Edition: Suche...
22.07.2009 um 12:39 Uhr
Damals
Das ist ja heutzutage schon sehr komfortabel. So als Premiere-Abonnent mein ich. Wobei, das heißt ja jetzt "Sky". Werd ich mich nicht dran gewöhnen, will auch nicht. Für mich bleibt das Premiere. Ich ess auch keine Pasta, sondern Nudeln. Da bin ich konservativ, da bin ich stur. Und altmodisch wie ich nun mal bin, denk ich manchmal an die guten alten Zeiten zurück. Damals, als alles noch besser war. War es natürlich nicht. Aber in rückblickender Verklärung erscheint einem die Vergangenheit doch irgendwie sehr viel schöner als das Hier und Jetzt. Nostalgie schlägt Fortschritt. So oder so ähnlich.

Jetzt bin ich aber irgendwie vom Thema abgekommen. Was ich eigentlich sagen wollte, war: So schön das auch ist mit Bundesliga-Konferenz, jedem Spiel live und den Zusammenfassungen unmittelbar nach Spielende, so sehr sehne ich mich doch manchmal nach den frühen Tagen meiner Fußballleidenschaft zurück. Wie bei jedem eingefleischten Fan, bleiben auch bei mir die genauen Ursprünge meiner Fußballbegeisterung nebulös. Wissenschaftlich geklärt ist lediglich, dass mein Interesse irgendwann im Herbst 1986 begonnen haben muss. Denn als Michael Kutzop im Frühling '86 den wohl legendärsten Elfmeter der Bundesligageschichte an den seinerzeit noch eckigen Bremer Pfosten setzte, war mir das damals herzlich wurscht. Zu Weihnachten jedoch zog ich dann die Wiederholung des WM-Endspiels einem Kinobesuch vor. Woraus zwingend logisch folgt, dass mich irgendwann in der Zwischenzeit der Fußball-Virus befallen haben musste. Nur die genauen Umstände der Infektion sind bislang nicht geklärt.

Egal – sollen sich die Historiker drum kümmern. Ich weiß jedenfalls, wie ich damals nach jeder Fußballberichterstattung im Fernsehen lechzte. Das sah nämlich da viel mauer aus als heute, da man sich jedes Testspiel und jeden Bratwurst-Cup in voller Länge anschauen kann. Früher war das anders: Live-Übertragungen von Europapokalspielen waren da noch echte Highlights, wenngleich die technische Umsetzung aus heutiger Sicht in die Kategorie 'Mondlandung' fällt. Genau das machte aber irgendwie auch den Charme aus. Hach, war das schön, wenn sich Günter-Peter Ploog über eine wackelige Telefonleitung aus den Hexenkesseln der europäischen Prärie meldete und mit vermeintlich krächzender Stimme die Dramatik des Augenblicks zu übermitteln versuchte…

Und auch mit der Bundesliga-Übertragung war's damals nicht weit her. Live ging da rein gar nix. Alle Welt fieberte der Sportschau entgegen und hielt sich bis dahin mit der klassischen Konferenzschaltung am Radio auf dem Laufenden. Ich nicht, also zumindest anfänglich nicht. Irgendwie misstraute ich damals den Radioreportagen. Warum weiß ich nicht mehr. Wahrscheinlich hing es mit der Illusion zusammen, ein Spiel, wenn man es selbst im Fernsehen schaut, doch irgendwie beeinflussen zu können. Was aus meiner Sicht natürlich auch im Falle von Spielzusammenfassungen möglich war. Nun ja: Kinder eben. Doch unter uns: Manchmal denke ich noch heute so und glaube, ein Spiel irgendwie kontrollieren zu können, wenn ich es denn nur an der Mattscheibe verfolge. Tja, Fußball ist eben in höchstem Maße irrational.

Radioreportagen waren also zunächst mal nichts für mich. Ich wartete sehnsüchtig auf die Sportschau, um da den Ausgang der Samstagspartien zu erfahren. Was mich allsamstäglich vor eine besondere Herausforderung stellte. Von 15.30 Uhr bis 18.00 Uhr musste ich mir quasi virtuelle Scheuklappen anlegen, um ja nicht die Zwischenstände und Endergebnisse der Spiele mitzubekommen. Schließlich sollte es meiner Sportschau vorbehalten bleiben, mir die ultimative Gewissheit zu verschaffen. So einfach war diese Ignoranz-Taktik allerdings nicht. Irgendwo lauerte immer irgendwer, der die Konferenz am Radio verfolgt hatte und meinte, seine Mitmenschen mit den Bundesligaergebnissen erfreuen zu müssen. Da hieß es für mich im Zweifel, Ohren zu halten, oder zumindest ein Liedchen trällern: Bloß nichts mitbekommen!

