Fussball und Alkohol
Ein Doppelpass ins Nichts
Für viele Fans gehören Fußball und Alkohol gewissermaßen zusammen. Für die meisten Profis ist es eher ein Tabu. Für andere wiederum war es die schlimmste Kombination ihres Lebens, die so manchem das Leben kostete. Alkoholismus ist eine Krankheit, die nicht nur den einfachen Bürger betrifft, sondern ein Teufelskreis, in dem sich bereits absolute Topstars und Fußballlegenden verloren haben. Gerd Müller, George Best, Tony Adams, Paul Gascoigne, alles Legenden, die in diesem Teufelskreis gefangen waren. Ihre Geschichten.
Gerd Müller. Jeder, der sich auch nur ein bisschen mit Fußball beschäftigt, assoziiert so einiges mit einem der weltweit besten Stürmer aller Zeiten. Er war und ist bekannt für seinen schnellen und platzierten Drehschuss, für atemberaubende Trefferquoten und für Titel. Kaum jemand verbindet etwas Negatives mit dem Bomber der Nation. Kaum jemand verbindet die wahrscheinlich schlimmste Zeit seines Lebens mit ihm. Nämlich sein Leben als Alkoholiker. Weltmeister, Europameister, mehrmaliger Torschützenkönig und Europas Fußballer des Jahres. Das sind nur einige der zig Auszeichnungen von Gerd Müller. Mit so einer Vita muss man sich normalerweise nicht mehr beweisen, anders beim FC Bayern. Müller, der zuvor nie für einen anderen Klub auflief als für seine Bayern, der so stark verwurzelt in seiner Heimat war, fand sich unter dem neuen Bayern Trainer Pal Csernai nicht mehr wirklich zurecht. Das Resultat war ein Wechsel in die USA zu den Fort Lauderdale Strikers. Nicht wenige fragten sich damals, was sich ein so heimatverbundener Bayer im weit entfernten Fort Lauderdale zu finden erhoffte. Im Nachhinein wird sich Müller diese Frage wohl selber stellen müssen, doch damals war sie relativ einfach zu beantworten: Geld verdienen.
Trotz einer eher durchschnittlichen Liga und mangelnder Professionalität galt die amerikanische Profiliga zu den am besten Zahlenden. Müller, damals mit Sicherheit bereits über den Zenit seiner Karriere hinaus, verdiente also in den USA locker noch ein paar Scheinchen für das Leben nach dem Fußball. Mehr oder weniger aus Langeweile und Beschäftigungslosigkeit kauft er sich ein Steakhouse. Doch der Bomber hat weder Ahnung davon, wie man kocht, noch wie man ein Restaurant leitet. Deshalb gesellt er sich meistens an die Bar zu seinen Gästen, was sich als großer Fehler entpuppen sollte. Tag für Tag sitzt er da und trinkt. Müller betäubt damit nicht nur die große Sehnsucht nach seiner Heimat, er trinkt auch aus Langeweile.
Eine Zeit lang geht das auch noch gut, doch als sich sein Restaurant als Flop herausstellt und er immer mehr in eine finanzielle Schieflage aufgrund der hohen getätigten Investitionen gerät, versinkt er mehr und mehr im Teufelskreis des Alkohols. Während Müllers Probleme Überhand gewinnen, entwickelt sich der Alkohol zu seinem Trostspender. Und Trost brauchte Europas Fußballer des Jahres 1970 mehr als genug. Schließlich entscheidet sich Müller seinen Scherbenhaufen in Amerika zurückzulassen und wieder dorthin zurückzukehren, wo er sich immer am wohlsten gefühlt hatte, nämlich in München. Doch auch dort blieb er dem Alkohol treu. Zu diesem Zeitpunkt wissen die meisten seiner Weggefährten um seine Frau oder seinem besten Freund als Fußballertagen Sepp Maier bereits um die Krankheit des Stürmers. Müller selbst will jedoch davon nichts wissen, woraufhin seine Frau Uschi verzweifelt die Scheidung einreicht. Müller erscheint zu diesem Zeitpunkt mehrmals betrunken zu öffentlichen Events, einmal spielt er sogar vom Alkohol benebelt in einem Benefizspiel, an das sich Sepp Maier noch gut erinnern kann. Als er ankam, hat man den Alkohol bereits gerochen, so Maier, dann ließ er sich vorzeitig wegen irgendwelcher Beschwerden auswechseln und als wir dann in die Kabine kamen, saß er schon da und trank fröhlich. Es ist nicht nur dieses Spiel, das Maier den Anreiz gibt den Bayern Mogul Uli Hoeneß zu bitten, Müller einen Job anzubieten, da er einfach eine Beschäftigung brauche. Hoeneß ist damit einverstanden, allerdings nur unter der Bedingung, dass sich Müller einem Entzug unterzieht. So fahren also Hoeneß und Maier zu einem verkaterten Gerd Müller und schaffen es letztendlich ihm die Augen zu öffnen. Bereits einen Tag später befindet sich Gerd Müller in einer Entzugsklinik. Vier Wochen später verlässt er diese als geheilt, beginnt im Jugend- und Amateurbereich der Bayern zu arbeiten und lebt fortan ein anderes Leben, ein besseres. Heute ist Müller ein trockener Alkoholiker, er arbeitet immer noch bei den Bayern im Amateurbereich und ist seit mittlerweile fast 45 Jahren mit seiner Ehefrau verheiratet. In einigen Interviews bestätigte Müller, dass er meist nur aus Langeweile trank, dass ihm einfach eine Herausforderung und ein Ziel gefehlt haben.
