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25.09.2011 um 19:31 Uhr
Ein Selbstversuch II
Ich wählte vornehmlich enge Spielräume und lies höchstens zwei bis drei Ballkontakte pro Spieler zu. Dadurch wurde zudem das ständige Pressing gewährleistet, weil es in engen Räumen ziemlich leicht ist, den ballnahen Raum zu verengen. Auf diese Weise festigte ich weiterhin unser Defensivspiel. Da mir auch die technischen Grundlagen im Hinblick auf die allgemeine Beweglichkeit wichtig waren/sind, nahm ich ab und zu die Koordinationsleiter zur Hilfe. Aber auch hier kam der Ball zum Einsatz.

Da für ein ausgeprägtes Passspiel das Schaffen und nutzen von Überzahlsituationen wichtig ist, machten wir Spielformen mit drei Teams (mit je drei bis vier Spielern), wobei zwei Teams zusammen gegen das Dritte auf Ballbesitz spielen mussten. Wenn ein Spieler einer der beiden offensiven Teams den Ball verlor, mussten er und seine Mannschaftskameraden in die Rolle des defensiven Teams. Außerdem spielen wir oft im "Rondo". Eine Spielform, bei der ein, zwei oder drei Spieler in der Mitte stehen und versuchen den Ball von den offensiven Spielern zu erobern, welche im Kreis (Rondo) um die defensiven Spieler herumstehen. Das perfekte Positionsspiel.

In den Spielformen auf Tore, variierte ich mit ungewöhnlichen Vorgaben: vor einem Torabschluss muss jeder Spieler der ballbesitzenden Mannschaft am Ball gewesen sein (damit nicht gleich nach vorne gespielt wird); oder ich steckte Zonen ab, die vor einem Torversuch bespielt werden mussten (ballorientierte Bewegungen, um überall Passdreiecke zu bilden). In der Summe dieser Vorgaben wurden die Spieler auch extrem mental gefordert, weil sie auf viele Dinge gleichzeitig achten mussten. Und obwohl wir keine reinen Konditionsübungen abhielten, sondern permanent den Ball nahmen, waren die Jungs nach den Trainingseinheiten körperlich und geistig erschöpft. Das ist nur logisch, weil die Intensität in den engen Räumen enorm hoch ist.

sichtbarer Fortschritt
Im Laufe der Vorbereitungsspiele agierten wir ungewohnt schnell und zunehmend ballsicher, was besonders unsere sonst eher kritischen Zuschauer veranlasste, ein großes Lob für unsere Spielweise auszusprechen. Für mich war es der Beweis, dass wir auf dem richtigen Weg waren, trotz aller Widerstände des einen oder anderen konservativen Geistes, der einfach nicht wahrhaben wollte, dass man ohne Konditionseinheiten (bei uns hieße das Ausdauerläufe und Medizinball) durchaus eine starke Fitness erreichen kann.

So kam es zum ersten Punktspiel und in den ersten 30 Minuten spielten wir mit gefühlten 200% Ballbesitz den Gegner förmlich an die Wand. Zwischendurch verloren wir unsere Konzentration und damit auch unsere Dominanz, was zu einem schlechten Spiel führte, aber an dem letzlich ungefährdeten Sieg nichts änderte. Die nächsten Spiele liefen ähnlich kontrolliert aber mit einer größeren Konstanz, sodass wir nun als Aufsteiger mit zwei Siegen, einem Unentschieden (geklauter Sieg nach zwei Platzverweisen und klarem aber nicht geahndetem Handspiel im Strafraum) und einer Niederlage gegen den Haushohen Ligafavoriten recht gut darstehen. In Strafraumnähe agieren wir dann doch noch zu oft mit Flanken von den Außen, was nun wahrlich nicht unsere Stärke ist. Aber selbst beim Unentschieden und der Niederlage waren wir (nach Meinung der Gegner) jeweils das aktivere und attraktivere Team.