Um 18 Uhr begann dann endlich die Sportschau. Zu Beginn wurden erst einmal die Ergebnisse der Partien verraten, die nicht in Ton und Bild gezeigt werden sollten. Ja, so war das damals. Meistens gab es gerade mal drei, vier Spielzusammenfassungen. Für den Rest musste man bis zum Sportstudio warten. Doch wenn ich ehrlich bin, war es für mich stets ein besonderes Highlight, wenn das Ergebnis meiner Bayern zu Beginn bekanntgegeben wurde. Das hatte etwas Rituelles. Die Resultate wurden nämlich keinesfalls lieblos hingeknallt, sondern wurden fast schon behutsam nacheinander bekanntgegeben: Die Liste der Spieltagspartien erschien, ohne Ergebnis, in einer bildschirmausfüllenden Grafik. Dann wurden nacheinander die Ergebnisse eingeblendet, wobei zunächst die Toranzahl der Heimmannschaft angezeigt wurde und erst zwei Sekunden später die des Gastes. Und genau diese zwei Sekunden der Ungewissheit waren für mich damals die schönsten, weil spannendsten. Würden die Tore meiner Bayern zum Sieg ausgereicht haben? Oder (bei Auswärtsspielen): Haben meine Bayern eins mehr gemacht als der Gegner? Ich glaube, mein kindliches Herz schlug in diesen zwei Sekunden mindestens genauso oft wie in den verbleibenden 58 derselben Minute. Anspannung pur.

Meistens aber wurden die Zusammenfassungen der Bayern-Spiele in der Sportschau gezeigt. Und ich, der ja – siehe Prinzip Scheuklappe – nichts vom Spielausgang wusste, zitterte dabei mit, als würde das Spiel gerade in dem Moment stattfinden. In diesen samstäglichen zehn Minuten machte ich dann auch meine ersten Erfahrungen mit angewandter Psychologie. Ich versuchte aus den Kommentaren, Betonungen und Andeutungen des Kommentators Rückschlüsse auf den Spielausgang zu ziehen. Im Laufe der Zeit bekam ich eine gewisse Routine und erkannte den Unterschied zwischen künstlichem Spannungsaufbauschen und gelebter Dramatik. Trotz aller Routine legte sich die Nervosität, die sich in einem unaufhörlichen Zerknüddeln der Fußbekleidung äußerte, stets erst mit dem Ende des Berichts und der abschließenden Erkenntnis, dass meine Bayern gewonnen hatten. Oder eben auch nicht.

So oder so blieb noch immer die Vorfreude auf das Sportstudio als krönendem Abschluss des Bundesligasamstags. Die Begeisterung hing aber stark von der Moderation der Sendung ab. Dieter Kürten und Bernd Heller waren okay, Doris Papperitz schon weniger. So richtig schlimm war es jedoch erst an den, wie ich sie nannte, schwarzen Samstagen, wenn der temperamentsgelasthenische Karl Senne dran war. Da konnte Bayern noch so hoch gewonnen haben, der Samstag war nicht mehr zu retten.

Heute nun sind es Steinbrecher, Poschmann und KMH. Doch Sportstudio schaue ich immer seltener. Und Sportschau ebenfalls. Mit der Scheuklappen-Taktik ist es auch vorbei. Ich kriege dank Fernsehen und Internet alles in Windeseile mit. Hochtechnologisiert und brandschnell, aber so gänzlich unromantisch. Und dann denke ich mit nostalgischen Gefühlen an damals, als alles noch so schön war.
Aufrufe: 2491 | Kommentare: 17 | Bewertungen: 15 | Erstellt:22.07.2009
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KOMMENTARE
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ManUtdHardy
22.07.2009 | 22:14 Uhr
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22.07.2009 | 22:14 Uhr
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RIESENTEIL, dieser Blog!!!

Jaja, damals...ich erinnere mich noch an den Kutzop-Elfer - und an das Reinders-Einwurftor, an das Hammer-Foul von Augenthaler an Völler, an Matthäus' (Nicht)Pokalfinal-Elfer mit Gladbach gegen Bayern,...

Ja, und an die Europacup-Wunder von Werder Bremen, das UEFA-Cup-Finale von Bayer Leverkusen gegen Espanyol...und das Spiel, welches ich mein Lebtag nie vergessen werde - das Wahnsinns-Europacup-Rückspiel von Bayer Uerdingen gegen Dynamo Dresden, wo man nach Hinspiel (0:3) und erster HZ im Rückspiel (1:3) insgesamt mit 1:6 hinten lag, und am Ende 7:3 gewann und weiterkam (ich glaube so ähnlich war das...)!

