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10.01.2013 um 19:57 Uhr
Die Handball-WM
Klefisch spricht Klartext: „Der deutsche Handball zerstört sich selbst"

Sechs Jahre ist es her, als der deutsche Handball auf dem sportlichen Olymp ganz weit oben angelangt ist. Der WM-Titel 2007 hat eine ganze Sportart populär gemacht und Bundestrainer Heiner Brand gesellschaftlich enorme Anerkennung beschert. Doch dies gehört nun bekanntlich der Vergangenheit an, da die letzten Turniere meist miserabel abgeschlossen worden sind. Bei Olympia 2012 in London glänzte man gar mit Abwesenheit. Was ist nur los mit dem deutschen Handball, denn nach „König Fußball" scheinen Eishockey und auch Basketball am Handball vorbeigezogen zu sein. Die stärkste Liga der Welt hat internationale Topstars, die wenigen deutschen zieren sich an einer Weltmeisterschaft teilzunehmen. Deren Vereine tolerieren und akzeptieren dies. Die Frage muss erlaubt sein, wie denn der deutsche Handball aus seiner Krise kommen möchte, wenn sich die deutschen Nationalspieler zu schade sind bei einem Weltturnier zu spielen.

Diese jüngste Entwicklung ist schlicht als traurig zu bezeichnen. Die Handball-Nationalspieler sind Vorbilder und sind auch dafür verantwortlich, dass der Handball endlich sein Dasein als Randsport abstreifen kann. Persönliche Interessen und Einzelschicksale zählen nicht. Potentielle Leistungsträger und vor allem auch Gesichter des Handballs wie Holger Glandorf, Lars Kaufmann, Christian Sprenger und vor allem Pascal Hens schaden mit ihrem Fernbleiben sich selbst und auch dem gesamten Handball. Ähnlich äußert sich auch der meinungsfreudige Ex-Nationalspieler Stefan Kretzschmar, der gegenüber der „Sport Bild" deutliche Worte findet: „Noch haben nicht alle kapiert, dass die Nationalmannschaft das Allerwichtigste in unserer Sportart ist. Solange einige Vereine sich immer noch wichtiger nehmen als den Handball an sich, ist es aussichtslos, die Sportart nach vorne zu bringen." Klare und deutliche Worte des 39-jährigen, langjährigen Spieler des SC Magdeburg, der keinerlei Verständnis für die Wehwehchen der Handball-Nationalspieler außer Dienst aufbringen kann. Für ihn selbst wäre eine Absage solch eines Turniers keine überlegenswerte Alternative gewesen: „Unvorstellbar! Ein Turnier auszulassen, das war ein absolutes Tabu für mich."

Man muss die Situation mit den fehlenden Spielern sicherlich differenzieren. Wenn ein Bundesliga-Torschützenkönig wegen eines Achillessehnen-Risses auf das Weltturnier in Spanien verzichtet, ist dies sicherlich bitter, aber unumgänglich. Die anderen jeweils besten deutschen Torschützen in der Handball-Bundesliga, wie Christian Zeitz und Christian Sprenger (jeweils THW Kiel), Pascal Hens und Michael Kraus (beide HSV Hamburg) und Holger Glandorf von der SG Flensburg haben bis auf Kraus alle freiwillig abgesagt. Auch wegen der Vielzahl an Spielen, denen sich besonders die Bundesliga-Spitzenklubs zu erwehren haben. Ob in der EHF-Champions League oder auch in den zahlreichen nationalen Ligaspielen. Die Spieler werden regelrecht verheizt, da an Erholung kaum noch zu denken ist. Hinzu kommt die Tatsache, dass jedes Jahr eine EM oder WM ansteht. Die Vorfreude sinkt sicherlich, auch wenn eine freiwillige Absage gewiss keine Entschuldigung dafür darstellt. Bundestrainer Martin Heuberger fordert drastische Veränderungen: „Da müssen alle Beteiligten aufeinander zugehen: Verbände und Vereine. Ich glaube, dass wir keine Bundesliga mit 18 Klubs brauchen. Die gibt es in anderen Ländern auch nicht. 16 Vereine wären völlig ausreichend. Zudem ist die Champions League natürlich viel zu aufgebläht." In der Vorrundengruppe gegen Mannschaften wie Brasilien, Tunesien, Argentinien, Montenegro und vor allem Weltmeister Frankreich wird es eine echte Herkulesaufgabe für das DHB-Team sein mindestens den vierten Platz zu sichern, damit der Sprung ins Achtelfinale gelingt.
Die voraussichtliche Anfangsformation mit dem Berliner Silvio Heinevetter im Tor, Patrick Wiencek vom THW Kiel als Kreisläufer, Mannschaftskamerad Dominik Klein auf Linksaußen, Patrick Groetzki von Kiel, dem härtesten Meisterschaftsrivalen Rhein-Neckar Löwen auf rechts. Der Berliner Sven-Sören Christophersen wird im Rückraum links verteidigen. Sein Pendant auf der rechten Rückraumseite ist der Gummersbacher Adrian Pfahl, während Weltmeister Michael Haass von Frisch Auf Göppingen im Rückraum Mitte agiert. Diese sieben haben unser Vertrauen verdient. Wenn sie den Achteleinzug und vielleicht sogar noch ein klein wenig mehr schaffen könnten, dann gebührt diesen Spielern der allerhöchste Respekt. Derzeit jedoch überwiegt beim geneigten Handballfreund die Wut und Enttäuschung über den Umgang von einigen mit der verantwortungsvollen Position als Nationalspieler.

Von Sportreporter Henning Klefisch
Aufrufe: 2025 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 1 | Erstellt:10.01.2013
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