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15.10.2010 um 11:38 Uhr
Der Unvollendete 2
Zurück zu Teil 1

Busby greift sofort zu, und die Fussballlaufbahn Edwards' kommt ins Rollen, im Schnelldurchlauf: mit 16 Jahren und 185 Tagen läuft er zum ersten Mal im Old Trafford auf und wird zum bis heute jüngsten Debütanten aller Zeiten in der höchsten englischen Spielklasse. Trotz seines jungen Alters wird Edwards sofort zur festen Größe in der Mannschaft und bringt es in seinen fünf Jahren in Manchester auf 175 Spiele, 21 Tore und zwei Meisterschaften. Zudem wird er mit 18 Jahren auch zum jüngsten Debütanten der englischen Nationalmannschaft, bis Michael Owen 1998 das Nationaltrikot noch jünger überstreift. Edwards' Stammplatz in der Mannschaft Englands bei der Weltmeisterschaft 1958 gilt als sicher, er wird sogar als Kapitän gehandelt.

Das Kraftpaket bringt alles mit, was ein Fussballer braucht, sein Talent deckt alle Aspekte des Spiels ab: beidfüssig, athletisch, kopfballstark, dribbelstark, torgefährlich. Er war zwar offiziell defensiver Mittelfeldspieler, konnte aber auf jeder Position eingesetzt werden. Noch heute gilt Edwards als der kompletteste englische Spieler aller Zeiten. "Duncan hatte alles. Er war groß, stark, selbstbewusst und noch so jung. Wenn wir Tore brauchten, stürmte er nach vorne, stieß jeden zur Seite und erzielte sie für uns." sagt Busby später über ihn.

Wie überragend seine Fähikeiten waren, wird durch eine Anekdote aus seiner Zeit in der Jugend von Manchester United deutlich. ManUtd trifft in einem wichtigen Spiel auf Chelsea, und vor dem Spiel sagt der Trainer zu seiner Mannschaft: "Ihr sollt keinen Edwards-Komplex haben. Versucht euer eigenes Spiel zu entwickeln, spielt nicht jeden Ball automatisch zu Duncan." Halbzeit, Chelsea führt. "Vor dem Spiel habe ich ja gesagt, dass ihr Duncan nicht immer anspielen sollt. Vergesst das. Gebt ihm jeden verdammten Ball." Edwards übernimmt wieder die Kontrolle und Manchester dreht das Spiel in der zweiten Halbzeit.

Ins Rampenlicht des Weltfussballs spielt sich Edwards in einem 3-1 Sieg mit England gegen Westdeutschland in Berlin. Beim Stand von 0-0 erobert er sich den Ball am eigenen Strafraum, startet einen Sololauf bis zum gegnerischen Tor und erzielt mit einem fulminanten Schuss die Führung. England gewinnt 3-1 gegen den amtierenden Weltmeister, und der erst 19-jährige Edwards ist der überragende Akteur der Partie.

Der damalige Spielführer Billy Wright wird später sagen: "Jeder Zuschauer trug nur noch den Namen Duncan Edwards auf den Lippen. Er war erst 19, doch er war bereits ein Weltklassespieler." Kurz vor seinem Tod ist Edwards mit 21 bereits Leistungsträger sowohl im Verein als auch in der Nationalmannschaft, außerdem ist er so beliebt, dass er als erster englischer Spieler überhaupt private Werbeverträge abschließt. Als er im Februar 1958 in Belgrad in den Flieger steigt, ist Edwards der Star des englischen Fussballs.

Und damit haben wir den Beweis. Edwards wurde nicht erst durch seinen jungen Tod zum Helden, er war schon zu Lebzeiten einer. Die Anerkennung, die er heute noch erfährt, ist nicht übertrieben, nicht grundlos, sondern hat ihren Ursprung darin, wie außergewöhnlich gut und talentiert dieser junge Fussballer war und in der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, mit der Edwards sich wohl zu einem der besten oder vielleicht sogar dem besten Spieler aller Zeiten entwickelt hätte.

Glaubt nicht mir, denn ich habe ihn ja selbst nie spielen sehen. Youtube spuckt nämlich leider außer ein paar kurzen Schwarz-Weiß-Aufnahmen nichts heraus. Glaubt seinen Weggefährten und denen, die den Spieler Edwards live erleben durften.

"Ich bin mir ganz sicher dass er sich zu einem der besten Spieler entwickelt hätte, den wir alle je gesehen haben. Neben ihm fühlten wir uns alle wie Zwerge." sagt Bobby Charlton, ManUtd-Legende und Edwards' Teamkollege.

"Geht mir weg mit euren Bests, Peles und Maradonas. Duncan Endwards war der Beste aller Zeiten." sagt Tommy Docherty, der in Edwards' erstem Länderspiel sein Gegenspieler war.

Jimmy Murphy, damals Co-Trainer in Manchester, sagt: "Immer wenn ich hörte, wie Muhammad Ali sich als den Größten aller Zeiten bezeichnete, musste ich lächeln. Denn der Größte von allen war ein englischer Fussballer, und er hieß Duncan Edwards."