Thesen
Der Vorteil der spanischen Trainingsmethode gegenüber der deutschen ist klar. Technik und (Offensiv)Taktik stehen in einem engen Zusammenhang. Darum empfehlen sich schon von vorne herein Spielformen. Da der Fußball immer schneller wird und sich in immer enger werdenden Räumen abspielt, ist es nötig, dementsprechend spielnah zu trainieren. Denn mit Kondition allein lässt sich heute kein Blumentopf mehr gewinnen. Und wenn man Barca sieht, die niemals konditionell einbrechen, obwohl sie keine reinen Konditionsübungen abhalten, ist man nur noch mehr gestärkt, eine solche Trainingsarbeit umzusetzen. Zumal wir als unterklassiges Team nur zweimal Training pro Woche haben und die Beteiligung mit etwa 10 Spielern nicht optimal ist. Darum blieb mir nichts anderes übrig, als die knappe Zeit für die wesentlichen Dinge zu nutzen, aber gleichzeitig eine ausreichende Grundlage für alle anderen Anforderungsbereiche zu schaffen.

Gerade heutzutage sehen sich (Profi)Trainer immer dem Problem gegenüber, wie sie in möglichst kurzer Zeit zu Erfolg kommen können und gleichzeitig einen ahnsehnlichen Fußball spielen lassen. Meiner Erfahrung nach kann man das am besten mit dem spanischen Weg erreichen. Denn durch die Spielformen findet ein implizites Lernen in Bezug auf die Taktik statt, wobei die Technik von der differenziellen Lernmethode automatisch profitiert. Da die Spieler gemäß der diff. LM in möglichst viele Spielsituationen gebracht werden sollen, um entsprechende Lösungen zu finden, kann man diese Spielform in der Art und Weise beeinflussen, dass gleichzeitig die gewünschte Strategie bzw. Philosophie (implizit) vermittelt wird. Der Trainer muss dabei nur wissen, welche Vorgaben er bei den Spielformen machen muss, um seine Ideen zu verwirklichen, wie etwa Klopp und Slomka mit ihrer 10-Sekunden-Regel nach Balleroberung.

Fakten
Durch die permanent hohe Spielintensität im Training profitiert die Kondition automatisch. Denn somit wird auch eine spielnahe Kondition simuliert, die mit Berg- oder Treppenläufen gar nicht umsetzbar ist.

Einen weiteren positiven Beleg für den spanischen Weg stellt der Vergleich der Pass- und Laufstatistiken dar. In der CL-Saison 2010/11 lag der Durchschnitt bei 112km zurückgelegter Strecke und 502 Pässen pro Team. Die beiden Finalisten Barca (durchschnittl. 791 Pässe pro Spiel) und ManUtd. (563) kamen jedoch nicht über 110,5km hinaus. Real Madrid (525), immerhin Halbfinalist, kam mit 108,8km nur auf den drittletzten Platz. Alle Drei kamen in die Top 6 derjenigen Teams mit dem meisten Ballbesitz. Barca gar auf Platz 1.

Die 16 Teams, welche die K.o.-Phase erreichten, wiesen pro Partie 22 % mehr Pässe auf als die zuvor ausgeschiedenen Teams. Von den 16 Ausgeschiedenen verzeichneten lediglich Ajax Amsterdam und der FC Basel durchschnittlich mehr als 500 Pässe pro Spiel. Von den 16 Achtelfinalisten hingegen blieben nur Schalke, Tottenham, Olympique Marseille und der AS Rom unter der 500er-Marke. Mit Werder (464) und Schalke (455) kamen zwei dt. Teams unter die Top 5 der lauffreudigsten Mannschaften.

All das zeigt, dass es weniger ertragreich ist, den Fokus auf die Laufarbeit (Kondition) zu legen. Vielmehr bringt es, das Passspiel zu fördern. Erwiesener Maßen mit mehr Spielformen. Dabei ist stets die Qualität zu beachten. Quantität spielt keine Rolle.