Doch konnte sich Gerd Müller auf seine Freunde verlassen. Dieses Glück hat leider nicht jeder. So zum Beispiel Paul Gascoigne. Ohne Vater in Gateshead, einer Industriestadt in England, aufgewachsen, musste der junge Paul schon früh alleine mit großem Leid fertig werden. Im Alter von zarten 14 Jahren musste er mitansehen, wie sein bester Freund vor seinen Augen zusammengefahren wird und letztendlich in seinen Armen stirbt. Kurz darauf nimmt Gascoigne seinen ersten Drink. So viele Eskapaden später noch folgen sollte, gab es doch nicht nur schlechte Momente im Leben des Paul Gascoigne. Dank seines enormen Talents fällt er Scouts von Newcastle United auf, gibt dort sein Profidebüt und steigt nach seinem Wechsel zu den Tottenham Hotspurs endgültig zum Star auf. 1990 fährt Gazza mit zur WM nach Italien und spielt mit den Three Lions ein tolles Turnier, was erst im Halbfinale gegen den späteren Weltmeister Deutschland sein Ende findet. Gascoigne ist die tragische Figur dieses Spiels, so verpasst er nicht nur haarscharf eine Hereingabe zum vermeintlichen Ausgleich, er sieht auch die gelbe Karte, welche zur Folge hatte, dass er in einem möglichem Finale gesperrt gewesen wäre. Als der Schiedsrichter Gascoigne mit gelb verwarnt, ist sich Gazza bereits über die Folge bewusst und bricht noch auf dem Platz in Tränen aus. Dieses verlorene Halbfinale kann man als Wendepunkt in Gascoignes Karriere bezeichnen, ohne sich groß darüber Gedanken zu machen. Nach der WM folgte der Wechsel zu Lazio Rom, was sich als eine einzige Enttäuschung herausstellen sollte. Daraufhin folgt noch eine erfolgreiche, aber kurze Zeit bei den Glasgow Rangers ehe ihn später weitere Kurztrips nach Everton, Middlesbrough, Burnley und anderen unterklassigen Teams brachten. In diesen Zeiten verpasst es Gascoigne einfach, wichtige Kontakte zu knüpfen, weshalb er eigentlich immer eher für sich bleibt. Naja nicht ganz. Es bleibt nur er und der Alkohol.
Anfangs bleiben seine Eskapaden noch eher unter dem Radar der Medien, doch spätestens der Skandal nach der EM 1996, bei der er noch mit einem der schönsten Treffer der Fußballgeschichte gegen Schottland glänzte, rückten seine Alkoholexzesse und deren Folge immer mehr in den Fokus der Medien. Gascoigne prügelte im Suff seine Frau krankenhausreif. Dieser Vorfall schlug große Wellen in der Presse Englands. Gascoigne verliert dadurch auch seine letzten Weggefährten, widmet sich noch mehr dem Alkohol, um seine Ängste und Depressionen zu ertrinken, versinkt schließlich tiefer und tiefer im Teufelskreis des Alkohols. Die vielen Exzesse wirken sich auf seinen Körper aus, in der Nationalmannschaft spielt er längst keine Rolle mehr. Trotzdem ist Gazza darüber entsetzt, nicht für die Weltmeisterschaft 1998 nominiert zu werden. Er betrinkt sich und demoliert sein Hotelzimmer bis aufs letzte Eck. Wenige Tage später erscheint er wieder in den Medien, diesmal bricht einer seiner Saufkumpel nach einer Kneipentour mit Gascoigne zusammen und stirbt. Wieder muss der kleine kompakte Engländer mit guter Technik jemandem in die Augen schauen, wenn er das Weite segnet. Gascoigne, mittlerweile in Englands Medienwelt längst als Alkoholiker bekannt, stürzt sich weiter in den Alkohol, erst als seine Frau ihn im Herbst 1998 verlässt, wird ihm bewusst, was er mit seinen ewigen Besäufnissen anstellt. Er liefert sich selbst in eine Entzugsklinik ein, bricht jedoch nach drei Wochen ab, wenig überraschend immer noch als Alkoholiker. In den Jahren danach wird es ruhiger um Gascoigne, ab und zu erscheint er mal wieder betrunken in den Zeitschriften, aber selbst ein alkoholsüchtiger Star erregt nach dem x-ten Vorfall nicht mehr die große Aufmerksamkeit der Medien.
Vom Profidasein ist er mittlerweile schon meilenweit entfernt, seine körperliche Verfassung, gezeichnet vom Teufelskreis, lässt auch keine Verträge mehr zu. Erst im Mai 2007 erscheint Gascoigne wieder auf einer Titelseite. Bei einer Part zu seinem 40. Geburtstag klagt Gazza über starke Magenschmerzen und lässt sich ins Krankenhaus einliefern. Die Ärzte diagnostizieren ein durchgebrochenes Magengeschwür, nur durch eine Notoperation kann ihm das Leben gerettet werden. Doch auch der letzte Hinweis seines Körpers ist nicht genug, Gascoigne hat noch nicht genug vom Highlife und trinkt weiter. Auch von Drogenkonsum ist bei Gascoigne die Rede, allerdings richtete dieser bei Weitem nicht den Schaden an wie der Alkohol. Im Februar 2008 wird Gascoigne schließlich festgenommen und in eine psychatrische Klink eingewiesen. Trinken, Festnahmen und Krankenhausaufenthalte gehören am Tiefpunkt seines Daseins quasi zum Alltag. 2012 erscheint Gascoigne sturzbetrunken auf einer Charity Veranstaltung, gegen Anraten seines Agenten hält er auch noch seine Rede. Das Gesicht aufgeblasen, der Körper stark gezeichnet von den Folgen des Alkohols und stark lallend präsentiert sich der einstige Star des englischen Fußballs der Nation. Sein Agent bittet nach diesem Auftritt in einem Interview um Hilfe für Gascoigne, mit dem Verweis er wird mir dafür nicht dankbar sein. Dieser Schrei nach Hilfe bringt eine Spendenaktion englischer Fußballprofis ins Rollen, um dem so gut wie bankrotten Gascoigne einen ordentlichen Entzug zu ermöglichen.
