12.09.2012 um 12:22 Uhr
Das Fluter-Interview...
„Ooooh schwuuuuuler, schwuuuler Beeevaubeeee…" gehörte in der Kurve früher für mich zum Standardrepertoire. Und beim Auswärtsspiel des Clubs in Düsseldorf wurde gegen Tony Baffoe auch schon mal ganz stumpf „husch husch husch, Neger in den Busch" skandiert, während ich etwas ungläubig dreinguckte. Rassismus und Homophobie gehörten bis vor wenigen Jahren auch im Profifußball nicht in die hinterste Ecke, sondern waren ganz einfach Teil der Kurvenkultur. Den Gegner schlecht machen. Den Gegner niedermachen. Den Gegner beleidigen. „Schwarze Sau". Auch das beliebte „Lutscher" stellt auf „Schwanzlutscher", also eine homophobe Beleidigung ab. Bei uns auf Schalke wird das auch heute noch in der Kurve gerufen, ohne dass sich daran groß jemand stören würde.
Das Interview im „Fluter" mit einem schwulen Bundesligaprofi war nicht das erste dieser Art. Es wird auch nicht das letzte bleiben, denn ein schwuler Bundesligaprofi hätte in der Liga nichts zu lachen - was einzig und allein an der Reaktion und am Umgang des Publikums liegt, nicht etwa an Ressentiments der Kollegen in der Kabine oder auf dem Feld. Es wird trotzdem geherzt, umarmt und sogar geküsst, wenn Tore fallen. Eine Mannschaft ist eine Mannschaft ist eine Mannschaft, egal ob schwul, schwarz, schlitzäugig oder kartoffelig weiß. Die Bundesligaprofis haben das längst verinnerlicht und engagieren sich sogar teilweise gegen Rassismus und Homophobie.
Dieser Tage liest man mal wieder häufig die leicht ignorante Frage, warum die Diskussion überhaupt noch geführt wird. Schließlich sei Sexualität doch wohl Privatsache, und die Schwulen könnten das ja wohl auch zuhause ausleben. Ein regelrechter Shitstorm deutet sich an, wenn man das Thema überhaupt irgendwo anschneidet. Sind wir mittlerweile tatsächlich so abgestumpft auf den Tribünen dieser Republik, dass wir die schwulenfeindlichen Gesänge und Sprüche um uns herum nicht mehr wahrnehmen? Klaus Wowereit, Guido Westerwelle und Hape Kerkeling sind Ausnahmeerscheinungen, nicht Regelfälle. Ihre gesellschaftliche Akzeptanz lässt sich überhaupt nicht mit der eines Fußballprofis vergleichen. Was passiert, wenn ein schwuler Profi den entscheidenden Elfer verschießt? Was, wenn er schwarz ist? Diese Fragen muss ich mir als mündiger Fan durchaus stellen.
Wie gehe ich aber vor allem selbst mit der Frage um? Fußball als Männlichkeitsritual lässt sich mit dem üblichen gesellschaftlichen Bild des Schwulen (also von der handtaschenschwingenden, leicht geschminkten Tunte) kaum vereinbaren. Ich selbst - bedauerlicherweise stockhetero - kann mich zwar nicht in einen Schwulen hineinversetzen, aber ich weiß schon, dass es mich treffen würde, wenn ich als schwuler Schalker Profi gegen den verhassten Erzfeind anträte und von der Tribüne „schwuler BVB" zu hören wäre. Rassistischer und homophober Scheißdreck hat auf den Tribünen eines Fußballstadions nichts verloren und auch sonst nirgends.
Zurück zur Frage, warum diese Diskussion überhaupt geführt wird: sie wird geführt, weil Homosexualität weder in unserer Gesellschaft noch im Fußball als „normal" angesehen wird. Es wenden sich immer noch genug Menschen ab, wenn eine Frau eine Frau küsst (es sei denn, es ist ein lesbischer Porno, genug Männer stehen drauf) oder ein Mann einen Mann. Ich bin selber mal an einem küssenden (Männer-)Pärchen im Stadion vorbeigegangen und habe gehört, wie hinter mir eine Frau sagte „ist ja widerlich, diese Schwulen". Es sind auch nicht nur Männer, die schwulenfeindlich sind. Aber so lange solche Sprüche gesagt werden, ohne dass jemand einschreitet (ich habe außer einem angewiderten Blick in Richtung der homophoben Frau auch nicht reagiert, bin also genau so feige gewesen wie viele andere auch), müssen wir die Diskussion führen. Wieder und wieder. Bis in den Köpfen aller Menschen angekommen ist, dass dem Ball egal ist, wer ihn tritt.
