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14.05.2008 um 13:27 Uhr
Ein Abramovich für Bayern?
Manchmal hat man den Eindruck, das größte Problem des deutschen Fußballs sei eine kleine Regel der DFL. Die nämlich, welche besagt, dass kein Investor bei einem Verein mehr als 49% der Anteile besitzen darf. Deshalb, aber nicht nur deshalb, mangelt es dem deutschen Fußball an potenten Investoren. Schließlich wollen Investoren vor allem eins: Nämlich Geld verdienen. Davon gibt es in der Premiere League etwas mehr zu holen als bei uns. Trotzdem, manch einer glaubt offenbar, auch wir sollten mit der Zeit gehen und den Klubs der Fußball-Bundesliga erlauben, sich selbst zu verkaufen. Und zwar ganz, nicht nur zu 49%.

In England ist das ja nun schon länger möglich. Schauen wir uns doch ein paar Beispiele an und überprüfen, wie dieses Experiment auf der Insel eigentlich klappt.

1. Malcolm Glazer (Manchester United)

Groß war der Aufschrei der Fans, als die Glazer-Famile (Malcolm und Söhne) DAS Aushängeschild des englischen Fußballs übernahmen. Einige Abtrünnige gründeten sogar einen Konkurrenzklub, der sich momentan durch die unteren englischen Ligen nach oben kämpft. Bei allen Vorbehalten gegenüber den Glazers hat sich eins herausgestellt: So schlimm sind sie gar nicht. Sie stammen aus Amerika und besitzen ein NFL-Team (Tampa Bay Buccaneers): Sie gelten als geizig, tun aber auch, was für den Erfolg nötig ist und halten sich aus dem Tagesgeschäft heraus. Das Problem bei Manchester ist Folgendes: Die Glazers wandelten den Kaufpreis zu großen Teilen einfach in Vereinsschulden um. Das geht, denn nachdem ihnen der Klub gehört, SIND sie der Klub. Und so zahlen sie munter ihre Schulden, die beim Kauf des Vereins entstanden sind, aus der Vereinskasse. Ganz schön clever, oder? Vielleicht sollte ich ja auch in dieses Geschäft einsteigen. Klingt jedenfalls ganz einfach. Nun denn, wenigstens lassen sie ihren Trainer in Ruhe arbeiten, auch wenn sie bei zwei Meistertiteln in Folge kaum Grund zur Klage haben.


2. Roman Abramovich (FC Chelsea)

Bevor Roman Abramovich auftauchte hatte der FC Chelsea ca. 120 Millionen Euro Schulden. Es stand also gar nicht zur Debatte, Abramovich und sein Geld weg zu schicken. Und keine Frage, der Deal hat sich für den Klub gelohnt. Der russische Milliardär verpflichtete eine absolute Topmannschaft, mit viel Geld und mit Köpfchen. Das Köpfchen gehörte wohl vor allem dem Trainer, den Abramovich in seiner zweiten Saison verpflichtete: José Mourinho. Der mag exzentrisch sein, aber er hatte auch einen Plan. Er kaufte nämlich keine Ansammlung von alternden Topstars (nach dem Vorbild von Real Madrid), sondern identifizierte Ausnahmetalente und machte sie in Chelsea zu Stars, siehe Cech, Drogba, Essien usw.

Nach zwei Meisterschaften (immerhin den ersten beiden für Chelsea nach 50 Jahren) war dem russischen Oberboss das alles aber nicht mehr genug: Er wollte Topstars, mit denen er sich schmücken konnte. Also holte der Klub Andriy Shevchenko und Michael Ballack. Der Ukrainer war allerdings nur noch ein Schatten seiner selbst. Und Ballack hatte in seiner ersten Saison riesige Anpassungsprobleme. Vor allem persönlicher Art. Der Deutsche wurde nämlich auf Anhieb Topverdiener im Klub, was den Herren Lampard und Terry gar nicht schmeckte.

