07.11.2007 um 17:22 Uhr
Ein Sonntag vor dem Fernseher
Neulich hat ein Leser angeregt, dass ich doch ruhig auch mal etwas zum Thema NFL schreiben könte. Stimmt. Dass ich dies bislang nicht getan habe hat vor allem einen Grund: ich befasse mich beruflich im Moment mit anderen Sportarten. Deshalb bin ich nicht so drin im Thema wie z. B. vor zwei Jahren noch. Ich schaue zwar regelmäßig NFL, aber meist erst Ende der Woche, wenn ich die beruflich wichtigen Sachen abgearbeitet habe. Und an Sonntagen selbst bin ich oft unterwegs. Also halte ich mich mit Meinungsäußerungen zurück, schließlich gibt es schon genug Leute, die zu allem eine Meinung haben, besonders zu den Dingen, die sie nicht beurteilen können.
Aber diese Woche war alles anders und ich konnte in Ruhe drei Spiele anschauen. Das erste war: Tennessee gegen Carolina.
Beide Mannschaften hatte ich in dieser Saison noch nicht gesehen und Carolina war natürlich nicht sonderlich beeindruckend. Wer den eigenen Quarterback nicht beschützen kann, der kommt nicht weit in der NFL. Gut für die Panthers, dass sie nicht jede Woche gegen eine so starke Abwehr spielen müssen. Eins habe ich seit Sonntag auch abgehakt. Nämlich dass bei David Carr irgendwann mal der Groschen fällt. Und dabei tut er mir echt leid. Aber der Mann ist in nun 6 Jahren NFL dermaßen vermöbelt worden, wer kann es ihm übel nehmen, wenn das Spuren hinterläßt. Carr ist Beweis dafür, dass man junge Quarterbacks nicht zu früh den Löwen zum Fraß vorwerfen sollte, vor allem, wenn man keinen funktionstüchtigen Angriff (und vor allem keine Linie) hat. Inzwischen ist Carr zu einem zaudernden Etwas geworden, dass eigentlich nur darauf wartet, die nächsten Prügel zu kassieren.
Tennessee dagegen muss sich fragen lassen, warum man ein Spiel, in dem man dermaßen überlegen war, nur so knapp gewonnen hat. Die Titans machten genug Fehler, um zwei Spiele zu verlieren und hatten es nur ihrer Verteidigung (und dem schwachen Gegner) zu verdanken, dass diese Schlampereien nicht konsequent bestraft wurden. Und Quarterback Vince Young hat zumindest mich noch nicht davon überzeugt, dass er in nächster Zukunft ein guter "Passer" wird. Und das muss man in der NFL immer noch sein. Seine läuferischen Fähigkeiten in allen Ehren, aber die sind ein Bonus und nicht die Grundlage für einen erfolgreichen Quarterback. Das Beispiel Michael Vick haben wir alle noch vor Augen. Gleiches Prinzip: super Läufer, beim Werfen haperte es auch noch in der vergangenen Saison. Preisfrage: wie viele Teams hätten Michael Vick als ersten Spieler überhaupt gedraftet, wenn sie gewusst hätten, wie er in seinen ersten 6 NFL-Jahren spielt? Von der Geschichte mit den Hundekämpfen will ich gar nicht erst anfangen. Antwort: keins. Knapp 54% Trefferquote sind einfach nicht genug in einer Liga, die immer passlastiger wird.
Spiel Nummer zwei: Indianapolis - New England.
Mein Fazit: die Patriots haben gewonnen, aber beide Mannschaften sind ganz nah beieinander. Und das scheinbar unvermeidliche Aufeinandertreffen im AFC Championship Game ist eine offene Angelegenheit. Denn die Colts hätten bei konsequenterer Chancenverwertung zur Halbzeit klar führen müssen. Gefehlt haben nur Kleinigkeiten. Am Ende hat New England natürlich grandios gespielt. Allerdings gingen die Colts mit Verletzungsproblemen ins Spiel und die Patriots nicht. WR Marvin Harrison war gar nicht dabei, dann verletzte sich auch noch WR Anthony Gonzalez. Im vierten Quarter fehlten Manning einfach einige Angriffswaffen. Klar kann das im Januar auch passieren, aber bis dahin könnte das Verletzungspech genau so gut bei den Patriots zuschlagen. Und weil das alles unberechenbar ist, sollte man eins festhalten: es war ein Superspiel von zwei guten Mannschaften. New England hat die Nase vorn im Rennen um das Heimrecht in den Playoffs. Aber klar ist auch: ohne ihre Quarterbacks sind beide Mannschaften nur die Hälfte wert. Wie ein bekannter Football-Experte immer zu sagen pflegt: Schaun' mer mal.
Gut ist in jedem Fall, dass das Spiel nun hinter uns liegt,. Der Dauerhype im Vorfeld ging mir nämlich ziemlich auf den Wecker. Nun ist es vorbei und die Welt dreht sich weiter. Kaum zu fassen.
