03.08.2009 um 18:04 Uhr
Die neue Liga
Nur noch wenige Tage! Wenn an diesem Freitag die Bundesliga mit dem Eröffnungsspiel zwischen dem VfL Wolfsburg und dem VfB Stuttgart in ihre 47. Spielzeit startet, endet eine entbehrungsreiche Zeit von fast 80 Tagen ohne Spiele der deutschen Eliteklasse. Millionen deutscher Fußballfans atmen erleichtert auf und blicken gespannt auf eine Saison der Neuerungen:
In München versucht man es nach einem Jahr Pause wieder mal mit einem taktischen Konzept, in Mainz entlässt man den Trainer prophylaktisch schon vor den ersten Liganiederlagen und bei den Königsblauen hat man – nomen est omen – nun auch offiziell die Monarchie eingeführt.
Die größte Veränderung betrifft jedoch die Liga höchst selbst, die den Bundesligaspieltag als Tribut an die Pay-TV-Sender deutlich entzerrt hat. So gibt es an einem regulären Ligawochenende nunmehr fünf verschiedene Anstoßzeiten für die Partien der ersten Liga. Hinzu kommen neue Anstoßzeiten im Unterhaus, die dem Pay-TV-Kunden Live-Fußball nonstop am Samstag- und Sonntagnachmittag garantieren.
Die allgemeine Begeisterung über das neue Spieltagsmodell hält sich gleichwohl in Grenzen. Im Gegenteil, zahlreiche Interessenvertreter kritisieren die erneute Spieltagsentzerrung und warnen vor der unaufhaltsamen Kommerzialisierung des Fußballsports, die sich allein an wirtschaftlichen Interessen orientiere und für die Bedürfnisse der Fußballfans kein Auge habe.
Die Einführung eines zweiten Bundesligatermins am Sonntag stößt dabei vor allem bei Repräsentanten des Amateurfußballs auf Unbehagen, die hierin eine übermächtige Konkurrenz für den unterklassigen Fußball am Sonntagnachmittag sehen. So stellt Reiner Grundmann, seines Zeichens Präsident des Gelsenkirchener Kreisligaclubs SC Schaffrath und Mitbegründer einer landesweiten Protestbewegung, ernüchtert fest: „Gegen Schalke haben wir keine Chance." Im Klartext: Die Zuschauerresonanz sinkt im Amateurfußball rapide, wenn zeitgleich in der Nähe ein Bundesligaspiel stattfindet.
Unterstützung erhält Grundmann in seinem Widerstand auch aus Berlin. Die Mitglieder des Sportausschusses wenden sich unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit unisono gegen jegliche Ausweiterung der Bundesligavermarktung, die den Amateurfußball in seiner Existenz bedrohen könnte. Der stellvertretende Ausschussvorsitzende Peter Rauen (CDU) prangert vor allem die „Vernichtung ehrenamtlicher Tätigkeit" an, während Peter Danckert (SPD) in dieser Entwicklung eine geradezu logische Folge der explodierenden Spielergehälter sieht.
Und auch die Sportjournaille begleitet die Umstrukturierungen kritisch. Vor allem die Reduzierung der Partien am Samstagnachmittag stößt den Radioreportern übel auf. Für Konferenzberichterstatterin Sabine Töpperwien vom WDR befinde man sich mit der neuen Terminierung bereits am „Rande des Erträglichen".
Letztlich aber stellen sich politischer, journalistischer und privater Protest als reiner Sturm im Wasserglas dar. Die weitergehende Spieltagsentzerrung ist, ob sie einem nun gefällt oder nicht, mit der gegenwärtigen Kommerzialisierung des Fußballsports in Deutschland und weltweit verbunden. Protest mag nachvollziehbar sein, er bleibt aber doch aussichtslos. Die Sehnsucht nach dem reinen, ursprünglichen Sportsgeist kapituliert auch hier vor den Gesetzen des Marktes.
Und trotz allem besteht kein Grund zur Resignation. Ein genauerer Blick zeigt, dass die angeprangerte Kommerzialisierung nicht so schlimme Blüten getragen hat, wie in der allgemeinen Hysterie gerne behauptet wird. Dies zeigt bereits ein Vergleich mit der Spielzeit 2000/2001, also mit der Saison, in der erstmals sämtliche 306 Spiele der höchsten deutschen Spielklasse im Bezahlfernsehen live übertragen wurden. Obwohl inzwischen fast ein ganzes Jahrzehnt vergangen ist, hat sich die Spieltagsterminierung gegenüber damals kaum entscheidend verändert. Auch seinerzeit gab es bereits Spiele am Freitag- und Samstagabend sowie am Sonntagnachmittag. Neu ist allein die zweite Anstoßzeit am Sonntag, die zur jetzt beginnenden Spielzeit eingeführt wird. Weitergehende Veränderungen sind vorerst nicht zu erwarten. Die Liga hat dieses Konzept für die nächsten vier Jahre festgeschrieben.
