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11.03.2008 um 11:39 Uhr
Der wahre Kommunismus

Das heißeste Thema dieser Tage: Die Zentralvermarktung der Fußball-Bundesliga steht auf dem Spiel. Das Kartellamt prüft, ob es weiterhin rechtens ist, dass die Vereine der Fußball-Bundesliga ihre TV-Rechte gemeinsam vergeben und das eingenommene Geld einigermaßen gleichmäßig verteilen. Wobei das entscheidende Wort „einigermaßen" ist. Schließlich bekommt der deutsche Meister aus dem Einnahmentopf etwa doppelt so viel Geld wie ein Absteiger. Aber klar ist auch: Wenn der FC Bayern seine Fernsehrechte einzeln verkaufen dürfte, dann könnte er wesentlich mehr Geld einnehmen als das derzeit der Fall ist. Und es ist ja schließlich die Aufgabe der Vereinsoberen des deutschen Rekordmeisters, die Einnahmenseite zu optimieren, oder?

Vielleicht aber auch nicht. Schauen wir doch einmal auf ein Beispiel aus der National Football League. Ihr wisst schon, diese Kommerzliga aus den Vereinigten Staaten, deren Totalvermarktung jedem rechtschaffenen Fußballfan ein Gräuel sein muss. Da regieren schwerreiche Teambesitzer eine Liga, in der die wirtschaftliche Qualifikation wichtiger ist als die sportliche. Deshalb gibt es auch keinen Auf- und Abstieg. Igitt!

Gehen wir mal zurück ins Jahr 1961. Es war die Pionierzeit des Fernsehens und erstmals gab es die Möglichkeit, die Fernsehrechte am Football richtig gewinnbringend zu veräußern. Aber die einzelnen Teams hatten völlig unterschiedliche Voraussetzungen. Die New York Giants residierten im größten Fernsehmarkt der USA und hatten das Angebot, pro Saison 175,000 Dollar zu kassieren. Klingt nach wenig, war aber damals eine Menge Geld. In jedem Fall war das etwa vier Mal so viel wie die Green Bay Packers im verschlafenen Wisconsin für ihre TV-Rechte erwarten durften.

Damals musste eine Grundlagenentscheidung getroffen werden. Und Wellington Mara, der Besitzer der New York Giants, entschied sich dafür, eine Zentralvermarktung zu unterstützen. Und zwar eine Zentralvermarktung ohne Hintertürchen. Da bekam der Titelträger am Saisonende nicht etwa doppelt so viel Kohle wie der Tabellenletzte. Stattdessen hieß es: gleiches Geld für alle. Mit anderen Worten: Mara verzichtete zum Wohle der Liga auf Mehreinnahmen. Das geht also tatsächlich.

Nun ist die NFL mittlerweile die uneingeschränkt erfolgreichste Sportliga dieses Planeten. Da, wo die sind, wollen alle anderen hin. Und wie haben sie das geschafft? Das Geheimrezept heißt: teilen. Denn mittlerweile werden nicht nur die Fernseheinnahmen in einen großen Topf geworfen und durch 32 (so viele Mannschaften gibt es in der NFL) geteilt, sondern auch die Einnahmen aus verkauften Eintrittskarten und Fanartikeln. Für das, was die Liga da macht, gibt es auch einen Namen. Das nennt man Kommunismus.

Lustig dabei ist vor allem, dass die NFL nichts anderes ist, als der Zusammenschluss von 32 mehr oder minder stinkreichen Teambesitzern. Dass ausgerechnet die sich einem derart gleich geschalteten System unterwerfen, ist mehr als nur ein bisschen ironisch. Aber es gibt auch einen Grund dafür, dass alle mitmachen. Es funktioniert nämlich.

Die NFL geht ja sogar noch einen Schritt weiter. Die talentiertesten Nachwuchsspieler werden Jahr für Jahr in einer so genannten Draft verteilt. Und da darf der schlechteste der Vorsaison als erstes zugreifen. Und weiter: Die Gehaltsobergrenze stellt sicher, dass alle Mannschaften die gleiche Summe für Spielergehälter zur Verfügung haben. Das sorgt dafür, dass jede Mannschaft der Liga die realistische Chance hat, innerhalb von drei bis fünf Jahren den Super Bowl zu gewinnen.

Schauen wir zum Vergleich auf die Fußball-Bundesliga. Wie groß war vor dieser Saison die Chance, dass Energie Cottbus deutscher Meister wird? Genau, gleich null. Und wie groß ist die Chance, dass Energie Cottbus in fünf Jahren deutscher Meister wird? Immer noch null. Wahrscheinlicher ist es, dass Cottbus bis dahin in der dritten Liga gelandet ist. Und das, obwohl die kleinen Vereine momentan durch die Zentralvermarktung relativ geschützt sind. Aber vielleicht muss ja nicht jeder Klub (auch nicht der FC Bayern) immer finanziell das Bestmögliche herausholen. Vielleicht ist ja eine halbwegs ausgeglichene Liga ein Gut, das sich zu beschützen lohnt.

Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 10285 | Kommentare: 43 | Bewertungen: 14 | Erstellt:11.03.2008
ø 7.2
KOMMENTARE
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oliver
11.03.2008 | 12:10 Uhr
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oliver : sehr interessant ...
11.03.2008 | 12:10 Uhr
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oliver : sehr interessant ...
... dieser vergleich mit der nfl. ich frage mich aber, ob der nicht ein wenig hinkt. immerhin ist die nfl ein in sich geschlossener kreis, der nicht mit anderen konkurrieren muss. da kann man dann auch draften und das geld fair verteilen. die bundesliga dagegen hat ja nicht nur mit sich, sondern auch mit den anderen europäischen ligen zu kämpfen. und da wird es dann m.e. etwas kompliziert. oder nicht?
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LaBestiaNegra
11.03.2008 | 12:34 Uhr
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LaBestiaNegra : sehr gut oliver.
11.03.2008 | 12:34 Uhr
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LaBestiaNegra : sehr gut oliver.
Ich fande es auch sehr interessant, vorallem höre ich das zum erstenmal über die NFL. Aber fakt ist einfach das wir in Europa mehrere Ligen haben die untereinander konkurrieren.
Wenn müsste die zentralvermarktung überall eingeführt werden.
Ansonsten seh ich einfach schwarz für die Top Clubs der Bundesliga.
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Mathild
11.03.2008 | 12:57 Uhr
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Mathild : Danke
11.03.2008 | 12:57 Uhr
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Mathild : Danke
Ein wirklich interessanter Artikel. Aber wie ist das in Europa zu lösen? Ein Gordischer Knoten ? Kann mir nicht vorstellen, das Europa da zusammen halten würde! Wir wollen eine ausgeglichene BL ( Zentralverm.) und gleichzeitig Klubs, die in der CL wettbewerbsfähig sind ! ????? Mir fällt auch keine Lösung ein. Gerecht wird wohl keine sein.
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AndreasRenner
11.03.2008 | 13:19 Uhr
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AndreasRenner : Europäischer Wettbewerb
11.03.2008 | 13:19 Uhr
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AndreasRenner : Europäischer Wettbewerb
Vollkommen richtiger Einwand. In der NFL muss niemand mit Vereinen aus dem Ausland konkurrieren. Und auch vollkommen richtig, dass es keine Lösung geben kann, die alle zufrieden stellt. Aber eins erscheint mir klar: Wenn der Erste schon doppelt so viel Geld bekommt wie der Letzte, dann ist das aus meiner Sicht mehr als ausreichend. Soll mir keiner kommen und mir erklären, der FC Bayern müsste mit Chelsea konkurrieren. Das kann nur funktionieren, wenn man einen ähnlich potenten Investor wie Herrn Abramovich findet (was momentan nach den Statuten der DFL ohnehin unmöglich ist). Dafür kann nicht der Verteilungsschlüssel der Fernsehgelder herhalten.
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Bird
11.03.2008 | 13:39 Uhr
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Bird : gute Idee
11.03.2008 | 13:39 Uhr
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Bird : gute Idee
Das ist aufjedenfall eine Idee!!
Aber leider müssten da alle Fußballvereine in Europa mitmachen besser gesagt da müsse die FIFA oder UEFA eingreifen oder meinetwegen auch die EU!!
Ansonsten würde es nicht funktionieren, weil ansonsten irgendwelche Vereine (z.B.: Italienische) versuchen würden sich trotzdem irgendwelche Vorteile zu erschaffen.
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Goalie
11.03.2008 | 14:10 Uhr
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Goalie : sehr interessant
11.03.2008 | 14:10 Uhr
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Goalie : sehr interessant
aber wie schon meine Vorredner gesagt haben, wird es wohl schwierig werden, das den Bayern-Verantwortlichen beizubringen. Ich bin aber trotzdem für eine auflösung der Zentralvermarktung. Man sollte sich jetzt in dieser Saison nicht vom guten Abschneidern der deutschen Mannschaften blenden lassen. Ich denke, nächste Saison schauts schon wieder ganz anders aus und dann ist das Geschrei nach der Vermarktung wieder groß. Ich denke, die anderen Verein stimmen nicht dafür, weil sie viel weniger bekommen würden. Siehe Bremen am Donnerstag das Hinspiel gegen Glasgow. Wollte auch kein Sender übertragen. Dann aber immer beschweren, dass im DFB-Pokal immer nur Bayern übertragen wird. Die haben halt nunmal die besten Einschaltquoten.
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Rechtsaußen83
11.03.2008 | 14:12 Uhr
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Rechtsaußen83 : gut und doch nicht vergleichbar
11.03.2008 | 14:12 Uhr
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Rechtsaußen83 : gut und doch nicht vergleichbar
Ich gebe meinen vorrednern Recht das der Artikel über die NFL recht gut und aufschlussreich ist. Nur Wie die meisten anderen schon angemerkt haben wird so eine Lösung in der BuLi NIE möglich sein. Aber das gleich wieder jeder auf Bayern und KHR rumgehackt wird find ich vollkommen scheiße. Denn Ihr habt bestimmt auch gejammert als als das letztemal die Rechtevergabe an Arena gefallen ist und dadurch der Spielplan umgeworfen wurde. Aber worauf ich hinaus will ist, das wird in Deutschland nunmal kein Monopol zu gelassen ist was meiner Meinung nach gut ist. Aber genau das ist die Zentrale Rechtevermarktung. Denn egal ob nun Bayern, Frankfurt oder auch Dortmund würden dadurch die Möglichkeit erhalten ihre TV Rechte selbst zu vermarkten. Wenn dadurch ein Plus an Kapital auf die Konten gespühlt wird. Warum denn nicht. Und zu meinem Vorredner der meinte Bayern könnte nur mit Chelsea komkurieren wenn ein investor gefunden wird, was gottseidank bei uns noch verboten ist. Da muss ich dir widersprechend en bestes Beispiel ist der FC Arsenal London, der nciht verkauft wurde, der keinen Investor hat sondern nur Sponsoren und eben ihre eigenvermarkteten TV Rechte. Darum muss ich sagen würde ich mich für ALLE Vereine freuen denn JEDER Verein würde etwas mehr abbekommen.
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20Legend
11.03.2008 | 14:40 Uhr
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20Legend : @Rechtsaußen83
11.03.2008 | 14:40 Uhr
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20Legend : @Rechtsaußen83
Arsenal vermarktet die TV-Recht nicht selbst.In England vermarktet die Premier League zentral die Rechte.Der größte Unterschied zu Deutschland ist,dass die PL das Geld nicht mit der 2. Liga teilen muss.Außerdem gibt es in Deutschland kein Monopol?? Frag mal Oddset.
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Feldgraf
11.03.2008 | 14:49 Uhr
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Feldgraf : 
11.03.2008 | 14:49 Uhr
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Feldgraf : 
Zitat: " ... dieser vergleich mit der nfl. ich frage mich aber, ob der nicht ein wenig hinkt. immerhin ist die nfl ein in sich geschlossener kreis, der nicht mit anderen konkurrieren muss."

