09.06.2010 um 18:01 Uhr
Der Prophet hat Urlaub...
Wer regelmäßig verfolgt, was ich an dieser Stelle so von mir gebe, der ahnt schon, was jetzt kommt: Ein großes Turnier (oder eine neue Saison) steht an, alle überschlagen sich mit Vorhersagen und Geheimtipps, nur der Renner erzählt wieder allen, dass er keine Ahnung hat, was passieren wird.
Und genau so ist es auch diesmal wieder. Ich habe nämlich keine Ahnung was passieren wird. Wie könnte ich etwas anderes behaupten? Lasst mich mal ganz kurz rekapitulieren, was ich in den letzten Jahren (na gut, Jahrzehnten) unter anderem schon so alles erlebt habe: Südkorea und die Türkei spielen bei einer WM um Platz 3. Michael Chang schlägt Ivan Lendl, obwohl er vor Krämpfen kaum noch laufen kann. Die Arizona Cardinals erreichen den Super Bowl, Deutschland schafft es ins Halbfinale einer Eishockey-WM und vor allem: Dänemark und Griechenland gewinnen die Fußball-Europameisterschaft.
Wie kann man sich da "sicher" sein, wer den WM-Titel holt? So sicher, wie jener mir bekannte Mann, der schon zur großen Finalparty bei sich daheim geladen hat. Mit Paella. Weil nämlich im WM-Finale Spanien auf Deutschland trifft. Na ja, hoffentlich schmeckt die Paella auch bei Niederlande gegen England. Und so frage ich: Wie kann man glauben zu wissen, wo man doch wissen müsste, dass man nichts weiß? Ich jedenfalls weiß nichts, aber immerhin, ein paar Dinge glaube ich (und Glauben ist ja bekanntlich das Gegenteil von Wissen).
Ich glaube, dass Deutschland in Südafrika eine gute Rolle spielen wird. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich behaupte nicht, dass unsere Mannschaft Weltmeister wird. Und ich denke auch nicht, dass alles außer dem Titel ein Reinfall wäre. Wenn Deutschland guten Fußball spielen, aber dann im Viertelfinale an einer starken argentinischen Mannschaft knapp scheitern würde, dann ginge zumindest meine Welt nicht sofort unter. Ich denke, unser Team hat eine Menge spielerisches Potential und mehr individuelle Qualität als viele deutsche Mannschaften der Vergangenheit. Die Kehrseite ist natürlich, dass wir einige unerfahrene Spieler dabei haben.
Angst habe ich allerdings davor, dass unser Team, wie bei der letzten EM, auf mysteriöse Weise vergisst, wie man Fußball spielt. So als habe man als deutsches Team die historische Verpflichtung, sich mit Stolperfußball (und eineinhalb Lichtblicken – so wie dem Portugalspiel) ins Finale zu mogeln, um dort gegen einen starken Gegner chancenlos zu sein. Das muss echt nicht wieder sein, ich habe die Weltmeisterschaften 1982 und 1986 nämlich durchaus noch in Erinnerung.
Tja, und dann glaube ich ganz unspektakulär, dass Spanien derzeit die beste Fußballmannschaft der Welt ist. Tut mir leid, eine originellere Erkenntnis habe ich nicht zu bieten. Ich glaube, dieses Team hat praktisch keine Lücken und ist auch noch in der Tiefe stark besetzt. Wenn ich jedenfalls lese, dass die spanischen "Schwachstellen" Puyol, Sergio Ramos und Casillas sein sollen, dann fange ich bei unserem Team lieber keine tiefere Analyse an. Also, ich glaube, Spanien ist zur Zeit die Nummer eins und ich bin mir ziemlich sicher, dass Spanien auch nach der WM noch das beste Team hat. Aber BEI einer WM reicht schließlich ein schlechter Tag und schon ist man weg vom Fenster. Und das kann jedem passieren, auch den Spaniern. Siehe die Niederlage gegen die USA beim Confed-Cup.
Noch etwas glaube ich: Der Weltmeister wird nicht aus Afrika kommen. Diese Ansicht stammt wohl daher, dass ich im Januar einfach zu viele schlechte Fußballspiele beim Afrika-Cup gesehen habe. Jedenfalls haben mich damals alle potentiellen Kandidaten enttäuscht. Nicht, weil die taktische Organisation fehlte, wie früher des Öfteren. Es fehlt mir einfach der Glaube, dass die afrikanischen Teilnehmer das offensive Format haben, sich durch vier K.O.-Runden zu spielen. Ideen aus dem Mittelfeld waren beim Afrika-Cup jedenfalls eher selten. Und ich fürchte (nein, eigentlich hoffe ich) ganz ohne zündende Angriffsideen wird es nicht gehen.
Alle weiteren Vorhersagen spare ich mir an dieser Stelle, und bereite mich stattdessen schon mal auf alles vor. Ein Finale zwischen Chile und Neuseeland zum Beispiel. Und jetzt im Ernst: Die offensiv ausgerichteten Chilenen halte ich für eines der taktisch interessantesten Teams dieser WM. Wie weit sie damit kommen, mal sehen. Ich werde es jedenfalls genau verfolgen und mich an dieser Stelle auch regelmäßig zu Wort melden.
Bis bald,
Andreas
Und genau so ist es auch diesmal wieder. Ich habe nämlich keine Ahnung was passieren wird. Wie könnte ich etwas anderes behaupten? Lasst mich mal ganz kurz rekapitulieren, was ich in den letzten Jahren (na gut, Jahrzehnten) unter anderem schon so alles erlebt habe: Südkorea und die Türkei spielen bei einer WM um Platz 3. Michael Chang schlägt Ivan Lendl, obwohl er vor Krämpfen kaum noch laufen kann. Die Arizona Cardinals erreichen den Super Bowl, Deutschland schafft es ins Halbfinale einer Eishockey-WM und vor allem: Dänemark und Griechenland gewinnen die Fußball-Europameisterschaft.
