10.01.2009 um 22:07 Uhr
Damals - Die Bundesliga-Reform
Manchmal ist es Zeit, kurz inne zu halten, die Vergangenheit Revue passieren zu lassen und ein wenig in Erinnerungen zu schwelgen. Keine Angst, ich verfalle jetzt nicht in schwärmerische Nostalgie. Aber so eine elendig lange Winterpause, deren fußballerische Höhepunkte aus deutscher Sicht in ein paar langweiligen Hallenturnieren und nicht minder ermüdenden Hotelgutschein-Testspielen liegt, ist doch Anlass genug, ein wenig zurückzublicken. Denn beinahe wäre die Winterpause, wie wir sie heute kennen, auf der Strecke geblieben...
Blick zurück ins Jahr 1989. Der Bundesliga-Fußball liegt am Boden: Schlechte Einschaltquoten, allgemeine Fußball-Müdigkeit und dazu gähnend leere Stadien. Die Spielzeit 1988/89 beschert der deutschen Eliteklasse die geringsten Zuschauerzahlen seit Beginn der 70er Jahre. Gerade einmal 17.631 Zuschauer besuchen im Schnitt eine Partie im Fußball-Oberhaus. Nur zum Vergleich: In der Saison 2007/2008 waren es zuletzt knapp 39.000 und damit fast 12 Mio. an 34 Spieltagen. 19 Jahre zuvor sind es gerade einmal 5,4 Mio.! Nüchternes Fazit: Die Marke "Bundesliga" zieht nicht mehr.
Für die Verantwortlichen im DFB besteht Handlungsbedarf. Und dieser äußert sich in einem nahezu revolutionären Reformvorschlag des DFB-Präsidiums-Mitglieds und Liga-Ausschuss-Vorsitzenden Gerhard Mayer-Vorfelder:
Fortan soll die Bundesliga im Hin- und Rückspiel-Modus ausgetragen werden. Die Partien eines Spieltags werden am Folgewochenende analog dem Europapokalprinzip unter umgekehrten Heim- und Gastrollen erneut ausgespielt. Der Gewinner erhält einen Zusatzpunkt. Besondere Neuerung, von der man sich eine nachhaltige Attraktivitätssteigerung verspricht: Steht nach den zwei Spielen noch kein Sieger fest, gibt es zwecks Entscheidungsfindung ein Elfmeterschießen.
Was nach einem Hirngespinst oder - bei MV näher liegend - einer Schnapsidee klingt, ist ein durchaus ernst gemeintes Reformmodell, um der dahinsiechenden Liga wieder Leben einzuhauchen. Über mehrere Wochen wird im Frühjahr 1989 über das neue Austragungsprinzip diskutiert. Vieles spricht dafür, dass die klassische Bundesliga mit Hin- und spiegelbildlicher Rückrunde bald schon der Vergangenheit angehört. Die Revolution ist möglich.
Doch es kommt anders. Auch die Mühlen der DFB-Demokratie mahlen langsam. Der Vorschlag des Liga-Ausschusses bedarf der Zustimmung von Liga-Beirat und DFB-Bundestag. DFB-Präsident Hermann Neuberger zeigt sich als Gegner des neuen Liga-Modells und schart eine große Phalanx von Skeptikern um sich. Schnell ist klar: Mayer-Vorfelders ambitioniertes Reformprojekt ist zum Scheitern verurteilt.
Aus heutiger Sicht muss man wohl sagen: Zum Glück. Denn so interessant eine derartige Neukonzeptionierung auch gewesen wäre, so gering hätten sich ihre Erfolgsaussichten dargestellt. Die Bundesliga hätte sich mit ihrem unorthodoxen Austragungsmodus zu einem Fremdkörper unter den europäischen Top-Ligen entwickelt, die Anziehungskraft eines Elfmeterschießens hätte sich schnell verbraucht, die Sehnsucht nach der guten alten Zeit wäre schnell gewachsen...
Oder nicht? Man weiß es nicht. Fest steht indes: Die Bundesliga erholte sich auch ohne grundlegende Reformierung und überwand ihre Talsohle. Bereits in der Folgesaison stiegen die Zuschauerzahlen auf knapp 20.000 pro Begegnung und nahmen bedingt durch den Weltmeistertitel 1990 und ein ausgefeiltes Marketing auch in den darauffolgenden Jahren fast kontinuierlich zu. In der Hinrunde der laufenden Spielzeit waren es knapp 41.000!
Und somit blicken jetzt in der Winterpause voraus auf eine Rückrunde mit vollen Stadien und ohne Elfmeterschießen, in der alle Mannschaften noch einmal gegeneinander ran müssen. Doch wer weiß, was wäre, wenn die Reform im Jahre 1989 Wirklichkeit geworden wäre...
Blick zurück ins Jahr 1989. Der Bundesliga-Fußball liegt am Boden: Schlechte Einschaltquoten, allgemeine Fußball-Müdigkeit und dazu gähnend leere Stadien. Die Spielzeit 1988/89 beschert der deutschen Eliteklasse die geringsten Zuschauerzahlen seit Beginn der 70er Jahre. Gerade einmal 17.631 Zuschauer besuchen im Schnitt eine Partie im Fußball-Oberhaus. Nur zum Vergleich: In der Saison 2007/2008 waren es zuletzt knapp 39.000 und damit fast 12 Mio. an 34 Spieltagen. 19 Jahre zuvor sind es gerade einmal 5,4 Mio.! Nüchternes Fazit: Die Marke "Bundesliga" zieht nicht mehr.
