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25.11.2011 um 17:33 Uhr
Die Nehmerqualitäten des Adrian


„Adrian! Adriaaaaaan!" – Markus Babbel steht in der Nacht vor dem Spiel seiner Hertha auf dem Trainingsplatz. Das Flutlicht beleuchtet den verlassenen Platz. Kein Trainingskiebitz hat sich zu dieser gottlosen Zeit hierher verirrt. „Adriaaaan!" – Es schüttet wie aus Eimern. Die Kapuze seines Trainingsanzuges hat sich der Coach weit über den Kopf gezogen. Der Regen läuft ihm dennoch über das Gesicht. Er zittert, das Thermometer zeigt Minusgrade an. „Adrian! Adrian!" – Babbel zeigt eine Entschlossenheit, vor der ein Mel Gibson in „Braveheart"-Form kapitulieren würde. Der Trainer peitscht seinen stärksten Angreifer an, seine kolumbianische Waffe, seinen Dauer-Patienten: „Adriaaan!" Ramos robbt seit Stunden alleine durch den Matsch, der vor dieser Einheit noch als Rasen zu identifizieren war. Davon ist nichts geblieben. Ramos schleppt Medizinbälle, macht Klimmzüge an der Latte des Tores, trägt seinen Coach Runde für Runde im Vollsprint um den Platz. „Adriaan! Da geht noch mehr", stachelt Babbel seinen Stürmer an, als dieser völlig ausgepumpt zu Boden sinkt. „Das kann nicht alles gewesen sein!"

Dann kehrt Ruhe auf dem Trainingsplatz ein. Rien ne va plus. Babbel tippt dem Kolumbianer mit dem Fuß in die Seite, als würde er testen wollen, ob noch Leben in dem Spieler steckt. Keine Reaktion. Nichts geht mehr. Babbel lässt sich resignierend auf den nassen Boden fallen und blickt in die Ferne. Die Tränen, die über seine Wangen laufen, gehen in dem strömenden Regen unter. Er legt eine Hand auf die Schulter seines Stürmers. Beide wissen, dass es keinen Sinn mehr macht. Die Quälerei war umsonst, Ramos würde morgen nicht auflaufen können. Völlig ausgeschlossen. Zu schwerwiegend ist die Verletzung. „Adrian", beginnt Babbel mit ruhiger Stimme. „Du bist noch nicht so weit." Sofort schießen auch dem Angreifer die Tränen in die Augen. Doch auch er weiß, dass das Risiko zu groß ist: Die Nagelbett-Entzündung in seinem rechten Mittelfinger macht einen Einsatz unmöglich.


Er kann einem schon leidtun, der Adrian Ramos. Der 25-jährige Hertha-Stürmer ist in dieser Saison wirklich vom Pech verfolgt. Verletzungsmiseren müssen zugegebenermaßen zahlreiche Fußball-Profis überstehen, allerdings sind sie selten so skurril wie die des Kolumbianers. Eine Nagelbett-Entzündung am Mittelfinger, eine Zyste am Gesäß, Entzündungswerte im Blut, ein angegriffenes Immunsystem – aktuell muss er wegen eines Furunkels am Oberschenkel aussetzen. Womöglich ist ein heimtückischer Moskito-Stich die Ursache, den er während einer Länderspielreise erlitt.

Ich habe aufgrund dieser Vorgeschichte mal einen Informanten aktiviert, der über beste Kontakte zur medizinischen Abteilung der Hertha verfügt. Dank dieser Vernetzung kann ich Euch exklusive Auszüge aus der „Krankenakte Ramos" präsentieren. Die öffentlich bekannten Verletzungen sind nur die Spitze des Eisbergs...


"Adriaaaan" Ramos ist Herthas Pflegefall.

Name: Gustavo Adrián Ramos Vásquez / Eingewiesen: August 2009

#1: Zeckenbiss. Es passierte bei einem Waldlauf. „Ich habe mir extra eine lange Unterhose untergezogen", erklärt Ramos später. „Unfassbar, diese Biester." Unter der Dusche fiel ihm der Zeckenbiss am Oberschenkel auf. Bei dem Anblick rang er mit seinem Kreislauf, stand schwer unter Schock. Die herbeigeeilten Ärzte nahmen noch in der Kabine eine Notoperation vor. Ramos ist bis heute traumatisiert und bewältigt Konditionseinheiten nur noch auf dem Laufband. In langer Unterhose. „Sicher ist sicher", sagt er sich. Es steht die Vermutung im Raum, dass Andreas „Zecke" Neuendorf bei dem Vorfall seine Beißer im Spiel hatte.