Dank Stars wie Jack Wilshere, Wayne Rooney, Steven Gerrard und ehemaligen Weggefährten wie Alan Shearer oder Gary Lineker reichen die finanziellen Mittel Gascoignes für eine der renommiertesten Entzugskliniken der USA in Phoenix, Arizona. Bewusst außerhalb Englands gewählt, um dem erneuten Rummel um seine Person zu entgehen, läuft dort allerdings nicht alles nach Wunsch. Mehrere Ärzte sehen in ihm einen hoffnungslosen Fall, einen, der so tief in diesem Teufelskreis gefangen ist, dass man ihm kaum Chancen ausrechnete, wie Gazza in einem Interview vor kurzem bestätigte. Der Radikalentzug geht bei Gascoigne nicht spurlos vorüber, ganz im Gegenteil. Er reagiert äußerst heftig auf die Entzugserscheinungen, kollabiert oft mehrmals pro Tag und wird Anfang 2013, wieder einmal, kurz vor knapp vor dem Tod gerettet. Mittlerweile ist er auf dem Weg der Besserung, er gesteht sich seine vielen Fehler der Vergangenheit ein und ist sich bewusst, was ein erneute Rückfall für ihn bedeuten würde, nämlich den Tod. Ob Gascoigne es allerdings schafft, wirklich abstinent zu bleiben, steht in den Sternen. Ein guter Vorsatz ist der erste Schritt, aber eben auch nicht mehr. Doch ist jener erste Schritt auch der wichtigste. Oftmals ist der erste Schritt zur Besserung das Eingeständnis von Fehlern.
Bei Tony Adams fiel der erste Schritt etwas präziser und deutlicher aus. Nach der EM 1996, in der Gascoigne mit seiner Prügel Attacke auf den Titelseiten der englischen Zeitungen erscheint, tritt der Kapitän der englischen Nationalmannschaft sowie des FC Arsenal London vor die Presse und bekennt sich öffentlich als Alkoholiker. Eine ganze Nation verfällt in eine Art Schockzustand. Tony Adams, zu dem Zeitpunkt bereits eine Legende beim FC Arsenal, das Sinnbild für den Musterprofi, ist ein Alkoholiker? Niemand konnte es so richtig fassen. Aber zurück zum Anfang. Adams schloss sich 1980 den Gunners an und blieb ihnen schließlich für immer treu. Bis zum Jahr 2002 absolvierte er knapp 670 Spiele, die zweitmeisten in der Geschichte des Klubs. Mit 21 Jahren wurde er zudem jüngster Kapitän in der Klubgeschichte. Gemeinsam mit Lee Dixon, Nigel Winterburn und Steve Bould bildete er die mit großer Wahrscheinlichkeit beste Viererkette der Insel, die vor allem für ihre perfektionierte Abseitsfalle berüchtigt war. Viermal gelang es Adams mit den Londonern die Meisterschaft zu erreichen, zusätzlich kann er am Ende seiner Karriere auf über 60 Länderspiele zurückschauen. Adams Legendenstatus bei Arsenal reichte soweit, dass man ihm 2011 eine Statue vor dem Emirates Stadium errichtete.
Doch auch das Leben des Tony Adams hatte, wie vorher schon erwähnt, seine dunklen Tage. Tony Adams war, so hart er auf dem Platz auch arbeitete, außerhalb des Rasens immer ein eher normaler Mensch. Laut eigener Aussage gehörte es damals einfach dazu, nach dem Spiel einen zu trinken, doch Anfang der 90er entwickelte sich die Lage so, dass es nicht mehr bei nur einem Drink blieb. Waren es vorher bei Gascoigne unter anderem auch private Probleme, die ihn in den Teufelskreis trieben, so war es bei Adams die Erwartungshaltung an einen typischen englischen Mann, trinkfest zu sein. Damals galt laut Adams das Motto umso mehr Mann trinkt, umso mehr Mann steckt darin. Also stand Adams seinen Mann, Tag für Tag, Woche für Woche. Irgendwann war auch er gefangen im Teufelskreis. Seinen Wochenablauf zu dieser Zeit beschrieb Adams in einem Interview folgendermaßen: Sonntags bis Mittwochs Saufen, den Rest der Woche ausnüchtern fürs Spiel am Samstag. Auch er gestand, mehrmals betrunken auf dem Trainingsplatz gestanden zu sein, zudem bestätigte er auch einmal betrunken gespielt zu haben.
Doch irgendwann gelang Adams der Einschnitt. Nach dem Motto 'I was sick and tired of being sick and tired' gestand sich die Arsenal Legende seine Krankheit ein, stellte sich den Medien und zog sich dann zur Regeneration zurück. Adams stellte sein komplettes Leben auf den Kopf, strich die Alkoholexzesse, die Disko Schlägereien und die Trunkenheitsfahrten, wegen welcher er sogar einmal inhaftiert wurde. Er begibt sich in Entzug, lernt Klavier spielen und schreibt sein eigenes Buch über seiner Erlebnisse als Alkoholiker. Unterstützung erhielt er dabei vom neuen Arsenal Coach Arsene Wenger, dem Adams bis heute noch äußerst dankbar ist. Er habe ihn erst zu einem richtigen Profi gemacht, mit 30 Jahren, so Adams. Weitere fünf Jahre spielt Tony Adams als trockener Alkoholiker auf höchstem Niveau, gründet danach eine Institution zur Betreuung von Sportlern mit Alkohol-, Drogen- und Spielsuchtproblemen. Adams Rehabilitation gilt heute als abgeschlossen, was sich bei einem Alkoholiker natürlich auch schnell ändern kann. Dennoch lässt alles an Adams schließen, dass er ein Musterbeispiel für den Weg aus dem Teufelskreis der Krankheit Alkoholismus bleibt. So lehrbuchhaft er damals die Viererkette praktizierte, so lehrbuchhaft ist ihm auch die Flucht weg vom Alkohol gelungen.