Zur dritten Meisterschaft reichte es nicht. Aber Abramovich war jetzt voll involviert. Angeblich soll er in der Kabine schon Spielern wie Michael Essien Vorträge über Taktik gehalten haben. Dann machte er seinen Freund Avram Grant zum Cheftrainer. Sir Alex Ferguson, Meistertrainer bei Manchester United, berichtete neulich der englischen Presse, er wisse von einem Trainer, dem der Besitzer am Morgen des Spiels die Aufstellung diktiere. Wen er da wohl gemeint hat?


3. Thaksin Shinawatra (Manchester City)

Bei Manchester City dürfen wir ein ganz besonderes Exemplar der Spezies Investor bewundern. Shinawatra ist der frühere thailändische Premierminister, der 2006 durch einen Militärcoup entmachtet wurde. Als Regierungschef hat er in seinem Land durchaus Positives geleistet. Er reduzierte die Armut, machte allen Thailändern eine grundlegende medizinische Versorgung zugänglich und reduzierte die Korruption. Dummerweise nicht bei sich und seiner eigenen Familie. Wegen Korruption ist er nämlich momentan in seiner Heimat angeklagt, ein beträchtlicher Teil seines Vermögens (ca. 1,4 Milliarden Euro) deshalb eingefroren. Aber da ist noch mehr: Zum Beispiel Nichtachtung der Pressefreiheit und Todesurteile ohne gerichtliche Beschlüsse. Die "Human Rights Watch" nannte ihn einen "der auf schlimmste Art und Weise gegen die Menschenrechte verstößt." Wie wird so einer eigentlich Teambesitzer in der Premier League? Schließlich gibt es doch einen Eignungstest, den "Fit and Proper Persons Test", in dem die Bewerber auf Herz und Nieren untersucht werden (angeblich). Scheint ja prima zu klappen. Wahrscheinlich gibt es nur eine Frage: "Haben sie auch wirklich genug Geld?"

Nun, zu Beginn von Shinawatras Amtszeit war ja alles super. Er verpflichtete den früheren englischen Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson, der durfte munter einkaufen und City lag eine ganze Weile auf einem Champions League-Platz. In der Rückrunde ging es dann allerdings bergab. Trotzdem hat die Mannschaft die Vorgabe des Besitzers erfüllt und einen Platz unter den ersten zehn belegt. Ungerührt plant Shinawatra nun, Eriksson in die Wüste zu schicken. Dabei hatte "Frank Sinatra" (so nannten die City-Fans ihren Besitzer in den guten alten Tagen, also im vergangenen November) zu Saisonbeginn noch einen Job auf Lebenszeit versprochen. Führt man sich Shinawatras Vorliebe für spontane Exekutionen vor Auge, versteht man erst richtig, wie er das wohl gemeint hat. City hat die Saison übrigens mit der besten Platzierung der Premier League-Geschichte des Klubs beendet. Fans und Spieler wollen Eriksson unbedingt behalten, doch Shinawatra, der von sich selbst sagt, er verstehe nicht viel von Fußball, will einen neuen Trainer. Und man hört, er habe nicht die Angewohnheit, seine Meinung zu ändern.

Als Premierminister in Thailand, so wirft man ihm vor, soll Thaksin seinen Einfluss genutzt haben, um seinen Familienmitgliedern möglichst gute Jobs zuzuschustern. Als Besitzer bei Manchester City handelte er nach dem gleichen Muster und berief als erstes seinen Sohn und seine Tochter in den Vorstand. Dazu kam eine gewisse Sasin Monvoisin. Das ist die Ehefrau des früheren thailändischen Botschafters in England. Als City neulich gegen Chelsea spielte, wurde sie dabei gesehen, wie sie nach dem Spiel Autogramme vor der Chelsea-Kabine sammelte.


