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24.07.2009 um 03:05 Uhr
Die Sache mit den Scheichs

Mit dem Nahen Osten hatten wir Fussballverfolger bis vor kurzem wenig am Hut.

Katar, Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait? Das war fussballerisch gesehen das Gleiche wie Zypern, Kongo oder Neuseeland, nämlich; Niemandsland.

Ab und zu hörte man von alternden Ex-Stars, die ihren Leistungszenit nur noch aus dem Fotoalbum kannten und aufgrund ihres Namens und ihrer Berühmtheit in die Wüste geholt wurden, um vor dem Ruhestand noch einmal gutes Geld für lockeres Kicken zu verdienen. Das wars.
Die Wüsten-Engagements der Effenbergs und Baslers ließen damals auf den ersten Blick auf zwei Tatsachen schließen: Dort unten scheint irgendwo, irgendjemand viel Geld zu haben und dem Fussball nicht abgeneigt zu sein.

Inzwischen aber hat die Vermutung von damals eine neue Ära im Weltfussball eingeläutet, denn:

Die Scheichs sind da.



Am 01.September 2008 wurde der Stein ins Rollen gebracht und erschütterte die Fussballwelt:
die Abu Dhabi Investment Group, die zehn Prozent der weltweiten Ölreserven besitzt, kaufte den englischen, hoch verschuldeten Traditionsverein Manchester City.
Inzwischen hat man sich an die alltäglichen Scheich-Schlagzeilen gewöhnt: der Eine kauft Portsmouth, der Andere bezeichnet sich charmant als Bulldozer, der jedes Hindernis in der Fussballwelt aus dem Weg räumen werde, der Nächste will Aktionär beim AC Mailand werden.

Um die Gründe für den plötzlichen Ansturm der Scheichs zu erfahren, wenden wir uns für einen Moment zunächst vom Fussball ab und der allgemeinen Situation des Nahen Ostens zu.
Das Gebiet der heutigen Vereinigten Arabischen Emirate bestand bis vor 50 Jahren nur aus Sand, doch dann ging alles ganz schnell: In den 60er Jahren wurden die ersten Ölfelder entdeckt, 1971 schlossen sich die sieben Emirate Abu Dhabi, Dubai, Sharjah, Ajman, Umm al-Qaiwain, Ras al-Khaimah und Fujairah zusammen und teilten fortan den Ölreichtum, und danach wurde bis heute der technische Fortschritt zweier Jahrhunderte nachgeholt. So kommt es, dass wir heute bei Dubai an das teuerste Hotel der Welt denken und nicht an Wüstendörfer. Der aktuell reichste Scheich Fahd Ibn Abd Al-Asis soll 40 Milliarden Öl-Dollar besitzen und jeden Tag an die 3 Millionen Euro ausgeben.



Öl haben sie also, die Scheichs, Kohle dadurch auch reichlich, schön für sie. Sollen sie ihre Luxushotels, Einkaufszentren und Riesenvillen bauen, doch was wollen sie mit mittelmäßigen, englischen Fussballklubs?

Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan ist der Sohn des Gründervaters der VAE, besitzt 17 Milliarden Dollar und ist seit einem Jahr der Besitzer von Manchester City. Versetzen wir uns einmal in seine Gedankenwelt vor der Übernahme:

"Das mit Ferrari war wohl nix. Gut, jetzt gehören mir 5 Prozent davon und dadurch haben wir ab 2009 die Formel 1 bei uns in Abu Dhabi, weltbekannt bin ich aber immer noch nicht. Ich habe 17 Milliarden, verdammt! Mein Vater hat die Vereinigten Emirate gegründet! So einen kennt keiner außerhalb von Abu Dhabi? Das muss sich ändern.
Mal sehen, ich brauche etwas, das jeder kennt, jeder liebt, und dass mich dadurch auch bekannt macht. Finanziell lohnen muss es sich auch, bin ja schließlich Geschäftsmann. Hmmm...
Wie wärs mit Fussball? Ich kauf mir einfach ein stinknormales Mittelmaßteam, danach die besten Fussballer der Welt und schon bin ich der Held. Das ist es! Dieser eine Christiano Nochwas soll doch der Beste zurzeit sein? Oder ist es immernoch Zidane? Egal, um die Kleinigkeiten wird sich dann schon noch jemand kümmern. Mein Schwiegervater, der alte Schnösel aus Dubai, versucht ja seit zwei Jahren, Liverpool zu kaufen und kriegts nicht auf die Reihe. Wenn ich vor dem mein eigenes englisches Team hätte, wie würde der Alte wohl schauen! So mach ichs, England also. Mal sehen, wer dort die meisten Schulden hat.."