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Aufrufe: 10130 | Kommentare: 27 | Bewertungen: 38 | Erstellt:25.09.2011
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KOMMENTARE
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vanGaalsNase
30.09.2011 | 16:03 Uhr
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30.09.2011 | 16:03 Uhr
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Wir waren nun mal ein Verein, der eben gute und zahlreiche Talente hatte. Wenn die dann zusammen spielen, kommt schon eine hohe Qualität Zustande. Aber im Hinblick auf Taktik war das aus heutiger Sicht deutlich zu wenig. Wie Ch. Biermann es schon in der Fußballmatrix klarstellte, neigen Mannschaften mit großen Ressourcen (in diesem Fall heißt das gutes Spielermaterial) dazu, dass sie kaum Wert auf Strategie legen, während eher weniger talentierte Teams darum bemüht sind, individuelle Schwächen mit ausgefeilten Taktiken wett zu machen. Heutzutage müssen aber selbst die individuell stark besetzten Mannschaften auf einem taktisch außergewöhnlichem Niveau sein. Vor 5-6 Jahren hatte sich das noch nicht ganz so rumgesprochen...

In der Landesliga hat unsere individuelle Klasse ausgereicht. In der Regionalliga (2. Liga der A-Jugend) brauchten wir mehr Strategie und Taktik. Aber wir haben leider kaum etwas in dieser Hinsicht gemacht. Das mussten wir erkennen, als uns der Tabellenführer mit 7:0 schlug. Die haben eben ein gutes Pressing gespielt und klasse gedoppelt. Etwas, das wir selbst im Training kaum geübt haben. Viererkette: ja. Pressing und aggressives Verschieben im Block: eher nicht.
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Galactic89
30.09.2011 | 16:13 Uhr
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Galactic89 : 
30.09.2011 | 16:13 Uhr
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Galactic89 : 
Okay das ist in Ordnung dann. Vielleicht sollte ich dazu sagen, dass ich mit 16 auch in England war und ein Auslandsjahr gemacht habe, da waren unsere Trainer hochstudierte Sportexperten und haben auf sowas extremen Wert gelegt. Wir haben da auch Angriffsspiele mit 3 gegen 8 plus Torwart geübt, also mit wenigen Leuten 2 4er-Ketten aushebeln, das hat mich einiges in Sachen Übersicht und schnelles Denken gelehrt.

Vielleicht übrigens auch eine Übung für dich, wenn du da mal genug Leute hast. Gegen einen simplen Angriff gut verteidigen, deine Abwehrspieler dürfen den Ballführenden nicht schießen lassen und gleichzeitig müssen sie 2 schnelle Außenspieler unter Kontrolle halten, dazu sollte der Ballführende am besten sehr genau passen oder auch heben können. So haben wir die ganze Saison kaum Tore kassiert, konnten aber auch in eigentlich hoffenungslosen Unterzahlsituationen ständig für Gefahr sorgen. Die meisten Gegner werden nämlich, wenn sie sich hinten reinstellen, davon ausgehen, dass du deine Spieler erstmal nachrücken lässt und es damit Zeit zum ordnen gibt. Sind die wenigen Spieler vorne aber plötzlich mit hohem Tempo dabei auf die Abwehrspieler loszugehen wird es immer haarig, dabei kommt auch gerne mal ein gefährlicher Freistoß oder sogar Elfmeter raus.

Ist nur ein Tipp, hat uns wie gesagt sehr viel gebracht. Wie genau du das dann umsetze möchtest ist natürlich deine Sache.
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vanGaalsNase
30.09.2011 | 16:24 Uhr
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30.09.2011 | 16:24 Uhr
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Deine Übung würde sich mit dem widersprechen, was ich meinen Spielern immer versuche beizubringen: Ballkontrolle ist das Wichtigste! Wenn ich bei eigenem Ballbesitz derart in Unterzahl bin, wird nicht nach vorne gespielt. Weil sonst jeder Angriff dem Zufall unterworfen ist. In meiner Vorstellung von Fußball geht es immer darum, Überzahl zu schaffen, ob man nun selbst den Ball hat oder der Gegner. Bei 3 gegen 8 ist das ein ziemlich extremes Missverhältnis.