Einer der diese Flucht nie geschafft hat, war Manchester United Legende George Best. Man könnte allerdings auch davon reden, dass er diese Flucht nie angetreten hat. In Belfast, Nordirland geboren, wird der schmächtige Best im Alter von 15 Jahren von Uniteds Scouting Legende Bob Bishop entdeckt. Dieser ist von den Fähigkeiten des Nordiren so überwältigt, dass er noch am gleichen Tag ein Telegramm nach Manchester zu Manager Matt Busby schicken lässt mit den Worten 'I think I've found you a genius'. Sofort wurden die Modalitäten einer Verpflichtung geregelt und Best nach Manchester geholt. Doch der heimatverbundene Best packte schon nach dem ersten Tag in Manchester seine Koffer und flog zurück nach Belfast. Erst ein Gespräch von Sir Matt Busby mit dem Vater von George konnte Best überzeugen wieder zurückzukehren. So kam er drei Jahre später zu seinem Debüt im Trikot der Red Devils. Sofort erregte sein unglaubliches Talent Aufmerksamkeit auf der Insel. United, dass zu dieser Zeit immer noch an den Folgen der Tragödie um die Busby Babes litt, hatte einen weiteren Star nach Charlton und Dennis Law in seinen Reihen. Das später als United Trinity bekannt gewordene Star Trio begeisterte mit ihrem variablen und technisch versiertem Offensivspiel ganz Europa. Jedoch stand George Best immer irgendwie im Mittelpunkt des Trios.
Mit seinem typischem 60s Look, der Matte auf dem Kopf und dem Sinn für Mode wurde aus George Best der erste richtige Star des Fußballs, auf als auch neben dem Platz. Der für seine enorme Schnelligkeit, die er mit kaum zu verteidigenden Körperfinten und einer zuvor selten so gut gesehenen Beidfüssigkeit gepaart hatte, bekannt war, erschien bald in sämtlichen Werbespots, war ein gern gesehener Interview Gast und Fan Liebling. Er hatte sogar, als erster Profi Englands, einen eigenen Fanclub. Doch irgendwann stieg Best das alles zu Kopf. Immer öfter war er in den Nobel-Diskotheken Manchesters zu sehen. Spätestens nach dem Gewinn der Landesmeisterschaft und dem damit zusammenhängendem Rücktritt seines Fürsprechers Matt Busby, neigte sich die eigentlich noch so junge Karriere eines absoluten Ausnahmekünstler dem Ende zu.
Etwa mit 25 Jahren war Best dann soweit, dass er Partys, Glücksspiel und den Frauen mehr Aufmerksamkeit schenkte als dem Fußball. Von ihm eröffnete Mode Botiquen gingen zu Grunde, immer mehr Schulden häuften sich an. Er erschien betrunken zum Training und wurde zur Amateurmannschaft verbannt. Einem minder erfolgreichen Comeback für die erste Mannschaft ManUtds folgten weitere Stationen in Südafrika, Irland, den USA, Schottland und niederen Ligen Englands. Ein Talent, das die Welt so zuvor wahrscheinlich noch nicht gesehen hat, wendet sich dem Sport ab um sich einem Teufelskreis hinzugeben, aus dem er nie ausbrechen wird. Nach mehreren abgebrochenen Therapien, einer Inhaftierung wegen Trunkenheit am Steuer und der gerade noch gelungenen Abwendung seines Bankrotts durch ein von Manchester United organisiertes Benefizspiel, sowie einem peinlichem Auftritt in einer Prime-Time-Talkshow, gab er 2001 bekannt, seinen Namen auf die Transplantationswarteliste gesetzt zu haben und nun hoffe, eine neue Leber zu erhalten. Tatsächlich bekam Best eine neue, funktionierende Leber. Allerdings wusste er auch diese Chance nicht zu nutzen, trank weiter und starb schließlich am 25.11.2005 an Multiorganversagen, das durch eine durch Medikamente hervorgerufene Niereninfektion und der Vergangenheit Bests mit Drogen und Alkohol hervorgerufen wurde.
Einige Tage zuvor druckt die News of the World auf ausdrücklichen Wunsch von George Best ein Bild von ihm in seinem Zustand ab mit der Überschrift 'Don't die like me'.In seinen letzten Tagen scheint Best vermutlich selbst klar geworden zu sein, was er doch für Möglichkeiten hatte und zugleich vergeudete. Seine berühmte Aussage zu späterem Zeitpunkt seines nur 59 Jahre andauernden Lebens 'Ich habe eine ganze Menge Geld für Alkohol, Frauen und Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verschleudert.' trifft ziemlich genau auf das Leben außerhalb des Old Traffords zu. Ich bin sicher, dass Best mit dem Rest nicht nur auf sein Geld anspielen wollte, sondern zugleich auf sein Talent, seine Chancen, kurz sein Leben.
Ich habe zu Beginn geschrieben, dass diese vier Stars, die ich vorgestellt habe, allesamt in dem Teufelskreis gefangen waren. Doch Best war der einzige, der nie wirklich versucht hat, auszubrechen. Er gab sich einfach seinem Schicksal hin, ohne den Kampf gegen seine Krankheit je wirklich angetreten zu sein. Für jeden dieser vier Stars war die Zeit als Alkoholsüchtiger mit Sicherheit die Schlimmste seines Lebens. Gerd Müller schaffte es mit der Unterstützung der richtigen Menschen, Tony Adams gelang es durch den eigenen Willen. Gascoigne zeigt sich auf dem Weg der Besserung, hat den Kampf gegen den Alkohol noch lange nicht gewonnen und wird mit Sicherheit ein Leben lang unter den Folgen dieses Teufelskreises leiden. George Best, mit Sicherheit der begabteste Spieler und größter Star unter den Erwähnten, gab sich seinem Teufelskreis hin und verlor das wichtigste Spiel seines Lebens gegen seine Krankheit. Mit Sicherheit haben Gerd Müller und Tony Adams nicht so viel und so lange Alkohol konsumiert wie Gascoigne oder Best. Trotzdem haben sie ihren Kampf gewonnen und sind somit ein Exempel für den richtigen Weg. Letztendlich, abgesehen davon ob diese Stars ihr Spiel gewonnen oder verloren haben, ist ein Zusammenspiel von Alkohol und dem Fußball nicht möglich, es ist ganz einfach ein Doppelpass ins Nichts.
