17.01.2010 um 15:12 Uhr
Die Vergesslichkeit der BILD
Es gibt Ereignisse im Leben, die einen davon abhalten, so weiterzuleben wie vorher. Die einen inne halten lassen und Fragen aufwerfen. Fragen, die man sich selbst stellt. Fragen, die man Anderen stellt. Robert Enkes Tod war eines dieser Ereignisse. Bis heute ist sein Selbstmord ebenso unfassbar wie die Woge der Anteilsnahme danach. Für einige Tage vereinigten sich Menschen in ihrer Trauer. Egal, ob sie Robert Enke persönlich kannten oder nicht.
Was im Abstand einiger Zeit folgte, war eine Debatte über die Werte im Fußball. Auf und neben dem Platz. Die Öffentlichkeit erfuhr im Nachhinein wie sehr Enke Angst davor hatte, mit seiner Krankheit an die Öffentlichkeit zu gehen. Und man debattierte darüber, warum das so war. Und ob das so sein muss. "Druck" war der Kernbegriff. Der Druck, dem Spieler und Funktionäre der Bundesliga unterliegen. Druck, an dem Menschen zerbrechen können. Menschen wie zum Beispiel Sebastian Deisler. Menschen wie Robert Enke.
Rund einen Monat nach dem Tod Enkes veröffentlichte die "Süddeutsche Zeitung" einen Artikel mit der hoffnungsvollen Überschrift "In Zukunft ein bisschen freundlicher". Darin ging es um die Benotung von Spielern durch die Sportredaktionen und die Frage, wie sich die Ereignisse auf dieses Zeugnis-System ausgewirkt hatten. Die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" etwa verzichtete für zwei Spiele auf die Benotung der Mannschaften. Und schon im ersten Absatz schrieb die Süddeutsche bedeutsam: "Selbst Bild will sensibler werden."
Im Folgenden zitierte man den stellvertretenden BILD-Sportchef Walter M. Straten: ">Wir werden wohl mit extremen Noten etwas vorsichtiger sein<, sagt der stellvertretende Bild-Sportchef. Man werde sich einmal mehr überlegen, >ob der Spieler, der eine klare Torchance vergeben hat, oder der Torwart, der den Ball hat durchflutschen lassen, eine Sechs bekommt oder eine Fünf reicht<."
Der Artikel ist vier Wochen und drei Spieltage her. Es gibt Ereignisse im Leben, die einen davon abhalten, so weiterzuleben wie vorher.
Heute benotete die "Bild am Sonntag" jeden Spieler von Hannover 96 für seine Leistung gegen Hertha BSC Berlin mit einer Sechs. Auch die Einwechselspieler.
Was im Abstand einiger Zeit folgte, war eine Debatte über die Werte im Fußball. Auf und neben dem Platz. Die Öffentlichkeit erfuhr im Nachhinein wie sehr Enke Angst davor hatte, mit seiner Krankheit an die Öffentlichkeit zu gehen. Und man debattierte darüber, warum das so war. Und ob das so sein muss. "Druck" war der Kernbegriff. Der Druck, dem Spieler und Funktionäre der Bundesliga unterliegen. Druck, an dem Menschen zerbrechen können. Menschen wie zum Beispiel Sebastian Deisler. Menschen wie Robert Enke.
Rund einen Monat nach dem Tod Enkes veröffentlichte die "Süddeutsche Zeitung" einen Artikel mit der hoffnungsvollen Überschrift "In Zukunft ein bisschen freundlicher". Darin ging es um die Benotung von Spielern durch die Sportredaktionen und die Frage, wie sich die Ereignisse auf dieses Zeugnis-System ausgewirkt hatten. Die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" etwa verzichtete für zwei Spiele auf die Benotung der Mannschaften. Und schon im ersten Absatz schrieb die Süddeutsche bedeutsam: "Selbst Bild will sensibler werden."
Im Folgenden zitierte man den stellvertretenden BILD-Sportchef Walter M. Straten: ">Wir werden wohl mit extremen Noten etwas vorsichtiger sein<, sagt der stellvertretende Bild-Sportchef. Man werde sich einmal mehr überlegen, >ob der Spieler, der eine klare Torchance vergeben hat, oder der Torwart, der den Ball hat durchflutschen lassen, eine Sechs bekommt oder eine Fünf reicht<."
Der Artikel ist vier Wochen und drei Spieltage her. Es gibt Ereignisse im Leben, die einen davon abhalten, so weiterzuleben wie vorher.
Heute benotete die "Bild am Sonntag" jeden Spieler von Hannover 96 für seine Leistung gegen Hertha BSC Berlin mit einer Sechs. Auch die Einwechselspieler.