Spiel Nummer drei: Cleveland - Seattle
Um zum erstenmal in dieser Saison (vermutlich zum ersten Mal seit Jahren) die Browns zu sehen, habe ich auf einige prominentere Paarungen verzichtet. Schließlich hat auch meine Woche nur 7 Tage. Aber für mich hat es immer einen besonderen Reiz, wenn eine Mannschaft, die jahrelang am Boden lag den Durchbruch schafft. Noch haben es die Browns nicht geschafft und ihre Verteidigung hat immer noch viele Lücken. Doch sie spielen um die Playoffs mit und das ist nach der jüngeren Vergangenheit ein Riesenfortschritt. Einer der Gründe: Cleveland hat einen Quarterback gefunden. Und genau das ist auch das Problem. Denn es handelt sich nicht um Erstrunden-Draftpick Brady Quinn, sondern um den wesentlich weniger glamourösen Derek Anderson. In der Rangliste der Quarterback-Rating Statistik liegt er zwischen Brett Favre und Carson Palmer. Und so gut spielt er auch. Das Dilemma hat nun Head Coach Romeo Crennel. Natürlich haben die Browns in Brady Quinn wesentlich mehr investiert. Aber die Geschichte zeigt immer wieder: Quarterbacks draften ist eine extrem unzuverlässige Wissenschaft. Da wird jeder Zentimeter des Körpers vermessen und in ellenlangen Gesprächen auch die Persönlichkeit der Kandidaten intensiv überprüft. Und am Ende erwischt man dann jemand wie Ryan Leaf. Was ich sagen will: es gibt keine Garantie, dass Quinn irgendwann einmal das Niveau erreicht, auf dem Anderson jetzt schon spielt. Eigentlich haben die Browns nur eine Wahl: Quinn höchstbietend zu traden und weiter auf Anderson zu setzen. Man muss allerdings befürchten, dass es anders kommt.
Bis demnächst, Andreas
Aber diese Woche war alles anders und ich konnte in Ruhe drei Spiele anschauen. Das erste war: Tennessee gegen Carolina.
Beide Mannschaften hatte ich in dieser Saison noch nicht gesehen und Carolina war natürlich nicht sonderlich beeindruckend. Wer den eigenen Quarterback nicht beschützen kann, der kommt nicht weit in der NFL. Gut für die Panthers, dass sie nicht jede Woche gegen eine so starke Abwehr spielen müssen. Eins habe ich seit Sonntag auch abgehakt. Nämlich dass bei David Carr irgendwann mal der Groschen fällt. Und dabei tut er mir echt leid. Aber der Mann ist in nun 6 Jahren NFL dermaßen vermöbelt worden, wer kann es ihm übel nehmen, wenn das Spuren hinterläßt. Carr ist Beweis dafür, dass man junge Quarterbacks nicht zu früh den Löwen zum Fraß vorwerfen sollte, vor allem, wenn man keinen funktionstüchtigen Angriff (und vor allem keine Linie) hat. Inzwischen ist Carr zu einem zaudernden Etwas geworden, dass eigentlich nur darauf wartet, die nächsten Prügel zu kassieren.
Tennessee dagegen muss sich fragen lassen, warum man ein Spiel, in dem man dermaßen überlegen war, nur so knapp gewonnen hat. Die Titans machten genug Fehler, um zwei Spiele zu verlieren und hatten es nur ihrer Verteidigung (und dem schwachen Gegner) zu verdanken, dass diese Schlampereien nicht konsequent bestraft wurden. Und Quarterback Vince Young hat zumindest mich noch nicht davon überzeugt, dass er in nächster Zukunft ein guter "Passer" wird. Und das muss man in der NFL immer noch sein. Seine läuferischen Fähigkeiten in allen Ehren, aber die sind ein Bonus und nicht die Grundlage für einen erfolgreichen Quarterback. Das Beispiel Michael Vick haben wir alle noch vor Augen. Gleiches Prinzip: super Läufer, beim Werfen haperte es auch noch in der vergangenen Saison. Preisfrage: wie viele Teams hätten Michael Vick als ersten Spieler überhaupt gedraftet, wenn sie gewusst hätten, wie er in seinen ersten 6 NFL-Jahren spielt? Von der Geschichte mit den Hundekämpfen will ich gar nicht erst anfangen. Antwort: keins. Knapp 54% Trefferquote sind einfach nicht genug in einer Liga, die immer passlastiger wird.
Spiel Nummer zwei: Indianapolis - New England.
Mein Fazit: die Patriots haben gewonnen, aber beide Mannschaften sind ganz nah beieinander. Und das scheinbar unvermeidliche Aufeinandertreffen im AFC Championship Game ist eine offene Angelegenheit. Denn die Colts hätten bei konsequenterer Chancenverwertung zur Halbzeit klar führen müssen. Gefehlt haben nur Kleinigkeiten. Am Ende hat New England natürlich grandios gespielt. Allerdings gingen die Colts mit Verletzungsproblemen ins Spiel und die Patriots nicht. WR Marvin Harrison war gar nicht dabei, dann verletzte sich auch noch WR Anthony Gonzalez. Im vierten Quarter fehlten Manning einfach einige Angriffswaffen. Klar kann das im Januar auch passieren, aber bis dahin könnte das Verletzungspech genau so gut bei den Patriots zuschlagen. Und weil das alles unberechenbar ist, sollte man eins festhalten: es war ein Superspiel von zwei guten Mannschaften. New England hat die Nase vorn im Rennen um das Heimrecht in den Playoffs. Aber klar ist auch: ohne ihre Quarterbacks sind beide Mannschaften nur die Hälfte wert. Wie ein bekannter Football-Experte immer zu sagen pflegt: Schaun' mer mal.