Gerd Müller. Jeder, der sich auch nur ein bisschen mit Fußball beschäftigt, assoziiert so einiges mit einem der weltweit besten Stürmer aller Zeiten. Er war und ist bekannt für seinen schnellen und platzierten Drehschuss, für atemberaubende Trefferquoten und für Titel. Kaum jemand verbindet etwas Negatives mit dem Bomber der Nation. Kaum jemand verbindet die wahrscheinlich schlimmste Zeit seines Lebens mit ihm. Nämlich sein Leben als Alkoholiker. Weltmeister, Europameister, mehrmaliger Torschützenkönig und Europas Fußballer des Jahres. Das sind nur einige der zig Auszeichnungen von Gerd Müller. Mit so einer Vita muss man sich normalerweise nicht mehr beweisen, anders beim FC Bayern. Müller, der zuvor nie für einen anderen Klub auflief als für seine Bayern, der so stark verwurzelt in seiner Heimat war, fand sich unter dem neuen Bayern Trainer Pal Csernai nicht mehr wirklich zurecht. Das Resultat war ein Wechsel in die USA zu den Fort Lauderdale Strikers. Nicht wenige fragten sich damals, was sich ein so heimatverbundener Bayer im weit entfernten Fort Lauderdale zu finden erhoffte. Im Nachhinein wird sich Müller diese Frage wohl selber stellen müssen, doch damals war sie relativ einfach zu beantworten: Geld verdienen.
Trotz einer eher durchschnittlichen Liga und mangelnder Professionalität galt die amerikanische Profiliga zu den am besten Zahlenden. Müller, damals mit Sicherheit bereits über den Zenit seiner Karriere hinaus, verdiente also in den USA locker noch ein paar Scheinchen für das Leben nach dem Fußball. Mehr oder weniger aus Langeweile und Beschäftigungslosigkeit kauft er sich ein Steakhouse. Doch der Bomber hat weder Ahnung davon, wie man kocht, noch wie man ein Restaurant leitet. Deshalb gesellt er sich meistens an die Bar zu seinen Gästen, was sich als großer Fehler entpuppen sollte. Tag für Tag sitzt er da und trinkt. Müller betäubt damit nicht nur die große Sehnsucht nach seiner Heimat, er trinkt auch aus Langeweile.
Eine Zeit lang geht das auch noch gut, doch als sich sein Restaurant als Flop herausstellt und er immer mehr in eine finanzielle Schieflage aufgrund der hohen getätigten Investitionen gerät, versinkt er mehr und mehr im Teufelskreis des Alkohols. Während Müllers Probleme Überhand gewinnen, entwickelt sich der Alkohol zu seinem Trostspender. Und Trost brauchte Europas Fußballer des Jahres 1970 mehr als genug. Schließlich entscheidet sich Müller seinen Scherbenhaufen in Amerika zurückzulassen und wieder dorthin zurückzukehren, wo er sich immer am wohlsten gefühlt hatte, nämlich in München. Doch auch dort blieb er dem Alkohol treu. Zu diesem Zeitpunkt wissen die meisten seiner Weggefährten um seine Frau oder seinem besten Freund als Fußballertagen Sepp Maier bereits um die Krankheit des Stürmers. Müller selbst will jedoch davon nichts wissen, woraufhin seine Frau Uschi verzweifelt die Scheidung einreicht. Müller erscheint zu diesem Zeitpunkt mehrmals betrunken zu öffentlichen Events, einmal spielt er sogar vom Alkohol benebelt in einem Benefizspiel, an das sich Sepp Maier noch gut erinnern kann. Als er ankam, hat man den Alkohol bereits gerochen, so Maier, dann ließ er sich vorzeitig wegen irgendwelcher Beschwerden auswechseln und als wir dann in die Kabine kamen, saß er schon da und trank fröhlich. Es ist nicht nur dieses Spiel, das Maier den Anreiz gibt den Bayern Mogul Uli Hoeneß zu bitten, Müller einen Job anzubieten, da er einfach eine Beschäftigung brauche. Hoeneß ist damit einverstanden, allerdings nur unter der Bedingung, dass sich Müller einem Entzug unterzieht. So fahren also Hoeneß und Maier zu einem verkaterten Gerd Müller und schaffen es letztendlich ihm die Augen zu öffnen. Bereits einen Tag später befindet sich Gerd Müller in einer Entzugsklinik. Vier Wochen später verlässt er diese als geheilt, beginnt im Jugend- und Amateurbereich der Bayern zu arbeiten und lebt fortan ein anderes Leben, ein besseres. Heute ist Müller ein trockener Alkoholiker, er arbeitet immer noch bei den Bayern im Amateurbereich und ist seit mittlerweile fast 45 Jahren mit seiner Ehefrau verheiratet. In einigen Interviews bestätigte Müller, dass er meist nur aus Langeweile trank, dass ihm einfach eine Herausforderung und ein Ziel gefehlt haben.