Das Interview im „Fluter" mit einem schwulen Bundesligaprofi war nicht das erste dieser Art. Es wird auch nicht das letzte bleiben, denn ein schwuler Bundesligaprofi hätte in der Liga nichts zu lachen - was einzig und allein an der Reaktion und am Umgang des Publikums liegt, nicht etwa an Ressentiments der Kollegen in der Kabine oder auf dem Feld. Es wird trotzdem geherzt, umarmt und sogar geküsst, wenn Tore fallen. Eine Mannschaft ist eine Mannschaft ist eine Mannschaft, egal ob schwul, schwarz, schlitzäugig oder kartoffelig weiß. Die Bundesligaprofis haben das längst verinnerlicht und engagieren sich sogar teilweise gegen Rassismus und Homophobie.
Dieser Tage liest man mal wieder häufig die leicht ignorante Frage, warum die Diskussion überhaupt noch geführt wird. Schließlich sei Sexualität doch wohl Privatsache, und die Schwulen könnten das ja wohl auch zuhause ausleben. Ein regelrechter Shitstorm deutet sich an, wenn man das Thema überhaupt irgendwo anschneidet. Sind wir mittlerweile tatsächlich so abgestumpft auf den Tribünen dieser Republik, dass wir die schwulenfeindlichen Gesänge und Sprüche um uns herum nicht mehr wahrnehmen? Klaus Wowereit, Guido Westerwelle und Hape Kerkeling sind Ausnahmeerscheinungen, nicht Regelfälle. Ihre gesellschaftliche Akzeptanz lässt sich überhaupt nicht mit der eines Fußballprofis vergleichen. Was passiert, wenn ein schwuler Profi den entscheidenden Elfer verschießt? Was, wenn er schwarz ist? Diese Fragen muss ich mir als mündiger Fan durchaus stellen.
Wie gehe ich aber vor allem selbst mit der Frage um? Fußball als Männlichkeitsritual lässt sich mit dem üblichen gesellschaftlichen Bild des Schwulen (also von der handtaschenschwingenden, leicht geschminkten Tunte) kaum vereinbaren. Ich selbst - bedauerlicherweise stockhetero - kann mich zwar nicht in einen Schwulen hineinversetzen, aber ich weiß schon, dass es mich treffen würde, wenn ich als schwuler Schalker Profi gegen den verhassten Erzfeind anträte und von der Tribüne „schwuler BVB" zu hören wäre. Rassistischer und homophober Scheißdreck hat auf den Tribünen eines Fußballstadions nichts verloren und auch sonst nirgends.
Zurück zur Frage, warum diese Diskussion überhaupt geführt wird: sie wird geführt, weil Homosexualität weder in unserer Gesellschaft noch im Fußball als „normal" angesehen wird. Es wenden sich immer noch genug Menschen ab, wenn eine Frau eine Frau küsst (es sei denn, es ist ein lesbischer Porno, genug Männer stehen drauf) oder ein Mann einen Mann. Ich bin selber mal an einem küssenden (Männer-)Pärchen im Stadion vorbeigegangen und habe gehört, wie hinter mir eine Frau sagte „ist ja widerlich, diese Schwulen". Es sind auch nicht nur Männer, die schwulenfeindlich sind. Aber so lange solche Sprüche gesagt werden, ohne dass jemand einschreitet (ich habe außer einem angewiderten Blick in Richtung der homophoben Frau auch nicht reagiert, bin also genau so feige gewesen wie viele andere auch), müssen wir die Diskussion führen. Wieder und wieder. Bis in den Köpfen aller Menschen angekommen ist, dass dem Ball egal ist, wer ihn tritt.