Ein Blick auf die anderen großen Ligen Europas beweist zudem, dass die Spieltagsentzerrung längst Wirklichkeit des Profifußballs ist. In England zum Beispiel sind fünf oder sechs Anstoßzeitpunkte an einem Spieltag keine Seltenheit, noch dazu bei variierenden Uhrzeiten. Dagegen ist die Zeitplanung in der Bundesliga geradezu übersichtlich.
Die neue Spieltagsentzerrung ist deshalb keineswegs unbedenklich. Für den Amaterufußball stellt sie zweifelsohne ein großes Problem dar. Für Schwarzmalerei und Panikmache besteht umgekehrt jedoch auch kein Anlass. Zumal die Interessen und Absichten der Pay-TV-Sender nie losgelöst von den Wünschen der Fußballfans gesehen werden können. Denn noch sind die Fans die Abonnenten.
In München versucht man es nach einem Jahr Pause wieder mal mit einem taktischen Konzept, in Mainz entlässt man den Trainer prophylaktisch schon vor den ersten Liganiederlagen und bei den Königsblauen hat man – nomen est omen – nun auch offiziell die Monarchie eingeführt.
Die größte Veränderung betrifft jedoch die Liga höchst selbst, die den Bundesligaspieltag als Tribut an die Pay-TV-Sender deutlich entzerrt hat. So gibt es an einem regulären Ligawochenende nunmehr fünf verschiedene Anstoßzeiten für die Partien der ersten Liga. Hinzu kommen neue Anstoßzeiten im Unterhaus, die dem Pay-TV-Kunden Live-Fußball nonstop am Samstag- und Sonntagnachmittag garantieren.
Die allgemeine Begeisterung über das neue Spieltagsmodell hält sich gleichwohl in Grenzen. Im Gegenteil, zahlreiche Interessenvertreter kritisieren die erneute Spieltagsentzerrung und warnen vor der unaufhaltsamen Kommerzialisierung des Fußballsports, die sich allein an wirtschaftlichen Interessen orientiere und für die Bedürfnisse der Fußballfans kein Auge habe.
Die Einführung eines zweiten Bundesligatermins am Sonntag stößt dabei vor allem bei Repräsentanten des Amateurfußballs auf Unbehagen, die hierin eine übermächtige Konkurrenz für den unterklassigen Fußball am Sonntagnachmittag sehen. So stellt Reiner Grundmann, seines Zeichens Präsident des Gelsenkirchener Kreisligaclubs SC Schaffrath und Mitbegründer einer landesweiten Protestbewegung, ernüchtert fest: „Gegen Schalke haben wir keine Chance." Im Klartext: Die Zuschauerresonanz sinkt im Amateurfußball rapide, wenn zeitgleich in der Nähe ein Bundesligaspiel stattfindet.
Unterstützung erhält Grundmann in seinem Widerstand auch aus Berlin. Die Mitglieder des Sportausschusses wenden sich unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit unisono gegen jegliche Ausweiterung der Bundesligavermarktung, die den Amateurfußball in seiner Existenz bedrohen könnte. Der stellvertretende Ausschussvorsitzende Peter Rauen (CDU) prangert vor allem die „Vernichtung ehrenamtlicher Tätigkeit" an, während Peter Danckert (SPD) in dieser Entwicklung eine geradezu logische Folge der explodierenden Spielergehälter sieht.
Und auch die Sportjournaille begleitet die Umstrukturierungen kritisch. Vor allem die Reduzierung der Partien am Samstagnachmittag stößt den Radioreportern übel auf. Für Konferenzberichterstatterin Sabine Töpperwien vom WDR befinde man sich mit der neuen Terminierung bereits am „Rande des Erträglichen".
Letztlich aber stellen sich politischer, journalistischer und privater Protest als reiner Sturm im Wasserglas dar. Die weitergehende Spieltagsentzerrung ist, ob sie einem nun gefällt oder nicht, mit der gegenwärtigen Kommerzialisierung des Fußballsports in Deutschland und weltweit verbunden. Protest mag nachvollziehbar sein, er bleibt aber doch aussichtslos. Die Sehnsucht nach dem reinen, ursprünglichen Sportsgeist kapituliert auch hier vor den Gesetzen des Marktes.