Heldentum hin oder her, fest steht: die Tragödie von München hat dem Weltfussball eines seiner größten Talente entrissen und Duncan Edwards selbst die Möglichkeit einer Weltkarriere verwehrt.

Da würde wohl auch mein Lieblingsrapper nicht widersprechen können.

Aufrufe: 5746 | Kommentare: 30 | Bewertungen: 47 | Erstellt:15.10.2010
ø 9.6
KOMMENTARE
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Skim
15.10.2010 | 11:53 Uhr
8
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Skim : 
15.10.2010 | 11:53 Uhr
0
Skim : 
Klasse Blog.
Kannte die Story und Edwards gar nicht, wenn ich ehrlich bin.
Hast du schön aufgearbeitet. 10er.
8
gartenzwerg
15.10.2010 | 11:57 Uhr
6
0
15.10.2010 | 11:57 Uhr
0
Klasse Esh, ein grandioser Blog!
6
MarcoVfB
15.10.2010 | 12:03 Uhr
8
0
MarcoVfB : 
15.10.2010 | 12:03 Uhr
0
MarcoVfB : 
Unglaublich diese Blogs... wie machst du das?
Wie lange brauchst du für so einen Blog eigentlich?
10 Punkte sind da eigentlich viel zu wenig...
8
Maniac1103
15.10.2010 | 13:43 Uhr
4
0
Maniac1103 : 
15.10.2010 | 13:43 Uhr
0
Maniac1103 : 
Brillianter Blog! 10P

Ist natürlich auch viel Legendenbildung dabei und wie er sich weiterentwickelt hätte weiß auch kein Mensch. Als Ronaldinho 24, 25, 26 Jahre alt war, dachte ich auch er wird der vielleicht beste Spieler aller Zeiten aber irgendwie hat da was bei ihm "klick" gemacht und er ist nur noch ein Schatten seiner selbst...
4
grenzdebil
15.10.2010 | 14:47 Uhr
2
-6
grenzdebil : 
15.10.2010 | 14:47 Uhr
-6
grenzdebil : 
Klasse Story, gut zusammengesetzt. Für die Frechheit, den Pop-Stotterer Jay-Z mit Legenden wie Biggie oder 2Pac in Bezug zu setzen, gibt es allerdings einen Punkt Abzug. Ohne diesen Anfall von Majestätsbeleidigung wäre das eine Zehn gewesen.
2
xxlhonk
15.10.2010 | 15:29 Uhr
5
-1
xxlhonk : 
15.10.2010 | 15:29 Uhr
-1
xxlhonk : 
Ich mag deine Blogs.
Und jedes Mal weiß ich, warum.
Weil sie einfach nur gut sind.
Gut ist etwas untertrieben, aber wir wollen hier ja nicht einen Duncan Edwards aus Dir machen, oder?

In einer der früheren 11 Freunde gab es einen langen und ausführlichen Bericht über den Vorfall in München.
Denn fand ich herausragend gut.
ähnlich wie dein Blog.
Doch der sieht diese ganze Sache eher wie Jay-Z.
Und wie ich.
ich will niemandem zu nahe treten und auch ich habe die Jungs nie spielen sehen.
Aber ist es nicht immer so, dass Menschen, die früh versterben glorifiziert werden?
Natürlich kann man aus einer Null keinen Superstar machen.
Aber gerne wird dann die eigene Meinung (und will man auch noch so objektiv sein) von der Tragödie beeinflusst.
Und damit bin ich dann inhaltlich auch wieder bei Jay-Z und seiner Sicht der Dinge.
Obwohl ich Jay-Z nicht so mag


Alles andere ist reine Spekulation.
Wäre ein Deisler der weltbeste Fußballer geworden, wenn er nicht...
Hätte Robert Enke uns vielleicht zum WM gemacht?
Niemals werden wir das erfahren.
Darüber aber zu reden und zu diskutieren ist immer wieder eine schöne Sache.
Auch, weil man sich mit den Tragödien und Schicksalen auseinandersetzt und diese nicht vergisst.
5
matondo
15.10.2010 | 15:32 Uhr
3
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matondo : 
15.10.2010 | 15:32 Uhr
0
matondo : 
geil
3
Tagon
15.10.2010 | 16:34 Uhr
1
-1
Tagon : 
15.10.2010 | 16:34 Uhr
-1
Tagon : 
HipHop finde ich scheiße, aber der Rest ist klasse! Sehr schön erzählt, toller Stil, gefällt mir! Gibt ne Zehn. :)
1
Kaiser01
15.10.2010 | 18:55 Uhr
1
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Kaiser01 : 
15.10.2010 | 18:55 Uhr
0
Kaiser01 : 
Eine grandiose Geschichte in einem grandiosem Blog! Stark!!

Jay-Z hat mit seinem Satz bestimmt nicht Unrecht. Aber das Leben im Konjunktiv ist halt leider nur konjunktiv.
Kann man das so schreiben? Egal, ihr versteht mich schon.
1
mamö99
15.10.2010 | 20:32 Uhr
2
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mamö99 : 
15.10.2010 | 20:32 Uhr
0
mamö99 : 
Klasse Ding, Esh! Gibt 10!
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