Aufrufe: 18604 | Kommentare: 110 | Bewertungen: 37 | Erstellt:12.09.2012
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KOMMENTARE
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13.09.2012 | 19:09 Uhr
0
Holsti :
Ja, sagte ich doch. Es wurde aber auch nicht ständig thematisiert. Mittelfristig wird sich eh einer outen und ein Umdenken stattfinden. genauso wie mit der Hexenverbrennung und dem Wahlrecht für Frauen. Früher auch unvorstellbar und heutzutage völlig legitim und normal.Aber ständig es zum Thema machen hilft niemanden. Sanktionen für Homophobie im Stadion ist das einzige was hilft.
Wenn alle paar Wochen in den Medien wieder was steht, dass die Bundesliga nicht bereit ist und bla bli blub hilft es nicht wirklich jemanden. Ausser ein Sommerloch zu stopfen.
Und wie gesagt, alle anderen Sportarten haben auch ihre Schwulen. Keine Ahnung wieso das im Fussball nicht möglich sein soll.
1
13.09.2012 | 20:23 Uhr
-1
GenieundWahnsinn : Warum outet sich keiner?
Das ist ganz einfach und pragmatisch zu beantworten: Die Gruppe der Offiziellen von DFB, UEFA,FIFA und allen anderen Ligen hat Angst um die "Milliardenindustrie Fussball" und sieht den Fan als noch nicht in der Lage, mit diesem Thema souverän umzugehen.
Der Grossteil der homosexuellen Fussballer ist innerhalb des DFB organisiert. Von dort oder den Vereinen werden diesen Spielern und Trainern die entsprechenden Partnerinner, zum Teil sogar mit Kindern "gestellt" um nach aussen hin das Bild zu wahren.
Berichte in den Medien müssen zur Freigabe vorgelegt werden, diese wird derzeit aber nahezu für alle geplanten Veröffentlichungen verweigert.
Der Anteil der Homosexuellen ist ähnlich dem in der Bevölkerung, dennoch soll dem Zuschauer vorgegaukelt werden, es gäbe diese nicht. Es würde sicherlich grosses Erstaunen geben, wie viele und vor allem wer von unseren Fussballern und Trainern sich in der "geschützten Gruppe" befindet ...
Richtig oder falsch? Das liegt nicht in meinem oder unserem Ermessen.
4
13.09.2012 | 20:46 Uhr
0
Ich finde im Übrigen, das es vielleicht doch ne gute Sache wäre, wenn sich einige Spieler trauen würden... wie gesagt, nicht einer...einige.
Andere würden sicher abwarten was nun passiert, aber sie würden nachrücken, denke ich..
Warum ich das schreibe?
Ich hab mir überlegt, das ja auch Farbige durchaus in der Gesellschaft - und natürlich besonders im Schutz der Masse in Fussballstadien - angefeindet wurden (und leider immer noch werden) nur: die haben keine Möglichkeit ihre Hautfarbe zu "verstecken" , trotzdem spielen sie in der Bundesliga Fussball, werden vom Großteil der Fans unterstützt, von ihren Mannschaftskameraden sowieso... Vielleicht ist es wirklich Zeit, auch für Homosexuelle Fussballer, aus der Versenkung zu kommen.
Veränderungen setzen auch Mut voraus... Ich wäre dafür.
7
13.09.2012 | 21:04 Uhr
-1
Nutman :
Fakt ist, daß es homosexuelle Profis gibt - und das sich bisher (leider) keiner geoutet hat.Konkret ist mir nur ein Profi bekannt, der homosexuell ist - im Umfeld seines früheren Clubs war das kein Geheimnis, auch bei den eigenen Fans wußten einige über die Homosexualität Bescheid - aber es hat keiner eine große Sache draus gemacht - weil es den Fans egal war - sie haben gesehen, daß dieser Spieler die Leistung für seinen Club bringt und ihn genau wie jeden anderen unterstützt.
Inzwischen spielt er bei einem anderen Bundesligaclub und hat auch einige Länderspiele auf dem Buckel - aber seine Homosexualität wurde bislang nicht öffentlich thematisiert - und das ist auch genau richtig so!
Weil die sexuelle Orientierung eines Spielers für seine Leistung nicht ausschlaggebend ist.
