21.09.2011 um 14:04 Uhr
Ein Tag im Mai (2)
Zweite Halbzeit und der Siegtreffer
Die zweite Halbzeit beginnt, wie die Erste geendet hat. Zerfahrener Spielaufbau und keine Konsequenz im letzten Pass. Doch noch haben wir alles in der Hand.
Die nächsten 10 min ziehen an mir vorbei und noch ist kein Tor in Sicht. Wenige Augenblicke später spielt Ludovic Magnin den eingewechselten Antonia da Silva auf der linken Seite frei und der schlägt eine weite Flanke auf den Elfmeterpunkt. Dort steht der damalige Jungspund im Team: Sami Khedira. Der heutige Mittelfeldmotor von Real Madrid lehnt seine fast 1,90m weit nach hinten, um den Ball noch zu erreichen. Der Ball fliegt in die linke Ecke des Tors. Keine Chance für Tomislav Piplica.
Und wenn das erste Tor des VfB schon einer puren Emotionsexplosion in der Bar gleichkam, so war das zweite Tor wie eine Atombombe im Vergleich zu einem A-Böller zu Silvester. Kurze Zweifel, ob der Statik des Hauses, in dem die Bar beheimatet ist; doch dieser Gedanke verfliegt in einem Bruchteil von Sekunden. Ich will singen, weinen und lachen zugleich. Diese Bar ist meine Familie und ich bin froh ihr Kind zu sein. Umarmungen werden ausgetauscht und ab diesem Moment hört der Gesang einfach nicht mehr auf. Stuttgart kocht und ich habe das Gefühl ich bin die Hauptmahlzeit.
Der Jubel danach
Die kommenden Minuten schleppen sich und an Sitzen ist nicht mehr zu denken. Schnell noch ein Glas Bier - mitzählen beim Bierkonsum verboten. Nach weiteren quälenden 20 Minuten ist es fast geschafft. Der inzwischen eingewechselte Gomez ist leider wirkungslos und sorgt nicht für die endgültige Entscheidung. Alles wartet nur darauf, dass Wolfgang Stark endlich abpfeift. 15 Jahre ist es her, als das letzte Mal ein Stuttgarter Kapitän die Schale in die Hand nehmen durfte. 15 Jahre in denen ich, außer einem DFB-Pokalsieg, keine Titel feiern konnte.
17:17 Uhr - ein langer Pfiff ertönt und einige der Spieler auf dem Platz sinken auf dem Boden - das wars! Die kommenden Minuten sind schwer zu beschreiben, doch es diese Minuten sind tatsächlich in der Lage das Siegtor noch in den Schatten zu stellen. Stühle fliegen durch den Raum, Gläser zerschellen an Wänden und die ausgerufene Lokalrunde geht im allgemeinen Jubel fast unter. Erwachsene Männer blicken weinend auf die Leinwand oder liegen sich gleich in den Armen. Ein 1,90m Riese vom Nachbartisch mit Glatze und Tattoos auf den Armen, mit dem Namen Michael, kriegt mich zu fassen und drückt mir einen kräftigen Bierschmatzer auf die Backe. Mir ist alles egal. Ich bin durchtränkt von Bier, Schweiß und Tränen. Weitere Minuten vergehen und wir wollen raus. Raus auf die Straße. Feiern mit all den anderen Menschen, die in unzählbarer Menge aus den Kneipen strömen. Es geht zurück zum Schlossplatz und schon von weitem hört man das Dröhnen. Doch auch wir wissen akustisch aufzufallen. Immer wieder werden weitere Fangesänge angestimmt und die gesamte Meute, die mit uns zum Fanfest zieht, stimmt mit ein. Als der Platz endlich erreicht ist, gibt es kein Weiterkommen mehr. Doch das reicht.
Wir sind mitten im Epizentrum der Glückseligkeit und da wollen wir bleiben. Meine Haare sitzen schon lange nicht mehr. Schal und Trikot sind durchnässt. Wie wundervoll so ein doch Tag sein kann. Das Leben ist schön. An diesem Tag im Mai.