Für die Verantwortlichen im DFB besteht Handlungsbedarf. Und dieser äußert sich in einem nahezu revolutionären Reformvorschlag des DFB-Präsidiums-Mitglieds und Liga-Ausschuss-Vorsitzenden Gerhard Mayer-Vorfelder:
Fortan soll die Bundesliga im Hin- und Rückspiel-Modus ausgetragen werden. Die Partien eines Spieltags werden am Folgewochenende analog dem Europapokalprinzip unter umgekehrten Heim- und Gastrollen erneut ausgespielt. Der Gewinner erhält einen Zusatzpunkt. Besondere Neuerung, von der man sich eine nachhaltige Attraktivitätssteigerung verspricht: Steht nach den zwei Spielen noch kein Sieger fest, gibt es zwecks Entscheidungsfindung ein Elfmeterschießen.
Was nach einem Hirngespinst oder - bei MV näher liegend - einer Schnapsidee klingt, ist ein durchaus ernst gemeintes Reformmodell, um der dahinsiechenden Liga wieder Leben einzuhauchen. Über mehrere Wochen wird im Frühjahr 1989 über das neue Austragungsprinzip diskutiert. Vieles spricht dafür, dass die klassische Bundesliga mit Hin- und spiegelbildlicher Rückrunde bald schon der Vergangenheit angehört. Die Revolution ist möglich.
Doch es kommt anders. Auch die Mühlen der DFB-Demokratie mahlen langsam. Der Vorschlag des Liga-Ausschusses bedarf der Zustimmung von Liga-Beirat und DFB-Bundestag. DFB-Präsident Hermann Neuberger zeigt sich als Gegner des neuen Liga-Modells und schart eine große Phalanx von Skeptikern um sich. Schnell ist klar: Mayer-Vorfelders ambitioniertes Reformprojekt ist zum Scheitern verurteilt.
Aus heutiger Sicht muss man wohl sagen: Zum Glück. Denn so interessant eine derartige Neukonzeptionierung auch gewesen wäre, so gering hätten sich ihre Erfolgsaussichten dargestellt. Die Bundesliga hätte sich mit ihrem unorthodoxen Austragungsmodus zu einem Fremdkörper unter den europäischen Top-Ligen entwickelt, die Anziehungskraft eines Elfmeterschießens hätte sich schnell verbraucht, die Sehnsucht nach der guten alten Zeit wäre schnell gewachsen...
Oder nicht? Man weiß es nicht. Fest steht indes: Die Bundesliga erholte sich auch ohne grundlegende Reformierung und überwand ihre Talsohle. Bereits in der Folgesaison stiegen die Zuschauerzahlen auf knapp 20.000 pro Begegnung und nahmen bedingt durch den Weltmeistertitel 1990 und ein ausgefeiltes Marketing auch in den darauffolgenden Jahren fast kontinuierlich zu. In der Hinrunde der laufenden Spielzeit waren es knapp 41.000!
Und somit blicken jetzt in der Winterpause voraus auf eine Rückrunde mit vollen Stadien und ohne Elfmeterschießen, in der alle Mannschaften noch einmal gegeneinander ran müssen. Doch wer weiß, was wäre, wenn die Reform im Jahre 1989 Wirklichkeit geworden wäre...
Aufrufe: 4906 | Kommentare: 12 | Bewertungen: 13 | Erstellt:10.01.2009
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KOMMENTARE
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10.01.2009 | 22:13 Uhr
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Voegi :
Nur der Vollständigkeit halber: Dieses Reformmodell wurde in der Tat in anderen Ligen praktiziert. Wenn ich mich recht entsinne, in der einstigen jugoslawischen Liga, die ich jedoch nicht zu den Top-Ligen Europas zählen dürfte. Wobei man das bei der Bundesliga ja inzwischen leider auch anzweifeln muss...
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11.01.2009 | 19:08 Uhr
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Tollioli : hmm
Auf jeden fall sehr interessanter arktikel - mit dem gewissen "aha-effekt" :Dgruß
oli
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12.01.2009 | 12:56 Uhr
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Nicht so ein: Ich-blog-jetzt-mal-irgend´nen-Schmarrn
Das ist ganz große klasse, bin begeistert. Da war ich 3, wusste bisher davon also noch nichts...
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12.01.2009 | 14:17 Uhr
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12.01.2009 | 19:17 Uhr
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Obwohl, hat der sich nicht auch sein Büro machen lassen für 100.000€, obwohl der VfB z.Z. in finanzieller Krise stecke???
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12.01.2009 | 20:17 Uhr
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Voegi :
In der Tat Schnapsidee. Aber man muss bedenken, das Ganze hatte seinerzeit sehr konkrete Züge. Ich erinnere mich, dass zeitweilig alles danach aussah, als würde es wirklich so kommen.
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