abfällige Wortschöpfung wie "Hacke-Spitze-eins-zwei-drei" ist den Engländern ebenso fremd. Zu diesem Thema hat ein gewisser Cristiano Ronaldo am Wochenende gegen Aston Villa übrigens ein beeindruckendes Statement abgegeben. Der hat nämlich mit Spitze und Hacke gerade mal eben eins-zwei-drei Tore vorbereitet und dazu noch eins selber geschossen. Genau: mit der Hacke. Und welche Botschaft schickte uns Herr Ronaldo mit seinem Glanztag? Nun, manchmal ist es einfach die beste Lösung den Ball mit der Hacke zu spielen.
Aber dieser Cristiano Ronaldo ist dem rechtschaffenen deutschen Fußballfan ja ohnehin ein Gräuel. Gegelte Haare, braungebrannt und dann auch noch diese ständigen Übersteiger, igitt! Klar, der gute Cristiano ist manchmal nicht ganz so standfest in Strafraumnähe. Sehe ich auch so und gefällt mir auch nicht. Manch einer verabscheut Ronaldo aber so sehr, dass er offenbar nicht einmal mehr richtig hinschaut, wenn er spielt. Da habe ich doch neulich einen Kopfball von Ronaldo gesehen und der Kommentatorenkollege sagte: "Ja, das mag er nicht so, das Kopfballspiel, der Ronaldo mit seinen gegelten Haaren." Hauptsache, man denkt weiter in Klischees. Dummerweise ist dieser Ronaldo aber der Spieler bei Manchester United, der mit Abstand die meisten Kopfballtore gemacht hat. Trotz Gel.
Kommen wir aber noch mal auf Ronaldo und die Schwalben zu sprechen. Bei aller Liebe für sein fußballerisches Talent, aber das geht in England gar nicht, und wird dort sogar von den eigenen Mitspielern nicht akzeptiert. Genau, Spieler mit Fallsucht werden von den eigenen Kollegen darauf hingewiesen, dass man zwar gewinnen will, aber nicht so. Und deshalb verabscheuen die Engländer die Schauspielerei, die sie sich im Europapokal von Spaniern, Portugiesen, Italienern und – aufgepasst - Deutschen ansehen müssen. Richtig, für die Engländer gehören wir nämlich auch zur Simulantenriege. Wir dürfen uns aber auch nicht wundern. Schließlich haben wir ihnen Jürgen Klinsmann geschickt.
Dass wir die Fußballwelt in dieser Beziehung ganz anders wahrnehmen und natürlich nur die Südeuropäer für Simulanten halten, steht auf einem anderen Blatt. Aber wer regelmäßig Premier League-Spiele anschaut, der muss einsehen: Im Vergleich dazu SIND wir Schwalbenkönige (Kleine Statistik am Rande zum Thema Wehleidigkeit von Fußballern aus England bzw. dem Rest der Welt: vor zwei Jahren wurde Wayne Rooney im Verlauf der Saison drei Mal auf dem Feld wegen einer Verletzung behandelt. Bei Didier Drogba waren es 25 Behandlungen).
Das wären doch glatt zwei Dinge, die wir den Engländern ruhig mal abschauen könnten. Nicht bei jeder Berührung fallen und Freistoß fordern. Und auch mal Spaß daran haben, dass Fußball ein Spiel ist.
Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 11735 | Kommentare: 86 | Bewertungen: 18 | Erstellt:01.04.2008
ø 9.1
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
01.04.2008 | 19:43 Uhr
0
nemanja : Klasse
Einfach herrlich! Und eigentlich viel zu kurz der Blog
0
01.04.2008 | 21:59 Uhr
0
miguel85 :
Ab dem 6. Absatz find ich deinen artikel gut wenn du von der wahrnemung von fallsüchtigen spielern sprichst.Du hast einige gute blogs aber den hier find ich einfach nur unsachlich.
Du beschwerst dich hier indirekt über schubladen denken, machst die Schublade jedoch weit auf.
Denn was du sagst das wir "deutsche" uns nicht über gute technicker freuen machst du an paar komentaren aus die manchmal sogar richtig sind.
