15.10.2010 um 11:38 Uhr
Der Unvollendete
"Die you'll be a hero, or live long enough to see yourself become a villain"
Ich steh ja auf Hip Hop. Mein Lieblingsrapper ist Jay-Z, und der hat in einem kürzlich erschienenen Track die oben stehenden Zeilen gerappt, die übersetzt bedeuten: "Stirb und du wirst zum Helden, oder lebe lang genug, um zu sehen, wie du zum Bösewicht wirst." Was das mit Fussball zu tun hat? Dazu kommen wir noch. Klären wir lieber erst einmal, was der Gute damit ausdrücken will: Jay-Z selbst ist zwar einer der erfolgreichsten Rapper aller Zeiten, muss sich aber auch immer wieder mit Kritik und Anfeindungen aus der Szene auseinandersetzen. Tupac Shakur und Notorious BIG, beide in den Neunziger Jahren erschossen, werden dagegen noch heute von jedem Rapliebhaber vergöttert.
Auch wenn er die zwei Legenden natürlich nicht direkt angreift, die Botschaft ist deutlich: Die zwei bekommen mehr Anerkennung, als sie bekommen würden, wenn sie heute noch am Leben wären. Der frühe Tod dient der Allgemeinheit als Anerkennungsgrund, als Schlüssel zum Heldentum, als Begründung zum Hochjubeln.
Eins steht fest: viele jung gestorbene, berühmte Menschen sind nach ihrem Tod zum allgemeinen Kulturgut geworden. Kurt Cobain, Che Guevara, James Dean. Doch hat Jay-Z mit seiner These Recht? Werden früh gestorbene Berühmtheiten wirklich nur hauptsächlich deshalb zu Helden, weil sie früh starben?
Duncan Edwards ist so ein Held, für sehr viele Menschen. Edwards war ein Mitglied der legendären "Busby Babes", einem jungen, von Matt Busby trainierten Kader Manchester Uniteds, der noch heute in England als der beste und zugleich hoffnungsvollste aller Zeiten angesehen wird. Am 6. Februar 1958 ist die Mannschaft auf dem Rückweg vom Halbfinale im Europapokal der Landesmeister in Belgrad, in München legt der Pilot eine Zwischenlandung ein. Als der Flieger bei heftigem Schneewetter Richtung Heimat abheben soll, muss der Pilot den Startversuch zweimal wiederholen, beim dritten Versuch kommt es zur Katastrophe: die Maschine rutscht von der Rollbahn und explodiert.
Sieben Spieler sterben sofort, 23 werden verletzt, am schwersten Duncan Edwards, der mehrere Brüche und innere Blutungen davonträgt. Tagelang kämpfen die Ärzte um sein Leben, einer von ihnen wird später sagen, dass er in seiner Laufbahn als Arzt noch nie einen derart kraftstrotzenden und mit soviel Lebenswille gegen den Tod kämpfenden Menschen erlebt habe. 13 Tage später ist der Kampf vorbei. Edwards stirbt im Alter von 21 Jahren.
Wie sehr Edwards bis heute verehrt wird, sieht man heute in Dudley in Mittelengland, seiner Heimatstadt. In der Kirche ist er wie ein Heiliger in zwei Kirchenfenstern abgebildet, "Thanking God for life of Duncan Edwards" liest sich dort. Im Stadtzentrum steht ein zwei Meter hohes Edwards-Denkmal, und Dudley wird so oft von Fussballfans aus aller Welt besucht, dass die Stadt einmal in der FAZ als "heimliche europäische Hauptstadt des Fussballer-Totengedenkens" beschrieben wurde.
Der Kern des Ausgangszitats ist also im Falle Duncan Edwards erfüllt. Denn der Fussballer wurde durch seinen frühen Tod zu einer Art Lichtgestalt, die noch heute, 50 Jahre nach dem Unglück, verehrt und gefeiert wird. Doch wie steht es mit dem bereits angesprochenen Hintergedanken des Zitats, von wegen Held hauptsächlich nur aufgrund des frühen Todes und überhaupt?
Um die These des Rappers widerlegen zu können, müssen wir uns auf den fussballerischen Aspekt der Tragödie konzentrieren. Denn natürlich ist es tragisch und traurig genug, dass ein gerade mal 21 Jahre alter Mensch durch einen Flugzeugunfall stirbt, doch das alleine sorgt noch nicht dafür, dass der Name Fussballfans auf der ganzen Welt ein halbes Jahrhundert später noch ein Begriff ist. Zumal 7 andere Spieler des Vereins und weitere 15 Menschen bei dem Unglück ums Leben gekommen sind und deren Tod nicht minder tragisch sein dürfte. Nein, Edwards muss etwas Besonderes gewesen sein, ein außergewöhnlicher und einzigartiger Fussballer. War er das?
Seine Karriere begann jedenfalls viel versprechend. Mit 11 Jahren überzeugt er seinen Sportlehrer so sehr von seinen Fähigkeiten, dass der einem Freund daraufhin erzählt: "Ich habe gerade einen 11-jährigen gesehen, der eines Tages für England spielen wird." Ein Jahr später landet folgender, vom Chefscout des Vereins handgeschriebener Brief auf dem Schreibtisch von ManUtd-Coach Busby: "Habe heute einen 12 Jahre alten Schuljungen gesehen, den wir beobachten sollten. Er heißt Duncan Edwards und kommt aus Dudley. Warte auf weitere Anweisungen."