Doch konnte sich Gerd Müller auf seine Freunde verlassen. Dieses Glück hat leider nicht jeder. So zum Beispiel Paul Gascoigne. Ohne Vater in Gateshead, einer Industriestadt in England, aufgewachsen, musste der junge Paul schon früh alleine mit großem Leid fertig werden. Im Alter von zarten 14 Jahren musste er mitansehen, wie sein bester Freund vor seinen Augen zusammengefahren wird und letztendlich in seinen Armen stirbt. Kurz darauf nimmt Gascoigne seinen ersten Drink. So viele Eskapaden später noch folgen sollte, gab es doch nicht nur schlechte Momente im Leben des Paul Gascoigne. Dank seines enormen Talents fällt er Scouts von Newcastle United auf, gibt dort sein Profidebüt und steigt nach seinem Wechsel zu den Tottenham Hotspurs endgültig zum Star auf. 1990 fährt Gazza mit zur WM nach Italien und spielt mit den Three Lions ein tolles Turnier, was erst im Halbfinale gegen den späteren Weltmeister Deutschland sein Ende findet. Gascoigne ist die tragische Figur dieses Spiels, so verpasst er nicht nur haarscharf eine Hereingabe zum vermeintlichen Ausgleich, er sieht auch die gelbe Karte, welche zur Folge hatte, dass er in einem möglichem Finale gesperrt gewesen wäre. Als der Schiedsrichter Gascoigne mit gelb verwarnt, ist sich Gazza bereits über die Folge bewusst und bricht noch auf dem Platz in Tränen aus. Dieses verlorene Halbfinale kann man als Wendepunkt in Gascoignes Karriere bezeichnen, ohne sich groß darüber Gedanken zu machen. Nach der WM folgte der Wechsel zu Lazio Rom, was sich als eine einzige Enttäuschung herausstellen sollte. Daraufhin folgt noch eine erfolgreiche, aber kurze Zeit bei den Glasgow Rangers ehe ihn später weitere Kurztrips nach Everton, Middlesbrough, Burnley und anderen unterklassigen Teams brachten. In diesen Zeiten verpasst es Gascoigne einfach, wichtige Kontakte zu knüpfen, weshalb er eigentlich immer eher für sich bleibt. Naja nicht ganz. Es bleibt nur er und der Alkohol.
Anfangs bleiben seine Eskapaden noch eher unter dem Radar der Medien, doch spätestens der Skandal nach der EM 1996, bei der er noch mit einem der schönsten Treffer der Fußballgeschichte gegen Schottland glänzte, rückten seine Alkoholexzesse und deren Folge immer mehr in den Fokus der Medien. Gascoigne prügelte im Suff seine Frau krankenhausreif. Dieser Vorfall schlug große Wellen in der Presse Englands. Gascoigne verliert dadurch auch seine letzten Weggefährten, widmet sich noch mehr dem Alkohol, um seine Ängste und Depressionen zu ertrinken, versinkt schließlich tiefer und tiefer im Teufelskreis des Alkohols. Die vielen Exzesse wirken sich auf seinen Körper aus, in der Nationalmannschaft spielt er längst keine Rolle mehr. Trotzdem ist Gazza darüber entsetzt, nicht für die Weltmeisterschaft 1998 nominiert zu werden. Er betrinkt sich und demoliert sein Hotelzimmer bis aufs letzte Eck. Wenige Tage später erscheint er wieder in den Medien, diesmal bricht einer seiner Saufkumpel nach einer Kneipentour mit Gascoigne zusammen und stirbt. Wieder muss der kleine kompakte Engländer mit guter Technik jemandem in die Augen schauen, wenn er das Weite segnet. Gascoigne, mittlerweile in Englands Medienwelt längst als Alkoholiker bekannt, stürzt sich weiter in den Alkohol, erst als seine Frau ihn im Herbst 1998 verlässt, wird ihm bewusst, was er mit seinen ewigen Besäufnissen anstellt. Er liefert sich selbst in eine Entzugsklinik ein, bricht jedoch nach drei Wochen ab, wenig überraschend immer noch als Alkoholiker. In den Jahren danach wird es ruhiger um Gascoigne, ab und zu erscheint er mal wieder betrunken in den Zeitschriften, aber selbst ein alkoholsüchtiger Star erregt nach dem x-ten Vorfall nicht mehr die große Aufmerksamkeit der Medien.
Vom Profidasein ist er mittlerweile schon meilenweit entfernt, seine körperliche Verfassung, gezeichnet vom Teufelskreis, lässt auch keine Verträge mehr zu. Erst im Mai 2007 erscheint Gascoigne wieder auf einer Titelseite. Bei einer Part zu seinem 40. Geburtstag klagt Gazza über starke Magenschmerzen und lässt sich ins Krankenhaus einliefern. Die Ärzte diagnostizieren ein durchgebrochenes Magengeschwür, nur durch eine Notoperation kann ihm das Leben gerettet werden. Doch auch der letzte Hinweis seines Körpers ist nicht genug, Gascoigne hat noch nicht genug vom Highlife und trinkt weiter. Auch von Drogenkonsum ist bei Gascoigne die Rede, allerdings richtete dieser bei Weitem nicht den Schaden an wie der Alkohol. Im Februar 2008 wird Gascoigne schließlich festgenommen und in eine psychatrische Klink eingewiesen. Trinken, Festnahmen und Krankenhausaufenthalte gehören am Tiefpunkt seines Daseins quasi zum Alltag. 2012 erscheint Gascoigne sturzbetrunken auf einer Charity Veranstaltung, gegen Anraten seines Agenten hält er auch noch seine Rede. Das Gesicht aufgeblasen, der Körper stark gezeichnet von den Folgen des Alkohols und stark lallend präsentiert sich der einstige Star des englischen Fußballs der Nation. Sein Agent bittet nach diesem Auftritt in einem Interview um Hilfe für Gascoigne, mit dem Verweis er wird mir dafür nicht dankbar sein. Dieser Schrei nach Hilfe bringt eine Spendenaktion englischer Fußballprofis ins Rollen, um dem so gut wie bankrotten Gascoigne einen ordentlichen Entzug zu ermöglichen.