Bemägelt wird in deinem blog das wir tricks und technisches spielen negativ kommentieren aber es wird kein wort darüber verloren wie oft wir technische spieler hochloben wie einen ribery, diego, van der vart usw. und uns immer wieder daran erfreuen wenn sie was ausergewöhnliches zeigen oder versuchen.
Wenn ein spieler technisch versiert und gut spielt werden ihn auch fehler verziehen und damit gesagt das auch er sich das mal erlauben darf (siehe ribery oder diego).
Das problem ist einfach das in der Buli nicht die masse an hervoragenden technickern spielt wie in der PL.
Und das man jemanden der von 15 versuchen 13 mal gescheitert ist und der manschaft jede chance verbaut nachsagt das man mit hacke spitze eins zwei drei nicht weiterkommt ist in manchen situationen richtig, gegner stellen sich auf spieler ein und dann muss man anders spielen wenns nicht klappt.
Ich versteh um ehrlich zu sein auch nicht wie du darauf kommst das wir uns vor braungebrannten leuten mit gegelten haaren fürchten.
Schön geschrieben alles aber meiner meinung nach alles viel zu einseitig gesehen der Blog.
0
01.04.2008 | 22:44 Uhr
0
20Legend : Klasse Blog!
Passt ziemlich genau.Und miguel,schaue dir nur die Kommentare an,die hier bei spox geschrieben werden.Wie oft liest man da vom arroganten Typ mit gegelten Haaren.
0
01.04.2008 | 23:03 Uhr
0
HSV96 :
Ich stimme Miguel zu.Der Blog ist gut geschrieben, aber doch ein bisschen einseitig finde ich und nicht wirklich den Tatsachen entsprechend wie ich finde, was die Sache mit der " Hacke - Spitze 1, 2, 3, " angeht.
Ich denke sehr wohl das dieses Art zu spielen in Deutschland durchaus Anerkennung findet. Es kommt halt auf den Kontext an wie Miguel es ja bereits schilderte.
Wenn man bei einem Rückstand ein Ball unnötig vertändelt anstatt einmal schnörkellos zu spielen und das dann auch häufiger passiert, dann finde ich es durchaus berechtigt so ein Verhalten zu kritisieren.
Was das Schwalben angeht stimmte ich allerdings zu und da finde ich die britische Einstellung doch besser, aber daran wird sich in der Buli wahrscheinlich nicht so schnell was ändern.
0
02.04.2008 | 09:00 Uhr
0
vida : Sauber Sache
Vieleicht wirklich n bissel einseitig, aber dennoch richtig. Um mal konkret zu werden, da wird jemand sanft "gestreichelt" schon gibts nen wilden Aufschrei, 2 min Verletzungsunterbrechung usw...Das ist nicht schön und hat wenig mit Fussball zu tun. Schaut mal nen Spieltag in der Bundesliga und zählt wie oft da jemanden nach nem Duell der Kopf wehtut ("Äh der spielt mit Ellenbogen")
Und dann zählt mal an nem Spieltag in der Premiere League. Manchmal erinnert mich der deutsche Fussball, sorry, an Weichei-Fussball.
Also viel viel Wahrheit in diesem Blog...gut geschrieben.
0
02.04.2008 | 09:25 Uhr
0
miguel85 : 20Legend
Wenn ich auf jeden unsinnigen kommentar den einige hier von sich lassen einen pfifferling geben würde wäre ich schon arm, von daher wird bestimmt das letzte sein auf die paar seelen zu hören die hier einen hass auf ronaldo wegen gegelten haaren haben.Bisher habe ich das einmal genauso gelesen ich weis nicht mehr wo aber ich glaub es ging um den vergleich ronaldy vs. ribery und es konnte sich jemand eher mit dem "arbeiter" ribery identifizieren als mit dem "latino" C.Ronaldo. (nicht meine ansicht)
Sei es drumm, von 20 Kommentaren in der hinsicht schliese ich nicht auf einen allgemeinen hass gegen C. Ronaldo der "rechtschaffenden deutschen" und kehre dabei diejenigen unter den Teppich die ihn klasse finden und auch als den weltfussballer ansehen (mich eingeschlossen aber auch viele andere hier bei spox)
0
COMMUNITY LOGIN
Statistik