Möglicherweise kommt es ja irgendwann so weit und die DFL ändert ihre Regeln. Vielleicht regieren dann ähnliche Herrschaften wie die oben genannten den FC Bayern. Eine kleine Warnung an alle, die Investoren im deutschen Fußball wollen und fordern: Seid vorsichtig, was Ihr Euch wünscht. Am Ende bekommt Ihr es vielleicht.
Aufrufe: 14035 | Kommentare: 32 | Bewertungen: 25 | Erstellt:14.05.2008
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KOMMENTARE
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Zarathustra
16.05.2008 | 08:52 Uhr
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Zarathustra : Seblak,
16.05.2008 | 08:52 Uhr
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Zarathustra : Seblak,
ich habe in meinem letzten Posting eine falsche Botschaft vermittelt. Die Sache ist für mich aus rechtlicher Sicht (und da muss ich nicht in die Betriebswirtschaft gehen) so wie du sie nochmals dargestellt hast.
Mein eigentlicher Kritikpunkt ist das geringe Eigenkapital (verbunden mit einer hochriskanten Fremdkapitalfinanzierung). Je weniger Eigenkapital desto geringer ist aus meiner Sicht das unternehmerische Risiko. Dabei will ich gar nicht abstreiten, dass MG alles daransetzen wird, den Klub finanziell zu trimmen, damit sich sein Wert erhöht, und er beim Weiterverkauf ordentlich Gewinn macht.
Allerdings scheint er sich etwas verspekuliert zu haben: sowohl was die Refinanzierung der Hedgefonds als auch die Marktmacht ManUs angeht.

Ich kann einfach kein Finazierungskonzept gutheißen, bei dem selbst nach einem möglichen Sieg in der CL und der Meisterschaft, ein Verlust wahrscheinlich ist. Da muss man sich doch fragen, inwieweit dieses Konzept auf andere Vereine übertragbar ist, und was passieren würde wenn der Erfolg einmal ausbleiben würde.
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seblak
16.05.2008 | 09:44 Uhr
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seblak : 
16.05.2008 | 09:44 Uhr
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seblak : 
Okay. Nur da wären wir ja wieder beim alten Thema. Sollte man so hohe Ausgaben scheuen und auf das Glück hoffen um alle 10 Jahre mal ein Finale zu erreichen?
Oder eben das Risiko eingehen, mit dem auch jede Chance verbunden ist. Ich denke eben wir wissen mittlerweile eben doch, dass "Geld Tore schießen kann". Der Erfolg ist somit eben (zum Teil) auch planbar geworden.
Bayern nimmt ein paar Millionen in die Hand und verbessert sich in einer schwachen Bundesliga auf Anhieb von Platz 4 auf 1. Mit deutlichem Vorsprung.
Was englische Vereine machen ist doch nur diese Politik konsequent fahren.
Ob es Sinn und Zweck ist, dann wenn ein Milliardär kommt, der Verein dennoch mit Schulden da steht wie bei ManU ist sicher fragwürdig.
Aber der sportliche Erfolg, der sich bei sehr vielen Vereinen einstellt, wenn sie Geld in die Hand nehmen, gibt ihnen nunmal Recht.
Ich denke es ist eben von wesentlicher Bedeutung WEN sich der Verein ins Boot holt. Was für ein Typ das ist. Und wenn das Konzept passt, wirds auch erfolgreich sein. So seh ich das.
Ich sage ja auch gar nicht ob ich ess jetzt für ethisch korrekt halte wenn ein deutscher Traditionsverein in "fremde" Hände kommt.
Es wird nur eben keine wettbewerbsfähige Bundesliga mehr geben, wenn alle um sie herum die Chelsea-Politik fahren und sie aus bescheidenen Mitteln versuchen müssen eine Mannschaft zu basteln, die gegen solche besteht.
WIe ich bereits gesagt habe. Wir können auch lieber vorm Fernseher sitzen und die tolle Premier League bewundern.. oder wir holen uns die beste Unterhaltung direkt zu uns in die Stadien.
Hier sind viele PL Fans. Und schwärmen dauernd davon wie toll diese doch ist und wie groß der Unterschied zur Bundesliga, und dass sie letztendlich die Bundesliga doch wieder ausschalten weil Premier League besser ist. Aber wie passt das denn zusammen..
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