Dank Stars wie Jack Wilshere, Wayne Rooney, Steven Gerrard und ehemaligen Weggefährten wie Alan Shearer oder Gary Lineker reichen die finanziellen Mittel Gascoignes für eine der renommiertesten Entzugskliniken der USA in Phoenix, Arizona. Bewusst außerhalb Englands gewählt, um dem erneuten Rummel um seine Person zu entgehen, läuft dort allerdings nicht alles nach Wunsch. Mehrere Ärzte sehen in ihm einen hoffnungslosen Fall, einen, der so tief in diesem Teufelskreis gefangen ist, dass man ihm kaum Chancen ausrechnete, wie Gazza in einem Interview vor kurzem bestätigte. Der Radikalentzug geht bei Gascoigne nicht spurlos vorüber, ganz im Gegenteil. Er reagiert äußerst heftig auf die Entzugserscheinungen, kollabiert oft mehrmals pro Tag und wird Anfang 2013, wieder einmal, kurz vor knapp vor dem Tod gerettet. Mittlerweile ist er auf dem Weg der Besserung, er gesteht sich seine vielen Fehler der Vergangenheit ein und ist sich bewusst, was ein erneute Rückfall für ihn bedeuten würde, nämlich den Tod. Ob Gascoigne es allerdings schafft, wirklich abstinent zu bleiben, steht in den Sternen. Ein guter Vorsatz ist der erste Schritt, aber eben auch nicht mehr. Doch ist jener erste Schritt auch der wichtigste. Oftmals ist der erste Schritt zur Besserung das Eingeständnis von Fehlern.
Bei Tony Adams fiel der erste Schritt etwas präziser und deutlicher aus. Nach der EM 1996, in der Gascoigne mit seiner Prügel Attacke auf den Titelseiten der englischen Zeitungen erscheint, tritt der Kapitän der englischen Nationalmannschaft sowie des FC Arsenal London vor die Presse und bekennt sich öffentlich als Alkoholiker. Eine ganze Nation verfällt in eine Art Schockzustand. Tony Adams, zu dem Zeitpunkt bereits eine Legende beim FC Arsenal, das Sinnbild für den Musterprofi, ist ein Alkoholiker? Niemand konnte es so richtig fassen. Aber zurück zum Anfang. Adams schloss sich 1980 den Gunners an und blieb ihnen schließlich für immer treu. Bis zum Jahr 2002 absolvierte er knapp 670 Spiele, die zweitmeisten in der Geschichte des Klubs. Mit 21 Jahren wurde er zudem jüngster Kapitän in der Klubgeschichte. Gemeinsam mit Lee Dixon, Nigel Winterburn und Steve Bould bildete er die mit großer Wahrscheinlichkeit beste Viererkette der Insel, die vor allem für ihre perfektionierte Abseitsfalle berüchtigt war. Viermal gelang es Adams mit den Londonern die Meisterschaft zu erreichen, zusätzlich kann er am Ende seiner Karriere auf über 60 Länderspiele zurückschauen. Adams Legendenstatus bei Arsenal reichte soweit, dass man ihm 2011 eine Statue vor dem Emirates Stadium errichtete.
Doch auch das Leben des Tony Adams hatte, wie vorher schon erwähnt, seine dunklen Tage. Tony Adams war, so hart er auf dem Platz auch arbeitete, außerhalb des Rasens immer ein eher normaler Mensch. Laut eigener Aussage gehörte es damals einfach dazu, nach dem Spiel einen zu trinken, doch Anfang der 90er entwickelte sich die Lage so, dass es nicht mehr bei nur einem Drink blieb. Waren es vorher bei Gascoigne unter anderem auch private Probleme, die ihn in den Teufelskreis trieben, so war es bei Adams die Erwartungshaltung an einen typischen englischen Mann, trinkfest zu sein. Damals galt laut Adams das Motto umso mehr Mann trinkt, umso mehr Mann steckt darin. Also stand Adams seinen Mann, Tag für Tag, Woche für Woche. Irgendwann war auch er gefangen im Teufelskreis. Seinen Wochenablauf zu dieser Zeit beschrieb Adams in einem Interview folgendermaßen: Sonntags bis Mittwochs Saufen, den Rest der Woche ausnüchtern fürs Spiel am Samstag. Auch er gestand, mehrmals betrunken auf dem Trainingsplatz gestanden zu sein, zudem bestätigte er auch einmal betrunken gespielt zu haben.
Doch irgendwann gelang Adams der Einschnitt. Nach dem Motto 'I was sick and tired of being sick and tired' gestand sich die Arsenal Legende seine Krankheit ein, stellte sich den Medien und zog sich dann zur Regeneration zurück. Adams stellte sein komplettes Leben auf den Kopf, strich die Alkoholexzesse, die Disko Schlägereien und die Trunkenheitsfahrten, wegen welcher er sogar einmal inhaftiert wurde. Er begibt sich in Entzug, lernt Klavier spielen und schreibt sein eigenes Buch über seiner Erlebnisse als Alkoholiker. Unterstützung erhielt er dabei vom neuen Arsenal Coach Arsene Wenger, dem Adams bis heute noch äußerst dankbar ist. Er habe ihn erst zu einem richtigen Profi gemacht, mit 30 Jahren, so Adams. Weitere fünf Jahre spielt Tony Adams als trockener Alkoholiker auf höchstem Niveau, gründet danach eine Institution zur Betreuung von Sportlern mit Alkohol-, Drogen- und Spielsuchtproblemen. Adams Rehabilitation gilt heute als abgeschlossen, was sich bei einem Alkoholiker natürlich auch schnell ändern kann. Dennoch lässt alles an Adams schließen, dass er ein Musterbeispiel für den Weg aus dem Teufelskreis der Krankheit Alkoholismus bleibt. So lehrbuchhaft er damals die Viererkette praktizierte, so lehrbuchhaft ist ihm auch die Flucht weg vom Alkohol gelungen.