So sehe ich das auch.

Zitat: "wenn man das kopieren möchte dann müssten alle europäischen vereine (innerhalb der uefa) sich zusammenschliessen."

So könnte es klappen, dazu wird es aber wie schon gesagt nicht kommen.

Ach, es gibt leider auch noch so viele andere Baustellen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Da wären allem voran die 50+1-Regelung, die schlechte Vermarktung, das ewige Hinterherhinken, die tausend Instanzen, das Image und die Logos (http://www.designtagebuch.de/die-fusball-bundesliga-logo-tabelle/) der Vereine, der dumme Sozialneid und so weiter und so fort. Es fehlen auch einfach richtige Manager, was sich in der DFL und Liga teilweise so tummelt erinnert mehr an klassische Funktionäre, man braucht dort aber Typen vom Schlag eines Wendelin Wiedeking die das volle Potential (u.a. tolle Stadien, finanzstarke Sponsoren und Fans usw.) ausschöpfen können.
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schnuffel
11.03.2008 | 15:23 Uhr
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schnuffel : 
11.03.2008 | 15:23 Uhr
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schnuffel : 
Und wer überprüft wie die Vereine mit dem Geld umgehen. Wenn ein Alleinbesitzer wie in der NFL regiert, wird er auch aufpassen, dass sein Geld nicht verplempert wird. Wie man Geld schnell verbrennen kann sieht man zu genüge. Der Verein der gut wirtschaftet wird am Ende bestraft. Das ist dann Sozialismus. Kenne ich.
Wie soll eine Bundesliga ohne Abstieg funktionieren soll. Da ist ja die Langeweile. In der DEL funktioniert das auch nicht. Und wie soll nur in der Bundesliga eine Gehaltsobergrenze eingeführt werden. Ich glaube nicht das sich die Ligen in spanien, england, frankreich und italien auf so etwas einlassen werden. Die bundesliga wird dann besonders unattraktiv werden. Die Vereine werden sich freuen, wenn nur noch 10.000 - 20.000 Zuschauer in den großen Stadien sitzen. Einen toni oder Ribery kann man sich dann abschminken.
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