Gut ist in jedem Fall, dass das Spiel nun hinter uns liegt,. Der Dauerhype im Vorfeld ging mir nämlich ziemlich auf den Wecker. Nun ist es vorbei und die Welt dreht sich weiter. Kaum zu fassen.
Spiel Nummer drei: Cleveland - Seattle
Um zum erstenmal in dieser Saison (vermutlich zum ersten Mal seit Jahren) die Browns zu sehen, habe ich auf einige prominentere Paarungen verzichtet. Schließlich hat auch meine Woche nur 7 Tage. Aber für mich hat es immer einen besonderen Reiz, wenn eine Mannschaft, die jahrelang am Boden lag den Durchbruch schafft. Noch haben es die Browns nicht geschafft und ihre Verteidigung hat immer noch viele Lücken. Doch sie spielen um die Playoffs mit und das ist nach der jüngeren Vergangenheit ein Riesenfortschritt. Einer der Gründe: Cleveland hat einen Quarterback gefunden. Und genau das ist auch das Problem. Denn es handelt sich nicht um Erstrunden-Draftpick Brady Quinn, sondern um den wesentlich weniger glamourösen Derek Anderson. In der Rangliste der Quarterback-Rating Statistik liegt er zwischen Brett Favre und Carson Palmer. Und so gut spielt er auch. Das Dilemma hat nun Head Coach Romeo Crennel. Natürlich haben die Browns in Brady Quinn wesentlich mehr investiert. Aber die Geschichte zeigt immer wieder: Quarterbacks draften ist eine extrem unzuverlässige Wissenschaft. Da wird jeder Zentimeter des Körpers vermessen und in ellenlangen Gesprächen auch die Persönlichkeit der Kandidaten intensiv überprüft. Und am Ende erwischt man dann jemand wie Ryan Leaf. Was ich sagen will: es gibt keine Garantie, dass Quinn irgendwann einmal das Niveau erreicht, auf dem Anderson jetzt schon spielt. Eigentlich haben die Browns nur eine Wahl: Quinn höchstbietend zu traden und weiter auf Anderson zu setzen. Man muss allerdings befürchten, dass es anders kommt.
Bis demnächst, Andreas
Aufrufe: 1859 | Kommentare: 4 | Bewertungen: 8 | Erstellt:07.11.2007
ø 8.9
KOMMENTARE
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07.11.2007 | 17:37 Uhr
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Girardi : Sehr, sehr geil!
Renner über die NFL - mehr geht nicht. Mach weiter so!
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07.11.2007 | 17:38 Uhr
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KingofQueens : Derek Anderson spielt sehr stark
Schöner Blog, Andreas! Vor allem der Teil, als Du auf Derek Anderson zu sprechen kommst, gefällt mir sehr!
Wer hätte mit ''dem'' in Anführungszeichen vor der Saison gerechnet! Jetzt spielt er mit den Browns sogar um die Playoff Teilnahme und niemand spricht mehr von Brady Quinn, der wohl nur noch mal zum Einsatz kommen kann, wenn sich Anderson verletzt, was wir alle natürlich nicht hoffen!
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07.11.2007 | 17:40 Uhr
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BigBen : Sehr schön!
Vielen Dank für deine Experten-Meinung zu den drei NFL-Spielen! Sehr geil! Mein Sonntag sah ähnlich aus, + Eagles vs. Cowboys Sunday Night natürlich! Ich glaube übrigens immer noch an David Carr, eine Frechheit, was sie mit dem in Houston gemacht haben, aber abwarten...noch ein bisschen. Für Indy ist die Saison gelaufen. @Foxboro werden die nie nie nie gewinnen. Gibt nur ein Team, dass die Patriots auswärts schlagen könnte und das sind einfach die Steelers! Zu den Brownies muss man sagen, Derek Anderson ist echt der Hammer. Und die Ravens haben den nicht gewollt...und haben jetzt McNair und Boller, wie bitter!
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07.11.2007 | 20:35 Uhr
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alvis68 : Endlich!
Endlich Herr Renner,einer der wenigen richtigen Experten der NFL schreibt über diejenige, bitte öfter wenns geht. Zur Analyse muss man nichts hinzufügen. Gute Quarterbacks müssen nicht gut laufen können
Marino, Bradshaw, Montana, Elway usw. Herr Carr ist arm dran in Carolina wäre interessant wenn er mal hinter einer guten O-Line spielen würde.
Und Cleveland hat mit Edwards und Lewis noch zwei weitere Spieler die steil gehen, trotzdem ist der Oddman out echt klasse.
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