08.09.2010 um 18:52 Uhr
Die Revolution fordert Köpfe
Die Mutter aller Revolutionen, und schwer belastender Lernstoff Millionen gepeinigter Schüler, ist die Französische Revolution. Doch von großer epochaler Bedeutung war dieses geschichtliche Ereignis. Aufstrebende Kräfte der Aufklärung beendeten die feudalistische Ständegesellschaft und leiteten das moderne Zeitalter ein, in dem die Machtverhältnisse aufgeteilt wurden. So eine Ständegesellschaft hat schon etwas Feines, wenn man eben erst mal den richtigen Stand besitzt. Dabei kann man sich schön die Eier schaukeln, während sich die Bauern plagen und ihr ganzes Leben in der unteren Hierarchie abfristen, jedoch nie einen anderen Stand erringen können. Es sei denn, es gibt von denen ganz viele Unzufriedene die aufbegehren möchten. Dann kommt es zur Revolution und zum Sturz der Machthaber.
Äquivalent zu diesen gesellschaftlichen Ereignissen könnte man die Entwicklung in den letzten Jahren der deutschen Nationalmannschaft betrachten. Über Dekaden hinweg glich sich dessen Erscheinung und der Mythos, den ich eins beschrieb, wurde geschaffen.
Eine gefürchtete Mannschaft die mit ihrer Kampfkraft und ihrem Siegeswillen jeden Gegner niederarbeiten kann. Auch die Arbeitsaufteilung und die Hierarchien war immer stets vorab geklärt wie in einer Ständegesellschaft. Es gab die Schöngeister und Stilisten – sozusagen die Landvogte – und es gab diejenigen für die Drecksarbeit – also Bauern -, die eher den Rücken der Schöngeister freihielten, damit die sich den schönen Dingen, wie Tore vorbereiten bzw. schiessen, widmen konnten.
Der Klassiker aller Klassiker ist in diesem Lande das Beispiel Beckenbauer – Schwarzenbeck. Auch bekannt unter dem Synonym:
"Kaiser – Katsche". Welch treffende Namensgebung des Volkes, die den Ausgangspunkt dieses Blogs mehr als verdeutlicht.
Netzer – Wimmer. Jeder hatte seinen Bauern.
Altgediente Lehnsherren bestimmten immer selbst, wann sie ihr Amt zur Verfügung stellen werden. Als sich dann letztendlich im Jahre 2004 auf dem grünen Rasen eine Ansammlung von satten Altherren und ausgemachten Bauerntölpel der internationalen Öffentlichkeit zur Lächerlichkeit Preis gaben, brannte die Volksseele nach einer Revolution.
Jacques "Rousseau" Löw war, und ist der bedeutendste Wegbereiter dieses neuen Stils, den die Nationalmannschaft fortan auszeichnete.
Er setzte auf spielerische und technische Elemente. Schnelles direktes Spiel um möglichst viel Raum in äusserst geringer Zeit zu erreichen. Vertikal und offensiv. Doch um dieses zu kreieren, brauchte er eine neue Spielergeneration. Spieler die taktisch und technisch auf höchstem (nein, ich schreib jetzt nicht högschdem) Niveau ausgebildet wurden und durch ihre jugendliche Leichtigkeit seine Ideen umzusetzen vermochten.
Diese Revolution forderte natürlich auch Opfer. Dieses mal keine Bauernopfer, nein es traf den fettgefressenen Adel. Einer der ersten war der träge gewordene Christianius Wörns und es folgten weitere, die es natürlich nicht ausliessen aus ihrem Exil und ihrem Verdruss noch mal ein paar Brandpfeile zurückzuschiessen.
Für großes Aufsehen sorgte die Absetzung des königlichen Statthalters Torstein Frings, der es sich schon zu lange in seinem Amt gemütlich gemacht hatte und doch immer wieder auf seine Verdienste in der Vergangenheit verwies, als ihn Rousseau, an der Spitze der aufgebrachten Spieler, aus dem Amt hob und ihn durch einen Jüngeren ersetzte.
Der Vorgang erzürnte den König Michaelius Ballack XVI mächtig, der jahrelang mit seiner autoritären und brutal regiden Handlungsweise sich nicht nur Freunde im Lande machte. Dieser Angriff war nicht nur gegen seinen engsten Vertrauten, nein er bedeutete einen Angriff auf seinen ganzen Stand und diesen galt es mit aller Macht zu verteidigen.
Konterrevolutionäre seien das doch alle, erboste er sich. Das Land brauche doch eine starke Leitfigur und eine steile Hierarchie, denn so war das ja schon seit Gedenken.
Doch die Revolution schritt im zügigen Tempo voran und die Zeit des Königs neigt sich zu Ende. Als er, aufgrund einer schwerwiegenden Verletzung, seine Ämter niederlegen musste, war die Gelegenheit günstig um den altersschwachen König zu stürzen.