Und trotz allem besteht kein Grund zur Resignation. Ein genauerer Blick zeigt, dass die angeprangerte Kommerzialisierung nicht so schlimme Blüten getragen hat, wie in der allgemeinen Hysterie gerne behauptet wird. Dies zeigt bereits ein Vergleich mit der Spielzeit 2000/2001, also mit der Saison, in der erstmals sämtliche 306 Spiele der höchsten deutschen Spielklasse im Bezahlfernsehen live übertragen wurden. Obwohl inzwischen fast ein ganzes Jahrzehnt vergangen ist, hat sich die Spieltagsterminierung gegenüber damals kaum entscheidend verändert. Auch seinerzeit gab es bereits Spiele am Freitag- und Samstagabend sowie am Sonntagnachmittag. Neu ist allein die zweite Anstoßzeit am Sonntag, die zur jetzt beginnenden Spielzeit eingeführt wird. Weitergehende Veränderungen sind vorerst nicht zu erwarten. Die Liga hat dieses Konzept für die nächsten vier Jahre festgeschrieben.
Ein Blick auf die anderen großen Ligen Europas beweist zudem, dass die Spieltagsentzerrung längst Wirklichkeit des Profifußballs ist. In England zum Beispiel sind fünf oder sechs Anstoßzeitpunkte an einem Spieltag keine Seltenheit, noch dazu bei variierenden Uhrzeiten. Dagegen ist die Zeitplanung in der Bundesliga geradezu übersichtlich.
Die neue Spieltagsentzerrung ist deshalb keineswegs unbedenklich. Für den Amaterufußball stellt sie zweifelsohne ein großes Problem dar. Für Schwarzmalerei und Panikmache besteht umgekehrt jedoch auch kein Anlass. Zumal die Interessen und Absichten der Pay-TV-Sender nie losgelöst von den Wünschen der Fußballfans gesehen werden können. Denn noch sind die Fans die Abonnenten.
Aufrufe: 4660 | Kommentare: 23 | Bewertungen: 24 | Erstellt:03.08.2009
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KOMMENTARE
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05.08.2009 | 12:49 Uhr
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Die neue Spieltagsentzerrung ist deshalb keineswegs unbedenklich. Für den Amaterufußball stellt sie zweifelsohne ein großes Problem dar."
In England gibt es, u.a. um den Amateurfußball zu schützen, einen sog. "Black-out". Die Spiele, die Samstags um 16 Uhr CET laufen, dürfen nicht in GB im Fernsehen gezeigt werden. Das gilt generell für jeglichen Fußball - auch die Bundesligapartien um 15:30 CET dürfen deshalb in Großbritannien nicht im Fernsehen gezeigt werden (jedenfalls ab der 30.Spielminute nicht).
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05.08.2009 | 19:22 Uhr
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Ich persönlich finde die neuen Anstosszeiten ein wenig unübersichtlich, man hat sich an die Zeit 15:30 Uhr am Samstag ein wenig gewöhnt, auch die Sonntagsspiele waren zu einem bestimmten Termin. Einen Vorteil kann man andererseits aber darin sehen, dass die Fussball-Fans nun zu noch mehr Fussball live kommen. Ich als bekennder Bayern Fan schaue auf Premiere grundsätzlich die Bayern Partie. Wenn nun noch das Spitzenspiel zeitversetzt zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet, könnte es sein, dass ich das auch noch anschaue - je nachdem, wer sich gegenübersteht.
Natürlich darf man aber die unterklassigeren Vereine nicht vergessen, die hier natürlich durch das Konkurrenzangebot einen Rückgang der Zuschauerzahlen registrieren werden. In Anbetracht des fortschreitenden Wettbewerbs und der Kommerzialisierung wird sich das aber nicht vermeiden lassen, denn - wie soll es auch anders sein - Geld regiert leider auch die Sportbranche.
Ich kann nur hoffen, dass eingefleischte Fans sich von diesem neuen Überangebot an Fussball live im Fernsehen nicht entmutigen lassen, ihrem Heimat- oder Stammverein weiterhin zahlreich zur Seite zu stehen.
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tippt ihr immer fünf tage vorher? hektiker! ;)
ich tippe ganz in ruhe am donnerstag!