Ich lasse jedoch die Viererkette samt TW gegen eine hohe Anzahl Angreifer spielen (bis zu 10). Denn eine gute Abwehrkette kann auch in einer solchen Unterzahlsituation erfolgreich verteidigen. Umgekehrt ist das eher unwahrscheinlich.
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Galactic89
30.09.2011 | 16:42 Uhr
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Galactic89 : 
30.09.2011 | 16:42 Uhr
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Galactic89 : 
Das ist richtig aber du hattest geschrieben, dass deine Gegner sich gerne hinten reinstellen. Was du ja eigentlich willst ist, dass du auch in einer schlechten Situation sofort für Gefahr sorgen kannst.

Also bei uns war das so: Ich (Ballführender) sehe rechts einen der beiden Außen zwischen die beiden Ketten stoßen und spiele ihm den Ball in den Lauf. Der legt den Ball mit einer Berührung ebenfalls zwischen die Ketten, wo ich in der Zeit bereits reingesprintet bin. Nun habe ich die Wahl sofort ohne Annahme aufs Tor zu schießen oder den ball ebenfalls mit einer Berührung links mittig in den Strafraum zu chippen wo der zweite Außenspieler bereits reingestartet ist.

3 Möglichkeiten: Mein Ball ist zu ungenau und geht ins Toraus. Oder er kriegt den Ball und schließt sofort ab aus etwa 8-10 Metern (oder legt auf den linken Außenspieler ab, das ist dann aber schon große Kunst weil man sehr unter Druck steht). Oder ich werde gefoult (Freistoß) oder er (Elfmeter). Es ist selten der Fall dass die Abwehr ohne perfekte Ordnung so einen schnellen Angriff gut verteidigen kann. Der Torwart kann den Chip in den Strafraum nicht erreichen bevor mein Mitspieler es tut, weil er erst die kurze Ecke auf der anderen Seite zumachen musste und dann auch noch mit einem Schuss von mir rechnen muss, wo ich mir die Seite quasi aussuchen konnte (auch wenn natürlich einer mindestens blocken kann).

Zwar ist das eigentlich konträr zu dem, was du vermittelst, dennoch bringt es eine entscheidende Sache mit: Umgehen mit einer Stresssituation. Ich stehe bei diesem Angriff immer unter maximalem Druck, ein Stopfehler und der Angriff ist vorbei. Auch der Pass darf nicht ungenau sein, obwohl ich wahrscheinlich 3 Leute habe die angreifen. Das heißt du kannst dein schnelles Handeln unter Druck damit nochmal deutlich anheben.

Das ist natürlich erst dann sinnvoll, wenn deine Spieler das grundsätzliche absolut verinnerlicht haben.
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Galactic89
30.09.2011 | 16:56 Uhr
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Galactic89 : 
30.09.2011 | 16:56 Uhr
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Galactic89 : 
Übrigens ist die Spielsituation ja dann eh eine andere. Da rücken deine Leute dann ja nach. Im Zweifel werden sie den Ball recht hektisch klären, da du Angriffspressing spielen lässt bekommst du danach wohl meist den Ball und kannst dann dein normales Spiel weiterlaufen lassen während der Gegner nach dem Angriff wiedermal ungeordnet ist.
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djcooly
04.10.2011 | 14:32 Uhr
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djcooly : 
04.10.2011 | 14:32 Uhr
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djcooly : 
Toller Artikel, hat Spaß gemacht ihn zu lesen!
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TuB1904
07.10.2011 | 18:30 Uhr
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TuB1904 : 
07.10.2011 | 18:30 Uhr
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TuB1904 : 
Geiler Blog! 10 Punkte! Richtig gut und sehr interessant. Trainiere selber im Jugendbereich und spiele in der Kreisliga. Da treffen zwei Fußballkulturen aufeinander. Da Ribbeck-Deutschland auf das Löw-Deutschland bzw. Spanien
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