Und geh mir weg mit Anpfiff - grausam war's!!!
Auch Ran wollte revolutionieren - naja...

Ich sehe Sportschau mittlerweile seit Jahren nicht mehr - dafür habe ich Sky-Premiere.

Und vielleicht liegt es auch an den (viel durch Werbung damals) zerfledderten Fußballformaten (RTL, Sat 1), daß ich seit bald 12 Jahren (davon 6 als Mitglied) ein großer Anhänger und Fan von Manchester United bin - wer weiß!

Natürlich war es früher nicht unbedingt besser, aber es war irgendwie anders - und das, was früher war, das prägt uns natürlich für den Rest!

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Josh9
22.07.2009 | 22:24 Uhr
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Josh9 : 
22.07.2009 | 22:24 Uhr
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Josh9 : 
Anpfiff war purer Dünpfiff

Uli Potofski, alter welch eine verstaubte Kaltwelle im Zonenformat.
schöner BLOG

hab ich schon glatt vergessen. man die User von Spox, die holen bei mir aber auch alles übelste aus den Abgründen des Vergangenen, worüber ich schon längst eine Betonwand gezogen habe :))

ne, stimmt schon. war schon alles weniger und deshalb mehr Freude, dass man überhaupt mal bewegte Bilder sehen konnte.
Trotzdem bin ich nicht so der Nostalgiker.
Diese ständigen Bildausfälle etc. verwackelte Kamera weil der Mann sich mal wieder übermässig am Flachmann bedient usw.

Ne ich weiss nich ob ich das noch brauch.
Ich geh ins Stadion und das ist noch genau das Gleiche Erlebnis wie Anno 1986.
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xxlhonk
22.07.2009 | 22:33 Uhr
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xxlhonk : 
22.07.2009 | 22:33 Uhr
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xxlhonk : 
@ Josh

Stadion ist noch wie früher?
Aber nur in Berlin.
Leere Betonschüssel.
Schlechte Stimmung und
mieser Fußball

Die anderen haben alle moderne Arenen mit Vollüberdachung.
Und auch mit miesem Fußball.

Damals war die Berichterstattung noch ehrlicher.
Da wurde ein mieses Spiel auch als genau so eines beurteilt und gezeigt.
Und nicht dieses (den Privaten sei dank..) Eventfernsehen, wo selbst ein sinnloses und hin gestolpertes 0-0 zwischen Bochum und Gladbach noch als Wahnsinnsspiel präsentiert und verkauft wird...
Damals...
Als Herha noch mit dem Funkturm auflief und noch nicht in Liga 2 verschwunden war.
Als Bochum noch als unabsteigbar galt und Leverkusen noch irgendwo in NRW rumturnte.
Damals...
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ThreeLions
22.07.2009 | 22:35 Uhr
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ThreeLions : 
22.07.2009 | 22:35 Uhr
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ThreeLions : 
Das problem ist dass sky ist scheisse wegen blöde packete mit sachen drin wo keiner braucht und deswegen teurer
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EdHardy22
22.07.2009 | 23:43 Uhr
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EdHardy22 : 
22.07.2009 | 23:43 Uhr
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EdHardy22 : 
@honk
Ran wurde das erste mal in den Kommetaren erwähnt. Aber ich fand beispielsweise die RanKuh immer riesig Wie die immer den Ball zwischen ihren 4 Beinen hin und her gespielt hat, wer sich sowas ausdenkt, was ein Idiot - aber ein cooler
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FabianPramel
23.07.2009 | 11:09 Uhr
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FabianPramel : Toller Blog
23.07.2009 | 11:09 Uhr
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FabianPramel : Toller Blog
ich muss sagen, wenn ich mir die sportschau anschaue schotte ich mich heute noch ab... immer wenn ich selbst fußball an samstagen spiele, dass zwar selten aber ab und an vorkommt flüchte ich vor all den netten menschen, die du so schön beschrieben hast, die ihren lebenssinn darin sehen allen die ergebnisse mitzuteilen!

demnach kann ich diese romantik, obwohl ich eher der fan aus der heutigen zeit bin, nachvllziehen...
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gartenzwerg
23.07.2009 | 12:54 Uhr
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23.07.2009 | 12:54 Uhr
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Wie geil war die erste Konferenz auf Premiere.....
Beckenbauer als Co Kommentator (sägt ihn bitte ab)
Damals mit Beckmann und Pfad waren das Evulotionssprünge
in der Sportberichtserstattung....
Aber in den 70ern vorm Radio das hatte auch was.
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