Stuttgart im Freudentaumel auf dem Schlossplatz
Zurück zur ersten Halbzeit
Die zweite Halbzeit beginnt, wie die Erste geendet hat. Zerfahrener Spielaufbau und keine Konsequenz im letzten Pass. Doch noch haben wir alles in der Hand.
Die nächsten 10 min ziehen an mir vorbei und noch ist kein Tor in Sicht. Wenige Augenblicke später spielt Ludovic Magnin den eingewechselten Antonia da Silva auf der linken Seite frei und der schlägt eine weite Flanke auf den Elfmeterpunkt. Dort steht der damalige Jungspund im Team: Sami Khedira. Der heutige Mittelfeldmotor von Real Madrid lehnt seine fast 1,90m weit nach hinten, um den Ball noch zu erreichen. Der Ball fliegt in die linke Ecke des Tors. Keine Chance für Tomislav Piplica.
Und wenn das erste Tor des VfB schon einer puren Emotionsexplosion in der Bar gleichkam, so war das zweite Tor wie eine Atombombe im Vergleich zu einem A-Böller zu Silvester. Kurze Zweifel, ob der Statik des Hauses, in dem die Bar beheimatet ist; doch dieser Gedanke verfliegt in einem Bruchteil von Sekunden. Ich will singen, weinen und lachen zugleich. Diese Bar ist meine Familie und ich bin froh ihr Kind zu sein. Umarmungen werden ausgetauscht und ab diesem Moment hört der Gesang einfach nicht mehr auf. Stuttgart kocht und ich habe das Gefühl ich bin die Hauptmahlzeit.
Der Jubel danach
Die kommenden Minuten schleppen sich und an Sitzen ist nicht mehr zu denken. Schnell noch ein Glas Bier - mitzählen beim Bierkonsum verboten. Nach weiteren quälenden 20 Minuten ist es fast geschafft. Der inzwischen eingewechselte Gomez ist leider wirkungslos und sorgt nicht für die endgültige Entscheidung. Alles wartet nur darauf, dass Wolfgang Stark endlich abpfeift. 15 Jahre ist es her, als das letzte Mal ein Stuttgarter Kapitän die Schale in die Hand nehmen durfte. 15 Jahre in denen ich, außer einem DFB-Pokalsieg, keine Titel feiern konnte.
17:17 Uhr - ein langer Pfiff ertönt und einige der Spieler auf dem Platz sinken auf dem Boden - das wars! Die kommenden Minuten sind schwer zu beschreiben, doch es diese Minuten sind tatsächlich in der Lage das Siegtor noch in den Schatten zu stellen. Stühle fliegen durch den Raum, Gläser zerschellen an Wänden und die ausgerufene Lokalrunde geht im allgemeinen Jubel fast unter. Erwachsene Männer blicken weinend auf die Leinwand oder liegen sich gleich in den Armen. Ein 1,90m Riese vom Nachbartisch mit Glatze und Tattoos auf den Armen, mit dem Namen Michael, kriegt mich zu fassen und drückt mir einen kräftigen Bierschmatzer auf die Backe. Mir ist alles egal. Ich bin durchtränkt von Bier, Schweiß und Tränen. Weitere Minuten vergehen und wir wollen raus. Raus auf die Straße. Feiern mit all den anderen Menschen, die in unzählbarer Menge aus den Kneipen strömen. Es geht zurück zum Schlossplatz und schon von weitem hört man das Dröhnen. Doch auch wir wissen akustisch aufzufallen. Immer wieder werden weitere Fangesänge angestimmt und die gesamte Meute, die mit uns zum Fanfest zieht, stimmt mit ein. Als der Platz endlich erreicht ist, gibt es kein Weiterkommen mehr. Doch das reicht.
Wir sind mitten im Epizentrum der Glückseligkeit und da wollen wir bleiben. Meine Haare sitzen schon lange nicht mehr. Schal und Trikot sind durchnässt. Wie wundervoll so ein doch Tag sein kann. Das Leben ist schön. An diesem Tag im Mai.