Einer der diese Flucht nie geschafft hat, war Manchester United Legende George Best. Man könnte allerdings auch davon reden, dass er diese Flucht nie angetreten hat. In Belfast, Nordirland geboren, wird der schmächtige Best im Alter von 15 Jahren von Uniteds Scouting Legende Bob Bishop entdeckt. Dieser ist von den Fähigkeiten des Nordiren so überwältigt, dass er noch am gleichen Tag ein Telegramm nach Manchester zu Manager Matt Busby schicken lässt mit den Worten 'I think I've found you a genius'. Sofort wurden die Modalitäten einer Verpflichtung geregelt und Best nach Manchester geholt. Doch der heimatverbundene Best packte schon nach dem ersten Tag in Manchester seine Koffer und flog zurück nach Belfast. Erst ein Gespräch von Sir Matt Busby mit dem Vater von George konnte Best überzeugen wieder zurückzukehren. So kam er drei Jahre später zu seinem Debüt im Trikot der Red Devils. Sofort erregte sein unglaubliches Talent Aufmerksamkeit auf der Insel. United, dass zu dieser Zeit immer noch an den Folgen der Tragödie um die Busby Babes litt, hatte einen weiteren Star nach Charlton und Dennis Law in seinen Reihen. Das später als United Trinity bekannt gewordene Star Trio begeisterte mit ihrem variablen und technisch versiertem Offensivspiel ganz Europa. Jedoch stand George Best immer irgendwie im Mittelpunkt des Trios.
Mit seinem typischem 60s Look, der Matte auf dem Kopf und dem Sinn für Mode wurde aus George Best der erste richtige Star des Fußballs, auf als auch neben dem Platz. Der für seine enorme Schnelligkeit, die er mit kaum zu verteidigenden Körperfinten und einer zuvor selten so gut gesehenen Beidfüssigkeit gepaart hatte, bekannt war, erschien bald in sämtlichen Werbespots, war ein gern gesehener Interview Gast und Fan Liebling. Er hatte sogar, als erster Profi Englands, einen eigenen Fanclub. Doch irgendwann stieg Best das alles zu Kopf. Immer öfter war er in den Nobel-Diskotheken Manchesters zu sehen. Spätestens nach dem Gewinn der Landesmeisterschaft und dem damit zusammenhängendem Rücktritt seines Fürsprechers Matt Busby, neigte sich die eigentlich noch so junge Karriere eines absoluten Ausnahmekünstler dem Ende zu.
Etwa mit 25 Jahren war Best dann soweit, dass er Partys, Glücksspiel und den Frauen mehr Aufmerksamkeit schenkte als dem Fußball. Von ihm eröffnete Mode Botiquen gingen zu Grunde, immer mehr Schulden häuften sich an. Er erschien betrunken zum Training und wurde zur Amateurmannschaft verbannt. Einem minder erfolgreichen Comeback für die erste Mannschaft ManUtds folgten weitere Stationen in Südafrika, Irland, den USA, Schottland und niederen Ligen Englands. Ein Talent, das die Welt so zuvor wahrscheinlich noch nicht gesehen hat, wendet sich dem Sport ab um sich einem Teufelskreis hinzugeben, aus dem er nie ausbrechen wird. Nach mehreren abgebrochenen Therapien, einer Inhaftierung wegen Trunkenheit am Steuer und der gerade noch gelungenen Abwendung seines Bankrotts durch ein von Manchester United organisiertes Benefizspiel, sowie einem peinlichem Auftritt in einer Prime-Time-Talkshow, gab er 2001 bekannt, seinen Namen auf die Transplantationswarteliste gesetzt zu haben und nun hoffe, eine neue Leber zu erhalten. Tatsächlich bekam Best eine neue, funktionierende Leber. Allerdings wusste er auch diese Chance nicht zu nutzen, trank weiter und starb schließlich am 25.11.2005 an Multiorganversagen, das durch eine durch Medikamente hervorgerufene Niereninfektion und der Vergangenheit Bests mit Drogen und Alkohol hervorgerufen wurde.
Einige Tage zuvor druckt die News of the World auf ausdrücklichen Wunsch von George Best ein Bild von ihm in seinem Zustand ab mit der Überschrift 'Don't die like me'.In seinen letzten Tagen scheint Best vermutlich selbst klar geworden zu sein, was er doch für Möglichkeiten hatte und zugleich vergeudete. Seine berühmte Aussage zu späterem Zeitpunkt seines nur 59 Jahre andauernden Lebens 'Ich habe eine ganze Menge Geld für Alkohol, Frauen und Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verschleudert.' trifft ziemlich genau auf das Leben außerhalb des Old Traffords zu. Ich bin sicher, dass Best mit dem Rest nicht nur auf sein Geld anspielen wollte, sondern zugleich auf sein Talent, seine Chancen, kurz sein Leben.
Ich habe zu Beginn geschrieben, dass diese vier Stars, die ich vorgestellt habe, allesamt in dem Teufelskreis gefangen waren. Doch Best war der einzige, der nie wirklich versucht hat, auszubrechen. Er gab sich einfach seinem Schicksal hin, ohne den Kampf gegen seine Krankheit je wirklich angetreten zu sein. Für jeden dieser vier Stars war die Zeit als Alkoholsüchtiger mit Sicherheit die Schlimmste seines Lebens. Gerd Müller schaffte es mit der Unterstützung der richtigen Menschen, Tony Adams gelang es durch den eigenen Willen. Gascoigne zeigt sich auf dem Weg der Besserung, hat den Kampf gegen den Alkohol noch lange nicht gewonnen und wird mit Sicherheit ein Leben lang unter den Folgen dieses Teufelskreises leiden. George Best, mit Sicherheit der begabteste Spieler und größter Star unter den Erwähnten, gab sich seinem Teufelskreis hin und verlor das wichtigste Spiel seines Lebens gegen seine Krankheit. Mit Sicherheit haben Gerd Müller und Tony Adams nicht so viel und so lange Alkohol konsumiert wie Gascoigne oder Best. Trotzdem haben sie ihren Kampf gewonnen und sind somit ein Exempel für den richtigen Weg. Letztendlich, abgesehen davon ob diese Stars ihr Spiel gewonnen oder verloren haben, ist ein Zusammenspiel von Alkohol und dem Fußball nicht möglich, es ist ganz einfach ein Doppelpass ins Nichts.
ø 9.6
KOMMENTARE
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06.04.2013 | 11:54 Uhr
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Strangelove :
Klasse Blog mein Freund. 10 Punkte!
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