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Ich steh ja auf Hip Hop. Mein Lieblingsrapper ist Jay-Z, und der hat in einem kürzlich erschienenen Track die oben stehenden Zeilen gerappt, die übersetzt bedeuten: "Stirb und du wirst zum Helden, oder lebe lang genug, um zu sehen, wie du zum Bösewicht wirst." Was das mit Fussball zu tun hat? Dazu kommen wir noch. Klären wir lieber erst einmal, was der Gute damit ausdrücken will: Jay-Z selbst ist zwar einer der erfolgreichsten Rapper aller Zeiten, muss sich aber auch immer wieder mit Kritik und Anfeindungen aus der Szene auseinandersetzen. Tupac Shakur und Notorious BIG, beide in den Neunziger Jahren erschossen, werden dagegen noch heute von jedem Rapliebhaber vergöttert.
Auch wenn er die zwei Legenden natürlich nicht direkt angreift, die Botschaft ist deutlich: Die zwei bekommen mehr Anerkennung, als sie bekommen würden, wenn sie heute noch am Leben wären. Der frühe Tod dient der Allgemeinheit als Anerkennungsgrund, als Schlüssel zum Heldentum, als Begründung zum Hochjubeln.
Eins steht fest: viele jung gestorbene, berühmte Menschen sind nach ihrem Tod zum allgemeinen Kulturgut geworden. Kurt Cobain, Che Guevara, James Dean. Doch hat Jay-Z mit seiner These Recht? Werden früh gestorbene Berühmtheiten wirklich nur hauptsächlich deshalb zu Helden, weil sie früh starben?
Duncan Edwards ist so ein Held, für sehr viele Menschen. Edwards war ein Mitglied der legendären "Busby Babes", einem jungen, von Matt Busby trainierten Kader Manchester Uniteds, der noch heute in England als der beste und zugleich hoffnungsvollste aller Zeiten angesehen wird. Am 6. Februar 1958 ist die Mannschaft auf dem Rückweg vom Halbfinale im Europapokal der Landesmeister in Belgrad, in München legt der Pilot eine Zwischenlandung ein. Als der Flieger bei heftigem Schneewetter Richtung Heimat abheben soll, muss der Pilot den Startversuch zweimal wiederholen, beim dritten Versuch kommt es zur Katastrophe: die Maschine rutscht von der Rollbahn und explodiert.
Sieben Spieler sterben sofort, 23 werden verletzt, am schwersten Duncan Edwards, der mehrere Brüche und innere Blutungen davonträgt. Tagelang kämpfen die Ärzte um sein Leben, einer von ihnen wird später sagen, dass er in seiner Laufbahn als Arzt noch nie einen derart kraftstrotzenden und mit soviel Lebenswille gegen den Tod kämpfenden Menschen erlebt habe. 13 Tage später ist der Kampf vorbei. Edwards stirbt im Alter von 21 Jahren.
Wie sehr Edwards bis heute verehrt wird, sieht man heute in Dudley in Mittelengland, seiner Heimatstadt. In der Kirche ist er wie ein Heiliger in zwei Kirchenfenstern abgebildet, "Thanking God for life of Duncan Edwards" liest sich dort. Im Stadtzentrum steht ein zwei Meter hohes Edwards-Denkmal, und Dudley wird so oft von Fussballfans aus aller Welt besucht, dass die Stadt einmal in der FAZ als "heimliche europäische Hauptstadt des Fussballer-Totengedenkens" beschrieben wurde.
Der Kern des Ausgangszitats ist also im Falle Duncan Edwards erfüllt. Denn der Fussballer wurde durch seinen frühen Tod zu einer Art Lichtgestalt, die noch heute, 50 Jahre nach dem Unglück, verehrt und gefeiert wird. Doch wie steht es mit dem bereits angesprochenen Hintergedanken des Zitats, von wegen Held hauptsächlich nur aufgrund des frühen Todes und überhaupt?
Um die These des Rappers widerlegen zu können, müssen wir uns auf den fussballerischen Aspekt der Tragödie konzentrieren. Denn natürlich ist es tragisch und traurig genug, dass ein gerade mal 21 Jahre alter Mensch durch einen Flugzeugunfall stirbt, doch das alleine sorgt noch nicht dafür, dass der Name Fussballfans auf der ganzen Welt ein halbes Jahrhundert später noch ein Begriff ist. Zumal 7 andere Spieler des Vereins und weitere 15 Menschen bei dem Unglück ums Leben gekommen sind und deren Tod nicht minder tragisch sein dürfte. Nein, Edwards muss etwas Besonderes gewesen sein, ein außergewöhnlicher und einzigartiger Fussballer. War er das?
Seine Karriere begann jedenfalls viel versprechend. Mit 11 Jahren überzeugt er seinen Sportlehrer so sehr von seinen Fähigkeiten, dass der einem Freund daraufhin erzählt: "Ich habe gerade einen 11-jährigen gesehen, der eines Tages für England spielen wird." Ein Jahr später landet folgender, vom Chefscout des Vereins handgeschriebener Brief auf dem Schreibtisch von ManUtd-Coach Busby: "Habe heute einen 12 Jahre alten Schuljungen gesehen, den wir beobachten sollten. Er heißt Duncan Edwards und kommt aus Dudley. Warte auf weitere Anweisungen."
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Aufrufe: 5750 | Kommentare: 1 | Bewertungen: 15 | Erstellt:15.10.2010
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KOMMENTARE
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15.10.2010 | 11:40 Uhr
0
eshkeeya :
Kommentare bitte unter Teil 2, Danke euch
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