Dieser innere Monolog mag zwar ein wenig überspitzt sein und wichtige betriebswirtschaftliche und finanzielle Aspekte der Entscheidung außer Acht lassen, die Hauptmotivation der Übernahmewelle durch die reichen Scheichs macht er aber deutlich:

Ruhm. Anerkennung. Protz. Erfolg. Den Öl-Konkurrenten und anderen Schwerreichen zeigen, wo der Geldhammer hängt.

So soll der oben erwähnte alte Schnösel, nämlich Scheich Mohammed bin Raschid al-Maktum, hauptberuflich Herrscher von Dubai, über die erfolgreiche Übernahme seines Schwiegersohnes in der Tat so erbost sein, dass er nun mehr und verbissener als zuvor daran arbeitet, einen Premier-League-Klub sein Eigentum nennen zu dürfen. So ist das heutzutage bei den Superreichen der Welt:
Was früher Yachten, palastartige Anwesen und Luxusflugzeuge waren, sind heute internationale Fussballvereine.
Und auch die Ruhmrechnung ging auf: durch die Übernahme von Mancity war und ist der Scheich in aller Munde und auch die Fans hatte er kurz nach der Übernahme gleich auf seiner Seite: Nachdem ihnen als Antrittsgeschenk ein gewisser Robinho präsentiert wurde, waren sie begeistert, erschienen in Scharen als Scheich verkleidet im Stadion und wedelten mit Geldscheinen, auf denen das Gesicht des Scheichs abgedruckt war.




Ein Fussballnostalgiker würde wohl sagen: Ölmillionen hin oder her, Titel garantiert das noch lange nicht, da kann der Scheich noch so die reichen Muskeln spielen lassen. Die von Manchester City, schau sie doch mal an. Zehnter sind die geworden dieses Jahr. Zehnter! Pah! Da sieht mans, wichtig is immernoch aufm Platz!

Das stimmt, aber genauso gilt im Fussball auch: Wichtig is aufm Konto.
Denn wer dort am meisten hat, bei dem stehen die besten Spieler aufm Platz. Ein Jahr nach der Übernahme macht der Scheich ernst und so sind nach Robinho inzwischen Spieler wie Gareth Barry, Santa Cruz, Tevez und Adebayor unter Vertrag. Der sportliche Erfolg ist nur noch eine Frage der Zeit.



Wie ist das alles denn nun zu bewerten, die Scheichs, die Millionen, die Transfers?

Das muss jeder für sich selbst entscheiden, doch Irgendetwas fühlt sich bei der ganzen Sache nicht richtig an.

Irgendetwas stört Einen daran, dass ein Gareth Barry als Kapitän von Aston Villa den Fans zusichert, dass er nur der Champions-League wegen wechseln würde, um dann zum Tabellenzehnten zu gehen.
Dass die Manchester City-Fans in Zukunft zwar Weltstars zujubeln dürfen, im Hinterkopf aber immer haben müssen, dass diese Spieler vor zwei Jahren über ein Engagement bei City nur gelacht hätten.
Dass ein Robinho am 31.08.2008 erklärt: "Ich will nur zu Chelsea!", um zwei Tage und ein doppelt so hohes Angebot später bei City unterschreiben.

Geld über alles, Geld über Perspektive, über Erfolg, über Identifikation.

Robinho unterlief bei seiner Vorstellung in Manchester ein Versprecher, der das noch einmal unterstrich:

"Ich bin glücklich darüber, bei Chelsea zu spielen." , sagte er.


Ist ja auch fast das Gleiche.



Aufrufe: 17084 | Kommentare: 38 | Bewertungen: 37 | Erstellt:24.07.2009
ø 9.9
KOMMENTARE
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Lizarazu
24.07.2009 | 12:30 Uhr
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Lizarazu : Sehr schöner Blog
24.07.2009 | 12:30 Uhr
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Lizarazu : Sehr schöner Blog
Gratulation dazu.

Zu Robinho, ich denke Real wollte ihn auch ungern zu Chelsea lassen. Nen direkten Konkurrenten (CL) stärken ist doch nicht so toll und desshalb hat man ihn zu City gehen lassen. Ich glaube das Chelsea das gleiche geboten hätte (damals) wie City. Ist aber nur ne Vermutung von mir ;)
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EdHardy22
24.07.2009 | 12:32 Uhr
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EdHardy22 : 
24.07.2009 | 12:32 Uhr
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EdHardy22 : 
Der gedankliche Monolog ist nicht sehr ausgereift. Hatte mir mehr erhofft, aber ansonsten ist der Blog klasse. Ich gebe dir 8 Punkte.
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bombastico
24.07.2009 | 12:32 Uhr
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bombastico : 
24.07.2009 | 12:32 Uhr
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bombastico : 
Klasse Blog!