#2: Spielsucht.
Diese Krankheit erkannten die Ärzte während einer Formkrise des Stürmers. Auf einer PK äußerte er sich eindeutig: „Natürlich läuft es bei mir momentan nicht rund. Aber das ist kein Grund, mich auf die Bank zu setzen. Ich will immer spielen! Das muss einfach mein Anspruch sein!" Die Hertha-Verantwortlichen zeigten sich betroffen, diese Neigungen seien ihnen vorher nie aufgefallen. Zu Therapiezwecken setzten sie ihn nach jedem Treffer ein Spiel auf die Tribüne. „Mit Einsatzzeit ist ihm jetzt nicht geholfen", so Manager Michael Preetz.

#3: Haarbruch. Eine Schockdiagnose, als Ramos nach einer Trainingseinheit am Kopfballpendel über große Schmerzen klagte. Die Hertha-Doc’s reagierten blitzschnell und machten Röntgen-Aufnahmen. „Das Ergebnis war besorgniserregend", erklärte der Ober-Arzt. „Aufgrund hunderter Haarbrüche mussten wir ihm sofort und ohne Narkose die Schermaschine an den Kopf setzen." In der Folgezeit ließ Ramos die Haare unter ärztlicher Aufsicht und mithilfe einer Alpecin-Kur wieder wachsen.

#4: Schnittwunde in der Handfläche. Als Ramos eines Morgens zu spät zum Training erschien, hatte die Mannschaft bereits gefrühstückt. Folglich musste er sich sein Brötchen selbst aufschneiden. Ein folgenschweres Risiko, das eine lange Verletzungspause nach sich zog.

#5: Kuhmilchallergie. Während einer Länderspielreise vergaß Ramos, das Hotelpersonal von seiner Allergie zu informieren. Seine Choco-Pops verzehrte er mit Genuss, später wurden sie allerdings sein Verhängnis. Auf den Durch- folgte der Spielausfall für Ramos. „Normalerweise gieße ich meine Frühstücksflocken mit in Milch gelöstem Kaffeweißer auf. Der ohne Milchfettanteil. Schmeckt wie bei Mama", so der Kolumbianer. „Es war mein Fehler, nicht darauf hinzuweisen."

#6: Juckreiz am Rücken.
Ramos konnte sich während einer BuLi-Partie nicht auf das Spiel konzentrieren, da er einen Juckreiz am Rücken verspürte. Babbel wechselte ihn noch vor der Pause aus. „Die Gesundheit geht da vor, wir hoffen dass er schnell wieder fit wird", erklärte der Coach nach der Partie. „Ramos hat sich den gesamten Rücken aufgeschubbert."

#7: Zahnschmerzen. Nachdem Ramos eines Abends vor dem Fernseher eine Tafel Schokolade verdrückte, schlief er auf seinem Kuschelsofa ein. Er schaffte es nicht mehr, seine Zähne zu reinigen. Als er am nächsten Morgen aufwachte, litt er unter starken Zahnschmerzen. Ein Hertha-Doc: „Karius und Baktus lieferten sich in dem Mundraum des Patienten einen erbitterten Zweikampf. Ramos wird in den nächsten Wochen nicht in selbige gehen können."

#8: Müdigkeit. Am Abend vor einem Ligaspiel lief ein spannender US-Boxerfilm mit Sylvester Stallone im Fernsehen. Aufgrund der harten Kampfszenen bekam Ramos in der Nacht kein Auge zu. An Fußball war am nächsten Tag nicht zu denken. Bis heute findet er nur mit Baldriantabletten in den Schlaf. Ramos: „Immer wieder wache ich schweißgebadet auf und höre die verzweifelten Rufe des Boxers: Adrian! Adriaaaaan!"
Aufrufe: 7436 | Kommentare: 11 | Bewertungen: 20 | Erstellt:25.11.2011
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KOMMENTARE
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Chewy04
01.12.2011 | 21:52 Uhr
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Chewy04 : 
01.12.2011 | 21:52 Uhr
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Chewy04 : 
Schön und amüsant geschieiben, aber mit der ein oder anderen Diagnose wäre ich vorsichtig.
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