Aufrufe: 47079 | Kommentare: 100 | Bewertungen: 93 | Erstellt:17.01.2010
ø 9.3
KOMMENTARE
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19.01.2010 | 11:29 Uhr
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GNetzer :
@LaPulga, Delpiero10, frLs, Bailey und alle anderen (sorry, wenn ich nicht jeden erwähne)Ich finde es schön, dass ihr euch auf einem guten Argumentationsniveau mit der Trauer um Robert Enke auseinandersetzt. Ich glaube aber, dass ihr nicht mehr zusammen kommen könnt, weil eure Positionen zu weit auseinander liegen. Und so komme ich zu meiner These, mit der ihr vielleicht alle (?) leben könnt:
Trauerarbeit ist etwas individuelles und geschlossenes. Wir können in trauernde Menschen nicht hineinschauen, so wie sie nicht beurteilen können, wie wir gerade fühlen. Wer wann und um was trauert, entscheidet keine Mehrheit, sondern immer der Mensch selbst. Deshalb ist es sinnlos, pauschale Urteile über Trauernde wie Nicht-Trauernde zu fällen.
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19.01.2010 | 14:06 Uhr
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Das 1. Positive, Hannover hat mich erhört ne Spaß bei Seite.
Wenn man bedenkt, wie die Welt ist, wird man schnell erkennen, dass sich daran Nichts ändern wird, es war schon immer so, in einer Leistungsgesellschaft, und wird nur immer schlimmer. So entwickelt sich die Welt nunmal.Und die Politik fördert es, bspw. indem sie Harz 4 einführt, und auf Abschreckung setzt. Menschen so stark unter Leistungsdruck setzt, auch wenn diese evtl. dadurch an der Krankheit Depression erkranken, da sie diesem nicht gewachsen sind, bzw. dem Druck, wenn sie nicht spurten, evtl. Sperren zu bekommen und nichts zu essen zu haben.Ist bei vielen Empfängern der Fall.
Desweiteren halte ich es für unnötig, darauf hinzuweisen, dass die Bild da ihr versprechen brach. Aus folgenden Gründen.
Das Versprechen der Bild, ist sowas von berechnend, da sie es von sich aus für notwendig hielten, Noten korrigen zu wollen, obwohl diese wohl keinen Einfluss auf den Gemütszustand des Betroffenen Robert Enke hatten. Das und vieles andere wurde da rein interpretiert, aufgrund von dem Krankheitsbild der Depression.
Soweit ich es mitbekommen habe, ist Enke aufgrund des Verlustes seiner Tochter erkrankt. Er hat sich geweigert, in Behandlung zu begeben, da diese Krankheit in der Gesellschaft ein Tabuthema ist. Es als schwachen Charakter oder ähnl.dargestellt wird.Er weiter funktionieren musste, in seinem Beruf, er diese Denkweise stark verinnerlicht hat.
Aber man muss sagen,hätte Enke bei einem normalen Betrieb gearbeitet, nicht im Fokus der öffentlichkeit, wäre die Tragödie höchst wahrscheinlich genauso passiert. Den Grund habe ich bereits erläutert, das Tabuthema mit Verbindung mit der geforderten Leistung der Gesellschaft.
Auch ohne Noten der Bild.
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19.01.2010 | 14:07 Uhr
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Es wird von vielen Menschen mehr Einfühsamkeit gefordert, nur man darf nicht beginnen nun alle Noten oder Aktionen im Leben damit in Verbindung zu bringen, ob dies die Krankheit eines Depressiven nicht verstärkt. Noten haben nämlich einen Sinn, warum sie verteilt werden, diese berücksichtigen leider keine Krankheiten, sonst wären sie verfälscht...
und wenn überhaupt würde man als Profi auf Kicker-Noten achten, und sicherlich nicht auf ein "BoulevardMagazin",so proffessionell war auch er.
Ich denke die Bild wollte einfach nur ne Image förderliche Aktion in Verbindung mit der Enke Geschichte bringen. Die Bild denkt nicht an ihn, sondern an sich in diesem Augenblick. Ich weiß noch wie die Bild auf faule Leistungempfänger einprügelte, um Wut in der Mittelschicht(wohl die Hauptzielgruppe der Bild) zu schüren, ohne auch nur einmal zu beachten, dass Empfänger u.a. auch an der Depression leiden könnte, oder wie sie da reingerutscht sein könnten. Um die eigene Auflage zu steigern.
Aber schön dass der Blog dieses belegte, indem er auf die Sechsen hinweist, die wieder verteilt wurden, dass die Bild nur an sich denkt.Jetzt ist es hoffentlich auch jedem bewusst geworden.