Ist dir gut gelungen. Naja es wird immer verrrückter diese geschichte mit den Scheichs nu sollte man nicht vergessen das es auch noch andere Herrschafften gibt in der PL die dasselbe Ziel verfolgen.

Aufjedenfall wirds immer skuriller und ist für mich persöhnlich so langsam nicht mehr ertragbar.

Achja zu Robinho-->
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BartP
24.07.2009 | 12:34 Uhr
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BartP : @xxlhonk
24.07.2009 | 12:34 Uhr
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BartP : @xxlhonk
Dass er das so gesagt hat, bestreite ich gar nicht. Er hat ja auch gesagt dass er unbedingt von Real weg will und unbedingt in die PL will um "der beste Spieler der Welt zu werden".

Trotzdem denke ich dass es so was wie ich es beschrieben habe, zumindest ungefähr. Aber wissen tut das natürlich niemand.
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jackoncrack
24.07.2009 | 12:36 Uhr
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jackoncrack : 10 Punkte©
24.07.2009 | 12:36 Uhr
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jackoncrack : 10 Punkte©
...aber war die preisliche Differenz der Gebote zwischen Chelsea und City nicht sogar relativ gering, was Robinhos Entscheidung, zu einem Mittelklasse Klub wie City zu wechseln, anstatt zu ChelseaFC(Titelanwärter CL) umso fragwürdiger macht? Ich weiß es nicht mehr genau, aber dem Fauxpass:

"Ich bin glücklich darüber, bei Chelsea zu spielen."

habe auch ich noch aufm Zettel. Naja, eigentlich bin ich glücklich, dass Chelsea von ihm verschont geblieben ist. Zudem sollte City mal anfangen, eher nach nem Trainer zu suchen,...könnte mehr bewirken, als die ganze Zeit vermeindliche Top-Spieler zu verpflichten. So reichts nichtmal gegen den HSV.©
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DemonofDeathValley
24.07.2009 | 14:35 Uhr
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24.07.2009 | 14:35 Uhr
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Sehr guter Blog ;)

aber mir persönlich gehen diese Scheichs auf den Pieeeeep.. das hat doch echt nichts mehr mit Fussball zu tun ..
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DaBen
24.07.2009 | 16:10 Uhr
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DaBen : 
24.07.2009 | 16:10 Uhr
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DaBen : 
Wie immer sehr schön zu lesen deine Blogs!

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desafinaoo
24.07.2009 | 16:31 Uhr
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desafinaoo : 
24.07.2009 | 16:31 Uhr
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desafinaoo : 
Sehr guter Blog. Rhetorisch einwandfrei und alles auf den Punkt gebracht.
Das Ziel der Investoren ist ja neben dem sportlichen Erfolg auch ein Prestigegewinn und eine Steigerung der Attraktivität der PL. Ich muss sagen dass bei mir sowie etlichen Freunden genau das Gegenteil bewirkt wird. Ich schaue mir die PL nur noch ungern an geschweige denn Spiele von ManCity und co. Da wird mir direkt schlecht wenn ich diese Spielzeugliga sehe. Allerdings sind ja auch nicht alle Vereine schlecht, siehe Everton etc.
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BartP
24.07.2009 | 16:37 Uhr
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BartP : 
24.07.2009 | 16:37 Uhr
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BartP : 
Das Ziel der Investoren ist es die PL attraktiver zu machen?

Spielzeugliga?

Oh Gott!
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desafinaoo
24.07.2009 | 17:01 Uhr
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desafinaoo : @BartP
24.07.2009 | 17:01 Uhr
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desafinaoo : @BartP
NEBEN dem sportlichen Erfolg. Drehst mir ja die Worte im Mund um. und Edit: die PL-Vereine. Zur Spielzeugliga: Sport hat für mich nichts mit Geld zu tun sofern es nicht die Vermarktung der Fernsehrechte etc. betrifft. Bei Spielertransfers hört das für mich auf. In meinen Augen eine Wettbewerbsverzerrung. Es gibt mir einfach nichts wenn ich mir anschaue wie ein paar Milliardäre ihre Privatduelle austragen, und das auf Kosten der Tradition und der Fans.
Wenn du die Meinung nicht akzeptierst, dann ist das eben so. Allerdings solltest du dann auch nicht so abwertend über die Bundesliga schreiben, was ja im Zusammenhang mit dem Huntelaar-Theater öfters der Fall war.
So kann man zumindest keine wirklich fundierten Diskussionen mit dir führen, sorry.
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