Macht und Verantwortung wurde auf viele Schultern verteilt und zur großen Schlacht von Afrika zeigte die deutsche Nationalmannschaft den foranschreitenden Prozess der Revolution einer breiten Weltöffentlichkeit. Spielerische Eleganz und eine fast nie dagewesene Leichtigkeit zeichnete das eigene Spiel aus, auch wenn es am Ende nicht zum großen Sieg reichte.
"Es geht um das Ganze" äusserte sich Jacques Löw immer wieder, und verdeutlichte damit seine Philosophie der ineinander greifenden Zahnräder, die mit ihren Automatismen eine große Maschine zum laufen bringen können. Und sie passen präzise und bezeichnenderweise ohne den König auch wenn seine Stärke noch beachtlich ist. Er wurde entmachtet und degradiert, und das nicht nur um einen Rang.
Seine Tage sind gezählt. Die Revolution fordert auch seinen Kopf.
Äquivalent zu diesen gesellschaftlichen Ereignissen könnte man die Entwicklung in den letzten Jahren der deutschen Nationalmannschaft betrachten. Über Dekaden hinweg glich sich dessen Erscheinung und der Mythos, den ich eins beschrieb, wurde geschaffen.
Eine gefürchtete Mannschaft die mit ihrer Kampfkraft und ihrem Siegeswillen jeden Gegner niederarbeiten kann. Auch die Arbeitsaufteilung und die Hierarchien war immer stets vorab geklärt wie in einer Ständegesellschaft. Es gab die Schöngeister und Stilisten – sozusagen die Landvogte – und es gab diejenigen für die Drecksarbeit – also Bauern -, die eher den Rücken der Schöngeister freihielten, damit die sich den schönen Dingen, wie Tore vorbereiten bzw. schiessen, widmen konnten.
Der Klassiker aller Klassiker ist in diesem Lande das Beispiel Beckenbauer – Schwarzenbeck. Auch bekannt unter dem Synonym:
"Kaiser – Katsche". Welch treffende Namensgebung des Volkes, die den Ausgangspunkt dieses Blogs mehr als verdeutlicht.
Netzer – Wimmer. Jeder hatte seinen Bauern.
Altgediente Lehnsherren bestimmten immer selbst, wann sie ihr Amt zur Verfügung stellen werden. Als sich dann letztendlich im Jahre 2004 auf dem grünen Rasen eine Ansammlung von satten Altherren und ausgemachten Bauerntölpel der internationalen Öffentlichkeit zur Lächerlichkeit Preis gaben, brannte die Volksseele nach einer Revolution.
Jacques "Rousseau" Löw war, und ist der bedeutendste Wegbereiter dieses neuen Stils, den die Nationalmannschaft fortan auszeichnete.
Er setzte auf spielerische und technische Elemente. Schnelles direktes Spiel um möglichst viel Raum in äusserst geringer Zeit zu erreichen. Vertikal und offensiv. Doch um dieses zu kreieren, brauchte er eine neue Spielergeneration. Spieler die taktisch und technisch auf höchstem (nein, ich schreib jetzt nicht högschdem) Niveau ausgebildet wurden und durch ihre jugendliche Leichtigkeit seine Ideen umzusetzen vermochten.
Diese Revolution forderte natürlich auch Opfer. Dieses mal keine Bauernopfer, nein es traf den fettgefressenen Adel. Einer der ersten war der träge gewordene Christianius Wörns und es folgten weitere, die es natürlich nicht ausliessen aus ihrem Exil und ihrem Verdruss noch mal ein paar Brandpfeile zurückzuschiessen.
Für großes Aufsehen sorgte die Absetzung des königlichen Statthalters Torstein Frings, der es sich schon zu lange in seinem Amt gemütlich gemacht hatte und doch immer wieder auf seine Verdienste in der Vergangenheit verwies, als ihn Rousseau, an der Spitze der aufgebrachten Spieler, aus dem Amt hob und ihn durch einen Jüngeren ersetzte.
Der Vorgang erzürnte den König Michaelius Ballack XVI mächtig, der jahrelang mit seiner autoritären und brutal regiden Handlungsweise sich nicht nur Freunde im Lande machte. Dieser Angriff war nicht nur gegen seinen engsten Vertrauten, nein er bedeutete einen Angriff auf seinen ganzen Stand und diesen galt es mit aller Macht zu verteidigen.
Konterrevolutionäre seien das doch alle, erboste er sich. Das Land brauche doch eine starke Leitfigur und eine steile Hierarchie, denn so war das ja schon seit Gedenken.
Doch die Revolution schritt im zügigen Tempo voran und die Zeit des Königs neigt sich zu Ende. Als er, aufgrund einer schwerwiegenden Verletzung, seine Ämter niederlegen musste, war die Gelegenheit günstig um den altersschwachen König zu stürzen.
Macht und Verantwortung wurde auf viele Schultern verteilt und zur großen Schlacht von Afrika zeigte die deutsche Nationalmannschaft den foranschreitenden Prozess der Revolution einer breiten Weltöffentlichkeit. Spielerische Eleganz und eine fast nie dagewesene Leichtigkeit zeichnete das eigene Spiel aus, auch wenn es am Ende nicht zum großen Sieg reichte.
