...aufgegeben. Doch fangen wir vorne an:
Tschechiens erste Ecke wurde gleich auf Libor Sionko gezielt, der ja auf diese Weise schon mal erfolgreich war. Obgleich dieses Mal Jan Koller von Beginn an und durch spielen durfte.
Vor der ersten gefährlichen Chance beharkten sich die Türken und Slawen, dass es zu schnellen Ballverlusten oder "Hintenrum" kam. Dann parierte Volkan Demirel Marek Matejovskys Fernschuss in der 17. Minute. Sieben davon später war Sionko von zwei Mann nicht zu stoppen, konnte die Kugel aber nicht auf's Gehäuse steuern. Nochmal sieben Minuten später kam er im Fünfer den berühmten halben Schritt zu spät.
In der darauffolgenden findet Zdenek Grygera, der völlig frei flanken kann, in der Mitte Kollers Kopf - 1:0. Demirel berührt den Ball zwar, eine Parade konnte man in der Szene aber nicht mehr erwarten.
Die Türken kommen engagiert aus der Kabine und mit Sabri Sarioglu ist für Semih Sentürk ein Neuer dabei. Ergebnis der taktischen Umstellung sind mehr Freiheiten für Hamit Altintop, der das Match erneut auf der Rechtsverteidiger-Position begann. nach einer knappen Stunde wird der Druck mit Colin Kazim-Richards für Mehmet Topal weiter erhöht.
Die offensive Spielweise eröffnet Räume für die Tschechen. Koller läuft frei in Richtung Tor, wird verfolgt und offenbar in seiner Konzentration beim (misslungenen) Abschluss behindert. Eine Minute später ist der agile Sionko rechts nicht zu bremsen, schlägt den Ball in die Mitte, wo Jaroslav Plasil Sabri überholt/-rumpelt - 2:0. Innenverteidiger Emre Güngör wurde gerade verletzungsbedingt draußen behandelt und Demirel blieb nur, das Leder noch zu touchieren.
Zehn Minuten später gab es die Gelegenheit, den Sack zuzumachen, doch Sionko traf nur den Pfosten und dann folgte ein Foul im Strafraum als Jan Polak bei seinem Kopfball durch ein seinem Gesicht entgegengestrecktes Bein behindert und berührt wurde. Strafstoß, könnte man denken, doch Schiri Fröjdfeldt befand vielleicht den Kopf für zu tief (ungerechtfertigt). Das kann man als Schlüsselszene bezeichnen, doch ob der Elfer verwandelt worden wäre und wenn, ob die Türkei damit geschlagen wäre, weiß niemand.
Dass die Türkei nicht geschlagen war, bewies Arda Turan, der im letzten Spiel schon getroffen hatte. Er konnte eine Altintop-Flanke, die durch den gesamten Strafraum sauste, verwandeln.
Es gab nun türkisches Powerplay und erst jetzt reagierte Tschechen-Trainer Karel Brückner mit einer defensivierenden Einwechslung. Altintop tat sich weiter als glänzender Vorbereiter hervor. Servet Cetin konnte seine Flanke zwar nicht ins Tor befördern, aber Nihat Kahveci, nachdem Petr Cech den Ball fallen ließ. Dieser Fauxpas (fausten wäre richtig gewesen) erinnerte an Petr Koubas Fehler gegen Deutschland im EM-Finale 1996. Damals ließ er den eigentlich nicht sonderlich gefährlichen Schuss vonOliver Bierhoff über die Linie. Hier tat das der türkische Kapitän, was das ganze nicht besser machte.
Nur war hier erst ein Unentschieden erreicht und viel Zeit nicht mehr. Doch Altintop hatte noch eine gute Vorlage im Ärmel (bzw. im Stutzen) und Nihat knallte den Europass an die Unterkante der Latte, von wo er ins Tor sprang. Und vor den Bildschirmen vermutlich alle Türken an die Decke.
Zittern mussten sie noch vier Extra-Minuten. Und Demirel konnte eine Offensivaktion nicht verhindern, war geschlagen. Aber der Ball ging ins Aus statt ins Netz. Demirel ging in die Kabine - denn er hatte Koller umgestoßen und zurecht Rot gesehen. Da bereits dreimal gewechselt worden war, stülpte sich Tuncay Sanli das Torwarttrikot über.
Seine erste Aktion war ein Stoßgebet zu Allah, denn eine Minute gab's noch. Jedoch ohne dass er eingreifen musste. Das Spiel war gedreht, die Freude groß.
Lustiger wäre allerdings gewesen, wenn den Tschechen noch ein Tor gelungen wäre und es zum erstmaligen Gruppenphasen-Elfmeterschießen (direkt nach 90 Minuten) gekommen wäre. Mit Sanli im Kasten.
Darf man den Torwart während der Strafstoß-Entscheidung eigentlich wechseln? Muss er sich dafür verletzen? Oder hätte man, da ja eh ein Laie das Trikot trägt, dieses quasi rumreichen dürfen? Ich denke mal nein, doch eine aufschlußreiche Stelle habe ich in den Regeln auf die Schnelle nicht gefunden. Ihr vielleicht?
TV-Experte Klopp meinte übrigens "Alle großen Torhüter hatten so 'ne Fehler", doch da leg ich mal pro forma Widerspruch ein. Bei Claudio Taffarel habe ich keinen im Hinterkopf...
Die Krönung war aber, dass ZDF-Mann Kerner Nihat Kahveci als "Jungstar" bezeichnete, dessen Durchbruch Experten bei diesem Turnier ja schon prophezeit hatten. Der Jungstar ist 28 und in Spanien schon seit Jahren für seine Klasse bekannt. Hausaufgaben machen und unaufgefordert vorzeigen, fällt mir dazu nur ein...