Stuttgart im Freudentaumel auf dem Schlossplatz
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Aufrufe: 3377 | Kommentare: 12 | Bewertungen: 12 | Erstellt:21.09.2011
ø 8.5
KOMMENTARE
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21.09.2011 | 16:37 Uhr
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KingCantona :
Würde mich über Kommentare und vielleicht eigene Eindrücke von damals freuen
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23.09.2011 | 15:20 Uhr
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Schnumbi :
war das nicht die meisterschaft wo sich kein anderer getraut hatte
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23.09.2011 | 15:56 Uhr
0
Polloxx :
Klasse erzählt. 10 Punkte dafür. Meine Eindrücke damals: Bin schwäbischer BVB-Fan und habe sogar ein bissel mitgefeiert damals (klar, nach dem perfekten Derby-Sieg am 12.5., 50 Jahre keine Schale... usw) und den letzten Spieltag als Außenstehender auch in Stuttgart miterlebt. Diese irrationale (aber nachvollziehbare) Angst nach dem 0:1: Diese typische schwäbische Verzagtheit gemischt mit erstem Abwinken ("Jetzt missedse ausgreched heid spiela wie die Debba"), die Skepis nach dem Ausgleich ("Ob se des no schaffat??") und der Rausch nach dem 2:1. ("Mir sen die Gröschde"): Das damalige Spiel und das Drumherum spiegelt die VfB-Seele perfekt wider: Zwischen Depp und Held, zwischen Abstieg und Weltpokal ist es nirgends kürzer als in Stuttgart.
3
24.09.2011 | 02:03 Uhr
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Der Rest war allerdings toll. Das Spiel, die Massen, der Jubel, das Wetter... Damals hat einfach alles gepasst. Einer dieser Tage, die man einfach nicht mehr vergisst, auch wenn mir nicht jedes kleinste Detail so im Gedächtnis geblieben ist wie dir. Klasse geschrieben. Der Text schafft es die Emotionen von dir gut rüberzubringen und das ist ein großes Plus. 10 Punkte aus Stuttgart für Stuttgart
0
24.09.2011 | 08:02 Uhr
0
Leider folgte danach noch das Pokalendspiel gegen den Club und der Wechsel von Schäfer zum VfB... :(
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24.09.2011 | 17:53 Uhr
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Ich habe an diesem Tag im Mai auf dem Schlossplatz das Beste kennengelernt, was mir je passiert ist.
Aus diesem Grund ist dieser Tag für mich der Schönste meines bisherigen Lebens, gar keine Frage.
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25.09.2011 | 11:33 Uhr
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MarcoVfB :
Das war auch für mich damals ein unglaublicher Tag.Du beschreibst es prima, so in etwa hat es jeder VfBler an diesem Tag empfunden
1893
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26.09.2011 | 13:24 Uhr
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Bailey :
Fantastisch!Ich war damals auf dem Schlossplatz beim Public-Viewing und spätestens nach dem Ausgleichstreffer hatte ich das Aoma einer ganzen Brauerei
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26.09.2011 | 13:28 Uhr
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doktacox :
der tag war einfach der wahnsinn, sind aus der ulmer gegend angereist und haben uns dann auf dem schlossplatz eingefunden.was würde ich drum geben, sowas nochmal zu erleben? vfb allez!!
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28.09.2011 | 09:13 Uhr
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Nutman :
Beim Lesen bekomme ich Gänsehaut...
An dem Tag damals habe ich erstmal dran erinnert, daß ich drei Monate vorher das Angebot für eine Karte für's letzte Heimspiel des VfB ausgeschlagen habe... nutman
Ich habe dann damals den Tag mit Rasenmähen auf dem Gütle verbracht - passend gekleidet im VfB-Trikot... (eine Fernsehübertragung dachte ich, wäre meinen Nerven nicht zuträglich...) mit Radioohrhören unter dem Gehörschutz... Gegen 17 Uhr habe ich dann den Mäher ausgemacht, weil ich mich auf nichts mehr konzentrieren konnte, die letzte Viertelstunde habe ich dann unter einem Baum sitzend alleine in aller Stille mit einem kühlen Bier in der Hand verbracht...
Meine Gefühlswelt nach dem Schlußpfiff ist unbeschreiblich... ich weiß nicht, wie lange ich noch da gesessen bin - verschwitzt von Arbeit und mitfiebern - und in aller Stille diesen Moment genossen habe... und mir geschworen habe, nie wieder eine Karte für das letzte Heimspiel des VfB auszuschlagen...
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