Blöd nur dass dieser Blogauch der Bild weitere Klicks bringt
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19.01.2010 | 14:53 Uhr
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Ich sage, dieser Druck ist Bestandteil unserer Leistungsgesellschaft und nicht nur der Buli. ändern kann man das Nicht, auch wenn es schön wäre. Würde jeder nur an andere Denken, würde es hier vielleicht auch mal Spendenaufrufe für die Haiti Opfer geben.Ist aber nicht so
Leute die übertrieben so denken,sich stehts für andere zurücknehmen, werden in der Psychologie mit dem sog."Helfersyndrom" bezeichnet, wenn ich nicht irre.
Und dass das Helfersyndrom als unnormal gilt, spiegelt wieder, was die Gesellschaft von einem verlangt. Ob man dies gut findet, bleibt jedem selbst überlassen...ich persönlich finde es eher schade.S.h., die ganze Diskussion ist überflüssig....
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19.01.2010 | 15:31 Uhr
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19.01.2010 | 17:01 Uhr
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xperte84 :
@baileyIch habe mir noch einmal die mühe gemacht und alle Kommentare durchgelesen.
Danke für deinen gelungenen Comment, der es wirklich auf den Punkt bringt! Ich habe den Versuch, die Leute die bei "Trauer" von Heuchelei sprechen vom Gegenteil zu überzeugen, mittlerweile aufgegeben...!
Und was einige im Zusammenhang mit dem Thema des Blogs wirklich nicht verwechseln sollten:
Es soll nicht um den Zusammenhang zwischen Selbstmord und Spielernoten der BLÖD- Zeitung gehen (was auch absurd wäre).
Ich glaube dieser Blog sollte einfach zeigen, dass neben den alltäglichen Fehltritten der BLÖD- Zeitung selbst bei sensiblen Themen die heuchlerisch guten Vorsätze über Bord geworfen werden.
Und das nach kurzer Zeit und ziemlich deutlich!
2
19.01.2010 | 17:20 Uhr
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La_Pulga :
@jack: Wirklich starker Kommentar! Da kannst Du ja fast nen Blog draus machen Ich sehe das ähnlich wie Du, wie man unsere Leistungsgesellschaft findet, bleibt jedem selbst überlassen, fakt ist aber, dass sich daran nichts ändern wird und es deswegen müßig ist, darüber zu diskutieren.
Die Frage wäre, ob es ohne Leistungsprinzip überhaupt funktionieren würde...
Der Mensch ist und bleibt eben ein egoistisches Tier
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19.01.2010 | 17:37 Uhr
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Jasper32 :
Das riesengroße Interesse und die unfassbar große Trauer, die nach Enkes Tod plötzlich um sich griff, ging mir auch völlig auf den Keks, das konnte ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Allerdings ist es jedem selbst überlassen, wie er damit umgeht. Viel schlimmer fand ich jedoch die Leute, die sich dann fleißig daran gemacht haben, ihm Sachen anzudichten und zu unterstellen, die an den Haaren herbeigezogen sind. "Ist die Botschaft für die Kinder jetzt also, die, dass sie sich wenn sie Probleme haben und mit diesem ekelhaften Leistungsprinzip der Gesellschaft nicht zu Recht kommen einfach ihr Leben nehmen sollten?!
Die Tatsache das Enke den Zugfahrer zum Mörder, seine Frau zur Witwe und sein Kind zum Halbwaisen macht, wurde in der ganzen Zeit natürlich außen vorgelassen, weil das ja alles so traurig war und der Enke ja auch krank gewesen ist und eigentlich natürlich gar nichts dafür konnte."
Wenn ich z.B. sowas lesen muss, kommt mir der Kaffee hoch.
Die Bild ist es nicht wert, auch nur erwähnt zu werden. Jeder der sich diesen Schund antut ist selber schuld.
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19.01.2010 | 17:50 Uhr
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jackoncrack : @la_pulga
Yo, danke erstmalDer Grund warum ich mich aufrege ist eigentlich nur der, dass die Frage, die sich Medien stellen, ob man nun Stars mit Samthandschuhen anfassen müsse,schon eigenartig ist, wenn man bedenkt, wie mit der unteren Schicht der Bevölkerung heutzutage umgesprungen wird und keiner darüber redet! Und wen es interessiert, den erläutere ich auch nochmal, was sich die Unterschicht heutzutage alles gefallen lassen muss!
P.S.:Ich blogge nicht mehr.
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Und was die BILD angeht: wenn ihr plötzlich alle denkt, ihr müsstet die runtermachen, dann könntet ihr jeden beschissenen Tag einen Artikel bringen, in dem eine neue "Unmenschlichkeit" der BILD angeprangert wird. Die Mühe könnt ihr euch aber aus 2 Gründen sparen:
1. Spox ist die falsche Plattform dafür.
2. Diese Seite gibts schon. www.bildblog.de