"Es geht um das Ganze" äusserte sich Jacques Löw immer wieder, und verdeutlichte damit seine Philosophie der ineinander greifenden Zahnräder, die mit ihren Automatismen eine große Maschine zum laufen bringen können. Und sie passen präzise und bezeichnenderweise ohne den König auch wenn seine Stärke noch beachtlich ist. Er wurde entmachtet und degradiert, und das nicht nur um einen Rang.
Seine Tage sind gezählt. Die Revolution fordert auch seinen Kopf.
Aufrufe: 6891 | Kommentare: 19 | Bewertungen: 35 | Erstellt:08.09.2010
ø 9.4
KOMMENTARE
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09.09.2010 | 14:29 Uhr
0
ThePitbullDavids :
Top 11P
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09.09.2010 | 14:38 Uhr
-1
Allerdings hätte ich mir noch einen visionären Ausblick in die Zukunft gewünscht. Denn auch wenn die französische Revolution die feudalistische Ständegesellschaft zerschlagen hat steht nun ein Sarkozy wieder da.
0
09.09.2010 | 16:15 Uhr
0
Was ich aber nicht mehr hören kann ist wie Nationalspieler, die Respekt und Anerkennung verdient haben und noch immer auf höchstem Niveau klasse Leistungen zeigen in den Dreck gezogen werden von einen Tag auf den anderen.
Nein, man beschimpft sie als altersschwach, brutal, autoritär...
Ein Schweinsteiger, Klose, Kahn, Poldi, Löw, die Liste ist beliebig lang...
Kann man denn nicht einfach mal dankbar sein für die klasse Leistungen und ihnen auch mal zugestehen, dass auch bei Ihnen nicht immer alles zu jederzeit 100%-ig klappt?
Vielleicht wären wir mit Ballack Weltmeister geworden und hätten trotzdem wunderbaren Fussball gespielt, ein Khedira war bestimmt nicht der große Heilsbringer, den man sich nicht mehr aus der Stammelf wegdenken könnte.
Gegen Ghana oder Spanien wäre ein ehrgeiziger Antreiber, der den anderen Spielern Feuer unterm Arsch machen kann von Vorteil gewesen.
Wir werden es nie herausfinden...
Danke Ballack, Frings, Klose & Co. für die vielen wundervollen Fussballmomente, die ihr mir beschert habt. Ich hoffe, es kommen noch viele weitere hinzu, und wenn nicht.... dann behalte ich euch in bester Erinnerung! AMEN!
2
09.09.2010 | 16:41 Uhr
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iBot :
"Denn auch wenn die französische Revolution die feudalistische Ständegesellschaft zerschlagen hat steht nun ein Sarkozy wieder da. "In dem Zusammenhang könnte man auch bedenken, dass die Revolution letztlich dessen ideellen Vorgänger Napoleon nach oben gespült hat. Die Rolle könnte Schweinsteiger übernehmen. Und was Napoleon mit Europa gemacht hat, ist ja bekannt. 8)
Nicht nur aufgrund der Möglichkeiten, wie man die Metaphorik weiterspinnen könnte, großartiger Blog!
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10.09.2010 | 14:18 Uhr
-1
Dieser vergleich ist sehr gewagt, DENN die französische Revolution hatte keinen unmittelbaren erfolg.
Den was geschah? mit Napoleon viel man direkt wieder zurück in alte gewonheiten...
0
10.09.2010 | 15:13 Uhr
0
Josh9 :
gewagte Aussage.Die franz.Revolution ist wohl eines der geschichtlichen Ereignisse mit dem größten nachhaltigen Effekt auf fast sämtliche Staaten der westlichen Hemisphäre. Anstoss für viele andere Revolutionen (Riussland,deutschland) Gerade auch im Hinblick auf Menschenrechte,Verfassungen, politische Mitbestimmung.
natürlich gab es danach eine militärische Regide durch Napoleon, aber die Befreiungskriege danach sorgten in Europa für eine Neuordnung der Staaten.
;) gut, das sollte jetzt auch nicht zum Geschichtsunterricht ausarten,
trotzdem sind viele Verankerungen unseres Grundgesetzes ind. auf die französische Revolution zurückzuführen.
Natürlich konnte man nicht davon ausgehen, dass sofort alles heiter Sonnenschein wurde. Aber wie du ja sagst.
Napoleon kam danach und der hatte doch Europa erobert.
Von daher...............Europameisterschaft 2012. ;))
.aber ohne Louis XVI. hehe
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13.09.2010 | 19:53 Uhr
0
mamö99 :
Ich sehe gerade, 10 Punkte habe ich schon gegeben, aber ein Kommentar noch nicht. Muss nachgeholt werden: Gran!-di!-os! Liest sich wie immer klasse und auch die Bilder sind eine Klasse für sich.10er hab ich schon gegeben, sonst hätteste den spätestens jetzt bekommen
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17.06.2011 | 16:56 Uhr
0
Josh9 :
und damit ist dieses Buch wohl geschlossen. ;)cest la vie, Michel
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