Wie kann man sich da "sicher" sein, wer den WM-Titel holt? So sicher, wie jener mir bekannte Mann, der schon zur großen Finalparty bei sich daheim geladen hat. Mit Paella. Weil nämlich im WM-Finale Spanien auf Deutschland trifft. Na ja, hoffentlich schmeckt die Paella auch bei Niederlande gegen England. Und so frage ich: Wie kann man glauben zu wissen, wo man doch wissen müsste, dass man nichts weiß? Ich jedenfalls weiß nichts, aber immerhin, ein paar Dinge glaube ich (und Glauben ist ja bekanntlich das Gegenteil von Wissen).
Ich glaube, dass Deutschland in Südafrika eine gute Rolle spielen wird. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich behaupte nicht, dass unsere Mannschaft Weltmeister wird. Und ich denke auch nicht, dass alles außer dem Titel ein Reinfall wäre. Wenn Deutschland guten Fußball spielen, aber dann im Viertelfinale an einer starken argentinischen Mannschaft knapp scheitern würde, dann ginge zumindest meine Welt nicht sofort unter. Ich denke, unser Team hat eine Menge spielerisches Potential und mehr individuelle Qualität als viele deutsche Mannschaften der Vergangenheit. Die Kehrseite ist natürlich, dass wir einige unerfahrene Spieler dabei haben.
Angst habe ich allerdings davor, dass unser Team, wie bei der letzten EM, auf mysteriöse Weise vergisst, wie man Fußball spielt. So als habe man als deutsches Team die historische Verpflichtung, sich mit Stolperfußball (und eineinhalb Lichtblicken – so wie dem Portugalspiel) ins Finale zu mogeln, um dort gegen einen starken Gegner chancenlos zu sein. Das muss echt nicht wieder sein, ich habe die Weltmeisterschaften 1982 und 1986 nämlich durchaus noch in Erinnerung.
Tja, und dann glaube ich ganz unspektakulär, dass Spanien derzeit die beste Fußballmannschaft der Welt ist. Tut mir leid, eine originellere Erkenntnis habe ich nicht zu bieten. Ich glaube, dieses Team hat praktisch keine Lücken und ist auch noch in der Tiefe stark besetzt. Wenn ich jedenfalls lese, dass die spanischen "Schwachstellen" Puyol, Sergio Ramos und Casillas sein sollen, dann fange ich bei unserem Team lieber keine tiefere Analyse an. Also, ich glaube, Spanien ist zur Zeit die Nummer eins und ich bin mir ziemlich sicher, dass Spanien auch nach der WM noch das beste Team hat. Aber BEI einer WM reicht schließlich ein schlechter Tag und schon ist man weg vom Fenster. Und das kann jedem passieren, auch den Spaniern. Siehe die Niederlage gegen die USA beim Confed-Cup.
Noch etwas glaube ich: Der Weltmeister wird nicht aus Afrika kommen. Diese Ansicht stammt wohl daher, dass ich im Januar einfach zu viele schlechte Fußballspiele beim Afrika-Cup gesehen habe. Jedenfalls haben mich damals alle potentiellen Kandidaten enttäuscht. Nicht, weil die taktische Organisation fehlte, wie früher des Öfteren. Es fehlt mir einfach der Glaube, dass die afrikanischen Teilnehmer das offensive Format haben, sich durch vier K.O.-Runden zu spielen. Ideen aus dem Mittelfeld waren beim Afrika-Cup jedenfalls eher selten. Und ich fürchte (nein, eigentlich hoffe ich) ganz ohne zündende Angriffsideen wird es nicht gehen.
Alle weiteren Vorhersagen spare ich mir an dieser Stelle, und bereite mich stattdessen schon mal auf alles vor. Ein Finale zwischen Chile und Neuseeland zum Beispiel. Und jetzt im Ernst: Die offensiv ausgerichteten Chilenen halte ich für eines der taktisch interessantesten Teams dieser WM. Wie weit sie damit kommen, mal sehen. Ich werde es jedenfalls genau verfolgen und mich an dieser Stelle auch regelmäßig zu Wort melden.
Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 1592 | Kommentare: 2 | Bewertungen: 6 | Erstellt:09.06.2010
ø 7.3
KOMMENTARE
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09.06.2010 | 19:49 Uhr
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Taktiker :
Nice geschrieben. Vorhersagen sind immer schwer, weil wie du sagst ein shclechter Tag alles kaputt machen kann, wie die Holländer es schon oft zu spüren bekommen haben.Deine Vorhersagen zu Deutschland und Spanien kann ich nur unterstützen, aber man weiß ja nie...
Zu Chile: Ich hab noch kein Spiel von ihnen gesehen, aber was man hört ist nicht schlecht. 3 Stürmer, dazu ein Spielmacher, meistens im 3-3-1-3 (oder 3-4-3 Raute), gegen einen Stürmer im 4-2-3-1. Die meisten Spieler können anscheinend 2-3 Positionen bekleidenden. Trainer Bielsa hatte in der Quali wohl für jede gegnerische Stärke und >Schwäche eine sinnvolle Lösung, ich bin wirklich gespannt wie sie spielen und ob ihre Taktik auch bei einer WM klappt.
@tamc
Ja Mexico hab ich auch aufm Zettel, bei den Geheimfavoriten ganz oben.
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Schöner Artikel. :)