Der Vorteil eines Outings wäre, daß von diesen Spielern der Druck des Versteckspiels weichen würde - man hätte eine Weile eine erhöhte Aufmerksamkeit, aber es würde (wie in Politik und Medien auch) irgendwann als nicht außergwöhnliches mehr hingenommen werden.
So gesehen fände ich persönlich es sehr gut, wenn hier ein Vorreiter käme.
PS: Ich werde keinerlei Namensnennungen kommentieren noch einen Namen nennen...
1
13.09.2012 | 21:11 Uhr
-2
t33mu :
1. Wäre ich ein schwuler Profi-Fußballer, würde ich mich auch keinesfalls outen.2. Wären welche meiner Lieblingsfußballer schwul, hätte ich sicher kurzzeitig ein Problem damit.
3. Da ich mich im Stadion mit Beleidigungen zurückhalte, würde ich Schwule aus anderen Mannschaften sicher nicht beleidigen.
Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie sich die Stimmung in den Stadien entwickeln wird, wenn sich Spieler outen.
Auf der einen Seite haben wir zumindest auf Profi-Niveau nur wenige Probleme mit rassistischen Äußerungen der Fans. Auch wegen ihres Glaubens werden Spieler nicht verunglimpft.
Auf der anderen Seite beobachte ich doch, dass Beleidigungen im Stadion allgegenwärtig sind, was ich unsportlich finde. Und dass die Idioten, die "A****loch, W****er, H*****sohn" rufen und meinen, treue Fans müssten den Gegner beleidigen, sicher auch kein Problem mit homophoben Beleidigungen hätten, bezweifele ich nicht.
0
13.09.2012 | 21:11 Uhr
-1
Schnumbi :
@ Nutman : das problem sehe ich auch nicht im eigenen verein, eher wird es ein spießrutenlauf in allen 17 anderen stadien, leider.
2
13.09.2012 | 21:22 Uhr
-10
Robari :
Wer Schwul ist, soll das für sich behalten! So einfach ist das!1
13.09.2012 | 21:39 Uhr
-1
Ich hoffe zumindest, dass es so wäre. Vielleicht bin ich da aber auch etwas blauäugig..
3
13.09.2012 | 22:35 Uhr
0
trikottausch96 : Part1
grundsätzlich muss ich dich für diesen blog, und besonders für deine ehrlichkeit, erstmal loben, gefällt mir!
allerdings denke ich, dass wir, und damit meine ich nicht nur die fans in den stadien, sondern wirklich alle menschen, egal in welchem bereich des lebens, anders mit dem thema umgehen sollten, als du es am ende deines blogs beschreibst!
ich glaube, dass grade diese diskussionen, die immer geführt werden (und an denen ich mich grade beteilige), der ganzen sache eher schaden als nützen. ich glaube viel eher, dass es gut wäre, wenn das ganze thema aus den medien und der öffentlichen wahrnehmung, und somit nach einiger zeit hoffentlich sogar aus den stadien, verschwinden würde!
ich denke dies wäre förderlich, da es heute großflächig eigentlich nur zwei arten gibt, mit schwulen umzugehen.
einmal werden schwule oft beleidigt und bepöbelt!
die zweite möglichkeit ist die der positiven diskrimiminierung. soll heißen, viele menschen gehen zu "stiefmütterlich" mit der thematik um, schwule werden besonders in schutz genommen oder ganz besonders verteidigt! und genau das ist es, was in diesem blog unterbewusst hier auch betrieben wird. wir müssen nicht anfangen darüber zu reden, damit es jeder versteht, sonder aufhören! erst dann wird es auch von allen als normal angesehen werden können, dass ein schwuler fußball spielt!
wir dürfen im prinzip gar nicht darüber nachdenken, ob ein fußballer schwul ist oder nicht, ob er dunkelhäutig ist oder nicht, genau so wie wir nicht darüber nachdenken ob ein spieler besonders groß, attraktiv oder sonst irgend etwas ist.
auch die problematik eines ständig geforderten "outings" könnte man so umgehen.
wie gesagt, ich denke das würde der ganzen thematik gut tun, wenn wir uns weniger damit beschäftigen würden.
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